Mariä Namen
12. September
Heute ist das Fest des heiligsten Namens Maria. Heute hat die liebe Mutter Gottes Namenstag. Auch alle Frauen und Mädchen, die den Namen Maria führen, feiern Namenstag, und darüber hinaus haben heute insgesamt alle Menschen ein Fest, denn Maria ist für alle die gute Himmelsmutter. Alle feiern wir heute den Namenstag unserer Mutter. Da soll zunächst einmal eine schöne Geschichte erzählt werden.
Es war vor einigen hundert Jahren. Damals war die Welt kleiner, als sie heute ist, denn man wusste noch nicht, ob es an der anderen Seite des Meeres Länder und Menschen gab. Amerika war noch nicht entdeckt.
Eines Tages fuhr ein mutiger Mann – Kolumbus hat er geheißen – mit einem Schiff auf das weite Meer hinaus. Er wollte nachsehen, was dort sei, wo das Wasser aufhört. Das Schiff, mit dem er fuhr, hatte einen Namen. Santa Maria wurde es genannt, das heißt auf Deutsch „Heilige Maria“.
Es war eine weite Reise. Immerzu geradeaus gegen Westen ging die Fahrt. Fast zwei Monate lang sahen die Leute auf dem Schiff nur das Wasser unter sich und den Himmel über sich. Gewaltige Stürme erhoben sich, und mehr als einmal war das Schiff in Gefahr, mit Mann und Maus in den Wellen zu versinken. Auch die Matrosen taten eines Tages nicht mehr mit und wollten den Kapitän ins Wasser werfen. Kolumbus wehrte sich dagegen und fuhr doch weiter, bis man eines Tages ein Land vor sich aus dem Meer aufsteigen sah. Es war ein neues, bisher unbekanntes Land. Amerika war entdeckt. Als die Anker ausgeworfen waren, verließ Kolumbus als erster das Schiff und ging an Land. Die Stelle aber, wo er an Land ging, nannte er San Salvador, das heißt auf Deutsch „das Land des heiligen Erlösers“. Kolumbus war also mit der Santa Maria ins Heilig-Erlöser-Land gefahren.
So weit die Geschichte, die nicht um ihrer selbst willen, sondern wegen des schönen Sinnes, der in ihr liegt, erzählt wird.
So lange man Kind ist, weilt man daheim im stillen, ruhigen Hafen des Elternhauses. Doch eines Tages, wenn die Schuljahre zu Ende sind, muss man hinausfahren auf das Meer. Das Meer ist das Leben. Wohin muss man denn fahren? Man muss genau wie Kolumbus nach San Salvador fahren, nach dem Land des heiligen Erlösers. Das ist der Himmel, wo der liebe Heiland wohnt. Dorthin geht die Lebensreise.
Es ist eine weite Fahrt. Vielleicht dauert sie fünfzig oder sechzig oder siebzig Jahre lang oder noch länger, und gefährlich ist die Reise auch. Da erheben sich manchmal gewaltige Stürme, das heißt, es kommen Not und Krankheiten und möglicherweise wieder ein Krieg. Es wird bestimmt nicht immer leicht sein, heil und ohne Schiffbruch durch die Stürme hindurch zu kommen.
Dann aber kann es auch geschehen, dass man selbst nicht mehr weiterfahren will. Man hat keine Lust mehr, brav zu sein. Man übertritt Gottes heilige Gebote, und so kann es kommen, dass man nicht zum lieben Heiland in den Himmel gelangt. Gefährlich ist fürwahr die Reise durch das Leben in den Himmel.
Um indessen trotz aller Stürme sicher das Heilig-Erlöser-Land des Himmels zu erreichen, muss man es ähnlich wie Kolumbus machen. Man muss mit der Santa Maria fahren. Unter der Santa Maria ist eine innige Verehrung der lieben Mutter Gottes zu verstehen, denn wer die Mutter Gottes treu verehrt, alle Tage und lebenslang, der erreicht am ehesten und sichersten das Heilig-Erlöser-Land, der kommt in den schönen Himmel zum lieben Heiland.
