Marianische Gnadenbilder
Inhalt:
1. Das Gnadenbild in der alten Kapelle zu Regensburg
2. Das Gnadenbild auf der Liebfrauenhaide im Wald von Klein-Krotzenburg
3. Das Gnadenbild der Schutter-Muttergottes zu Ingolstadt
4. Das Gnadenbild zu Michelstätten
5. Das Gnadenbild zu Marienthal im Rheingau
6. Das Gnadenbild zu Sörgenloch
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1. Das Gnadenbild in der alten Kapelle zu Regensburg
(Aus einer Festpredigt von Anton Eberhard, 1865)
Der heilige Evangelist Lukas, der als Heide von St. Paulus, dem Apostel, bekehrt wurde, gehörte dem Gelehrten-Stand an und war Arzt. Er hat Maria, die Mutter des Herrn, gekannt und ist von ihr mit besonderem Vertrauen beehrt worden, wie daraus hervorgeht, dass nur sein Evangelium die näheren Umstände der Geburt des Herrn und seines Vorläufers Johannes des Täufers angibt und jenen erhabenen und prophetischen Lobgesang der allerseligsten Jungfrau uns mitteilt. Die Väter nannten ihn deshalb den "Geheimschreiber der Gottesmutter". - Die älteste Zeit sagt von ihm, er sei auch ein Maler gewesen, und habe von der Mutter des Herrn ein Porträt gemalt. So berichten uns Theodorus Lector, Nicephorus, Simon Metaphrastes, Carolus Sigonius, Theodorich von Apolda, Vincenz Beluacensis, Canisius und Bellarmin. Solcher Porträte soll St. Lukas namentlich zwei gefertigt haben. Das eine erhielt später die Kaiserin Pulcheria zu Constantinopel, und erbaute dafür eine herrliche Kirche, worin es bis zur Zeit der Bilderstürme verehrt und dann wahrscheinlich nach Rom in Sicherheit gebracht wurde. Das andere soll schon in den frühesten Zeiten nach Rom gekommen sein. Diese Bilder sind im Verlauf der Jahrhunderte vielfach nachgemalt und sehr verbreitet worden.
Als geschichtliche Tatsache steht fest, dass schon der heilige Papst Gregor der Große, als im Jahr 591 zu Rom eine große Pest ausgebrochen war, zur Abwendung dieses Übels eine Prozession durch die Stadt anordnete, und hierbei gerade das Bild der heiligen Muttergottes, das von St. Lukas gemalt sein soll, herumtragen ließ. Auf wundervolle Weise hörte die Pest plötzlich auf, und dieses Muttergottesbild galt als ein "Gnadenbild".
Als nun im Jahr 1014 der heilige Kaiser Heinrich II. nach Rom kam und sich am 14. Februar vom Papst Benedikt VIII. krönen ließ, von jenem Papst, dem er vorher schon, sowie der ganzen Kirche, großartige Wohltaten erwiesen hatte, und auch ganz Europa diesen Kaiser als den größten Fürsten seiner Zeit verehrte, da wollte der Papst diesem erhabenen Mann ein seinen Verdiensten um Rom und um die Kirche, ein seiner Würde und seiner Heiligkeit angemessenes Geschenk machen, und gab ihm deshalb unter anderem - als dem besonderen Verehrer der Gebenedeiten des Herrn - jenes Muttergottesbild, das zu Rom damals als das "Bild des heiligen Lukas" gegolten und als "Gnadenbild" schon lange verehrt wurde. Also war vielleicht jenes Bild, das schon der heilige Papst Gregor der Große als "Gnadenbild" öffentlich verehren ließ. Jedoch gewiss ist von jenem Bild nur so viel, dass man es zu Rom schon als "Gnadenbild" verehrte, und auch dasselbe sein kann, das die Kaiserin Pulcheria erhalten hatte.
Der heilige Heinrich II. übergab das besagte Bild der alten Kapelle zu Regensburg, wie man wohl nicht anders erwarten konnte. Die alte Kapelle zu Regensburg ist ja eigentlich die Geburtsstätte des Christentums in Bayern. In dieser Kapelle empfingen die ersten bayerischen Herzoge, als sie noch dem Heidentum angehörten, die heilige Taufe, und mit ihnen die Großen des Reiches. Diese Kapelle ist die erste Muttergottes-Kirche in Bayern und vielleicht in ganz Deutschland, älter selbst als Alten-Oettingen, und geweiht vom heiligen Rupertus zur Ehre der Mutter des Welterlösers. Sie wurde schon von Kaiser Carl dem Großen zu einem Collegiat-Stift erhoben, das in Verfall geraten, der heilige Kaiser Heinrich II. aber wieder hergestellt und mit dem "Gnadenbild der allerseligsten Jungfrau" beschenkt hat. Ohne Zweifel ist diese Stiftung das Älteste und Ehrwürdigste, was gegenwärtig aus uralter Zeit in Deutschland sein Dasein ununterbrochen erhielt und errettete.
Bereits achthundert, nämlich 796 Jahre hindurch, wurde dieses Gnadenbild unangefochten und ununterbrochen in dieser Kapelle verehrt, als plötzlich ein unerwartetes Ereignis jene Verehrung unterbrach.
Regensburg war zur Zeit der Agilofinger die Residenzstadt der bayerischen Könige und Herzoge, wurde aber von Kaiser Friedrich Barbarossa im Jahr 1180 als freie Reichsstadt erklärt, was sie danach geblieben ist bis zum 22. Mai 1810, an welchem Tag Regensburg durch die Hand des Kaisers Napoleon I. die Wiedervereinigung mit seinem Stammland, mit dem Königreich Bayern, vollzogen hat. Bald danach, am 1. Oktober 1810, abends gegen 6.30 Uhr erschien in der alten Kapelle eine königliche Hof-Kommission von München, von Polizeigewalt begleitet, und verlangte das Gnadenbild der Kirche, das sie auch, da hier Widerstand nicht möglich war, unter den Tränen des Volkes erhielt.
Die Auslieferung des Gnadenbildes geschah in folgender, jedenfalls seltsamer Weise:
Am 23. September 1810 kam der regensburger Maler von Göz mit dem Stadt-Kommissar Bößner in die Stiftskirche und gab vor, er habe von der königlichen Hof-Kommission den Auftrag, die Malereien der Kirche zu besehen. Am 25. desselben Monats erschienen diese beiden wieder mit dem königlichen Hof-Kommissar Baron von Weichs, dem Direktor von Mieg und dem königlichen Galerie-Direktor von Mannlich von München mehrmals in der Stiftskirche, besahen besonders das Gnadenbild, und entfernten sich dann, ohne etwas zu sagen oder zu verfügen. Am 27. desselben Monats kam ein anderer Maler in die Stiftskirche, mit dem Vorgeben: er habe den Auftrag, das Gnadenbild getreu zu kopieren. Für diesen Zweck wurde das Bild vom Altar herab und aus der Umrahmung herausgenommen. Da aber der Maler noch an demselben Tag fertig wurde, konnte das Bild am Abend noch an seine Stelle zurückversetzt werden, und das Volk, das von diesen Vorgängen Kenntnis erhalten und unruhig geworden war, beruhigte sich wieder, als es am folgenden Morgen diesen Gegenstand der Verehrung an seiner Stelle fand. Am 1. Oktober kam der Maler von Göz wieder, und verlangte, da die Kopie, die der erwähnte Maler jüngsthin genommen hatte, nicht gelungen sei, man sollte ihm gestatten, das Bild nach Hause zu nehmen, um es in Ruhe getreuer kopieren zu können. Da man aber dies nicht zugestand, so begnügte er sich damit, dass man das Bild wieder aus seiner Rahmung nahm und in das Kapitelzimmer der Stiftskirche brachte, wo er es kopieren konnte, was er dem Schein nach auch tat. Allein abends um 6.30 Uhr kamen der Vizepräsident von Neuenstein mit dem Stadt-Kommissar Böffner und verlangten im Auftrag der königlichen Hof-Kommission die Auslieferung des Gnadenbildes, das sie, wie bereits angedeutet wurde, auch empfingen. - Die gefertigte Kopie kam jetzt an die Stelle des Originals!!
Gnadenbild in der "Alten Kapelle" zu Regensburg
Als "Altertum" hatte das Gnadenbild nun die Ehre in der königlichen Bildergalerie und später im National-Museum aufgestellt zu werden. - Welche Begriffe hatte wohl eine solche Staatshandlung von Gerechtigkeit und Gesetz, von Religion und öffentlicher Gottesverehrung! - Wer die alte Geschichte kennt, der weiß auch, dass weder das Athen des Perikles oder des Platon und Aristoteles, noch das Rom des Cicero oder Seneka einer solchen Tat fähig gewesen wäre. Danken wir Gott, dass jene Zeiten religiöser Frivolität vorüber sind!
Dieser Frevel am Heiligen sollte jedoch nur vierundfünfzig Jahre bestehen, und dann wieder gesühnt werden durch die Zurückgabe des Gnadenbildes an seine frühere Stelle. Solch unerwartete Wendung dieser Dinge verdankt man zunächst der Tätigkeit des Hochwürdigsten Oberhirten der Diözese, der seinen Hirtenstab mit ebensoviel Klugheit als Eifer und Kraft für die heiligsten Interessen der Gläubigen zum Wohl der Kirche wie des Staates zu führen versteht. Da er das Vertrauen des verstorbenen Königs von Bayern Maximilian II. in hohem Grad besaß, so gelang es ihm, die Zurückgabe dieses Gnadenbildes unter Bedingungen zu erwirken, deren Erfüllung die freundliche Mitwirkung des Magistrats der Stadt Regensburg möglich gemacht hat. - Da das Gnadenbild als "Altertum" der alten Kapelle entrissen worden war, so wurde es auch nur gegen "andere Altertümer" wieder zurückgegeben, und zu diesem Austausch hat der Herr Domvikar und Ordinariats-Assessor Georg Jakob durch persönliches Opfer sehr viel beigetragen, und auch der Magistrat der Stadt Regensburg gab ein "Altertum" her, um ja die verlangte Ausgleichung zu erzielen.
Am 24. April 1864 wurde das uralte, allgeliebte Bild wieder in die alte Kapelle, die zur würdigen Begehung dieses hochfestlichen Ereignisses neu hergestellt worden war, und zwar im Triumph, zurückgebracht. Mit Tränen des Dankes sah man jetzt die Augen der Gläubigen benetzt, die zahlreich der Prozession sich anschlossen und von heiliger Freude ihr andachtsvolles Herz bewegt fühlten, wie gute Kinder, in deren Mitte die langersehnte Mutter wieder erschienen ist.
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2. Das Gnadenbild auf der Liebfrauenhaide
im Wald von Klein-Krotzenburg
(Aus: Liebfrauenhaide von F.J. Link, 1858)
1. Schon im Alten Bund gab es religiöse Wallfahrten, die bis auf unsere Zeiten herab ununterbrochen mit bald größerem, bald minderem Eifer fortbestanden haben. Die Gläubigen besuchten heilige Orte, Reliquien oder Bilder der Heiligen, um ihnen, fern dem häuslichen Geräusch, ihre andächtige Verehrung zu bezeigen und durch die Fürbitte der Heiligen in geistlichen und leiblichen Nöten von Gott Hilfe zu erlangen. Der zwölfjährige Knabe Jesus, unser Herr und Heiland, als Wallfahrer nach Jerusalem, diente im Neuen Bund auf den beschwerlichsten Reisen nach geheiligten Stätten als nachahmungswürdiges Muster. Zuerst aber waren von den Christen die Andachtsorte der allerseligsten Jungfrau und Gottesmutter Maria verehrt und geliebt. Wie das Kind nach einem Fehltritt vor der Strafe des Vaters flieht und Schutz bei der Mutter sucht, in derselben Weise war es dem christlichen Herzen immer so natürlich, bei der gnadenreichen Mutter der Barmherzigkeit, in geistlichen und leiblichen Nöten, die der verehrte Vater schickte, Trost und Schutz zu suchen, und ihre milde Fürbitte bei Gott zu erbitten.Gleichwie die Verehrung der Heiligen, nach der Lehre unserer heiligen katholischen Kirche, eine Verehrung Gottes im Geist und in der Wahrheit ist, weil wir in den Heiligen Gott loben, durch dessen Gnade allein sie heilig sind, so ist es gewiss die Verehrung der allerseligsten Jungfrau Maria, der hochbegnadeten Mutter des Erlösers, in noch weit höherem Maß, "denn wer Christus nachahmen will", sagt ein Geisteslehrer, "muss auch Maria, seine Mutter lieben und verehren, weil sein Leben mit dem ihrigen innigst verschlungen war".
