Maiandachten V
Inhalt:
Der erste Tag –
Von der Pilgerfahrt auf Erden
Der zweite Tag –
Vom Tod
Der dritte Tag –
Vom Gericht nach dem Tod
Der vierte Tag –
Von der Todsünde
Der fünfte Tag –
Von der Hölle
Der sechste Tag –
Von der lässlichen Sünde
Der siebente Tag –
Vom Fegefeuer
Der achte Tag –
Vom Himmel
Der neunte Tag –
Von der göttlichen Gnade
Der zehnte Tag –
Vom Gebet
Der elfte Tag –
Von der heiligen Beichte
Der zwölfte Tag –
Von der heiligen Eucharistie
Der dreizehnte Tag –
Vom Anhören des Wortes Gottes
Der vierzehnte Tag –
Von der Sonntagsheiligung
Der fünfzehnte Tag –
Von der Arbeit
Der sechzehnte Tag –
Vom christlichen Familienleben
Der siebzehnte Tag –
Von den Leiden und Freuden dieses Lebens
Der achtzehnte Tag –
Von den Versuchungen
Der neunzehnte Tag –
Von den guten Werken
Der zwanzigste Tag –
Vom Glauben
Der einundzwanzigste Tag –
Von der Hoffnung
Der zweiundzwanzigste Tag –
Von der Liebe Gottes
Der dreiundzwanzigste Tag –
Von der Nächstenliebe
Der vierundzwanzigste Tag –
Von der christlichen Klugheit
Der fünfundzwanzigste Tag –
Von der Gerechtigkeit
Der sechsundzwanzigste Tag –
Vom Starkmut
Der siebenundzwanzigste Tag –
Von der Mäßigung
Der achtundzwanzigste Tag –
Von der Demut
Der neunundzwanzigste Tag –
Vom Gehorsam
Der dreißigste Tag –
Von der Herzensreinheit
Der einunddreißigste Tag –
Von der Vollkommenheit
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Zum Monat Mai
Der liebliche Mai mit seinen fröhlichen Liedern, seiner rein glänzenden und mildwarmen Sonne ist wiederum ins Land eingezogen. Kein Wunder also, dass die fromme Andacht der katholischen Gläubigen diese Blüten und Blumen der erhabenen, engelreinen Jungfrau und Mutter widmet, die da ist „die Lilie des Feldes“, schöner wie der Mond und glänzender als die Sonne. Doch in den Tagen des wonnevollen Maimonats steigen nicht bloß die Wohlgerüche und Düfte der Blumen, sondern auch die Wohlgerüche des gläubigen Gebetes und die herrlichsten Lieder aus zahllosen Herzen zur seligsten Jungfrau und Gottesmutter Maria empor. Und die liebe Mutter des göttlichen Heilandes hält große Audienz den ganzen Monat lang und ladet alle ihr Kinder freundlich ein, ihre Bitten und Anliegen vorzubringen, um sie am Thron Gottes durch ihre Fürsprache unterstützen zu können. Bei ihr findet der Schwache Kraft, der Kranke Linderung, der Verängstigte Ruhe, der Traurige Trost, der Verlassene eine Stütze, der Arme Geborgenheit, der Sünder eine Vermittlerin. Kein Alter, kein Stand, kein Geschlecht entbehrt ihrer Hilfe. „Es ist noch nie erhört worden,“ ruft der heilige Bernhard aus, „dass jemand verlassen wurde, der zu dir seine Zuflucht nahm, o Maria!“ Ja, die seligste Jungfrau ist die beste aller Mütter und mehr bereit, uns Gnade mitzuteilen, als wir sind, sie zu empfangen. Wie liebevoll und großherzig sie aber erst gegenüber denjenigen sein, die sie einen ganzen Monat hindurch in besonderer Weise verehren!
Zeigen wir uns also im Monat Mai als wahrhaft fromme Verehrer und Kinder Mariens. Wetteifern wir, ihr unsere Huldigung darzubringen durch fleißige Beteiligung an der öffentlichen Maiandacht oder, wenn wir verhindert sind oder in unserer Kirche keine Maiandacht gebetet wird, durch unsere Privatandacht, besonders aber durch mutige und entschlossene Nachfolge ihres Tugendbeispiels. Christus, ihr göttlicher Sohn, wird in seiner Huld und Barmherzigkeit kein „Ave“ unbelohnt lassen, das mit kindlichem Vertrauen und reinem, aufrichtigem Herzen zum Lob seiner Mutter gesprochen wird. Sehr schön sagt der heilige Bonaventura: „Maria grüßt dich allezeit mit einer Gnade, wenn du sie mit einem „Ave“ begrüßt, das heißt, Maria wird dir durch ihre Fürbitte alles erlangen, was du zu deinem Heil begehrst und dich schließlich zur ewigen Seligkeit führen.“ Und der heilige Ignatius fügt hinzu: Niemals wird derjenige ein böses Ende nehmen, der sich als eifriger Verehrer der Gottesmutter erwiesen hat.“
Die Maiandacht
Betrachtungen und Gebete zur Verehrung
der allerseligsten Jungfrau Maria
Für die Maiandacht empfiehlt sich folgende Ordnung:
1. das längere oder das kürzere Vorbereitungsgebet,
2. die Betrachtung des betreffenden Tages,
3. die Lauretanische Litanei.