„Ich glaube nicht“, behauptet der heilige Alphons, „dass der Teufel sich rühmen kann, auch nur einen Menschen in der Hölle zu haben, der eine rechte Andacht zur Mutter Gottes gehabt hat.“ Und der heilige Bernhard sagt: „Maria ist die Arche, in der jeder, der zu ihr seine Zuflucht nimmt, vor dem ewigen Schiffbruch bewahrt bleibt.“
Wer also von Kindheit an die liebe Mutter Gottes treu verehrt, der befindet sich auf dem rechten Schiff zum Himmel, und wer bereits auf diesem Schiff ist, der soll sich freuen und sich vornehmen, stets darauf zu bleiben.
Über "Maria vom Sieg"
Am heutigen Tag wurde im Jahr 1683 der herrliche Sieg über die Türken bei Wien durch die Anrufung der allerseligsten Jungfrau Maria erfochten; weshalb auch das Fest des hl. Namens Maria vom Papst Innocenz XI. eingesetzt wurde.
Aber der Name Mariens ist auch ein geheiligter Name,
ein liebenswürdiger Name.
Niemals spricht man den Namen Marias mit Vertrauen aus,
ohne ihn zugleich mit Nutzen auszusprechen.
Glücklich derjenige, der ihn oft mit Liebe wiederholt,
andächtig grüßt,
aufrichtig verehrt
und öfters anruft.
Nach dem Namen Jesu,
diesem ersten aller Namen,
ist keiner würdiger,
keiner größer
und für die Gläubigen kein geschätzterer Name.
Bei Anrufung dieses Namens Mariä
fühlt sich der Sünder voll des Vertrauens auf die Barmherzigkeit.
Der Gerechte erwirbt eine stärkere Liebe,
der Versuchte den Sieg über seine Leidenschaften
und der Betrübte Geduld und Trost.
Ach! Der Name Maria soll, nach dem Namen Jesus,
in meiner Not meine Hilfsquelle,
in meinen Zweifeln mein Rat,
in Anfechtungen meine Stärke
und in allen meinen Schritten mein Führer sein.
Matthias Hergert
Am Fest Mariä Namen war es.
Ein purpurfarben wunderbares
Herbstabendrot war still verglommen,
Da sind wir durch den Wald gekommen.
Wir hatten viel gescherzt, gelacht,
Es war ein Tag von selt`ner Pracht;
So blau der Himmel, die Luft so klar!
Von Unsrer Lieben Frauen Haar
Die ersten Fäden silbergrau
Hinflogen leuchtend über die Au.
Ein sonniger Sonntag nach trüber Zeit,
Das macht die Herzen froh und weit!
Und mählig ward es dunkel im Wald,
Vom nahen Klosterkirchlein schallt
Der Aveglocke sanft Geläute.
Sie feiern das Fest der Jungfrau heute,
Die Trost und Zuflucht in schweren Tagen
Und deren Namen sie alle tragen.
Wie wir nun schweigend weitergehn,
Ist plötzlich Lichterschein zu sehn.
Er funkelt goldig durch Strauch und Baum
Und leise, leise, wie im Traum
Ein Lied tönt durch den Abendwind,
Als schluchzte im Wald ein einsam Kind.
„Das kommt von Marias Grotte her!
Nur schnell, ist auch der Fuß schon schwer!“
Und hastig über den Wiesenrain
Wir eilen hinab zu dem heiligen Hain.
Da glänzt wie ein riesiger Weihnachtsbaum
Von hundert Lichtlein der Grotte Raum.
Die letzten Rosen, die Astern helle
Und der Hortensia schimmernde Bälle,
Sie schmiegen sich als duftige Grüße
Demütig um der Königin Füße.
Ihr holdes Antlitz lächelt mild,
Und segnend breitet die Hand das Bild.
Doch vor der Grotte, Maria zu feiern,
Singen Nonnen in wallenden Schleiern:
„Du Pforte des Himmels, du Arche des Bunds,
Königin der Engel – bitte für uns!“
Und wieder hebt sich neuer Sang,
Begleitet von schlichtem Saitenklang.
Vier Stimmen lösen sich aus dem Chor
Und flehend steigt das Gebet empor:
„Wende, o wende, Trösterin du,
Deine barmherzigen Augen uns zu!“
Wir stehn und lauschen wie gebannt,
Von selber faltet sich jede Hand;
Auf alle Lippen steigt es heiß
Und mitgebetet haben wir leis.
