Marienlieder des Mittelalters
Inhalt:
1. Bittlied
2. Ostersequenz
3. Bittlied
4. Bittlied
5. Mariä Empfängnis
6. Mariä Reinigung
7. Mariä Geburt
8. Mariä Verkündigung
9. Bittlied
10. Loblied
11. Mariä Himmelfahrt
12. Loblied
13. Mariä Freuden
14. Mariä Himmelfahrt
15. Der seligen Jungfrau Maria Kleid
16. Bittlied
17. Loblied
18. Loblied
19. Mariä Verkündigung
20. Loblied
21. Loblied
22. Loblied
23. Loblied
24. Grußlied
25. Loblied
26. Loblied
27. Loblied
28. Mariä Schmerzen
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(Aus dem Lateinischen übersetzt von Joh. Wehrle, kgl. Reallehrer d. n. Spr. A. D., Eichstätt 1884)
Der lieben Mutter Maria
Fast von meiner Kindheit an,
Wohl so lang ich denken kann,
War ich in Bedauern bang,
Dass dir nicht Verehrung ward
Allseits würdig, innig, zart,
Wie sie fühlet Herzensdrang.
Solchem Zug genügetun
Möchten diese Lieder nun
Gottwärts hebend jede Brust.
Fördert deine Annahm sie,
Heiligt ihre Melodie
Selig aller Lebenslust!
1. Bittlied
Gruß dir, Licht des Morgenrotes,
Sei bei mir zur Stund des Todes,
Sink ich, leih mir lindernd Bettung,
Vor des Todes Wut mir Rettung.
Meinem Weg sei Licht und Leitung,
Sei, Maria, mir Begleitung,
Wirk mir aus des Himmels Zehrung,
Wird zu Jubel mir Verehrung.
Dass mich Jesum würdig preisend,
Seine Wunderzeichen weisend,
Doppeltod nicht irgend schädig,
Das erweis dein Sohn dir gnädig.
Deine Bitte wird erhöret,
Sohn und Vater sie gewähret
Und der beiden Geist zusammen
Ein Gott und doch dreifach. Amen.
(Verfasser unbekannt)
2. Ostersequenz
Mutter, lob ihn, der erstanden
War des Todes Fürst in Banden
Und ihn zu gehorchen zwang;
Jungfrau, leg dein Trauern nieder,
Jesum deinen Sohn nun wieder
Lebend an dein Herz empfang.
Durch des Sohnes Tod verwundet
Nimmer dir das Herz gesundet,
Das des Leidens Schwert durchdrang;
Doch der hohen Festbegehung
Seiner frohen Auferstehung
Freudig weihe Jubelsang.
Der gekreuzigt sich erhoben
Aus dem Grabe, dich nach oben
Fortgeführet in sein Schloss,
Ihn versöhn uns, laut wir flehen,
Dass aus Sünden wir erstehen
Selig in der Seligen Schoss.
(Verfasser unbekannt)
3. Bittlied
Maid, der Kirche Mutter, Pforte
Zu der Seligen Heimatorte,
Hör das Rufen aller derer
Die dich bitten als Verehrer,
O Milde!
Milde Jungfrau, Jungfrau gütig,
O Maria sanftgemütig,
Deinem Sohn in Unterstützung
Sei beim Vater uns Beschützung,
O Gütige!
Gottesmutter, glanzummeerte,
Die der Sohn als Vater ehrte,
Woll uns deine Fürbitt schenken,
Die wir feiern dein Gedenken,
Süße Jungfrau Maria!
(Verfasser unbekannt)
4. Bittlied
Gruß dir, Stern der Meere,
Gottesmutter hehre,
Und für immer Jungfrau,
Tor zur Paradiesau.
Nehmend Gruß mit Kunde
Du aus Gabriels Munde,
Frieden uns bescherest
Eva in Ave kehrest.
Schuldigen wirk Befreiung,
Blinden Lichtverleihung,
Ferne treib uns Wehe,
Jedes Gut erflehe.
Mutter dich bewähre,
Deren Bitten höre
Der für uns auf Erden
Sohn dir wollte werden.