Eröffnungsgebet am ersten Tag der Maiandacht
Nun ist der schöne, gnadenreiche Monat wiedergekehrt, den die Kirche der Verehrung der allerseligsten Jungfrau Maria geweiht hat. Als treue Kinder sind wir erschienen, um unsere himmlische Mutter in Ehrfurcht und Liebe zu begrüßen, um in der Verehrung Mariä Gott dem Herrn selber unsere Huldigung darzubringen.
So wenden wir uns zunächst zu dir, heiliger dreieiniger Gott, dem alle Ehre im letzten Grund allein gebührt. Anbetend werfen wir uns nieder vor deinem Angesicht und preisen dich für all das Große, was du an der allerseligsten Jungfrau Maria getan hast. Du hast sie von Ewigkeit erwählt zur Mutter des göttlichen Sohnes, du hast sie bewahrt vor jeder Makel der Sünde und geschmückt mit der Fülle der Gnaden und mit der vollkommensten Tugend, du hast sie erhöht über alle anderen Geschöpfe und sie gekrönt als Königin der Engel und Heiligen. Wenn wir Maria verehren, so loben wir dich, den himmlischen Vater, dessen liebste Tochter sie ist, so loben wir dich, den ewigen Sohn, dessen jungfräuliche Mutter sie ist, so loben wir dich, den Heiligen Geist, dessen gnadenreiche Braut sie ist. Wir loben dich, heiliger dreieiniger Gott, und danken dir von ganzem Herzen für die kostbaren Gnaden und Gaben, mit denen du unsere geliebte Mutter Maria überreich beschenkt hast.
Und nun wenden wir uns zu dir, Jungfrau und Gottesmutter, hohe Himmelskönigin, du Ehre des menschlichen Geschlechts, du Morgenröte des Heils, die du uns den Erlöser gebracht hast, der uns von alten Fluch befreien wollte. Wir freuen uns deiner Würde und Herrlichkeit, wir bewundern deine Tugend und Vollkommenheit, wir loben und preisen deine Güte und Milde. Der Glanz deiner Krone erschreckt uns nicht, denn wir wissen, dass du ein mütterliches Herz hast und dich deiner Kinder in Gnaden annimmst. So sieh uns denn vor deinem Thron versammelt an diesem ersten Tag deines heiligen Monats und lass dir unsere Verehrung wohlgefallen. Segne diese Andacht, die wir dir mit kindlichem Herzen weihen, und erbitte uns den Beistand der göttlichen Gnade, dass wir jeden Tag mit neuem Eifer wiederkehren und treu ausharren, bis die Zeit erfüllt ist. Erbitte uns den Beistand der göttlichen Gnade, dass wir durch die treue, beharrliche Übung dieser Andacht fortschreiten auf dem rechten Weg, und dass wir niemals von diesem Weg abweichen, bis wir dorthin gelangen, wo wir mit dir und mit allen Engeln und Seligen des Himmels den heiligen dreieinigen Gott von Angesicht zu Angesicht schauen und in alle Ewigkeit loben und preisen werden. Diese Gnade erbitte uns bei deinem Sohn, unserem Herrn und Heiland, der mit dem Vater und dem Heiligen Geist als gleicher Gott lebt und regiert von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.
Tägliches Vorbereitungsgebet
Herr, eröffne unseren Mund und reinige unsere Herzen, dass wir dich in der Verehrung der allerseligsten Jungfrau Maria würdig loben. Wir opfern dir diese Andacht auf zur Ehre deines göttlichen Namens und zum Lob der hehren Himmelskönigin Maria, die du durch deine Gnade so hoch erhoben hast. Wir bitten dich, halte fern von uns alles, was unsere Andacht mindern und unser Gebet stören könnte. Erfülle unser Herz mit festem Vertrauen und entzünde in uns das Feuer deiner heiligen Liebe, damit unser Flehen dir wohlgefalle und dein gnadenreicher Segen auf uns niedersteige. Segne uns und alle, für die wir zu beten schuldig sind, insbesondere unsere Eltern, Verwandten, Freunde und Wohltäter; segne unseren Heiligen Vater und unseren Bischof; erbarme dich der armen Sünder und der Sterbenden und sei gnädig den armen Seelen im Fegefeuer.