Ein Papst sagte eines Tages zu einem Kind, in der Absicht es zu beschenken: "Siehe, liebes Kind, hier habe ich viel Geld! Greife hinein und nimm dir so viel heraus, als du kannst!" Das Kind erwiderte: "O nein, das tue ich nicht. Greife du hinein, du hast eine größere Hand!" - Gewiss verhält es sich auch so mit der Fürbitte Mariens, deren Arm groß und mächtig ist, und deren Hand von ihrem Sohn Jesus Christus, der ihr keine Bitte versagt, mit Gnaden reichlichst gefüllt und stets Hilde zu spenden bereit ist.
Ein solcher Ort nun, wo Maria sich auch besonders gnädig erwiesen hat, war die sogenannte Liebfrauenhaide in dem Wald von Klein- Krotzenburg.
Am linken Main-Ufer, in der Nähe von Seligenstadt, erhebt sich in einer etwas tief liegenden Ebene das Pfarrdorf Klein- Krotzenburg. Die Geschichte erwähnt dieses Ortes erst um das Jahr 1235 unter dem Namen: "Crucenburg minor, Klein-Kreuzburg", während die benachbarten Orte als römischen Ursprungs schon im 8. und 9. Jahrhundert erscheinen. Sehr wahrscheinlich ist es, dass auch dieser Ort seinen Ursprung in den frühesten Jahrhunderten hat. Die Spuren römischer Castellen sind unverkennbar. Dichte Eichen- und Buchenwaldungen reichten bis vor das Dorf. In der Nähe der Markwaldungen zog die sogenannte "Heidenstraße" - "Geleitsstraße" - vorbei. Noch vor drei bis vier Jahrzehnten mussten zur Sicherheit des Dorfes "Spießmänner", hier die sogenannte "Heidenwache" halten, weil diese Straße von Zeit zu Zeit durch herumziehende "Heiden" (Zigeuner) belagert und unsicher gemacht worden war. Ob diese Straßen-Benennung oder die in der Nähe der Waldungen gelegene Haide die Veranlassung des Namens gegeben, den der nachmalige Schauplatz eines großartigen Ereignisses auf dem religiösen Gebiet erhalten hat, sei dahingestellt. Wie aber der Name Liebfrauenhaide entstanden ist, wird weiter unten ausführlicher erzählt.
Gleich nach dem Dreißigjährigen Krieg, also etwa vor über zweihundert Jahren, soll sich auf dieser Haide, nochmals Liebfrauenhaide, auch Frauenhaide, folgendes Ereignis zugetragen haben.
2. Einst, so erzählt die Legende, hütete ein Hirt von Klein-Krotzenburg ganz in der Nähe dichter Buchenwaldungen seine Schafe. Noch nicht hatte er seine Augen zum nächtlichen Schlummer geschlossen, als im Dorf des Wächters Horn die Mitternachtsstunde verkündete. Seine Seele weilte schon Stunden lang dort oben in jenen Räumen, wo der göttliche Heiland als der wahre Seelenhirt und dessen von ihm von Jugend auf schon innigst verehrte Mutter Maria in unaussprechlicher Glorie thronen. Aus seinem andächtig gestimmten Herzen schickte er die heißesten Gebets-Seufzer zu Jesus und Maria empor, die sich endlich in ein süßes Liedlein auflösten. Still und regungslos war die ihn umgebende Natur, gewissermaßen zum Lauschen seiner Liebessprache geneigt. Kein Stern blinkte vom Himmel nieder, ringsum nachtete es tiefdunkel. Da tönten mitten in die Todesstille der friedvollen Nacht plötzlich gar liebliche Klänge einer Musik. "O Gott", rief sein gerührtes Herz, "also noch eine Seele in dieser Gegend, die dich in hehrer Mitternacht verherrlicht!" Die milden Töne, immer mehr zu Harmonien sich verschmelzend, wurden so sanft in sein lauschendes Ohr getragen, dass sie endlich ihn bewältigten und ihn der Schlaf umfing. Die herrlichen Klänge dieses übernatürlichen Musikspiels verklangen aber nicht innen in seinem Gemüt. Im Traum vernahm er aus unbekannter Ferne eine sanfte Stimme rufen: "Hier ist ein heiliger Ort!" - Beim Anbruch des Tages eilte er hastig zu dem in einiger Entfernung von ihm ebenfalls wohnenden Schäfer des benachbarten Ortes Hainstadt. Wissbegierig fragte er ihn: "ob er denn in der Nacht so herrlich auf seiner Flöte gespielt habe?" Erstaunt rief der andere: "Bruder, auch ich hörte in der Mitternachtsstunde die sanftesten Töne der Musik. Ich glaubte anfangs auch wie du, eine Hirtenflöte zu vernehmen!" - Mit gläubig frommem Herzen unterhielten sie sich noch eine Weile über diese wunderbare Erscheinung. Der Traum des ersteren veranlasste sie zu dem Gedanken, dass das Ereignis in dieser Mitternacht nicht ohne folgenreiche Bedeutung sein könnte. Ehe sich beide von einander trennten, verabredeten sie sich, während der kommenden Nacht gemeinschaftlich in des ersteren Hütte wachen zu wollen: ob nicht vielleicht die besorgte Frage ihres Herzens die frohe Lösung fände?
Keiner Seele teilten sie jetzt noch das Gehörte mit. In gewohnter Weise führten sie ihre Herden zur Weide. Tief nachdenkend verlebten sie - unter manchen zum Himmel emporgeschickten Bittseufzern - in ahnungsvollen Empfindungen den Tag. Die Sehnsucht ihrer Erwartungen steigerte sich immer mehr und mehr, bis endlich die Nacht die schweigende Natur umschattete. Unter kindlichen Dankgebeten für die Gaben, die Gottes Huld ihnen heute wieder verliehen hat, streckten sie sich, zufrieden im Herrn, auf ihr gemeinsames Lager nieder, ihre Seelen aber, trunken von Andacht, harrten der geheimnisvollen Stunde der Mitternacht entgegen. Mit demütigem Herzen gedachten sie wohl der frommen Hirten Bethlehems, denen auch die außerordentliche Gnade zu Teil geworden war, die ersten Anbeter des menschgewordenen Sohnes Gottes zu sein.
Und siehe! Die Stunde der Mitternacht ist gekommen.
Und o Wunder! Die nämlichen Töne einer überirdischen Musik klingen vom Himmel her in die schlichte Hütte der frommen Wächter. Ihr seliges Herz rief im Geist der Demut des Knaben Samuel: "Rede, o Herr, deine Diener hören!" Dann sprachen sie wie mit einer Stimme: "Nun auf vom Lager! Der Ort hier ist wahrhaft ein heiliger Ort!" - In der Finsternis der Nacht erblickten sie allplötzlich ein von tausend hellstrahlenden Lichtern erleuchtetes Gebäude, aus dem ihnen jetzt die Klänge der himmlischen Musik zuzuwehen schienen. Doch wie ein Traum endete das wunderwonnige Schauspiel. Sprachlos, nur staunend, aber nicht begreifend, standen sie im dichtesten Dunkel der Nacht einander gegenüber.
Nach einer langen Pause der Erholung wurde dann diese erneuerte Erscheinung, deren Wunderbarkeit nun nicht mehr zu bezweifeln war, eifrigst besprochen. Die hehre Bedeutung derselben sollte aber für sie jetzt noch ein Geheimnis bleiben.
3. In den Jahren 1618 bis 1648 drohten die Gräuel des Dreißigjährigen Krieges alles zu vernichten. Der lutherische Schweden-König Gustav Adolph und seine Nachfolger verwüsteten und verbrannten unbarmherzig die friedlichsten Dörfer und Städte deutscher Gauen. - Auch an die stillen Ufer des Maines drang der Schwede, dieser blutgierigste Feind der katholischen Religion und ihrer treuen Bekenner, und unter ihrer Raserei verschwand manches Dörflein bis auf die letzte Spur. Auf seinem Vertilgungszug kam er auch bis vor die Tore der kleinen Feste Seligenstadt. Das feindliche Heer plünderte und verwüstete in den umliegenden Orten alles auf die schreckenerrendste Weise. Das Los gänzlicher Vernichtung traf auch hier das Dorf Dreckhausen, am Saum der Markwaldungen zwischen Froschhausen und Klein-Kotzenburg freundlich gelegen, wenn gleich in der Nähe desselben fast unzugängliche Sumpfböden sich befanden. Seine Bewohner waren ein fleißiges, ehrliches, gutmütiges Völkchen, fromme Katholiken.
Auf einmal verbreitete sich im friedlichen Dorf die Schreckenskunde: "Der Feind! Der Schwede!" - Alle Hände sind tätig, das beste ihrer beweglichen Habe in Sicherheit zu bringen. Der nahe Eich- und Buchwald muss die Kleinodien der Beängstigten verbergen. Die Bewohner selbst fliehen zerstreut nach sicheren Zufluchtsstätten. Eine babylonische Verwirrung entsteht unter ihnen - der Feind eilt ihnen auf dem Fuß nach! Noch ein paar Stunden - und die geliebte Heimat eines braven Völkchens ist nicht mehr! Schon lodert die Kriegsfackel hell leuchtend auf - das Kapellen-Glöcklein singt sein Grabeslied - und ach! das alte Dorf Dreckhausen ist ein Haufen Asche! - Unselige Zeiten des Krieges, wo alle Bande der menschlichen Ordnung gewaltsam zerrissen werden! - Das Heiligste selbst blieb nicht verschont! Die altehrwürdige Kapelle, in der Mitte des Dorfes stehend, mit ihrem wundertätigen Gnadenbild der heiligen Mutter Gottes, auch sie war verschwunden! O wie viele Tausende strömten schon hierher, um sich an heiliger Stätte den Segen der Wunder zuzueignen! Um auch dieses Trostbild sollte ein Raub der Flammen geworden sein?! - Doch nein! Das wundertätige Gnadenbild sollte im Rat der göttlichen Vorsehung gerettet und der gläubigen Nachwelt zur Verehrung überliefert werden. Eine fromme Seele eilte nämlich bei der bestürzenden Nachricht des anrückenden Heeres der Schweden in die ehrwürdige Kapelle, um ihre kostbare Habe - das Gnadenbild - in sicherste Verwahrung zu bringen. Das Dickicht des Waldes schien der gesicherteste Ort dafür zu sein. Der Retter des Bildes hatte wohl die Absicht, es nach den Gräueln des Krieges wieder an seine frühere Stätte zurückzubringen. Aber im Ratschluss der ewigen Weisheit war es anders beschlossen. Das Unglück des Krieges verschonte selbst das Leben der armen Heimatlosen nicht.
Es muss, wie klar ersichtlich, wohl gleich nach dem Dreißigjährigen Krieg gewesen sein, als das Wunder der Mitternacht die beiden frommen Hirten über die Bedeutung dieser Wundersache zum Nachdenken veranlasst hatte. Die glücklichen Hirten verbreiteten jetzt allenthalben ihre Kunde von dem wunderbaren Ereignis.