Jungfrau sondergleichen,
All an Huld dir weichen,
Mach uns schuldgereinigt,
Mild und keusch vereinigt.
Reines Leben schenke,
Sichern Wegs uns lenke,
Bis wir stets anblicken
Jesum mit Entzücken.
Preis dem Vater bringend,
Lob dem Sohne singend
Und dem Geist wir weihen
Gleiche Ehr den Dreien. Amen.
(Verfasser Venantius Fortunatus + 610)
5. Mariä Empfängnis
Gruß dir, Tag im Glanz wie nimmer,
Mehr als andere hell in Schimmer,
An dem reiner als was immer
Schönstes sich Empfangen fügt.
Nun aus Jesses Wurzel gehet
Auf das Reis, ein Mägdlein sehet,
Wie aus Sapphyr Schmuck entstehet,
Es Rubin an Wert besiegt.
O Maria, heiligst Wesen,
In der Schöpfung auserlesen,
Von Betastung allereinst!
Gottes Tempel warst im Leben,
Erdgehöriges hast gegeben
Du des Schöpfers Sohn dereinst.
(Verfasser unbekannt)
6. Mariä Reinigung
I.
Dem Erde, Sternenhimmel, Meer
Anbetung weihen, Preis und Ehr,
Der alle drei als Welt regiert,
Maria ihn im Schoße führt.
Dem Sonne, Mond und alles ist
Im Dienst beflissen jeder Frist,
Vom Tau der Himmels Gnad getränkt
Der Jungfrau Busen ihn umfängt.
Der Zeiten Geist in Wunder ringt:
Ein Engel Gottbefruchtung bringt
Der Jungfrau, Gruß ihr Ohr berührt,
Ihr Herz ihn glaubt, sie Gott gebiert.
O selige Mutter, die mit Gnad
Selbst den der sie geschaffen hat,
Der mit der Hand umfasst die Welt,
Im keuschen Leib umschlossen hält.
Des Himmels Bot dich selig preist,
Befruchtet von dem heiligen Geist
Den Allersehnten brachtest du
Durch deinen Leib den Völkern zu.
Sei Gott dem Vater Ehrenpreis,
Des einzigem Sohne gleicherweis,
Wie auch dem Geist der Trost verleiht
Für jetzt in alle Ewigkeit.
(Verfasser: Venantius Fortunatus + 610)
II.
O himmelsglanzumstrahlte Frau,
Erhoben ob der Sterne Au,
Der dich in Vorsicht hat gezeugt,
Ihn heilig deine Brust nun säugt.
Was Eva nahm zum Traurgeschick,
Gibst du im hehren Spross zurück;
Dass Traur sich tröst in Gottes Au,
Hast du des Himmels Torausschau.
Du bist des hohen Königs Tür
Und Tor des Lichts in Strahlenzier;
Das Leben, das die Jungfrau gab,
Erlöstes Volk im Preise hab.
Sei Gott dem Vater Ehrenpreis,
Des einzigem Sohne gleicherweis,
Wie auch dem Geist der Trost verleiht
Für jetzt und alle Ewigkeit.
(Verfasser: Venantius Fortunatus + 610)
7. Mariä Geburt
Gruß dir, Tag, der Freude neuet,
Da die ganze Welt sich freuet
Und in Freude neu auflebt!
Neu ein Licht im Ost entspringend,
Von der Erde auf sich schwingend
Mondgleich sich Maria hebt.
Jubel dir die Himmel singen,
Willkommgruß die Menschen bringen,
Maid von Gottes Hauch umschwebt!
(Verfasser unbekannt)
8. Mariä Verkündigung
Zur Jungfrau sendet nicht
Gleich jeden Engel her,
Doch seine Stärke spricht
Aus im Erzengel Der,
Des Lieb zum Menschen groß.
Derselbe bring die Mär
In Kraft uns wundersam
Und keusch erwirke er
Dass zur Naturausnahm
Gebär der Jungfrau Schoss.
Natur bezwingt der Sohn,
Regiert im Königsruhm,
Sitzt herrschend auf dem Thron
Und hebt vom Heidentum
Die aussichtslose Nacht.