Dann löschen Lied und Lichter aus,
Wir kehren heim ins gastliche Haus.
Doch nicht wie sonst in lauter Lust,
Dem Weltkind war so still die Brust.
Und lang noch auf allen Gesichtern lag`s
Wie Abglanz hohen Feiertags.
* * *
Modernen Menschen fällt es schwer, das Fest eines Namens zu feiern. Denn Namen besagen uns nichts. Sie dienen uns lediglich dazu, um in der Vielheit unserer Mitmenschen den einen besser vom andern unterscheiden zu können. Lediglich wenn Väter und Mütter darauf bedacht sind, ihren Kindern einen „schönen“ Namen zu geben, dann werden sie in vielen Fällen nicht dazu getrieben, um sich bloß am Wohlklang des Wortes zu ergötzen, sondern damit den Kindern, wie mittels eines Zaubermittels, Glück auf den Lebensweg zu geben. Nomen est omen, der Name ist ein Bedeutungszeichen für Glück und Unglück, sagt ein alter lateinischer Spruch.
In früheren naturverbundeneren Zeiten legte man sehr viel Gewicht auf die Namengebung. Er sollte eben alles besagen, was man dem Kind auf seinem Lebensweg wünschte, ja seine Lebensaufgabe vorzeichnen. Diese Haltung beruht letzthin darauf, dass ursprünglich alle Namen Wesensnamen gewesen sind, wogegen heute Namen künstlich zusammengestückelt werden. Ursprünglich gab der Name genau das wieder, was der Mensch von dem betreffenden Gegenstand in seinem Geist erfasst hatte. So berichtet uns die Heilige Schrift, dass Adam allem Getier einen Namen gab, das heißt aber: Er erkannte ihr Wesen, ihre Aufgabe und danach benannte er sie.
Auf diesem Hintergrund müssen wir es verstehen, wenn in der Heilsgeschichte Gottes vielfach Namengebungen oder Namensumänderungen erzählt werden, z.B. von Abram in Abraham, von Jakob in Israel, von Simon in Petrus. Darum wird eigens verordnet, dass der Vorläufer Johannes heißen müsse und der Erlöser Jesus. Jeder dieser Namen besagte die Aufgabe und Stellung seines Trägers im Werk der Erlösung. Dann hat es Sinn, ein Fest des Namens Jesu zu begehen und von der Kraft des Namens Jesu zu sprechen. Dann hat es Sinn, auf den Namen Jesu zu taufen und in diesem Namen sein Tagwerk zu beginnen.
Folglich kann es auch keineswegs gleichgültig sein, dass die seligste Jungfrau, die Mutter des Erlösers, den Namen „Maria“ trug. So gesehen, ist dieser Name nicht nur heilig, weil sie ihn getragen hat, sondern auch, weil er uns ihr unergründliches Wesen und ihre herrliche Heilsaufgabe kündet. Tut er das? Das ist es leider, was wir in diesem Fall nicht wissen. Wir müssen leider bekennen, dass weder die Heilige Schrift uns diesen Namen deutet noch die Wissenschaft es bisher fertiggebracht hat, diesen kostbaren Namen unzweifelhaft sicher auszudeuten. Es sind wohl sehr viele Versuche unternommen worden, aber keiner hat den Sieg davongetragen.
Das ist sehr bedauernswert. Vielleicht aber steckt dahinter eine besondere Absicht Gottes. Ein großer Schriftsteller hat einmal gesagt, Gott habe in Maria so Herrliches verwirklicht, dass die Menschen es nicht ertragen könnten, wenn ihnen das alles bewusst wäre. Sollte Gott deswegen auch einen Schleier über die Bedeutung ihres Namens haben ausbreiten müssen? Wollte er es ein Entzücken der Ewigkeit sein lassen, um diesen Namen zu wissen? Wie dem auch sei: Auf jeden Fall wird der Name „Maria“ uns ein heiliger und heilskräftiger Name sein, dessen wir uns nur in Ehrfurcht und Vertrauen bedienen wollen.
Kirchengebet
Wir bitten Dich, allmächtiger Gott: gib, dass Deine Gläubigen, die sich ob des Namens und des Schutzes der heiligsten Jungfrau Maria freuen, auf Erden durch ihre mütterliche Fürsprache von allen Übeln befreit werden und im Himmel zu den ewigen Freuden gelangen dürfen. Amen.