Heilige Maria, reinste Jungfrau, Mutter Gottes und unsere Mutter, blicke huldreich auf deine Kinder herab! Verschmähe nicht unser schwaches, armseliges Lob und unterstütze unser Flehen mit deiner mächtigen Fürbitte, die alles von Gott zu erlangen vermag. Du hast uns den Erlöser gebracht, so erbitte uns auch die Gnade, dass sein kostbares Blut an uns nicht verlorengehe. Dich hat der Heiland am Kreuz zu unserer Mutter bestellt, so nimm dich denn in Liebe deiner Kinder an, die voll Vertrauen in deine mütterlichen Arme fliehen. Breite um uns den Mantel deines mächtigen Schutzes, du unüberwindliche, siegreiche Feindin der Schlange, und wenn der böse Widersacher unserer Seele nachstellt, so hebe die Hand auf und scheuche ihn von uns in den Abgrund der Hölle. Komm uns zu Hilfe in allen Nöten und besonders in der letzten und schwersten Stunde unseres Lebens, wenn unsere ganze Ewigkeit sich entscheidet. O Maria, Mutter der Barmherzigkeit, steh uns bei im letzten Streit! Amen.
Kürzeres Vorbereitungsgebet
Gott himmlischer Vater, nimm gnädig auf unsere Gebete zu Ehren deiner geliebtesten Tochter, der allerseligsten Jungfrau Maria. Gott Sohn, Erlöser der Welt, lass dir das Lob wohlgefallen, das wir dir in deiner reinsten Mutter darbringen. Gott Heiliger Geist, segne unsere Andacht, dass wir deine gnadenreiche Braut würdig preisen. Heiliger, dreieiniger Gott, lass dein Antlitz leuchten über uns und segne uns und alle, die wir in unsere Gebete einschließen.
Unbefleckte Jungfrau und Gottesmutter Maria, wir grüßen dich in treuer Liebe. Wir bitten dich, nimm unsere Verehrung huldvoll auf und erflehe uns von Gott Kraft und Gnade, Licht und Trost, ein seliges Sterbestündlein und ein gnädiges Gericht. O Mutter, reich uns deine Hand und hilf uns zu dir in den Himmel! Amen.
Gebet nach der letzten Maiandacht
Zum letzten Mal in diesem Monat haben wir uns vor dir versammelt, allerseligste Jungfrau und liebreichste Mutter Maria, um dir unsere Huldigung darzubringen. Wenn wir zurückschauen auf die Andachtsstunden, die wir deiner Verwehrung geweiht haben, so müssen wir voll Beschämung gestehen, dass unsere Gebete vielfach zerstreut und armselig gewesen sind. Du kennst die Schwachheit deiner Kinder, du weißt aber auch, dass unser Herz dir in aufrichtiger Liebe ergeben ist; du wirst die kleine Gabe nicht verschmähen, die wir vor deinem Thron opfern. Wir vereinigen mit unserer geringen Huldigung all die inbrünstigen Gebete, die dir jemals von heiligen Seelen dargebracht worden sind, und die jubelnden Lobgesänge, mit denen die Engel des Himmels dich unablässig verherrlichen. „Siehe, von nun an werden mich selig preisen alle Geschlechter.“ So hast du selbst gesagt, und diesen ganzen wunderbaren Lobpreis, der dir zu Ehren in alle Ewigkeit den Himmel erfüllt und bis ans Ende der Zeiten auf Erden widerklingt, fassen wir im Geist zusammen und bringen ihn vor deinen Thron, heute, am letzten Tag deines Monats.
Du Königin des Himmels,
alle Engel und Erzengel, alle neun Chöre der seligen Geister –
sollen dich loben und preisen, o Maria!
Du Mutter unseres Heilandes,
die unzähligen Scharen der erlösten Menschheit –
sollen dich loben und preisen, o Maria!
Du Sitz der Weisheit und Braut des Heiligen Geistes,
alle Patriarchen und Propheten, alle Apostel und Evangelisten –
sollen dich loben und preisen, o Maria!
Du Schmerzensmutter und Königin der Märtyrer, alle Blutzeugen und Bekenner des heiligen Glaubens –
sollen dich loben und preisen, o Maria!