Was babilonisch strebt
Er brechend niederstreckt,
Was stolz den Nacken hebt,
Den Füßen unterlegt
Gewaltig in der Schlacht.
Von hinnen er vertreibt
Den Fürsten dieser Welt,
Die Mutter einverleibt
Zur Teilnahm ihm gesellt
Des Vaters Herrscherschaft.
Nun geh der du gesandt,
Der Kenntnisgaben erhalt
In Red, das Hüllgewand
Der alten Schrift entfalt
Gemäß der Sendung Kraft.
Ihr nahend künde wohl,
Sag „Gruß“ bring dir ich her,
Sag „Bist der Gnade voll“,
Sag Ist mit dir der Herr“
Und sag „Nichts fürchte drum“.
Vernehmen, Jungfrau, sollst
Was dir von Gott vertraut,
So keusch vollbringen wollst
Des hohen Auftrags Laut,
Ihn halten Heiligtum.
Vernimmt das Mägdelein
Und fasst der Botschaft Ton
Und glaubt, empfängt und rein
Gebärt zur Zeit den Sohn,
Der göttlich, wunderhehr
Nun will zu Rat und Hut
Der menschlichen Gemein
Als Gott der Starken Mut,
Der Zukunft Vater sein,
Des Friedens Halt gewähr.
Und welcher uns erteil
Erlass der Schuldenschand
Und Sündenschäden heil
Und uns als Vaterland
Die Himmelsburg bescher.
(Verfasser: Peter Obärlard + 1142)
9. Bittlied
Bitte, Mutter, keusche, reine,
Dass vor Dir nicht sei alleine
Meine Klage ohne Wert,
Dass ich fort in Sünden weine
Und was ich zu wirken meine
Sei inalleweg verkehrt.
Schmutzbeflecket ist mein Leben,
Soviel Lastern faul ergeben
Ist Gefühl und Denken mein;
Erdwärts geht der Seele Streben,
Weiß sich keinen Halt zu geben,
Stützt sie nicht die Hülfe dein.
Also Jungfrau mild, des Armen,
Gottesmutter, dich erbarmen
Wolle, dir zu flüchte ich,
Dass des jüngsten Tags, des warmen,
Letzte Stund zu Qual und Harmen
Nicht ob Schuld verurteil mich.
(Verfasser unbekannt)
10. Loblied
So süß nicht Honig schmeckt,
Mehr Glanz nicht Gold entdeckt,
So froh nicht Lachen neckt,
Mehr Lieb nicht Liebe weckt!
Nicht gleicht des Schnees Kleid,
Nicht Rosenduftigkeit,
Nicht Palmerhabenheit,
Nicht Sapphyrs Herrlichkeit!
Jungfrau aus Davids Reis,
Die der Propheten Preis
Gesetz des Bundes weiß
Nach Christi Lehre Weis!
In Harmonienschall
Dich lobt der Engel Zahl;
Führ uns zum Himmelssaal,
Du unser Hoffen all!
(Verfasser unbekannt)
11. Mariä Himmelfahrt
Wie Morgenrot sich glänzend hebt,
Empor am Horizonte schwebt,
Der Sonne gleich Maria thront
In milderer Schönheit als der Mond.
Die Königin der Welten heut
Besteigt den Thron der Herrlichkeit,
Sie jenen ihren Sohn erreicht,
Dem Morgenstern an Alter weicht.
Erhoben über Engel hoch,
Erzengel überstrahlt sie noch,
Die Heiligen alle überragt
Auch an Verdienst die niedere Magd.
Den sie in ihrem Schoß gehegt,
Den in der Krippe sie gelegt,
Den König aller, ihren Sohn
Nun sieht sie auf des Vaters Thron.
Der Jungfraun Jungfrau, uns erlang
Von deinem Sohn, dass nach Empfang
Durch dich des Menschenwesens er
Durch dich das seine uns gewähr:
Sei Preis gebracht dir, Höchster dar,
Den die Jungfrau uns gebar
Und Ehr dem Vater, der sich weist,
Unfassbar und dem heiligen Geist.
(Verfasser unbekannt)
12. Loblied
Gruß dir, Jungfraunurbeginn,
Gruß dir, Weltlichtspenderin,
Gruß dir, unseres Trostes Born,
Unserer Freuden Wunderhorn,
O Maria Wonne!