In frommer Neugierde wagten sich viele in die Nähe der ihnen bezeichneten Stelle: - und alle ergriff ein heiliger Schauder, als in hehrer Mitternachtsstunde die Klänge der geheimnisvollen Musik zum letzten Mal ertönten. "Nun kann es keinem Zweifel mehr unterliegen," sprach der kindliche Glaube, "dass dieser Ort hier ein heiliger sein müsse!" Und wirklich sollte die Sehnsucht der gläubig frommen Herzen nicht lange mehr ungestillt, das Rätsel der Zweifler nicht lange mehr ungelöst bleiben.
In einer hohlen Eiche, altehrwürdigsten Aussehens, fand eines Tages der Hirt von Klein-Krotzenburg, als er eben wieder mit Andacht die heilige Stätte betrat, das - Bildnis der Gottesmutter, den Leichnam ihres Sohnes auf dem Schoß haltend. Staunend und selig in Gott und entzückt warf er sich nieder vor dem Bild der schmerzhaften Gnadenmutter, faltete zum Gebet die Hände und schickte die herzlichsten Danksagungen zum Herrn empor, ob des Segens, der ihm hier zuteilgeworden war. Eiligst suchte er dann seinen Mit-Hirten auf, um ihm das übergroße Glück zu verkünden. Unter Freudentränen verbreiteten sie nun überall ihre wunderbare Botschaft und Scharen von Gläubigen pilgerten hinaus zu der heiligen Stätte, um Augen und Herz zu laben an dem Wunderbild. Und wohl muss es als das im verschwundenen Dorf Dreckhausen verehrte Gnadenbild von vielen wieder erkannt worden sein.
Von nun an vergeht kein Tag, wo nicht eine fromme Seele hier Trost und Schutz bei der "Mutter der Barmherzigkeit" sucht. Und oft noch spät, wenn schon längstens die Sonne mit ihren letzten Strahlen die Wipfel der Bäume vergoldet, kniet unter der alten Eiche eine Leidende, unverwandt zum Gnadenbild den Blick gerichtet, um ihr kummervolles Herz vor der "Trösterin der Betrübten" und der "Hilfe der Christen" in Bitten und Seufzern auszuschütten.
Um den Zutritt zu diesem Gnadenbild zu erleichtern, wurden verschiedene Wege geebnet, so dass diese "Gnadenstätte" bald von allen Seiten zugänglich wurde.
4. Nun erhob sich eine andere Frage, die vielfach die frommen Gemüter beschäftigte: wie in der Folge das Gnadenbild vor Frevlers Händen geschützt werden könnte?
Ein aus Frankreich ansässiger Mann, seligen Andenkens, unterzog sich der großen Mühe, für eine Kapelle auf dieser hehren Stätte milde Beiträge zu sammeln. Der Segen Gottes ruhte sichtbar auf seinen Bemühungen: überall - bis in die Gegenden des Spessarts - opferte man willig zu diesem christlich frommen Werk sein Marien-Almosen. Nach geraumer Zeit erhob sich die Kapelle, in deren Mitte aber der nun oben abgekürzte Eichbaum, der seitherige Träger des Gnadenbildes, stehen blieb und seiner Höhlung wegen fortan als Beichtstuhl benutzt wurde. - Gewiss ein würdiger und nicht genug hochzuschätzender Gedanke: Religion, Natur und Kunst in kunstloser Weise hier so zweckmäßig zu vereinigen! Wohl konnten die frommen Zeitgenossen mit Recht sagen: "Den Eintretenden ergreift beim ersten Anblick schon ein heiliger Schauer, denn das Gnadenbild und der Beichtstuhl erinnert den armen Sünder in erhebendster Weise, dass Maria, die "Mutter der göttlichen Gnade", auch - die "zuflucht der Sünder" ist!
Später wurden vor die Kapelle zwei Kastanienbäume gepflanzt, von denen einer heute noch als ehrwürdiger Zeuge, vom Alter gebeugt, unter den, wenngleich weit über ihn emporragenden jüngeren Kiefern, die einst so andächtig verehrte Gnadenstätte verkündet.
Ein ganz einfacher Altar zierte das prunklose Innere der Kapelle, die "Unserer Lieben Frau" geweiht wurde. Von dieser Zeit an erscheint der Name "Liebfrauenhaide". - Durch fromme Stiftungen erwarb sich die Kapelle bald auch ein eigenes Kapital, das aber später in dem der Pfarrkirche zu Klein-Krotzenburg aufging. - Aus der Nähe und aus der Ferne, bis Koblenz hinab und Franken hinauf, besuchten fromme Wallfahrer an den Festen der allerheiligsten Dreifaltigkeit, Mariä Himmelfahrt und Mariä Geburt dieses Gnadenbild, das auch hier bald einen wundertätigen Ruf erlangte. Außer diesen drei Haupt-Wallfahrten wurde nur aus besonderen Anlässen Gottesdienst, und zwar teils von den Klostergeistlichen zu Seligenstadt, teils vom Ortspfarrer, der ebenfalls ein Abgesandter des Benediktiner-Klosters gewesen und hier seine Wohnung hatte, in der Kapelle gehalten.
Kaum nach einigen Jahrzehnten zeugten schon eine Menge von Krücken und Votiv-Bildern, die wohl der schönste Schmuck der Wände des einfachen Gotteshauses waren, von der Wunderhilfe Mariens, die von der Dankbarkeit der Genesenen hier zurückgelassen wurden. - Einmal, so erzählt die Legende, kam eine große Prozession von Wallfahrern, gewöhnlich die "Mainzer" genannt, weil sich an sie alle, die rheinabwärts wohnten, anschlossen, hier an. Unter diesen Wallern befand sich eine Frau, von langjährigem Gicht schrecklich zugerichtet, die ihren siechen Körper mühsam zum Gnadenort hinschleppte. Sie erregte allgemeines Mitleid. Auf ihrem Angesicht, obwohl bleich und mit Tränen überströmt, las man aber die Festigkeit ihres gläubigen Vertrauens. Kaum bei dem wundertätigen Bild angelangt, warf sie auch schon ihre Krücken, die stummen Gefährtinnen ihres Leidens, vor die Stufen des Altares hin, sprang auf und dankte und pries Gott, der ihr durch die Fürbitte seiner gnadenvollen Mutter ihre gesunden Glieder, das höchste Gut des leiblichen Lebens, wieder gegeben hatte. Die gläubige Pilgerschar sah es - und ein lautes Weinen und Schluchzen unterbrach die heilige Stille. Die Kunde von diesem Wunder verbreitete sich weithin.
Als im Jahr 1756 auf der Stelle der alten baufälligen Pfarrkirche eine neuerbaute größere sich erhob, war es der Wunsch vieler, das Gnadenbild in die neue Pfarrkirche zu übertragen. Da aber die Waldungen zur Mark gehörten, an der die Orte: Klein-Auheim, Weiskirchen, Hainstadt, Froschhausen und Klein-Krotzenburg teilhatten, so entspann sich ein Streit um den Besitz des Gnadenbildes. Zuletzt einigte man sich doch, dass es den Klein-Krotzenburgern, weil von diesen gefunden, auch rechtmäßig nunmehr gehören solle. Der Tag der Translation war für die ganze Umgegend ein hochfestlicher. Mit dem Sanctissimum begleitet, wurde in feierlicher Prozession das Gnadenbild abgeholt und in die neue, zierlichst geschmückte Pfarrkirche übergesetzt, in der es heute noch auf dem Muttergottes-Altar prangt. Es war ein herzergreifender, rührender Anblick, als unmittelbar hinter dem Gnadenbild ein Wagen nachfolgte, der die Leidenswaffen, Krücken und Votiv-Bilder, gleich Siegeszeichen aus einem Leidenszug, inne hatte, die von Genesenen und in sonstigen Anliegen Erhörten zur dankbarsten Erinnerung hier zurückgelassen waren.
Gnadenbild von Klein-Krotzenburg
Bis in die letzten Jahrzehnten herab blieb die Kirche zu Klein-Krotzenburg an den drei Wallfahrtstagen sehr stark besucht. Solange das Kloster zu Seligenstadt, bis zu seiner Säkularisation, stand, unterstützten die Benediktiner-Patres den Ortspfarrer bei den Wallfahrten.
5. Wenn gleich nun die Liebfrauen-Kapelle veräußert und dem Dienst irdischer Zwecke preisgegeben worden war, so sollte doch diese ehrwürdige Stätte fortan nicht verwaisen. Wie das dankbare Kind noch lange, und auch dann noch das Grab seiner heimgegangenen, innigst geliebten Mutter besucht, wenn die irdischen Überreste derselben längst verstäubt sind, und es immer noch mit Blumen und Kränzen schmückt: so wallfahren noch immer fromme Pilger in großen Scharen aus der Umgegend - aus hessischen, kurhessischen und bayerischen Gebietsteilen - an den Sonntagen der schöneren Jahreszeiten nach dieser wundergesegneten Stätte, um an diesem Tag der Ruhe in grüner, stiller, weltabgeschiedener Waldeinsamkeit, fern von allen sinnlichen und oft gar sündenüppigen Zerstreuungen, hier Gott und seine heilige Mutter zu loben und zu verehren. Manch andächtig Vaterunser samt Ave Maria, und mancher Rosenkranz wird hier zum Heil der Lebenden und zum Trost der armen Seelen gebetet. Aber auch fromme Marienlieder werden hier noch gesungen und der Wiederhall dieser feierlichen Gesänge dringt, wie ein milder Marien-Gruß, anmutig bis zu den Wohnungen der Nachbarorte. Das Herz der hier Betenden haftet mit solcher Neigung an dieser geliebtesten Stätte, dass nur die Nacht, oder sonst häusliche Pflichten, sie von ihr zu trennen vermögen.
Obgleich ein anderes Muttergottesbild die altehrwürdige Kastanie, die einzige noch lebende Zeugin einer glaubensreichen Vorzeit, die in der Mitte einer fast zierlichen Rasen-Erhöhung steht und in der Runde mit Akazienbäumen bepflanzt und mit Blumengewinden umgeben ist, anspruchslos schmückt; so ist es doch immer der "heilige Ort" auch, der mächtig zur Andacht stimmt. Gewiss bleibt es, dass auch dem nur vorübergehenden Wanderer, kommt er in die Nähe der ehrwürdigen Stätte, ein frommes Gefühl anwandelt und oft heiliger Schauer ihn ergreift, wie solchen bereits unzählige Pilger in grauer Vorzeit hier empfunden haben.
Als im Jahr 1857 die anhaltende Trockenheit bange Besorgnisse um die Feldfrüchte erregte, so konnte der allgemein geliebte Ortspfarrer seine Pfarrkinder nicht mehr erfreuen, als indem er eine Prozession auf Sonntag den 8. August auf die "Liebfrauenhaide" veranstaltete. Dem Zug des Herzens folgend, wollte niemand zurückbleiben von diesem Lieblingsbittgang nach dem geliebten Ort, wo das Herz im süßesten Gedenken an Maria und die ehemalige Himmelsmusik sich so heimisch fühlt. Eine wirklich hier in letzter Zeit noch nicht gesehene zahlreiche Prozession bewegte sich unter Lob- und Bittliedern zur alten Stätte der Gnadenerweisungen. Eine sehr von Herzen und zu Herzen gehende Predigt mit entsprechender Andacht rührte all die Anwesenden zu Tränen. Wie ein elektrischer Funken drang der Schlussgedanke: - die Wieder-Erbauung einer kleinen Kapelle an dieser altehrwürdigen Stätte zu bewerkstelligen, - durch die andächtige Menge. "In Gottes Namen sei es!" riefen viele. Noch lebhafter aber entstand der Wunsch zur Verwirklichung des Angeregten, als kaum nach ein paar Stunden der heitere Himmel mit trüben Wolken sich überzog und ein fruchtbarer Regen die lechzenden, von den Sonnenstrahlen fast abgebrannten Felder wieder erquickte. "Seht," so sprach das gläubige Volk, "wie Maria heute noch an diesem Ort uns erhörte, als wir aus der Tiefe des Herzens einstimmig und andächtig das Lied sangen:
Maria, wir fallen dir zu Füßen,
O Maria, Jungfrau rein!