Zur Geschichte des Festes: Im Jahr 1513 erhielt die Diözese Cuenca von Rom die Erlaubnis zur Feier eines Festes zu Ehren des heiligen Namens Mariä. Es wundert uns nicht, dass bald auch anderswo Diözesen um dieses Vorrecht baten.
Zur allgemeinen Feier dieses Festes in der ganzen Kirche kam es aber erst durch den glorreichen Sieg am 12. September 1683. Die Türken standen als drohende Gefahr für die ganze abendländische Christenheit vor den Toren Wiens. Am 15. August zog der Polenkönig Sobieski mit einem christlichen Heer den Türken entgegen, und zwar im Vertrauen auf die Gottesmutter, denn ihr Banner wurde vorangetragen. Am 12. September kam es zur entscheidenden Schlacht, in der das Türkenheer vernichtet wurde. In seliger Freude dankte die Christenheit der Gottesmutter für diesen Sieg. Im Namen Mariä waren sie gegen den Feind ausgezogen, im Namen Mariä hatten sie ihn niedergezwungen. Noch im gleichen Jahr bestimmte Innozenz XI. den 12. September, den Siegestag, als Festtag des Namens Mariä, und zwar für die ganze Kirche.
(Prof. Dr. Carl Feckes, "So feiert dich die Kirche", Maria im Kranz ihrer Feste, 1957, Steyler Verlagsbuchhandlung)
Mariä Namensfest
(aus: Marianischer Festkalender, Regensburg 1866)
"Der Name der Jungfrau war Maria." (Lukas 1,27)
Es ganz und gar richtig und wichtig, dass wir den Namen der von Gott zur Mutter seines Sohnes erkorenen Jungfrau in Ehren halten, ihm die nächste Stelle nach dem Namen Jesu einräumen und ihm zur Verherrlichung ein eigenes Fest begehen.
Dieses Fest, früher am 22. September gefeiert, später auf den Sonntag innerhalb der Oktav von Mariä Geburt, und trifft jetzt auf den 12. September. Wie Maria aber diesen Namen erhielt, erzählt Katharina Emmerich folgendermaßen:
Ich sah heute ein großes Fest im Haus der heiligen Mutter Anna. Alles war beiseite geräumt. Vorn im Haus waren alle die aus Flechtwänden zusammengestellten Schlafräume weggeschafft, und so ein großer Saal bereitet. Rings um denselben sah ich an der Erde eine niedrige Tafel mit Tischgeräten zur Mahlzeit bedeckt. Ich sah mancherlei Speisegerätschaften, die ich sonst nicht beachtet hatte. Es standen ganz leichte oben durchlöcherte Gefäße auf dem Tisch, vielleicht um Blumen hineinzustellen. Es schienen Körbe zu sein. Auf einem Nebentisch sah ich viele weiße von Bein scheinende Stäbchen, auch Löffel von der Gestalt einer tiefen Muschel, woran ein Henkel, der sich mit einem Ring endete, auch gekrümmte Röhrchen, vielleicht um etwas Dünnes zu saugen.
In der Mitte des Saales war eine Art Altartisch, rot und weiß gedeckt aufgerichtet, auf dem ein muldenförmiges, weiß und rot geflochtenes, mit himmelblauer Decke belegtes Wiegenkörbchen stand. Bei dem Altar stand ein bedeckter Lesepult, worauf pergamentene Gebetsrollen lagen. Vor dem Altar befanden sich fünf Priester aus Nazareth, alle, und einer ausgezeichneter, in ihren Amtskleidern. Joachim stand bei ihnen. Im Hintergrund um den Altar standen mehrere Frauen und Männer von Annas und Joachims Verwandtschaft, alle festlich gekleidet. Ich erinnere mich der Schwester Annas, Maraha von Sephoris und der älteren Tochter Annas usw. Die Mutter Anna selbst hatte zwar ihr Lager verlassen, aber sie befand sich in ihrer hinter der Feuerstelle gelegenen Kammer und erschien nicht bei der Zeremonie.