Gruß, den Völker bringest zu
Lösung, Heil; dem Tochter du,
Ihn im Schoße trägst, gebärst;
Paradiesisch Duften mehrst,
Du der Lilien Sonne!
(Verfasser unbekannt)
13. Mariä Freuden
Freud dir Jungfrau, du bekamest,
Da du Gabriels Gruß vernahmest,
Deinen Sohn vom Himmelszelt;
Freud dir, Christi Mutter, während
Jungfrau bleibst, obwohl gebährend
Gott den Schöpfer aller Welt.
Freud dir, Jakobs Stern enthüllte
Wer den Machtschatz Davids füllte
In der Völker Ringensdrang;
Freud dir, da dein Sohn erstanden,
Wieder lebt, den Kampf bestanden
Und den Siegespreis errang.
Freud dir, ob der Engel Orden
Ist durch dich erhoben worden
Was als Menschenwesen ringt;
Freud dir, da in dir gelebet
Und zuvor ob dir geschwebet
Der, der Licht den Herzen bringt.
Freud! aus allen dir alleine
Voll die Lust ward, beides reine
Maid zu sein und Mutter gleich;
Mutter, drum zu dir wir schreien,
Wirke, dass mit dir uns freuen
Wir in der Lebendigen Reich. Amen.
(Verfasser unbekannt)
14. Mariä Himmelfahrt
Sich die Mutter Kirche freue
Festlichkeiten feiernd neue;
Sich am Thron des Dreigeeinten
Lilie und Ros vereinten.
Nun Maria ist erhoben
Mutter-Maid beim Sohne oben,
Des in Freud und Jubelweisen
Feierlich wir den Herren preisen.
(Verfasser unbekannt)
15. Der seligen Jungfrau Maria Kleid
(Akrostichon)
Du bist ob der Sonne rein,
Vollmond kann so hold nicht sein,
Gruß dir, Glanzummeerte!
Edler Licht denn Tagesschein,
Schöner als der Sterne Reihn,
Frommen Lobes werte!
Rechte Sonne Christus sich,
Gnadensonne, senkt in dich
Wundersam im Grüßen;
Solchem Freudenlichte wich
Tod und Trauer flüchtiglich
Samt den Finsternissen.
Ewige Sonne aller Pracht
Leuchtend stetfort ohne Nacht,
Sonn im Sonnenkleide;
Leucht von wahrem Licht entfacht
Uns durch dich der Freude Macht,
Hochgebenedeite!
Impf durch deine Sonnenkraft
Ein uns was Verdienste schafft,
Hell auf dunkle Hallen;
Gänzlich allem Schmutz entrafft
Streif von uns was lasterhaft,
Festig was im Fallen.
Säftige und dürreöd,
Kräftige was weichlich blöd,
Harte Herzen weiche;
Trockne was durch Fluss zergeht,
Wärme was vor Kälte spröd,
Hülf gen Sinken reiche.
Einwärts lenk was abwegs schlich,
Stärke gib, wo Kraft entwich,
Heb was zu gebären;
Nimm in Hut was jugendlich,
Ziehe was veratmet sich
Pflege was soll währen.
2.
In der Sonne stetem Licht
Wonniglich von Angesicht
Stehst von ihr umkleidet;
Unter dir Bestand gebricht
Mondeslauf und Erdendicht,
Die dein Fuß beschreitet.
Noch in ihr ohn Fehles Schein,
Reinstes Gottesmägdelein
Hast die Welt verstoßen;
Größe in ihr achtend klein
Emsig dich und herzensrein
Christo angeschlossen.
Fördere, dass Eitelkeit
Und der Welt Begierlichkeit
Sei von uns vermieden,
Regung jeder Lüsternheit,
Alle Ungerechtigkeit
Strengstens bleib geschieden.
Allseits, Jungfrau königlich,
Stern der Meere, Sterne sich
Reihend dir zum Kranze
Um und um mit Gaben dich –
Zwölf im Vorzug – gnädiglich
Zeichnen aus im Glanze.
3.