Wir wollen dich hundert und tausend Mal grüßen,
Lass uns dir empfohlen sein!
Um was man dich bitt`t,
Abschlage uns nit,
O Mutter Jesu, verlass uns nit!"
Dankbar nannte man diesen Regen geradezu "Marien-Tau".
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3. Das Gnadenbild der Schutter-Muttergottes zu Ingolstadt
(Aus: Das alte Ingolstadt von Ludwig Gemminger)
Also wird ein herzliebes Gnadenbild, das man zu Ingolstadt in der jetzigen Franziskaner-Kirche hochverehrt, genannt. Mit dem verhält es sich aber folgendermaßen:
Es geht die uralte Sage, dass an dem Platz, allwo gegenwärtig die Franziskaner-Kirche sich erhebt, ehemals ein heidnischer Tempel der Römer gestanden haben soll, da nach des berühmten Appiani Zeugnis sich an der Schutter noch ein Stein befand mit der Inschrift: "Mercuris templum es Voto Suscepto Claud. Augustanus 1. 1. m. (locavit loco monumenti)." - Darauf sollen nun die Juden eine Synagoge errichtet und sich bis zu ihrer Vertreibung im Jahr 1348 derselben bedient haben. Im Jahr 1398 kommt im Stadt-Archiv eine Übergabe dieser Synagoge vor, um - Unserer Lieben Frau zu Ehren eine Kapelle zu erbauen. Darin stiftete nun der über alles lobwürdige Herzog Stephan der Knäufl, der allhier residierte und sich der Stadt allzeit als ein gar wohltätiger Fürst erzeigte, eine ewige Messe. Noch ist in seiner Urkunde zu lesen: "wie dass er bereits früher aus der Stadtsteuer zu Ingolstadt drei Messen gestiftet und nachdem die Juden von der Stadt entwichen sind, er derselben die ehemalige Judenschul und den Judenhof zu rechten Aigen gegeben habe, um darauf eine Kapelle zu stiften und zu bauen." - Mittlerweile gingen verschiedene Jahre hinüber, als der große Herzog Maximilian I., der allhier den Studien oblag und der Stadt deshalb allzeit in sonderbarer Huld und Gnade gewogen blieb, seine Regierung für Ingolstadt damit begann, das Kirchlein an der Schutter mit dessen Gnadenbild, vor dem er als studierender Jüngling zweifelsohne oftmals gebetet hat, den Augustiner-Eremiten zu übergeben. Er machte auch hierzu eine Stiftung von 400 Gulden jährlich für junge Geistliche, welche an der Universität zu Ingolstadt studieren wollten. So entstand das Augustiner-Kloster, zu deren Kirche im Jahr 1739 der Grundstein gelegt worden ist. Über das Haupttor ließ der hochgelehrte Herr Prior Germanus Auer den Spruch setzen: "Magna erit gloria domus istius novissimae plus quam primae 1739".
Die "Schuttermutter" zu Ingolstadt
Dasselbe Gotteshaus, im italienischen Stil erbaut, gereicht der Stadt zu einer wahren Zierde, absonderlich wegen des großen Kleinods, das es in seinem Inneren verbirgt. Will damit nichts anderes gemeint haben, denn das wunderreiche Gnadenbild, insgemein die "Schutter-Muttergottes" genannt. Das liebliche Frauenbildnis ist von Holz und trägt das Jesuskindlein auf dem Arm. Auch kann man die Spur einer Schnittwunde deutlich daran sehen. Damit aber hat es folgende Bewandtnis. Die ob ihrer Vertreibung wütenden Juden, stahlen aus der Kapelle das darin aufbewahrte Frauenbild und versteckten es die Donau aufwärts an einem heimlichen Ort am Gestade. Nach nicht langer Zeit aber, siehe! da schwamm das Muttergottesbild mit abgeschnittenem Kopf von freien Stücken die Donau herab in die Schutter hinein, sich nächst an die Kapelle anlegend. Darob entstand ein Jubelgeschrei in der ganzen Stadt, so man seit Menschengedenken sich nicht erinnern mochte. Es flossen reichliche Gaben und Opfer. Die Kapelle wurde nun zur Kirche erweitert und später der herrliche Tempel erbaut, den jetzt das Auge erblickt. An der Decke aber ist die ganze Geschichte des Wunders abgebildet zu schauen. Die Kirche wurde am 27. September 1740 durch den Hochwürdigsten Herrn Erzbischof Rieberlein von Eichstätt feierlichst eingeweiht, am 9. Oktober aber die Übertragung des Gnadenbildes aus der alten in die neue Kirche in solenner Weise durch eine gar ausbündig schöne Prozession gefeiert. Auf fünf großen Wagen verherrlichten biblische Darstellungen den festlichen Umzug, unter anderem, wie die Königin Esther den auf einem gar stattlichen Thron sitzenden König Assuerus für ihr Volk bittet, und dergleichen mehr Vorbilder gnädiger Fürbitte und Hilfe Mariä. Auch wurde dabei ein gar rührendes Lied bei Trompeten- und Paukenschall abgesungen, dessen Schlusszeilen wir zu Ehren der göttlichen Gnadenmutter, deren Kirche und Kloster anjetzt die ehrwürdigen Patres Franziskaner mit löblichstem Eifer in der Pflege des Marien-Dienstes inne haben, hier stehen mögen. Sie lauten:
Wenn auch ein Füßlein schmal und klein,
Bist du doch groß, o Schutter,
Denn von der Donau schwamm herein
Auf dir die Gnadenmutter!
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4. Das Gnadenbild zu Michelstätten
(Aus: Ehre des Herzogtums Krain von Valvasor)
Die Dokumente des Nonnenklosters Michelstätten in Krain zum Jahr 1300 zeichneten auf: dass ein Pfarrer des genannten Dorfes eines Tages einen Schall aus dem nahegelegenen Wald vernommen hat. Der Pfarrer erstaunte hierüber, blickte hin und her, konnte aber keines Menschen Spur entdecken. Endlich entschließt er sich, dem seltsamen Klang zu folgen. Da er dann zum dritten Mal den besagten Schall vernommen hatte und, in den Wald tiefer eindringend, zu einem hohen Baum gelangte, gewahrte der an ihm das Bildnis Unserer Lieben Frau samt dem Jesuskindlein.
Dieses Ereignis berichtete er bei seiner Rückkehr dem Patriarchen zu Aquilea, dem Kardinal Albrecht, der dann mit dem Herzog Otto von Österreich und Albrecht, Abt zu Oberburg, wie nicht weniger mit einem Bischof aus Deutschland, vieles zur Erbauung einer Kirche an besagter Stätte, wo das Marienbild gefunden wurde, und zur Aufbesserung des Klosters beitrug.
In der Kirche erhebt sich der Hochaltar gerade da, wo ehedessen der seltsame Baum stand, der als kostbare Frucht das liebe Bild Unsere Liebe Frau getragen hat.
Das Bild selbst wird in dem Hochaltar verwahrt und ist ein gemaltes Bild vorgezogen. Das Haupt der allerreinsten Gottesgebärerin nebst dem Jesuskindlein hat keine menschliche Hand ausgearbeitet, sondern die Natur hat es in dem Baum so ausgebildet. Der Überrest aber ist durch Kunst aus dem Baum geschnitzt und mit vergoldeten Kleidern angetan. An der Stirn dieses von der Natur ausgeprägten Muttergottesbildes befindet sich eine kleine Narbe, in dem Wachstum selbst enthaltenen, die man öfters mit Farbe zu bedecken bemüht gewesen ist. Jedoch vergebens, indem stets an dem folgenden Tag die Farbe sich verloren und die Narbe von neuem sich geäußert hat. Und das Jesushäuptlein, so aus dem Stock gewachsen, sieht aus, als ob es aus der Brust des Frauenbildes hervorgewachsen wäre.
Dieses Gnadenbild ist in der Folge der Zeit von verschiedenen Päpsten mit großen Ablässen und Privilegien begabt worden, was die Andacht zu ihm vergrößert. Auch haben es verschiedene Wunder, die da geschehen sind, ehrwürdig gemacht, daher es heutzutage im höchsten Wert steht, und an großen Festtagen wie auch an den ersten Sonntagen jedes Monats in einer Prozession umhergetragen wird.
Wenn man der Volkssage Glauben beilegen will, soll, so oft ein ungestümes Hochgewitter am Himmel zu sehen und die Wolken hagelschwer auf- und niedereilen, dieses Wunderbild kräftigste Gegenhilfe leisten: indem, wenn mit ihm, und zwar in der Gestalt des Kreuzes, die Wolken bezeichnet werden, sie sich auf Befehl des Allerhöchsten schnell zertrennen und anderwärts hinziehen, so dass seit Menschengedenken der Hagelschauer dem Land keinen Schaden zugefügt hat.
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5. Das Gnadenbild zu Marienthal im Rheingau
(Aus: Geschichte der Kirche und des Hauses zu Marienthal im Rheingau von Th. Spengler)
An der westlichen Seite des in wohlverdientem Ruhm stehenden Johannisberges drängt sich zwischen edlen Weinbergen und freundlichen Häusern ein munteres Bächlein hervor in die segenprangende Ebene und eilt rastlos mit seinem klaren Wasser über manches geschäftige Mühlrad hinweg zum allbekannten Vater Rhein. Es kommt aus einem lieblichen Tal, das von Johannisberg nordwärts ansteigend sich in die Höhen des Johannisberges eingräbt, um seinem vorzüglichsten Freund und Gönner, dem sanft murmelnden Bächlein, ein kieselbesätes Rinnsal zu gewähren. Zu beiden Seiten des Baches breiten saftige Wiesen ihre zarten Teppiche aus und lassen ihre einfachen Blümchen aus dem klaren Bach trinken, der mit freundlicher Bereitwilligkeit jedem Grashalm dieses einsamen Tälchens erquickenden Trank zuführt. Als Zeugen dieses friedlichen Zusammenlebens stehen rechts und links auf den Hügeln die glänzenden Buchen neben stolzen Tannen und majestätischen Eichen, geheimnisvoll den stillen Frieden des rieselnden Bächleins zu bergen. Die heilige Ruhe wird nur unterbrochen durch die munteren Sänger der Lüfte, die sich gar gerne hier versammeln, um in der traulichen Einsamkeit ein neues Lied zum allgemeinen Welt-Konzert einzuüben.