Enne, die Schwester Elisabeths, brachte das Kindlein Maria in Rot und durchsichtiges Weiß bis unter die Arme gewickelt heraus und legte es auf die Arme Joachims. Die Priester traten vor den Altar, um die Gebetsrollen und beteten laut. Dem Vornehmsten von ihnen hielten zwei andere die Schleppe. Hierauf legte Joachim das Kind dem Oberpriester auf die Hände, der es aufopfernd unter Gebet in die Höhe hob und dann in das Wiegenkörbchen auf den Altar legte. Er nahm hierauf eine Kneipschere, an deren Ende ein Kästchen war, in der das Abgeschnittene wie bei einer Lichtschere hineingedrängt wurde. Mit diesem Instrument schnitt er dem Kind drei Löckchen Haare an den beiden Seiten und in der Mitte des Kopfes ab und verbrannte sie auf einem Kohlenbecken. Dann nahm er eine Büchse mit Öl und salbte dem Kind die fünf Sinne, er bestrich dem Kind mittelst des Daumens die Ohren, Augen, Nase, den Mund und die Herzgrube mit Salbe. Auch schrieb er den Namen Maria auf ein Pergament und legte ihn dem Kind auf die Brust. Dann empfing Joachim das Kind zurück, der es der Enne übergab, die es wieder zu Anna brachte. Es wurden noch Psalmen gesungen, worauf die Mahlzeit begann, die ich nicht mehr mit angesehen habe.
Auf welche Veranlassung hin das Fest Mariä Namen in der katholischen Kirche eingeführt wurde, ist aus nachfolgender Geschichte ersichtlich:
Es war im Jahr 1683, als der türkische Sultan seinem Großvezier Kara Mustapha als Oberfeldherrn mit einer ungeheuren Kriegsmacht über Ungarn nach Österreich sandte, um durch Eroberung Wiens, dieses Bollwerkes der Christenheit, die christliche Religion zu verdrängen. Wo das Heer nur immer hinzog, ließ es die schrecklichsten Spuren der Grausamkeit und Barbarei zurück. Die eroberten Schlösser wurden niedergebrannt, die Besatzungen hingemetzelt, fünfzig Märkte und Dörfer in der Umgegend von Wien durch die Barbaren verheert, und über vierzigtausend Menschen aus den niedergebrannten Ortschaften Österreichs und Steiermarks als Sklaven fortgeschleppt. Am 14. Juli desselben Jahres lagerte Kara Mustapha mit zweimalhunderttausend Mann vor Wien, das achtzehnmal gestürmt wurde und in der Zeit von sechzig Tagen nur siebenmal Nachricht vom kaiserlichen Heer mit der Hoffnung baldiger Hilfe erhalten konnte. Groß war der Jammer in der so hart bedrängten Stadt und groß die Gefahr für die gesamte Christenheit. Man nahm von allen Seiten seine Zuflucht zu Maria, der mächtigen Himmelskönigin. Am Tag ihrer heilbringenden Geburt, den 8. September, betete man mit verdoppeltem Eifer. Bürger und Soldaten riefen mit vereinter Stimme sie um Hilfe an, und ihr Gebet fand Erhörung. Plötzlich erblickte man auf fernen Hügeln flatternde Fahnen. Es waren die Feldzeichen eines polnischen Heeres, das unter der Anführung des frommen Helden Johannes Sobieski heranrückte. Klein war zwar die Schar, aber die Frömmigkeit des Führers und der Soldaten hatte ihr den Schutz des Himmels zugewendet.
Mit dem ersten Strahl der Morgensonne, Sonntag den 12. September, las der fromme Priester Marco d`Aviano auf dem Leopoldsberg bei Wien die Heilige Messe. Sobieski selbst diente dabei am Altar und empfing die heilige Kommunion, nach der er sich und alle seine Soldaten unter den Schutz Mariens befahl, und hierauf den apostolischen Segen empfing. "Wohlan denn!" rief er nun mit lauter Stimme, "lasst uns mit vollem Vertrauen auf den Schutz des Himmels und auf den Beistand der heiligen Jungfrau dem Feind entgegengehen!"