Musste dich zur Würdigung,
Eh geboren, Heiligung
Erbschuldfrei erhalten;
An der Jungfrau Billigung
Knüpft die Gnadbewilligung
Gott im Geisteswalten.
Rein von Mannes Willenssaat
Auf geheimen Wehens Pfad,
Der nach dir gekehret,
In der Geistbeschattung hat
Gott des Vaters Allmachtstat
Dir Empfang gewähret.
An dem so empfangenen Sohn
Ward dir Freud nicht Last zu Lohn,
Ihn gebärst in Freuden –
Keusche Mutter, Jungfraunkron,
Jungfrau Mutter eigenem Sohn,
Lilienstrauß in beiden.
Lebt nicht Frau dir gleich hierin:
Gehst den Engelscharen in
Hoheit vor auf ferne –
Ewig Himmelsherrscherin,
Welterleuchtern Führerin,
Wie den zwölf der Sterne.
In des Himmels lichten Höhn –
Sonn im Sonnenlicht zu sehn –
Schreitest dar mit Würde;
Das Geleit vom Zwölfgestirn,
Leuchten an der Seligen Firn
Krönt der Krönung Zierde.
4.
An dich fleht die Hierarchie,
Neun der Engelchöre die
Staunend dich umkreisen;
Martyrer mit Hymnodie,
Beichtiger verklärt wie sie,
Jungfraun, all dich preisen.
Eja, Glanz vom Himmelsstaat,
Denen leucht zum Reinheitsbad,
Die in Ängsten ziehen;
Nun, Maria, Licht der Gnad,
Sei zur Glorie Licht uns Pfad,
Du der Glanz verliehen.
(Verfasser: Konrat von Gaming, Prior in Tegernsee, + 17.8.1360)
16. Bittlied
Meerdurchsteuernd Stern uns, Steuer,
Feurlos Feur gebärend Feuer,
O Maria, Licht uns send!
Tor des Lebens bringend Leben,
Stütz uns gib im Stärkegeben,
Trost dem Mut im Harren spend!
Steuer und Stern uns meerdurchsteuernd
Immer neu uns Schutz erneuernd,
Unseres Flüchtens Ziel und End!
(Verfasser unbekannt)
17. Loblied
Frohlock, Mutter, Jesu würdige,
Frohlock, güteadelbürtige,
Frohlock, gnadenvoll durch ihn;
Frohlock, Hafen, Schiffbruchswehre,
Frohlock du der Engel Ehre,
Frohlock, Himmelsherrscherin!
O Maria, Stern im Meere,
Gibt dein Name schon die Lehre,
Was du Elendduldern bist;
Darum hast du Gott gefallen,
Der dir Schenker, dir vor Allen
Höchster Gnad geworden ist.
Schatz der Güte, dich erschließe,
Dass auf Alle sich ergieße
Deiner Gnade Überfluss;
Bring den Kranken, Königin, Heilung,
Schuldet dir die Dankzuteilung
Preis mit Maßes Überschuss.
Dir zu mag sich Hoffnung wagen,
Wem sonst soll der Schuldige klagen,
Wenn des Richters Mutter nicht?
Ort der Frische und der Kühlung,
Zauberstein, der hülft bei Fühlung,
Turm, den keine Stärke biegt.
Bist zur Fürbitt du entschließlich,
Ist Verweigern unersprießlich
Dem der Mutter nennet dich;
Im Gemüte uns ertönet,
Sei genügt ihm, er versöhnet
Elendduldern gnädiglich.
Mutter, dich bei Lieb wir flehen,
Schönste Blum der Welt zu sehen,
Höre unserer Klagen Laut;
Guter Jesus, du uns stelle
Inseits deines Reiches Schwelle,
End da Größ und Glück nicht schaut.
(Verfasser unbekannt)
18. Loblied
Blick nach dir wer schuldbetroffen,
Stimm des Bundes, Kraft im Hoffen,
Licht das nie verdunkelt sich,
Dornbusch nicht verbrannt im Brennen,
Rechten Arons Reis zu nennen,
Blume wahrhaft vorbildlich.