Das Gnadenbild zu Mariental im Rheingau
Oben im Tal, wo der Bach sich gleichsam noch tiefer zwischen Wald und Felsen verbirgt, und sein sanftes Murmeln mit dem jubelnden Chor der munteren Vögel zum Preis des Schöpfers vereint, stand am Anfang des 14. Jahrhunderts, den Blicken fast ganz verborgen, das niedrige Haus eines unbekannten Mannes von Adel, der in dieser Einsamkeit, mit dem rastlosen Bächlein und den aus der unruhigen Welt verscheuchten Vögeln wetteifernd, unverdrossen das Lob Gottes sang. Wer er war, von wo er gekommen ist, niemand kann darüber Auskunft geben. Nur so viel weiß man noch, seinen kleinen Hof nannte er "Düppenhausen", und seine Beschäftigung war eine besondere Andacht zur Mutter unseres Herrn. Einfach und natürlich wie seine ganze Umgebung hatte er in der Nähe an einem Kreuzweg unter der von Gott aus kräftigen Bäumen gebauten und überwölbten Kapelle ein Bild seiner hochverehrten Gönnerin aufgestellt. Er allein war der Priester, der an diesem Altar täglich seine Andacht, vereint mit den Fürbitten der seligsten Jungfrau, dem himmlischen Vater darbrachte. Selten, dass einmal ein flüchtiges Wild den verfolgenden Jäger daran vorüber lockte. Einem dieser Freunde des lustigen Waidwerkes war dies Bild besonders lieb geworden. Er hieß Hecker Henn und übte seine Kunst als Jäger im Dienst des Junkers Hans Schaffreith von Oppelsheim. Sei es nun, dass er nach Art eifriger Jäger seine Gesundheit weniger schonte, oder dass sonst ein Unfall ihn traf, er verlor das Gesicht. Blind zu werden, nachdem man die prachtvolle Natur gesehen hat, ist hart und schmerzlich, besonders wenn man genötigt ist, fremder Leute Brot zu essen. Da sinnt er denn wohl hin und her, was er tun, anwenden und gebrauchen soll, um aus seiner Finsternis erlöst zu werden. Sich die lange Nacht, die das Auge umgibt, zu verkürzen, führt er die vergangenen Zeiten in sein Gedächtnis zurück. Er denkt an seine vielfachen Streifzüge, an Berg und Tal, Wald und Bach, Gefahr und Sieg. Er wiederholt sich alte und neue Geschichten, um sie nochmals im Geist zu durchleben, und das gebeugte Herz daran zu erfrischen. Da gelangt er endlich in der Erinnerung früherer Erlebnisse, auch an den einsamen Hof Düppenhausen, mit dem frommen Unbekannten. Er sieht im Geist das anderthalb Spannen hohe Bild der schmerzhaften Mutter, das dort im eichenen Bildstock unter dem grünen Laubdach steht. Oft hatte er da mit Inbrunst gebetet, ohne zu fragen: ob denn das Bild auch allen Anforderungen der Kunst und des Geschmacks entspreche? Ihm in seiner kindlichen Andacht war es genug, dass das Machwerk aus Lindenholz ihn an die tiefe Armut und schmerzliche Bekümmernis der heiligen Muttergottes erinnerte. Gerade die einfache Armut des Bildes gab ihm um so größeren Aufschluss über die Geduld und Standhaftigkeit derjenigen, die sich die "Magd des Herrn" nannte, und es wohl verstand und übte, als sie sagte: "Mir geschehe nach deinem Wort!" Auf dem Schoß hatte sie den Leichnam ihres Sohnes, an dem die Ungeschicklichkeit des Bildschnitzers so vieles verfehlt hatte, dass es um so klarer wurde, wie der leidende Erlöser klagt: "Ich bin ein Wurm und kein Mensch mehr!" Jetzt in der Betrachtung des in den Augen des Kunstkenners so fehlerhaften Bildes, konnte er sich so recht erst in die tiefe Erniedrigung und die großen Leiden hineindenken, welche der Erlöser auf sich genommen hatte: "damit wir durch seine Wunden heil würden". - "Ach," seufzte er, "ach wär ich dort! Wie innig wollt ich beten! Die Mutter der Betrübten würde meine Worte nicht verschmähen! Gewiss, sie hat oft geholfen, sie würde auch mich armen Sünder nicht zurückstoßen. Hab ich doch nie unterlassen, dem Bild die gebührende Ehre zu erweisen." Da fasst es ihn mit unwiderstehlicher Gewalt, er lässt sich hinführen, rüstig schreitet er voran, als er den bekannten Pfad wieder unter den Füßen fühlt, das Säuseln der Lüfte in den Wipfeln der Bäume, sowie das lebhafte Geplätscher des eilenden Bächleins vernimmt: gleichsam den freundlichen Willkomm alter Bekannten. Sein Herz taut auf, seine Seele schwingt sich in heiliger Freude und frömmeren Vorsätzen zur Gottesmutter empor. Am eichenen Bildstock kniet er nieder vor dem kleinen Vesperbild, das er nicht mit Augen sehen kann, das aber seiner Seele vorschwebt und sie hoch über alle menschliche Kunst erhebt in den gläubigen Gedanken an die Herrlichkeiten Marias, und an die herablassende Gnade der gebenedeiten Frucht ihres Leibes. Nach lang anhaltendem Gebet will er sich erheben, und die Worte sprechen: "Herr, dein Wille geschehe!" - da durchzuckt ihn ein tiefer Schauer, dass er, ohne erhört zu sein, die Stätte verlassen soll, wo er diesmal so innig gefleht, so viel gehofft hatte. Gleichsam zum Schluss seiner Andacht erhebt er das gesenkte Haupt, öffnet die nutzlosen Augen, und streckt verlangend seine Hände zur Muttergottes empor. Und siehe da!, die dichte Finsternis um ihn her wird zur Dämmerung, es glänzt vor ihm ein freundlicher Schimmer wie Morgenrot, nach und nach wird es heller, und er findet sich einer strahlenden Sonne gegenüber, aus deren Mitte ihn das Bildchen der heiligen Mutter freundlich anblickt. Allmählich bemerkt er auch das dunkle Laub hinter dem strahlenden Gnadenbild, erblickt den Boden unter seinen Knien und unterscheidet seine emporgestreckten Hände. Langsam aus seinem Entzücken erwachend, fragte er: ob er nicht träume, ob er wirklich geheilt sei? Und nachdem er die Gewissheit erlangt hat, dass nicht ein neckischer Traum ihn blende, fängt er von neuem an mit Inbrunst zu beten, und der heiligen Jungfrau Maria zu danken, von deren Gnadenbild er sich kaum mehr trennen kann. Freudig Gott lobend und preisend macht er sich auf den Rückweg, um die mächtige Fürbitte Marias und die Gnade Gottes auch zu Hause zu verkünden. Von Mund zu Mund fliegt die frohe Botschaft dieser wunderbaren Erhörung, und erfüllt die Herzen mit Liebe und Dank gegen Gott, und die gebenedeite Jungfrau. - Unvergesslich ist allen Rheingauern das Jahr 1309, wo Gott so gnädig war, und die Seinen durch Wunder immer näher an sich zog. Wenn sich den Menschen nur ein Schein von Hilfe zeigt, dann bemerkt man sogleich, welch ein Jammertal die Erde ist, welch große Zahl von Leidenden und Unglücklichen auf Erden lebt, wie viele Presshafte einer mehr als menschlichen Hilfe bedürfen, die trostlos verzweifeln müssten, wollte man ihnen den Glauben an einen gütigen Gott und das Vertrauen auf die Fürbitte der Heiligen entreißen. Eine große Schar Notleidender strömte nun in das einsame Tal, das von da an den freundlichen Namen "Mariental" führte, der so recht zu seiner sanften, bescheidenen Lieblichkeit passt. Wunderbare Erhörungen kamen auch in den folgenden Jahren vor, und zogen immer größere Prozessionen von Pilgern herbei.
Die Kapelle
Junker Hans Schaffreith war nicht wenig erfreut über die Heilung seines treuen Dieners, und sah mit Wohlgefallen, welch einen Aufschwung dadurch die Andacht zur heiligen Jungfrau nahm. Auch er wollte ihr seinen Dank abstatten, und ihre Verherrlichung befördern. Daher ließ er im Jahr 1313 an der Stelle des Bildstocks eine kleine Kapelle bauen, die dem Vesperbild zum Schutz und den Pilgern zum Obdach während ihrer Andacht dienen sollte. Das Bild stand in einer Nische der nördlichen Mauer dieses Kapellchens und zog immer mehr und aus immer weiteren Kreisen große Scharen von Wallfahrern herbei. Wo sonst nur muntere Vögelein mit dem plaudernden Bächlein und den säuselnden Blättern sich unterhielten, da sah man jetzt große Züge von Pilgern, die die schmalen Pfade breiter traten, die Vögel verscheuchten, und statt ihrer die Lüfte mit Lob-, Dank- und Bittgesängen erfüllten.
So kam ein neuer Aufschwung in das religiöse Leben der Rheingauer, und die leiblichen Gnaden, die einzelnen zu Marienthal gewährt wurden, waren die Veranlassung zu der noch weit vorzüglicheren Heilung vieler Herzen. Die stets mit frommer Sinnesart begabten Rheingauer fühlten sich verpflichtet, Gott durch ein reines Leben immer eifriger zu dienen und die heilige Jungfrau durch Verehrung und Nachahmung ihrer Tugenden zu verherrlichen. Sie wurde von dieser Zeit an gewissermaßen als die besondere Beschützerin des Rheingaues angerufen. Alle Gutgesinnten, insbesondere aber Junker Schaffreith, waren hocherfreut über diese sittliche Erneuerung der Marien-Verehrer. Und weil das Kapellchen für die Andacht der zu Hunderten und Tausenden herbeiströmenden Pilger zu klein war, fasste der Erbauer des kleinen Kapellchens, Junker Schaffreith, den großartigen Entschluss, zu Marienthal eine größere Kapelle zu bauen. 1326 wurde mit ihrem Bau begonnen. Die von 14 gotischen Fenstern durchbrochenen Mauern trugen ein mit steinernen Rippen durchfurchtes erhabenes Kreuzgewölbe, dessen Schlusssteine 40 Fuß über dem Boden schwebten. Da das Gebäude 71 Fuß lang, und nur 26 1/2 Fuß breit ist, so musste es einen erhabenen Eindruck machen, wenn das Auge an den schlanken Fensterpfeilern hinauf zu dem hohen Kreuzgewölbe emporschaute, von wo die herrlichen Marien-Lieder durch die Wölbungen verdoppelt und veredelt gleich einem himmlischen Echo herniedertönen.
Über der großen Eingangstür befindet sich in der Füllung des gotischen Spitzbogens ein Steinbild in halberhabener Arbeit, das in zwei Felder geteilt ist, und zwei Momente aus der Geschichte Marias sinnreich andeutet, gewissermaßen den Anfang und den Schluss ihrer Verherrlichung. Im unteren Feld ist die Verkündigung Mariä dargestellt, im oberen ihre Krönung im Himmel.
Wir sehen auf dem unteren Feld in der Mitte eine Blumenvase mit einem Lilienstrauß: um die heilige, stets unbefleckte Reinheit der allerseligsten Jungfrau anzudeuten. Zur Linken steht der Erzengel Gabriel, der die Botschaft überbringt, zur Rechten Maria, wie sie die von dem Heiligen Geist, der in der Gestalt einer Taube erscheint, ausgehenden Strahlen mit der Stirn empfängt.
Zur äußersten Linken steht König David, der Stammvater Mariä, und königliche Prophet, dessen Prophezeiungen und Psalmen sich so viel mit dem erhabenen Geheimnis der Erlösung beschäftigen.
Zur Rechten steht ein Heiliger des Neuen Bundes, und zwar im Pilgergewand, mit dem Stab, woran eine kleine Schelle befestigt ist. Wir erkennen an diesem Zeichen den heiligen Einsiedler Antonius, der einer so innigen Vertraulichkeit mit dem Christuskind gewürdigt wurde, und wohl überhaupt die Stelle aller Pilger und Wallfahrer vertreten soll, die zu Maria und ihrem göttlichen Sohn ihre Zuflucht nehmen. Im oberen Bild sind vier Figuren. Jesus mit der Königskrone setzt seiner glorreichen Mutter die Krone auf, und bestimmt sie so als "Königin des Himmels". Beginnt also die Darstellung unten mit der Auserwählung und der Unbefleckten Empfängnis, so schließt sie oben mit der Verherrlichung im Himmel, und erinnert somit auch uns an unsere Berufung und dereinstige Krönung im Himmel.
Wo die alte Kapelle gestanden hat, lässt sich nicht ermitteln. Das Gemäuer der kleinen Sakristei auf der Südseite der alten, jetzt neu erbauten Kirche scheint jedoch älter zu sein als die Kirche selbst, und könnte daher vielleicht als ein Überrest der ehemaligen kleinen Waldkapelle angesehen werden. Einige steinerne Einfassungen von Mauerblenden, die jetzt der Verputz verbirgt, sind, nach ihrer Form zu schließen, jedenfalls von höherem Alter als die Kirche selbst, und stehen so nahe am Boden, dass sie vermutlich eine geraume Zeit vor Erbauung der größeren Kapelle in die Mauer eingefügt worden sind.