Das Heer brach auf, und bald erblickte man das Lager der Ungläubigen. Mit dem Ruf: "Jesus und Maria!" stürzten die christlichen Soldaten auf die Türken los. Der Ungestüm, mit dem sie anstürmten, war so groß, dass der Heerführer der Tartaren angstvoll die Flucht ergriff und den Großvezier, der vor Wut schäumte, mit sich fortriss. In wenigen Stunden war das ganze Heer der Feinde zerstreut. Viele Tausende von ihnen lagen erschlagen auf dem Schlachtfeld oder hatten auf der Flucht ihren Tod in den Wellen der Donau gefunden. Die Beute der Christen war ungeheuer. Dreihundert Stück Geschütz, fünfzehntausend Gezelte, das ganze Gezelt des Großveziers mit allen Feldkassen, sechshundert Beutel Piaster, seine mit Juwelen besetzten Waffen, Fahnen usw. fielen in die Hände der Sieger. Wien war gerettet. Sobieski zog triumphierend in die Stadt ein. In der Loretto-Kapelle der Augustinerkirche warf er sich vor dem Altar auf die Knie nieder und stimmte den Ambrosianischen Lobgesang an: "Te Deum laudamus". Zum ewigen Gedächtnis dieser Hilfe Mariens wurde von Papst Innozenz XI. ein Dekret erlassen, vermöge dessen das Fest des heiligen Namens Maria für die ganze Christenheit am Sonntag in der Oktav von Mariä Geburt sollte gefeiert werden.
Nachfeier des Festes Mariä Namen
(aus: Marianischer Festkalender, Regensburg 1866)
Fromme Verehrer des heiligen Namens Mariens waren:
Der heilige Bernhard, dieser kindlich zärtliche Verehrer Mariens, schreibt in einem wahrhaft honigfließenden Ton und voll himmlischer Begeisterung, wie folgt: "Lasst mich doch auch einmal etwas sagen vom geheiligten Namen Mariens! Maria heißt soviel als ein "Meeresstern", und passt so recht für die Jungfrau Mutter. Denn ganz treffend wird sie mit einem Gestirn verglichen. Denn wie ein Gestirn seinen Strahl ohne Verletzung seines Wesens aussendet, so hat auch die Jungfrau ohne Verletzung ihren Sohn geboren. Der Strahl, der ausgeht, vermindert nicht die Klarheit des Gestirns, noch nimmt der Sohn der Jungfrau ihre Reinheit. Sie selbst" - fährt der heilige Vater Bernhard fort - "ist jener edle Stern, aus Jakob aufgegangen, dessen Strahl die ganze Welt erleuchtet, dessen Strahl sowohl im Himmel glänzt, als auch die Hölle durchdringt, und die Erde erhellt, der mehr die Geister erwärmt, als die Leiber, die Tugenden fördert, die Laster austilgt. Sie ist jener hellschimmernde, glanzvolle Stern, der über diesem großen, geräumigen Meer aufgeht, glänzend an Verdiensten und leuchtend durch Beispiele." Und nun ermahnt der heilige Vater uns, immer nach diesem Stern zu sehen. Er spricht: "O du, wer du auch seist, Sterblicher, der du einsiehst, dass du auf dem Strom dieser Welt mehr durch Stürme und Ungewitter schwankst, denn auf festem Boden fußt, wende die Augen nicht ab von dem Glanz dieses Sterns, wenn du von Stürmen nicht willst verschlungen werden. Wehen die Winde der Versuchungen, stößt du auf Klippen der Trübsal, blicke auf zu dem Stern, rufe auf zu Maria! Wirst du von den Wellen des Stolzes, von den Wogen des Ehrgeizes, der Verleumdung, der Eifersucht umher getrieben, blicke auf zum Stern, rufe auf zu Maria! Stürmt der Zorn, der Geiz, die Lockung des Fleisches auf das Schifflein deines Gemütes los, rufe auf zu Maria! Wirst du von dem Gräuel deiner Sünden, vom Schrecken des Gewissens, vom Schauer vor dem Gericht durchdrungen, siehst du vom Abgrund der Traurigkeit, der Verzweiflung dich verschlungen, denke an Maria! In Gefahren, in Angst und Not, in zweifelhaften Fällen denke an Maria, rufe auf zu Maria! Nimmer weiche sie aus deinem Mund, nimmer aus deinem Herzen. Und dass dir die Hilfe ihrer Fürbitte werde, weiche nimmer ab von den Beispielen ihres Wandels. Ihr folgend, lenkst du nicht ab von dem rechten Weg. Zu ihr flehend, wirst du nimmer verzweifeln. Hält sie dich, nimmer fällst du. Schützt sie dich, nichts ist dann dir furchtbar. Führt sie dich, dann ermüdest du nicht. Ist sie dir hold, dann gelangst du in den Hafen. So wirst du in dir selbst empfinden, wie füglich der Evangelist sagt: "Und der Name der Jungfrau hieß Maria."