Salomons Thron bist du geheißen,
Absolons Schönheit bist zu preisen,
Davids Schleuder bist genannt;
Bist der Weg im roten Meere,
Der entführt dem Feindesheere
Israel durch Gottes Hand.
Hast Holofern geschlagen,
Die Stimmen, die da klagen,
Dich loben Gott genaht;
Den Pharao schlugst durch Wunder,
Den Drachen tratest unter,
Bist Irren Weisungspfad.
(Verfasser unbekannt)
19. Mariä Verkündigung
Gabriel von Gott gesendet
Wortes treuer Träger wendet
Sich zur Maid, im Gruß vollendet
Wess sein heiliger Dienst sie ehrt.
Richtig Wort sein Reden süßet,
Da ihn ihr Gemach umschließet,
Um in ave „sei gegrüßet“
Er den Namen Eva kehrt.
Fernt das Bangen, Tröstung spendet,
Sagt: Von heiligem Geist umwendet,
Dess Beschattung Kraft entsendet,
Wirst von Gott gesegnet sein.
Mutter, sagt sie, ohne Beschwerde
Dem, dess Magd ich bin, ich werde;
Doch der Keuschheit Pfand gefährde
Dies nicht, wie die Rede dein.
Drum der Neuheit Zeichen höre:
Glaub, das ist die ganze Lehre,
Nicht ist nötig irgend Sehre,
Dass du das vollbringen magst.
Groß ein Zeichen, das sich preiset,
Sich in Feur und Dornbusch weiset;
Nahen wie es immer heißet,
Wills nicht, dass verletzend tragst.
So denn, Rede vorgeeinet,
Gottes Wort im Fleisch erscheinet,
Doch der Jungfrau Leib entreinet.
Nimmer wurde noch versehrt.
Mann nicht kennend sie gebäret
Mann, und Mann sie nicht entehret,
Ringen nicht noch Schmerz sie störet,
Da sie nun den Sohn gebärt.
Dürrem Reis bei Nichtbethauung,
Neu für Sitte, neu für Schauung,
Frucht entsprosst mit Blumenbauung,
So die Jungfrau da gebiert.
Hoch sei solche Frucht gepriesen,
Frucht zur Freude, Traur zu schließen,
Ihrer Adam mag genießen,
Wird er nimmermehr verführt.
Unser Jesus, guter Hirte,
Milder Mutter milde Bürde,
Dem im Himmel Throneswürde,
Wird im Stalle hingelegt.
Er der so für uns geboren,
Uns zum Schuldablös erkoren,
Fremdling hier ist wie verloren
Für Gefahren ungedeckt.
(Verfasser unbekannt)
20. Loblied
O Maria, Stern der Meere,
Gnad in dir sich türmt,
Mutter und doch Jungfrau, Wehre
So die Reinheit schirmt.
Tempel des Erlösers, Sonne
Der Gerechtigkeit,
Tor des Himmels, schuldiger Wonne,
Thron der Herrlichkeit.
Hülf für die im Elend stehen,
Der Vergebung Bad,
Hör die Diener, die dich flehen,
Mutter du der Gnad,
Dass die Sünde wird gehoben
Derer heut durch dich,
Die mit reinem Herz dich loben
Treuwahrhaftiglich.
(Verfasser unbekannt)
21. Loblied
Lob der Maid Maria bringt,
Hebet an, ihr Christen, singt!
Eva unheilschwer entrückte,
Doch Maria wieder bracht
Jenen Sohn der frei gemacht
Wen der Sünde Bann bedrückte.
Fochten wundersam in Christ
Tod und Leben ihren Zwist,
Doch Marias Erb des Thrones
Lebt. Sag, Maid Maria mild
Wie ihm Mutter wardst, Gebild
Du selbst, Tochter deines Sohnes?
Zeuge Engel ist bekannt
Mir vom Himmel zugesandt;
Wirklich ward aus mir geboren
Alles Hoffen; blieb jedoch
Immer für den Glauben noch
Ganz Judäa fast verloren.
Mehr Maria glaubet wahr
Als der Juden falsche Schar;
Christus wir geboren wissen
Aus Maria göttlich Kind;
Lasse uns den, Königskind,
Nicht Erbarmen missen!