So war diese Kapelle ein sprechendes Zeugnis von dem festen Glauben an die auf die Fürbitte der allerseligsten Jungfrau Maria gewirkten wunderbaren Heilungen, wovon Hans Schaffreith und seine Zeitgenossen so sehr beseelt waren, dass sie ein so schönes und geschmackvolles Gebäude aufzuführen weder Mühe noch Kosten scheuten.
Wer die erhabenen Formen dieses Gotteshauses bewundert, der vergesse doch nicht, dass der religiöse Glaube nicht nur zu den Opfern für den Bau begeistert, sondern auch die Kunst lehrte, solche Pläne zu einem Gotteshaus zu entwerfen und auszuführen. Nur die richtige Erkenntnis Gottes und die innigste Liebe des gottseligen Herzens konnte solche Kunstwerke schaffen! Es kann unmöglich Finsternis, Aberglaube und Unwissenheit geherrscht haben in einer Zeit und bei einer Bevölkerung, die solche Bauwerke errichten und einen so edlen Baustil erfinden konnte!
Zum Dienst an der Kirche wurden vier Weltpriester bestimmt, die immer daselbst wohnen, und in dem an die Kirche angebauten Haus mit Benutzung der von dem Erbauer verliehenen Einkünfte ein gemeinschaftliches Leben führen, den Pilgern aber durch Predigten, Beichthören und Messelesen, die rechte Anleitung und Gelegenheit zur fruchtbaren Benutzung ihrer Wallfahrt geben sollten. Ihnen war ein Verwalter (Mompar) beigegeben, der den Haushalt und das Glöckneramt zu besorgen hatte. Nach vier Jahren war der stattliche Bau vollendet und der Erzbischof Balduin von Trier, Graf von Luxemburg, damaliger Verwalter des Mainzer Erzbistums, kam im dritten Jahr seiner vielbewegten Regierung selbst herbei in das friedliche Tal Mariens, an dem damals in Folge von Krieg und Misswachs in tiefer Armut schmachtenden Kloster Johannisberg vorüber, und weihte die neue Kirche zur Ehre Gottes und zur Verherrlichung der heiligen Jungfrau ein. Die heilige Handlung wurde vollzogen am 8. September 1330, weshalb das Fest Mariä Geburt bis zum Ende des 18. Jahrhunderts als Kirchweihfest zu Marienthal gefeiert wurde.
Conrad, ehemals Beymondi (Oberschultheiß), von Geisenheim, bewirkte auch einen Ablass von 40 Tagen für alle, die die Kirche zu Marienthal besuchten, und in ihr für das Oberhaupt des deutschen Reiches, Kaiser Carl IV., für den Mainzer Erzbischof erlach und für den genannten Conrad Beymondi von Geißenheim beten würden. Das Dekret ist ausgestellt von Papst Innocenz VI. zu Avignon den 9. Mai 1361.
Durch eine Rehe von Jahrhunderten blieb, je nachdem es die oft furchtbaren, von Krieg und Religions-Verfolgung durchwüteten Zeiten gestatteten, Marienthal eine vielbesuchte Wallfahrtsstätte. Geistliche aus verschiedenen Orden versahen den Kirchendienst. Im Jahr 1612 wurde er den Vätern der Gesellschaft Jesu übertragen.
Der Einfluss, den die Jesuiten in Marienthal auf die sittliche Erneuerung der Rheingauer ausübten, zeigte sich bald in dem Eifer des Volkes, das in großen Prozessionen auf die Feste der Heimsuchung, Himmelfahrt und Geburt Marias zu der lieblichen Andachtsstätte kam und hochbeseligt die alten Lobgesänge zum Preis der heiligen Muttergottes erneuerten. - Im Jahr 1621 stifteten die Jesuiten eine Bruderschaft zur besonderen Verehrung und Anrufung der allerseligsten Jungfrau Maria. Papst Gregor XV. bestätigte sie am 11. Juli 1623 - unter Hinzufügung von ansehnlichen Ablässen, die in einer zu Mainz gedruckten Bekanntmachung veröffentlicht wurden.
Die Stadt Mainz sendete jährlich auf Maria Himmelfahrt eine zahlreiche Prozession an den so hehren Wallfahrtsort. Mit Kreuz und Fahnen - unter Lobliedern auf Gott und die heilige Jungfrau - zog man in Begleitung eines Paters aus der Kirche des Jesuiten-Kollegiums zu Mainz an den Rhein, bestieg ein Schiff, und fuhr im Anblick der herrlichen Natur, der segenprangenden Weinberge, der lieblichen Hügel und Täler mit andachtsvollen Herzen den Rhein hinab. Losgelöst von der Stadt, der Welt, den Geschäften, schwebte der Pilger auf den blauen Wellen des Stromes, im Frieden Gottes und Marias, dahin. Je herrlicher die Natur ihre Anmut entfaltete, desto andächtiger und glühender wurden die Gebete des Rosenkranzes, und der Choral zum Ehrenpreis Gottes und Marias. In der reinsten und gottseligsten Stimmung stieg man dem Johannisberg gegenüber aus, und ging im wohlgeordneten Zug hinauf ins einsame Tal, das, an solchen Tagen wie eine Stadt bevölkert, gleich einer majestätischen Domkirche mit Andächtigen gefüllt war. Nachdem man in dem Gnaden-Kirchlein "Marienthal" die heilige Kommunion empfangen, die Heilige Messe und Predigt gehört und die Ablassgebete verrichtet hatte, kehrte man wieder zum Schiff zurück, verzehrte dort den mitgebrachten Mundvorrat, und ließ das Schiff von kräftigen Pferden am Ufer hinaufziehen, um unter Dank und Freude für die genossenen Erbauungsstunden in dem Schiff die Vesper zu halten, und des anderen Tages mit verjüngter Kraft und gottesfroh, und im süßesten Gedenken an das Gnadenbild Marias in Marienthal an die Arbeit zu gehen.
Der Andrang von Wallfahrern wurde immer größer und gab den Vätern der Gesellschaft Jesu viele Gelegenheit zur segensreichsten Ausübung ihres geistlichen Amtes.
Die Zerstörung
Der Orden der Jesuiten hat durch Frömmigkeit, Gelehrsamkeit und Seeleneifer der katholischen Kirche nicht allein sehr große, sondern wahrhaft großartige Dienste geleistet. Eben darum konnte es ihm in der Welt nicht an Widerspruch fehlen. Der heilige Stifter der Gesellschaft, Ignatius von Loyola, hatte daher einen Wunsch ausgesprochen, der in den Augen der Welt sonderbar erscheint, aber eine große Wahrheit enthält. Er sagte nämlich zu seinen Jüngern: "Möge es euch nie an Verfolgung fehlen!" Im 18. Jahrhundert sollte dieses prophetische Wort zunächst an der Gesellschaft Jesu, und dann auch an der katholischen Kirche in Frankreich und Deutschland, in Erfüllung gehen. Die Feinde der Kirche wussten es durch List und Gewalt dahin zu bringen, dass Papst Clemens XIV. genötigt zu sein glaubte, den Jesuiten-Orden aufzuheben. Darauf aber erfolgte alsbald die blutige Verfolgung und schmähliche Beraubung der Kirche in Frankreich und dann die Zerstörung aller kirchlichen Anstalten in Deutschland, wo mit dem Vermögen der Kirche auch alle ihre Rechte vernichtet werden sollten.
Marienthal in seiner Zerstörung war ein kleines Bild dieser im Großen an der katholischen Kirche verübten Frevel. Im September des Jahres 1773 wurde die Aufhebung des Ordens an dem Jesuiten-Kollegium in Mainz vollzogen. Man packte die Väter der Gesellschaft mitten in der Nacht in Chaisen, führte sie aus der Stadt, und brachte sie dort in die Klöster und Abteien anderer Orden. Ihr Vermögen fiel dem Schuldfonds zu. - Marienthal wurde verkauft an den Grafen Ostein, der es für gut fand, die Kirche abzureißen, und das Material anderwärts zu verwerten. 1774 wurde die Kirche zum Leidwesen vieler Menschen abgedeckt, alles Holzwerk abgebrochen, die Fenster herausgerissen, und wie man jetzt noch sehen kann, ging man dabei ohne alle Schonung zu Werke. Gerettet wurde nichts als das Gnadenbildchen, das nun schon seit 444 Jahren (1866) in dieser schönen Kirche verehrt worden war. - Es wurde in feierlicher Prozession nach Geisenheim getragen, und dort in dem auf der Epistelseite befindlichen Nebenaltar aufgestellt, der von da an den Namen "Gnadenaltar" führte.
Dem Zerstören der Kirche wurde durch einen Unglücksfall Einhalt getan. Die Bauleute, die mit der Bewilligung der geistlichen Behörde aufgehobene Kirche niederzureißen beauftragt waren, taten an sich nichts Böses. Da aber das Zerstören und Einreißen der verdorbenen menschlichen Natur eine Freude macht, die um so größer wird, je fester oder ehrwürdiger der zu zertrümmernde Gegenstand ist. So mochte wohl auch mancher der Arbeiter sich von dieser Empfindung hinreißen lassen, und seine Lust daran haben, nach der Sprache damaliger und auch jetziger Ungläubigen, einen Herd des Aberglaubens zu zerstören. Und da ein Unglücklicher zum Schaden stets auch noch den Spott leiden muss, so waren natürlich auch die Jesuiten nicht selten Gegenstand von rohen Scherzen, die für manche Leute um so anziehender sein mochten, je ernster die Jesuiten gepredigt, und je größere Achtung sie genossen hatten. In dieser leichtfertigen Stimmung bestieg ein Maurer von Geisenheim, wie die Sage erzählt, die neue Ruine, versäumte die nötige Vorsicht, stürzte herab, und fand so einen unglücklichen, plötzlichen Tod. Dies verbreitete einen solchen Schrecken, dass man es für einen Frevel hielt, noch weiter Hand anzulegen, um einen Stein von der Kirche abzubrechen. Niemand wagte es mehr, eine solche Arbeit zu unternehmen. Und diesem Umstand verdanken wir es, dass das Mauerwerk teilweise noch steht, das einst Junker Schaffreith in so heiliger Begeisterung mit großartiger Freigebigkeit hatte Aufführen lassen. Beim Aussterben der Familie Ostein erbte die Familie Dahlberg unter anderem auch die Besitzung Marienthal, fand es aber für gut, sie um einen in damaliger Zeit sehr niedrig stehenden Preis zu verkaufen.
Der neue Besitzer, ein einfacher Landmann, bezog das von den Jesuiten erbaute Missionshaus, und stellte in der verwüsteten Kirche ein anderes Muttergottesbild von Holz zur Verehrung auf. Seit dieser Zeit ist die Ruine in den Sommertagen stets von frommen Betern aus der Nachbarschaft besucht worden. Prozessionen dahin zu führen, war unter der nassauischen Regierung nicht erlaubt; die Privat-Andacht konnte man nicht hindern.
Die Besitzung Marienthal mit ihren Äckern, Wiesen und Wäldern verkaufte der alte Mann um einen geringen Preis an Herrn von Gilsa, von dem sie der jetzige Besitzer, Se. Durchlaucht der Fürst von Metternich, ebenfalls durch Kauf erwarb. Dieser Wechsel der Besitzer hatte für die Andacht zu Marienthal keinen Nachteil. Die neuen Pächter und Besitzer legten kein Hindernis in den Weh, und allmählich nahm der Besuch in dem Grad zu, als sich unter den Katholiken ein frömmerer Geist entfaltete. Nicht wenig trugen auch die Missjahre und sonstige Leiden der Zeit dazu bei, die stille Stätte des Gebetes zu empfehlen.