Der heilige Antonius von Padua pflegte wohl unzählig oft bei Tag und Nacht den heiligen Namen Maria auszusprechen, und er fühlte dabei gewöhnlich eine ebenso große Lieblichkeit, wie der heilige Bernhard beim hochheiligen Namen Jesus. Darum rief er oft aus: "Der Name Mariens bringt Freude ins Herz, Honig in den Mund und Wohlklang in die Ohren derer, die sie verehren."
Der selige Heinrich Suso versicherte, dass, wenn er den Namen Mariens nennt, sein Vertrauen außerordentlich wachse, und er zu einer innigen Liebe entzündet wird. Er versicherte, dass dieser wunderbare Name wie eine Köstlichkeit im Grund seiner Seele zu schmelzen scheint, und deshalb rief er freudetrunken aus: "O süßer Name, o Maria! Was wirst du erst selber sein, wenn dein Name schon so lieblich und liebenswürdig ist?"
Abt Frankonus sagt, dass nach dem hochheiligen Namen Jesus der Name Maria so reich an Gnaden und Lieblichkeit ist, dass im Himmel und auf Erden kein anderer Name ertönt, der den frommen Seelen so viel Gnade, Hoffnung und Süßigkeit verschafft. Denn, fügt er hinzu, der Name Maria schließt in sich etwas so Wunderbares, so Süßes und Göttliches, dass, wenn er in ein befreundetes Herz Eingang findet, er süßen Wohlgeruch in ihm verbreitet. Das Wunderbarste aber an diesem heiligen Namen ist, dass, wenn die Verehrer Mariens ihn auch tausendmal gehört haben, er ihnen doch immer wieder neu vorkommt, denn sie verspüren, so oft sie ihn vernehmen, jedesmal dieselbe Freude. Der von Liebe entzündete Bernhard richtete ebenfalls voll Zärtlichkeit folgende Worte an seine gute Mutter Maria: "O große, o fromme, o lobwürdige Jungfrau Maria. Dein Name ist so wunderbar und lieblich, dass man ihn nicht nennen kann, ohne von Liebe zu dir und zu Gott, der ihn dir erteilt hat, entflammt zu werden."
St. Gerhard, erster Martyrer in Ungarn, gehört gleichfalls unter die vorzüglichsten Verehrer des heiligen Namens Mariens. So oft er ihn aussprechen hörte, wurde er aufs tiefste gerührt. Er versagte daher niemals, was man im Namen Mariens von ihm verlangte. Das Wörtlein: "Um Mariens willen!" war gleichsam der Weg zu seinem Herzen und auch zu seinen Wohltaten.
Albertus Magnus war unter besonderem Einfluss der jungfräulichen Mutter Maria zu einem großen Gelehrten und Heiligen herangewachsen, darum verehrte er sein ganzes Leben hindurch die seligste Jungfrau Maria mit der zärtlichsten Liebe, besonders aber sprach er den wunderbaren Namen "Maria" nie anders, als nur mit tiefster Ehrfurcht aus. In vielen Anliegen und Nöten, in vielen Gefahren und Prüfungen hatte er durch diese fromme Übung Trost und Hilfe gefunden, und deshalb ermahnt er auch jeden von uns: "Bist du von Finsternissen umgeben und findest du den Weg nicht, hebe deine Augen zu der empor, die dich erleuchten kann. Rufe zur Gottesmutter und sprich den heiligsten Namen "Maria" aus! Wirst du von fleischlichen Anfechtungen gequält und in Gefahr gebracht, überwunden zu werden und in eine unerlaubte Lust zu willigen, sprich den geheiligten Namen "Maria" aus und zu wirst erfahren, dass sie nicht umsonst Maria heißt."
