Mariä Königtum

 

31. Mai

 

Als einst die Apostel den Herrn fragten, welcher Lohn ihnen zuteilwürde, da sie seinetwegen alles verlassen hätten und ihm treu nachgefolgt wären, antwortete Jesus mit den erhabenen Worten: „Wahrlich, ich sage euch; ihr werdet bei der Welterneuerung, wenn der Menschensohn auf dem Thron seiner Herrlichkeit sitzt, ebenfalls auf zwölf Thronen sitzen und die zwölf Stämme Israels richten.“ Aus diesem Gedanken heraus schreibt der heilige Paulus an die Korinther: „Wisst ihr nicht, dass die Heiligen die Welt richten werden? Wisst ihr nicht, dass wir sogar die Engel richten werden?“ Darum sieht der Seher der Geheimen Offenbarung am Ende der Zeiten Thronsessel aufgerichtet, auf die sich jene niederlassen, denen das Gericht übertragen ist und die mit Christus herrschen tausend Jahre. Stolz preist er deshalb unsern Erlöser, der „uns zu seinem Königtum gemacht hat“.

 

Wenn Königliches, wenn Throne und Richtersprüche jene erwartet, die ihrem Erlöser treu nachgefolgt sind, was mag dann von jener zu gelten haben, die schlechthin seine Magd gewesen ist, die in bester Nachfolge dem Kreuzträger bis auf die Opferstätte von Golgotha gefolgt ist? Darauf antwortet unsere Kirche seit vielen Jahrhunderten damit, dass sie Maria schlechthin als die Königin benennt, dass sie ihr den höchsten Thronsessel eingeräumt hat, dass sie die Gottesmutter ganz selbstverständlich als eine Königin verehren lässt.

 

Doch verstehen wir dies recht! Gewiss ist Maria unter uns, den erlösten Gotteskindern, in dem Sinn unsere Königin, dass sie die Heiligste, die Schönste, die Begnadetste, die Tugendreichste ist. Aber, so begriffen, verstünden wir ihr Königtum nur halb, denn wir sähen es nur als Spitze in der Reihe jener Thronenden, die, wie wir eben hörten, über jene richten sollen, die gegen Gott im Ungehorsam sich frech erhoben haben. Maria ist vielmehr auch über jene Königin und Herrscherin, die mit ihr ihrem Erlöser treu angehangen haben. Sie ist Herrscherin über alle Geretteten, Herrscherin über die Seligen und Heiligen, je selbst Herrscherin über die Chöre der reinen Geister. Darum bezeichnen wir sie als die Königin des Himmels und der Erde, als die Königin des Weltalls, als die Königin der gesamten Schöpfung. Sie ist jene, der alle im Himmel, auf Erden und unter der Erde unterworfen sind. Sie ist jene, der zu gehorchen, allen erschaffenen Wesen nicht nur Wonne und Ehre, sondern Pflicht und Gebot ist.

 

Warum das? Als es dem Schöpfer gefiel, seiner Schöpfung einen König zu geben, da gab er ihr nicht Luzifer, den höchsten und herrlichsten aller Geister, sondern einen von einer Frau Geborenen, einen Menschen, freilich einen Menschen, der in seinem Personsein in der ewigen Sohnschaft des Wortes Gottes gipfelte. Da gefiel es ihm auch, ihm, dem Gottmenschen, ob der Zweigeschlechtlichkeit des Menschen eine Königin beizugesellen, die, freilich ein bloßes Geschöpf verbleibend, neben dem Herrn der Welt als deren Herrscherin leuchten und walten sollte. Maria ward dazu auserkoren, die Magd des Herrn, die Mutter Jesu, die Jungfrau der Jungfrauen. Sie war die Erwählte seines Herzens, sie die von ihm selbst geschmückte Braut seines königlichen Sohnes.

 

In dieser Königin des Weltalls fühlen auch wir Staubgeborene uns hoch geehrt. Doch vergessen wir es nie: Eine solche Königin kann nur von königlichen Menschen begleitet sein!

 

Kirchengebet

 

O Herr, wir feiern das Hochfest zu Ehren der seligen Jungfrau Maria, unserer Königin. Schenke uns unter ihrem Schutz und Schirm jetzt den Frieden und dereinst die ewige Herrlichkeit. Amen.

 

Zur Geschichte des Festes: Dieses Marienfest ist das jüngste. Vom 24. Oktober bis 1. November 1954 tagte in Rom der 2. Internationale Mariologisch-Marianische Kongress. Er fand seinen Abschluss in der feierlichen Proklamation des neuen Marienfestes „Mariä Königtum“. Auf Anordnung des Heiligen Vaters, Papst Pius XII., soll dieses Fest am 31. Mai eines jeden Jahres von der ganzen Kirche gefeiert werden. Einen Vorgänger besitzt dieses Fest in dem nun zu besprechenden Fest „Königin aller Heiligen“.

 

(„So feiert dich die Kirche“, Prof. Dr. Carl Feckes, Maria im Kranz ihrer Feste, Steyler Verlagsbuchhandlung, 1957)

 

Die Mutter in der Herrlichkeit

 

Dir neigen Engel sich in tiefer Feier,

Und Heil'ge beten, wo dein Fußtritt wallt;

Glorreiche Himmelskönigin! Dir hallt -

Die Gott besaitet hat - der Sphären Leier!

 

Dein Geist blickt sichtbar göttlich durch den Schleier

Der unverwelklich blühenden Gestalt;

Du trägst ein Kind, voll höh'rer Allgewalt,

Des Todes Sieger und der Welt Befreier.

 

O Jungfrau! Tochter Dess, Den du gehegt!

Dein Schoß ward zu dem Heiligtum erwählet,

Woselbst ihr Bild die Gottheit ausgeprägt!

 

Dein Leben hat das Leben neu beseelet;

Die ew'ge Liebe, die das Weltall trägt,

Ist unauflöslich uns durch dich vermählet!