Auch die Freunde romantischer Naturschönheiten besuchten nicht selten das liebliche Tal, und fanden die Ruine in malerischer Hinsicht höchst beachtenswert. Der schönste Schmuck der Ruine war - nach ihrer Ansicht - die Linde, die mitten im Schiff der Kirche aus dem Schutthaufen des eingestürzten Gewölbes so kräftig emporstrebte, bis über die hohen Ringmauern hinaus, und mit ihrem saftig grünen Blätterdach das geheimnisvolle Heiligtum wie mit liebenden Mutterarmen deckte. Etwas Überraschenderes lässt sich auch nicht denken. Man schaute durch eine niedrige Portaltür in eine zerfallene Kirche, und erblickte da, statt des erwarteten wilden Gesträuches, eine der schönsten Linden, unter deren Schatten eine einfache Bank zum Ausruhen, und ein kleiner Betstuhl zur Andacht einlud. Man trat ein und erblickte zwischen zerstörten Bögen und zertrümmerten Altären, wo alles Tod und Verwüstung andeutete, einen kräftigen Lindenstamm, der sich in vier gerade aufstrebende Äste teilte, und mit seinen vom gesündesten Leben zeugenden Zweigen die ganze Breite der Kirche ausfüllte und noch über die hohen Umfangsmauern emporragte. Ein solcher Anblick musste unwillkürlich jedes empfängliche Gemüt zur Andacht stimmen. Allein nichtsdestoweniger war für den frommen Beter die Stätte unbequem, wegen der Unmöglichkeit, hier dem allerheiligsten Opfer anzuwohnen, und die heiligen Sakramente zu empfangen. Überdies fehlte ja das Gnadenbild, dem die Kirche ihre Entstehung verdankte. Der graue Ritter auf einem Grabstein, bis an die Knie im Schutt stehend, schien aus dem Grab zu steigen, und zürnend nach Kanzel und Sakristei zu schauen mit der vorwurfsvollen Frage: ob denn nicht bald wieder einmal ein Priester im heiligen Gewand hervortreten werde, um das Wort Gottes zu verkündigen, und die Stiftungen für seine und seiner Familie Seelenheil zu halten? Und je höher der Baum emporspross, je mehr er den Schutt von den Mauern herniederfegte, desto tiefer schien der geharnischte Ritter, samt den edlen Stiftern in Staub und Vergessenheit zu versinken. Seine Mahnung aber sollte nicht vergeblich sein.
Die Wiederherstellung
Seit das Marienthaler Gut in den Besitz des edlen Fürsten von Metternich übergegangen war, wurde im Vertrauen auf den bekannten religiösen Sinn Sr. Durchlaucht und die wahre Frömmigkeit seiner so früh verstorbenen letzten Gemahlin die Hoffnung gesetzt: "dass nun die Kirche zu Marienthal wieder aufgebaut würde"; und wirklich verlautete aus dem Schloss manche erfreuliche Nachricht über die Pläne, die dazu entworfen würden. Allein der Ausführung stellten sich unüberwindliche Hindernisse entgegen. Als aber Se. Bischöfliche Gnaden, der hochwürdigste Bischof von Limburg, Dr. Peter Joseph Blum, den Plan fasste, mit Hilfe eines ungenannten Wohltäters die Kirche zu Marienthal wieder herzustellen, und sich deshalb vertrauensvoll an Se. fürstliche Durchlaucht wendete, wurde er überrascht durch das großmütige Zuvorkommen des edlen Fürsten und so in den Stand gesetzt, nicht nur die Kirche, sondern auch das Wohnhaus in sehr würdiger Weise binnen Jahresfrist herzustellen, und für einen regelmäßigen Gottesdienst an der Kirche durch einen oder mehrere Priester, je nach dem Bedürfnis der Pilger, zu sorgen. Mit großer Freude wurde diese Nachricht in der Umgegend vernommen. Dankbar blicken die Freunde religiöser Gesinnung und die frommen Verehrer Marias auf ihren bischöflichen Oberhirten, der kein Opfer scheut, um seinen Diözesanen die Mittel zur Heiligung zu bieten. Verehrungsvoll schauen sie auf den hochverehrten Fürsten, der den wohlverdienten Ruhm edler Gesinnung in so großartiger Weise hier von Neuem durch seine Großmut bewährte.
Die von vielen Seiten eingegangenen freiwilligen Gaben an Geld und Kirchenschmuck sind ein deutlicher Beweis, wie hoch man die Wiederherstellung von Marienthal schätzt, und wie damit einem wirklichen Bedürfnis abgeholfen wird.
Die Kirche selbst ist so viel wie möglich in der alten Einrichtung und Bauart wiederhergestellt. Die Pläne im Ganzen und im Einzelnen sind von dem rühmlichst bekannten Baurat Hoffmann zu Wiesbaden mit großer Sorgfalt und Sachkenntnis entworfen. Wie er sich in der griechischen Kapelle zu Wiesbaden ein Denkmal gesetzt, an dem die Kunstfreunde sich ergötzen, so wird auch Marienthal nun die Freunde edler Baukunst anziehen und vollständig befriedigen. Alle Wallfahrer aber werden sich lieblich und erhebend angesprochen finden durch das schlanke Türmchen, das so kühn auf dem Giebel sitzt, sowie durch den geschmackvollen reichen Altar nebst dem darüber sich ausspannenden blauen Sternen-Gewölbe, mit seinen kunstreich verschlungenen Blumenbändern. Im Hochaltar prangt ein von F. Simmler in Geisenheim gemaltes, sinnreiches Bild. Die seligste Jungfrau schwebt in der Glorie von Engeln umgeben, und breitet ihren Schutzmantel über das Rheingau und seine Bewohner aus, die unten knien, und des Schutzes sich teilhaftig zu machen wünschen. Die Rheingauer werden darunter manche Persönlichkeit erblicken, die sich um Marienthals Herstellung mehr oder weniger verdient gemacht.
Das Gnadenbild, von Geisenheim wieder feierlich hierher zurückgebracht, steht auf dem Seitenaltar in der Nische auf der Epistelseite, und wird durch ein kunstvolles Portal wie von einem großartigen Rahmen eingefasst.
Auch die Linde, deren Fällung so manches Bedauern hervorgerufen, ist nicht vergessen. Aus ihrem Stamm wird ein Bild der allerseligsten Jungfrau von einem bewährten Bildhauer verfertigt, um der Kirche an dem nämlichen Platz zur Zierde zu dienen, wo sie einst ihre schützenden Äste ausbreitete, und die frommen Beter überschattete. Es darf nicht verschwiegen werden, dass Se. Durchlaucht der Fürst von Metternich auch die Fürsorge und Auslage für die würdige Ausführung dieses Bildes selbst gnädigst übernommen haben.
Die Einweihung der Kirche geschah am 8. September 1858, also an demselben Tag, wo sie vor 528 Jahren durch Erzbischof Balduin von Trier zum ersten Mal geweiht wurde. Vierundachtzig Jahre hat sie in Trümmern gelegen, ohne Hoffnung, je wieder aufgebaut zu werden. War sie auch vorher zuweilen in Verfall, so war sie doch nie zerstört. Und nun können wir sagen, dass sie seit ihrem Entstehen - trotz vieler Verschönerungen - niemals so prachtvoll dagestanden, als jetzt.
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6. Das Gnadenbild zu Sörgenloch
(Aus: Das Gnadenbild "Maria mit dem Jesuskind" zu Sörgenloch bei Mainz, von A. Gabel)
1. Schon seit gar langer Zeit wird in der Muttergotteskirche zu Sörgenloch, einem kleinen Ort in Rheinhessen, 2 1/2 Sunden von Mainz entfernt, das Gnadenbild "Maria mit dem Jesuskind" verehrt und viele Gnaden und Segnungen sind bei diesem Bild allen andächtigen Betern und Wallfahrern auf die Fürbitte der lieben Mutter Gottes zuteilgeworden. Zur Zeit des Krieges, in dem dieser Ort, so wie die ganze Gegend, viel zu leiden hatte, trugen einige Männer in dunkler Nacht den größten Schatz, den sie auf Erden hatten, hinaus in das Feld, um ihn da zu verbergen und so gegen die Feinde zu sichern. Aber nicht Silber, nicht Gold war es, was sie da begruben, sondern das Gnadenbild, das ihnen mehr wert gewesen, als alle Reichtümer der Welt. Nachdem jedoch der Krieg zu Ende und es wieder Friede war, sammelten sich auch wieder die zerstreuten Bewohner. Jene aber, die das Bild begraben hatten, waren unterdessen gestorben, und so wusste niemand mehr die Stelle, wo das Bild zu finden sei.
2. Da herrschte große Traurigkeit bei allen Bewohnern. "Wer wird uns den Ort anzeigen, wer uns dahin führen, wo unser Gnadenbild verborgen liegt?" so klagten sie zueinander und beteten zu Maria: "O heilige Mutter Gottes, du Schutzpatronin unseres Dorfes! Lass uns finden dein Bild, den größten Schmuck und die größte Zierde unseres Gotteshauses!" Und ihr Gebet wurde erhört. - Bald erzählte einer, dann mehrere Ortseinwohner, sie hätten am Abend, heimkehrend von der Arbeit, drunten im Wiesental wundersame Dinge gesehen. Es waren, so bezeugten sie, glänzende Lichtstrahlen, die, aus der Erde hervorströmend, sich in der Luft verbreiteten und da eine leuchtende Wolke bildeten, auf der Maria mit dem Jesuskind erschienen sei. Diese Erscheinung habe etwa fünf Minuten gedauert. Auch hätten sie dabei harmonische Töne wie Engelstimmen vernommen. "Dort ist unser Bild!" - so rief jetzt jeder mit Freuden aus. Singend und betend zog die ganze Gemeinde, ihren Pfarrer an der Spitze, nach dem Ort, wo die Erscheinung stattgefunden hatte. Man grub nach, fand das Bild wieder und brachte es unter Jubelgesängen in die Kirche zurück. Seitdem heißt bis auf den heutigen Tag die Gegend, wo das Bild verborgen war, "die Helje - oder Heilige Wiese", und noch lange nachher besuchte man aus Dankbarkeit diesen Ort, und es geht wohl kein Sörgenlocher daselbst vorüber, ohne an dieses wunderbare Ereignis zu denken.
Maria mit dem Jesuskind von Sörgenloch
3. Hatte man schon vorher das Gnadenbild hoch verehrt, so geschah dies jetzt noch mehr nach diesem wunderbaren Auffinden. Mit jedem Jahr mehrte sich die Zahl der Wallfahrer und besonders am 8. September, dem Fest Mariä Geburt, als am Wallfahrtsfest strömten von nah und fern fromme Gläubige herzu. Und wie viele Gebetserhörungen und Gnaden den frommen Christen hier auf die Fürbitte Marias zuteil wurden, zeigten klar und deutlich die vielen Votivtafeln, worauf zu lesen ist: "Maria hat geholfen!" die Krücken, silbernen Herzen und anderen kostbaren Votivgeschenke, womit das Bild und seine nächste Umgebung noch am Ende der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts behangen und geziert war. Nur einer gottlosen Zeit blieb es vorbehalten alle diese Gegenstände zu entfernen, so dass jetzt nur noch zwei silberne Kronen und ein silbernes Herz, das die Jahreszahl 1775 trägt, das Gnadenbild schmücken.