(Verfasser: Adam von St. Viktor + 1177)
22. Loblied
Gruß dir, Duft durch Gottes Gnad
Unter Lilien siegend,
Siegreich uns die Gunst im Rat,
Herrin, reich zu wiegend!
Flammstern über Davids Heim,
Jesaias Blume,
Schlüssel, Kraft und Lebenskeim
Uns zum Christentume!
Aarons Reis in holdem Blühn,
Jungfrau Gott gebährend,
Dornbusch grün im Flammensprühn
Jungfrau immerwährend,
Mutter schlichtend alles Mühn,
Übel fern uns kehrend,
Schönste Allen vorzuziehn,
Anmut Allen lehrend!
O denn, Herrin Aller die
Je zur Macht berufen;
Hülfe uns versage nie,
Bittend dich anrufen
Wir in Liedern singend dir
Ruhm, Ehr, Preis; uns leiten
Huldbeflissen wirst hinfür
Und in Ewigkeiten.
(Verfasser unbekannt)
23. Loblied
Gruß dir, Jungfrau königlich,
Gottes Gnad erfüllet dich!
Mütterlich regierst,
Dunkels all dozierst
Im Gesetz gesagt;
Irrende du führst
Wo der Weg versagt,
Gehst in Milde selbst voran,
Zeigst als Meeresstern die Bahn;
Du der Engel Freudenhort,
Du der Menschen Zufluchtsort,
Nimm, Maria Jungfrau, dann
Uns in Gnade an.
(Verfasser unbekannt)
24. Grußlied
Hohe Mutter unserem Heiland
Die als Himmelsgabe weiland
Gott zum Völkerheile schuf,
Hast die Welt erlöst vom Falle,
Rufen dir drum „ave“ alle
Aus a vae, der Flehenden Ruf.
Schon im Blühen sind die Reben,
Wohlgeruch die Blumen geben,
Schon der Winter ist dahin;
Fröhlichkeit hellauf erschallet,
Seit der Sommer herrlich strahlet,
Schnee wie Regen mussten fliehn.
Neu dein keusch Gebähren walten,
Neu es sollt das All gestalten,
Nach wie vor du Jungfrau warst;
Staunt Natur und Geistesleben,
Wie du ohne Mannesgeben
Reine Jungfrau doch gebarst.
Brachtst, Maria, eine Blüte,
Die bestaunt ob Duftes Güte
Ward von Himmel, Erd und Meer;
Die Geburt ist wie noch keine,
Rein gebierst dem Reinen reine
Tochter deinen Schöpfer hehr.
Gütige Mutter, hör uns flehen
Seufzend in der Sünden Wehen,
Zieh uns aus der Übel Harm;
Dass wir in die ewigen Qualen
Nicht mit den Verworfenen fallen
Uns der Sünder dich erbarm.
(Verfasser unbekannt)
25. Loblied
O Maria, echte,
Keusche, ungeschwächte,
Unberührte, schöne Maid,
Tor zum Paradiese!
Christi Mutter süße,
Liebvoll in Erhabenheit!
Nimm denn gütig an
Unser Lob im Ringen
Herz und Leib zu bringen
Nein zu dir hinan.
Mund und Herz dich flehen,
Lasse uns ersehen
Ganzes Schulderlassensein
Zeit- und ewiglich durch dein
Bitten allerliebst
Sohnesseits gehöret;
O Maria, hohe
Königin, reinheitfrohe,
Gütige, unversehret
Du alleine bliebst.
(Verfasser unbekannt)
26. Loblied
Freud dir, Licht dich sendete,
Gottes Gnad sich spendete
Dir zu heiliger Mutterschaft,
Maria!
Heil dir, thronlich schimmernde,
Frucht und Blüte flimmernde
Maid mit Gottes Macht und Kraft,
Maria!
Gnadverdienst dich füllete,
Gott in dich sich hüllete,
Gottes Sohn gebärest,
Maria!
Spiegelst Tugendgeübetheit,
Licht in Ungetrübetheit
Hell die Welt verklärest,
Maria!
Huldigt dir der Engel Heer,
Rufen laut die dulden schwer
Auf zu dir vom Elendstal,
Maria!