Du Jungfrau der Jungfrauen,
alle reinen Seelen, die dem Lamm folgen und das wunderbare Lied singen –
sollen dich loben und preisen, o Maria!
Du Mutter der Barmherzigkeit und Zuflucht der Sünder,
alle Büßer und Büßerinnen, alle reumütigen Seelen –
sollen dich loben und preisen, o Maria!
Du Morgenstern des Heils,
alle Gestirne, die das Firmament mit ihrem Glanz schmücken –
sollen dich loben und preisen, o Maria!
Du Lilie unter den Dornen, du Rose von Saron,
alle Blumen, die auf der Erde blühen –
sollen dich loben und preisen, o Maria!
Alle Geschöpfe, groß und klein, die zur Ehre Gottes erschaffen sind und seine Herrlichkeit verkünden, sollen auch dich loben und preisen, die du von Gott über alle Geschöpfe erhöht worden bist zur höchsten Würde der Gottesmutter und zur höchsten Schönheit der Gnade und Tugend.
Unsere liebe Mutter, heute, da wir zum letzten Mal in deinem Monat uns deiner Herrlichkeit freuen, wollen wir auch noch einmal unsere Hände bittend zu dir erheben. Du vermagst so viel bei Gott und hast für uns ein liebevoll mütterliches Herz. So erhöre uns denn und stehe uns hilfreich zur Seite!
In allen Gefahren und Versuchungen des Lebens –
bitte für uns, o Mutter Maria!
In allen unseren Arbeiten und Gebeten –
bitte für uns, o Mutter Maria!
In allen Zweifeln, Sorgen und Leiden –
bitte für uns, o Mutter Maria!
Besonders aber in der letzten Stunde, wenn unsere Ewigkeit sich entscheidet –
bitte für uns, o Mutter Maria!
Ja, bitte für uns, o Mutter Maria, dass wir frei von Schuld und gestärkt durch die heiligen Sakramente, getröstet durch Gottes Gnade, voll Vertrauen hinübergehen in die Ewigkeit und dort ein gnädiges Gericht finden.
Wir bitten aber nicht allein für uns,
wir bitten auch für unsere Eltern und Großeltern,
Verwandten, Wohltäter und Freunde –
segne sie, o Maria!
Für den Heiligen Vater, für unseren Bischof,
für die ganze geistliche und weltliche
Obrigkeit –
segne sie, o Maria!
Für die Sünder, dass sie sich bekehren,
für die Ungläubigen, dass sie das Licht des Glaubens finden,
für die Irrenden, dass sie auf den rechten Weg kommen,
für die Sterbenden, dass sie im Herrn sterben,
und für die armen Seelen, dass sie bald erlöst werden –
segne sie, o Maria!
Segne sie und segne uns alle, o mächtige und gütige Mutter! Segne uns alle, o mächtige und gütige Mutter! Segne uns mit dem göttlichen Kind, das du auf deinen mütterlichen Armen trägst! Und dieser Segen möge uns begleiten und bei uns bleiben mit seiner Kraft und Gnade. Amen.
(Verfasser der Texte: Pfarrer Dr. Augustin Wibbelt)
In diesen Maiandachten sind den Betrachtungen die wichtigsten Glaubens- und Sittenlehren zugrunde gelegt. Und zwar in der Anordnung, für die das asketische Meisterwerk, das Exerzitienbüchlein des heiligen Ignatius von Loyola, den Weg zeigt:
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Der erste Tag – Von der Pilgerfahrt auf Erden
1. Wir haben keine bleibende Stätte hier auf Erden. Unser Wohnen ist ein Wohnen in Zelten, die bald abgebrochen werden, unser ganzes Leben ist eine Pilgerfahrt. Wir wandern und stehen niemals still. Mit jedem Tag, mit jeder Stunde gehen wir dem Tod entgegen. Erst der Tod bringt uns Ruhe. Wenn die Seele den Leib verlässt, dann legt sie den Wanderstab nieder, streift die Pilgerschuhe ab und geht über die Schwelle der Ewigkeit, hinüber zu Gott, von dem sie gekommen ist.