4. Wie aber schon unsere Voreltern, so taten auch unsere Eltern und Großeltern. Sie hielten das Gnadenbild immer in größtmöglichster Ehre und suchten es gegen jede Verunehrung zu schützen. - Als daher zu Ende des 18. Jahrhunderts die modernen Bilderstürmer und Aufgeklärten kamen, und jedes religiöse Bild, das ihnen unter die Hände fiel, zertrümmerten, da trugen mehrere fromme Männer das Bild abermals hinab in die Wiesen, in die Nähe der sogenannten "Steinrossel", und begruben es, damit es vor den gottlosen Händen gesichert sei. Als sie das Bild zur Nachtzeit an den damals anwesenden feindlichen Soldaten (Es waren anno 1793 eine Zeit, wo unsere ganze Gegend durch die grässliche Revolution Frankreichs soviel gelitten hat. Die Bürger wurden durch Gewaltmaßregeln gezwungen, den französischen Konstitutionseid zu schwören. Sie mussten einen Freiheitsbaum aufstellen und sie stand vor dem jetzigen Schulhaus. Wer nicht schwören wollte, bekam eine Exekution von 17 Mann Soldaten ins Haus gelegt - und doch taten es viele nicht. Andere verließen den Ort auf einige Zeit.) vorübertrugen und einer dieser wackeren Bürger sagte, dies sei gefährlich, rief der alte Gerichtsschreiber: "Nur mutig voran, wir stehen ja unter dem Schutz der lieben Mutter Gottes!" und wirklich kamen sie glücklich hindurch. Als sie das Bild begruben, sagte er: "O du liebes Gnadenbild, so musst du denn zum zweiten Mal gegen die gottlosen Menschen Schutz unter der Erde suchen! Gib doch, o Maria, dass wir bald wieder dein heiliges Bild an den ihm gebührenden Ort zurückbringen können!" (Der damals anwesende feindliche Sergant kam am Tag darauf, nachdem das Bild verborgen war, in die Kirche. Man hatte an die Stelle des Gnadenbildes ein anderes Muttergottesbild hingestellt. Er ahnte die Täuschung und drohte mit den größten Strafen, wenn man nicht das wahre Bild, das man hier so sehr verehre, und die beiden silbernen Kronen herbeischaffe; denn es müsse dieses Bild zerstört werden. Doch blieb es nur bei der Drohung.) Als die Feinde abgezogen waren, da wurde auch wieder das Gnadenbild zur größten Freude der Ortsbewohner an seinen ehrwürdigen Platz im Hochaltar gebracht.
5. Die so überaus schöne und kräftige Urkunde von dem frommen Lehrer Laurentius Schreiber, am 28. Juli 1810 verfasst, lautet wörtlich:
"Vor ungefähr sechzig Jahren wollte jemand aus Mainz der hiesigen Kirche eine samstägige Abendandacht mit einem Salve Regina stiften; nur sollten die hiesigen Vorsteher nicht versäumen, wenn sie nicht krank wären und zu ihr zu kommen gerufen würden, alsobald zu kommen. Darauf wurde dann auch gleich mit der Andacht der Anfang gemacht. Weil aber, wie es bekannt, hier niemand ist, der für die Ehre Gottes und seiner heiligen Mutter sorgen mag, so wurde diese Sache nicht gehörig besorgt, und kam nicht recht zustande. Nach einiger Zeit wurde dann doch von den saumseligen Vorstehern beschlossen und auch der Gemeinde vorgestellt, dass die bis jetzt versäumte Stiftung der Abendandacht von der Gemeinde möchte gehalten und bezahlt werden. Dieses ist dann auch sofort geschehen und wurde alle Jahre vom Bürgermeister das notwendige Geld bezahlt. Dies geschah aber nur so lange, bis die sogenannten Bilderstürmer und aufgeklärten Freiheits-Vögel kamen. Da brauchte man Gott und seine heilige Mutter nicht mehr. Man glaubte nicht mehr an Gott, viel weniger an seine heilige Mutter. Doch wurde noch einige Jahre von den bestgesinnten Einwohnern zusammengelegt, damit diese Andacht nicht ganz erlöschen möge. Aber es währte nicht mehr lange, sondern es hatte im Jahr 1804 im November ein Ende: - warum ein Ende? Weil die Freiheits-Vögel sich gar nicht mehr darum bekümmern mochten. Es war ihnen nicht einmal leid um diese Andacht, weil einer wie der andere, wenige ausgenommen, fast an keinen Gott mehr glaubte, sondern dachte: "Du Gott und Mutter Gottes, sitzt ihr in der Kirch, wir machen doch Wein und Frucht; dies bringt die Natur schon mit!" Ihre beste Ausrede war: weil es die Franzosen nicht mehr in der Rechnung dulden wollten. Und das war den meisten recht; und so war das garstige Ende bis jetzt noch.
Gleich wie nun nicht alle Engel im Himmel Teufel geworden, so war es auch hier zu Sörgenloch; es waren nicht alle so schlecht denkende Freiheits-Vögel hier, sondern es finden sich noch hie und da einige gutdenkende, wahre Christen gegen Gott und seine heiligste Mutter Maria. - So hat unter anderen der hiesige Bürger und Einwohner Johannes Becker, als ein guter und wahrer Christ, bei sich betrachtet: dass alles auf der Welt eitel und nur ein Kleines sei; und besonders wollte er, da er keine Leibes-Erben von Gott zu erhoffen habe, um so mehr für seine Seele besorgt sein, und aus freiem Willen von seinem Eigentum, so ihm Gott reichlich bescheret, die so schlechterdings durch die französische Freiheit und verfluchte Aufklärung erloschene samstägige Abendandacht zu der heiligen Muttergottes wieder her- und instandstellen, wie sie vorhin gewesen und gehalten worden; damit unsere heilige Mutter und Schutz-Patronin von uralten Zeiten in hiesigem Ort nicht ganz vergessen, und in die Ecken und Winkel gesetzt werden möge.
So verspreche ich Johannes Becker denn auf mein Gewissen und Seligkeit, so lange mir Gott noch das Leben schenken wird, diese Andacht selbsten mit dem dazu nötigen Wachs alle Jahr um Mariä Geburt unablässig zu bezahlen. Sollte ich aber heut oder morgen dieses Zeitliche mit dem Ewigen verwechseln, so soll alsdann aus meiner Verlassenschaft so viel an Kapital genommen und der Kirche übergeben werden, dass von den jährlich fallenden Interessen diese vorbeschriebene Abendandacht mit dem dazu nötigen Wachs bezahlt und bestritten werden könne und solle; das ich dann dahier eigenhändig unterschrieben.
So geschehen Sörgenloch den 26. Juli 1810.
Johannes Becker."
So ist dann gleich von mir Lorenz Schreiber, Schullehrer, aus Liebe zur heiligen Mutter Gottes in der Oktav Mariä Geburt, Samstag den 15. September 1810, die Andacht wieder angefangen worden. Der allmächtige Gott wollte es so haben, dass seine heilige Mutter hier doch nicht gänzlich vergessen werde; darüber bin ich von Herzen froh, denn du bist meine liebe Mutter bis in den Tod. Salve Regina.
Sörgenloch, den 16. September 1810.
Laurentius Schreiber,
Schullehrer.
Den 24. Oktober 1810 ist der Stifter unserer vorbeschriebenen Abendandacht an einer Auszehrung gestorben; und seine Frau starb den 17. September 1811 auf einem langen Krankenlager. Gott gebe ihnen den Lohn für die Stiftung der Abendandacht! R. I. P." - Soweit die Urkunde.
Die "samstägige Abendandacht mit einem Salve Regina" wird aber von jeher auf folgende Weise gehalten:
Nachdem der Sonntag angeläutet, wird mit der großen Glocke ungefähr 10 Minuten lang das Zeichen zur Andacht gegeben. - Die Andacht selbst beginnt mit einem oder zwei Versen eines Muttergottes-Liedes. - Dann wird ein Teil des Rosenkranzes und die Lauretanische Litanei gebetet. - Hierauf wird die der Zeit entsprechende Marianische Antiphon gesungen. - Sodann singt man dreimal "Ave Maria", wobei Angelus geläutet wird. - Den Schluss bildet ein Muttergotteslied.
6. Da das Gnadenbild hohl und aus rötlich gebrannter Tonerde verfertigt ist, hatte es teils durch sein Alter, teils durch das zweimalige längere Begrabensein, sowie durch das Hin- und Hertragen viel gelitten. Deshalb und weil es auch die Zeit so mit sich brachte, umgab man das Gnadenbild mit einem Kleid (Auch hier zeigten viele ihre Liebe zum Gnadenbild, indem sie oft das Kleid durch kostbare Stoffe erneuerten.) und man war daran so gewöhnt, dass manche glaubten, es sei nur ein Brustbild und keine Statue. Viele staunten deshalb, als man vor einigen Jahren das Kleid wegnahm und nun das ganze Bild, Maria in sitzender Stellung mit dem Jesuskind auf dem Schoß, erblickte! Man nahm es herunter. Zwei große Stücke hatten sich vom unteren Teil losgelöst. Ein Kunstverständiger stellte das Bild wieder her und zwar genau die Form und die Farben beibehaltend, die das Bild, wie man noch genau sehen konnte, von Anfang an besaß. Und wie groß war die Freude aller Sörgenlocher und aller Wallfahrer, als sie am Wallfahrtsfest 1857 das Gnadenbild in seinem neuen und doch alten Glanz im Hochaltar erblickten!
7. Am Aschermittwoch des Jahres 1862 kniete in Rom zu den Füßen des Heiligen Vaters, Papst Pius IX., ein Priester und bat um einen vollkommenen Ablass. Die betreffende Urkunde lautet in deutscher Sprache:
"Adam Gabel, Priester der Diözese Mainz, niedergeworfen zu den Füßen Eurer Heiligkeit, bittet um die Gnade -
Eines vollkommenen Ablasses für alle Zeiten und für alle Christgläubigen, welche am Fest Mariä Geburt in der Muttergotteskirche zu Sörgenloch, nachdem sie gebeichtet, die Kommunion empfangen und vor dem daselbst befindlichen Gnadenbild nach der Meinung Eurer Heiligkeit gebetet haben, und dass dieser Ablass auch den Armen Seelen im Fegfeuer zugewendet werden könne."
Der Heilige Vater, Papst Pius IX., gewährte mit Freuden diese Bitte und bestätigte durch eigenhändige Unterschrift diesen vollkommenen Ablass auf ewige Zeiten. Rom, am 5. März 1862.
Die Gläubigen, von dieser großen Gnade in Kenntnis gesetzt, waren deshalb auch zahlreicher als in früheren Jahren zum Wallfahrtsfest (3. September 1862) herbeigeströmt, um den vollkommenen Ablass zu gewinnen. Zum Gedächtnis daran haben die Sörgenlocher auf Anregung der Pfarrgeistlichkeit eine prächtige Fahne machen lassen, die an diesem Tag eingeweiht wurde. Auf der einen Seite erblickt man den Ort Sörgenloch und darüber schwebend das Gnadenbild der segenspendenden Jungfrau Maria mit dem Jesuskind; - auf der anderen Seite das heiligste Herz Marias mit der Umschrift: "Ego mater pulchrae dilectonis! - Diligentes me diligo! Ich bin die Mutter der schönen Liebe! - ich liebe diejenigen, die mich lieben! und darunter die Worte: "Zur Erinnerung an den 8. September 1862, als der von Papst Pius IX. der Kirche zu Sörgenloch auf das Fest Mariä Geburt für immer verliehene vollkommene Ablass verkündigt und zum ersten Mal gewonnen wurde."
8. Das Wallfahrtsfest wird immer auf den Tag, also am 8. September, - am Fest Mariä Geburt, - gefeiert. Am Abend vorher ist gegen 4 Uhr die feierliche Vesper und von da an zugleich Gelegenheit zur Beichte. Am Festtag selbst wird vom frühen Morgen an wieder zur Beichte gesessen. Von 6 bis 9 Uhr sind mehrere heilige Messen, wobei die heilige Kommunion ausgeteilt wird. Um 9 Uhr ist die Frühpredigt. Darauf geht die Prozession mit dem Allerheiligsten durch die Straßen des Ortes und wird dann das feierliche Hochamt mit Ministration gehalten.
Am Nachmittag gegen 3 Uhr ist feierliche Vesper mit Te Deum. Am Abend vorher sowie am Morgen wird das Fest feierlichst, so wie auch zu jeder Heiligen Messe und vor Beginn des Beichthörens geläutet wird. Die Glastür, welche die Nische, worin das Gnadenbild ist, im Hochaltar schließt, ist während des Festes weggenommen, der Altar und die Kirche geziert und es bleibt dieser Schmuck bis nach dem Großen Gebet, das am Sonntag nach dem 17. September abgehalten wird.
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