Höre Bitten, Zähren still,
Deinem Sohne uns empfiehl,
Mutter du der Gnaden all,
Maria!
Dass er deiner Bitt gedenk
Sitz an seinem Thron uns schenk,
O du heiligstseligste
Maria!
(Verfasser unbekannt)
27. Loblied
Jungfrau lichtverklärte,
Jungfräulich bewährte
Schönheit, hochgeehrte
Jungfraunmusterzierd;
Thron des Königs im Glanze,
Darauf all das ganze
Weltall er regiert.
Heil der Nationen,
Licht wo Gläubige wohnen,
Schiffern aller Zonen
Ruh- und Rettungsstatt;
Arch des göttlichen Bundes,
Zier des Himmelsgrundes,
Licht dem Geist in Gnad.
Zuflucht Sündern offen,
Aussicht für die hoffen,
Trotz sie Schuld getroffen;
Glanzgewölke, Stern,
Dornenfreie Rose,
Braut im Schmucke, große
Mutter, Haus des Herrn!
(Verfasser unbekannt)
28. Mariä Schmerzen
Stand die Mutter schmerzdurchwühlet
An dem Kreuze, tränbespület,
Dran ihr Sohn zu sterben hing;
Ihre Seele seufzend, klagend,
Bangen Grams Betrübnis tragend
Simeonis Schwert durchging.
Wie in Trauer, wie im Leide
Musste die gebenedeite
Mutter des Eingeborenen sein!
Weh sie klagte, Schmerz sie nagte,
Da sie zarte Mutter zagte,
Anzusehn des Sohnes Pein!
Wer ist der nicht weint vor Wehe,
So er Christi Mutter sähe
Mit wie großer Qual sie stritt?
Wer nicht müsst vor Gram verschmachten
Christi Mutter zu betrachten,
Wie sie mit dem Sohne litt?
Für des eigenen Volks Verschulden
Sah sie Jesum Marter dulden
Und von Geißeln arg zerfleischt,
Sah den lieben Sohn erblassen
Sterbend, trostlos und verlassen
Da er aushaucht seinen Geist.
Eja Mutter, Quell der Liebe,
Mich im Schmerzzwangdulden übe,
Mach mich sein mit dir betrübt;
Mach mein Herz von Lieb entzündet
Die in Christus Gott sich gründet,
Mach mich auch von ihm geliebt.
Heilige Mutter, das bescheide,
Des Gekreuzigten Wunden schneide
Meinem Herzen dauernd ein;
Der entbunden dir, empfunden
Liebgebunden, für mich Wunden,
Teile mit mir dessen Pein.
Mach mit dir mich weinend trauern,
Den Gekreuzigten bedauern
All so lang ich leben soll;
An das Kreuz mit dir mich stellen
Und im Weh mich dir gesellen,
Dess ist mein Begehren voll!
Jungfrau du der Jungfraun Ehre,
Deine Huld nicht von mir kehre,
Mich vereine dir in Klag;
Um sein Sterben mitzusterben
Lass sein Leiden mich erwerben,
Dass die Wunden frisch ich trag.
Lass mich wunden seine Male,
Lass mich leeren ganz die Schale
Sohnesbluts am Kreuzesplag;
Dass ich nicht in Flammen brenne,
Jungfrau, dich mir Fürsprech nenne
An des Weltgerichtes Tag.
Christus, ist es einst am Scheiden,
Gib die Mutter mich zu leiten
Zum Empfang vom Siegerkranz;
Wenn erstirbt des Leibes Leben
Lasse meiner Seele geben
Dann des Paradieses Glanz. Amen.
(Verfasser: Jacopone von Tod + 1306 oder Papst Innocenz III. + 1216)
Sei es mein Verhängnis hier
Immerdar zu danken dir,
Immer dir zu singen Preis!
Schon so viel du gabest mir,
Meine Bitte nimm dafür,
Schilt nicht meines Lobes Weis:
Wen beglückte dein Verkehr,
Wer genossen deiner Lehr,
Nimmer wird er davon satt,
Immer wachset sein Begehr,
Immer lechzet es nach mehr,
Schenk ihm deine Huld und Gnad!