Der große Papst Innozenz III. setzte gleichfalls ein außerordentliches Vertrauen auf den heiligen Namen Maria. "Maria heißt der Stern, und dieser Stern leuchtet mir zum Himmel", pflegte er oft zu sagen. "Durch diese zwei," setzte er alsdann hinzu, "durch das Holz und durch den Stern, können die Schiffe unter so vielen Gefahren an das Gestade kommen, nämlich durch den Glauben des Kreuzes und durch die Kraft des Lichtes, das uns geboren hat Maria, der Stern des Meeres."
Die wunderbare Kraft des heiligen Namens Maria zeigt sich ganz besonders auch auf dem Sterbebett. "Selig ist derjenige," ruft der heilige Bonaventura aus, "der deinen Namen liebt, o heilige Mutter Gottes. Dein Name ist so herrlich und wunderbar, dass alle, die an ihn denken, ihn in ihrer Todesstunde anrufen. Sie brauchen sich nicht zu fürchten vor den Angriffen ihrer Feinde."
Der heilige Camillus Lellis ermahnte daher seine Ordensbrüder, sie sollten häufig die Sterbenden daran erinnern, die Namen Jesus und Maria anzurufen, wie er dies selbst immer bei anderen zu tun pflegte. Aber er gab nicht bloß hierzu den Rat, er tat auf seinem Sterbebett auch selbst, was er so häufig im Leben empfohlen hatte. Denn man erzählt in seiner Lebensgeschichte, dass er die geliebten Namen Jesus und Maria mit so zarter Andacht ausrief, dass alle, die ihn hörten, dadurch von Liebe entflammt wurden. Schließlich gab er mit gekreuzten Armen seinen Geist auf, die Augen geheftet auf zwei Bilder von Jesus und Maria, während auf seinem Antlitz himmlischer Friede leuchtete. Seine letzten Worte waren die wunderbaren Namen: Jesus und Maria.
Wie glücklich ist der zu preisen, der wie ein heiliger Fulgentius von Askoli sterben kann, der seine Augen unter folgenden Worten schloss: "O Maria, Maria, die schönste unter allen Frauen! Mit dir vereint will ich in den Himmel eingehen."
Bitten auch wir, Gott der Herr möge uns die große Gnade gewähren, dass die letzten Worte, die über unsere Lippen gehen, der heilige Name Maria ist!
"O süßer Tod, o sicherer Tod!" ruft der heilige Alphons Liguori aus, "den ein solcher Name des Heils begleitet und beschützt. Gott erteilt nur denen, die er selig machen will, die Gnade, diesen Namen in ihrer Todesstunde ausrufen zu Können." Bitte darum oft, o Christ, um diese hohe Gnade!
Ein Engel von den Cherubim
Erschien dem frommen Joachim
In dieser Wüstenei und sprach:
"Sieh, Gott erbarmt sich deiner Schmach;
Dir soll ein Mädchen sein geboren;
Ihr Name ist ihr schon erkoren:
Maria heiße sie, die Hehre,
Die Frau, die aller Frauen Ehre
Erheben soll ob allem Preise.
Wirf nun von dir die Trauerweise!
Geh fröhlich hin zum heiligen Orte;
Beim Tempel an der Goldnen Pforte
Findest du Anna stehn, dein Weib.
Führ sie nach Haus; ihr edler Leib
Wird dir die Blüte bringen,
Der alle Engel singen."
Wie lieblich, o Maria, klingt
Der Andacht Lied, das dich besingt;
Denn Himmelstrost und Friede bringt
Dein Name, der das Herz durchdringt.
Noch vor der goldnen Sterne Saat
Warst du erwählt in Gottes Rat,
Der durch dich Liebeswunder tat.
Dem Drachen, der Verderben schnaubt,
Der uns das Paradies geraubt,
Dem Eva schwer betört geglaubt,
Zertritt du nun das Schlangenhaupt!
So gehe jenem Lilienflor,
Dem lieblichen Jungfrauenchor,
Den bräutlich sich das Lamm erkor,
Als Königin im Reiche vor,
Und führe uns durchs Himmelstor
Den Pfad zu Gottes Reich empor!
(Aus: "Goldene Legende der Heiligen"
von Joachim und Anna bis auf Constantin den Großen
neu erzählt, geordnet und gedichtet von
Richard von Kralik, 1902)