2. Die Welt ist eitel. An vielen Dingen gehen wir vorüber auf unserer Pilgerfahrt, durch Freuden und Leiden gehen wir hindurch, und nichts hat Bestand. Manches lockt uns an mit buntem Schein. Erdengut, Ehre und Lust winken am Weg und verheißen uns Glück und Freude, aber wenn wir nach ihnen greifen, schwinden sie dahin wie Rauch. Alles ist eitel und vergänglich, und wenn wir unser Herz an die irdischen Dinge hängen, stehen wir zuletzt mit leeren Händen da und sind elend betrogen. Und wenn die Welt mit ihren Gütern auch Bestand hätte, so könnte sie doch unser Herz nicht befriedigen. Die ganze Welt genügt nicht, um den Durst nach Glückseligkeit zu löschen, der in unserer Seele brennt. Wir sind Fremdlinge auf dieser Welt und nicht für sie geschaffen. „Unser Herz bleibt unruhig, bis es ruht in dir, o Gott“, sagt der heilige Augustinus, und die heilige Theresia sagt: „Nur Gott allein genügt“.
3. Der Himmel ist unsere Heimat. Von Gott ist unsere Seele ausgegangen, er hat sie erschaffen, er hat sie geadelt durch die Gnade der Gotteskindschaft und ihr das Bürgerrecht des Himmels verliehen.
Schau nur, christliche Seele, was für ein herrliches Ziel dir winkt am Ende deiner Pilgerfahrt. Wäre es nicht dumm, wenn du dieses Ziel vergessen wolltest, um auf Erden den Frieden zu suchen, der hier nicht zu finden ist? Wäre es nicht dumm, wenn du den geraden Weg verlassen wolltest, um falschen Traumbildern und flüchtigen Schatten nachzujagen, die dich in die Irre führen? Gott hat dir den Weg bezeichnet durch seine heiligen Gebote, er hat dir ein Licht angezündet im wahren Glauben: so folge diesem Licht und bleibe auf dem rechten Weg, damit du dein ewiges Ziel nicht verfehlst. Maria steht an der Tür des himmlischen Vaterhauses und winkt mit ihren mütterlichen Händen. So viele ihrer treuen Kinder hat sie schon um sich versammelt. Mach dich auf den Weg, denn mit gutem Willen und redlichem Streben wirst auch du zu ihr gelangen, denn Gottes Gnade geht dir zur Seite auf deiner Pilgerfahrt durchs Leben.
Lasset uns beten drei Ave-Maria, um durch die Fürbitte Mariä unsere ewige Heimat zu erreichen.
Zusatz: . . . Jesus, der uns zur ewigen Heimat führen wolle!
Gebet
O Maria, liebe Mutter, du bist längst glorreich eingegangen in die ewige Heimat des Himmels, wo unvergängliche Freude wohnt. Blicke gnädig herab auf deine Kinder, die noch auf Erden pilgern. Lass nicht zu, dass wir vom rechten Weg abirren, sondern erflehe uns die Gnade, dass wir unser ewiges Ziel fest im Auge behalten. Stütze uns, liebe Mutter, wenn unsere Kraft nachlassen will, und führe uns an deiner milden Hand durch alle Hindernisse und Gefahren aus dieser Verbannung in das himmlische Vaterhaus. Amen.
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Der zweite Tag – Vom Tod
1. Wenn wir am Ende unserer irdischen Pilgerfahrt angekommen sind, dann müssen wir ein dunkles Tor durchschreiten. Nur Gottes Hand will dieses Tor öffnen, und wenn wir die Schwelle einmal überschritten haben, werden wir niemals wieder zurückkehren. Dieses dunkle Tor zwischen Zeit und Ewigkeit heißt Tod. Die meisten Menschen fürchten den Tod und denken nicht gerne an ihn; es nützt aber nichts, die ernsten Gedanken zurückzuweisen, denn dadurch können wir den Tod nicht fernhalten.
2. Sterben müssen wir alle. „Es ist dem Menschen gesetzt, einmal zu sterben“, sagt Paulus. Das ist das einzige, das gewiss ist vom Tod: wir werden sicher sterben. Alles andere ist ungewiss; die Stunde, der Ort, die Art und Weise des Todes sind uns verborgen. Alle diese Umstände sind auch im Grunde genommen gleichgültig; wichtig ist nur eine Frage: ob wir in der Gnade oder in der Todsünde sterben, ob wir sterben zum Leben oder sterben zum Tod. Man sagt wohl, der Tod habe vielerlei Gestalt; aber eigentlich hat er nur zwei Gestalten: er kommt entweder als Friedensengel, der die Seele aus dem Erdenleid in die ewige Ruhe und Freude führt, oder als Henker, der unerbittlich die erwirkte Strafe vollzieht. Nur dieser unselige Tod in der Ungnade ist ein wahrer Tod, der Eingang zum ewigen Verderben; der selige Tod ist vielmehr eine Geburt zum neuen Leben.
3. Ach, meine Seele, du gehst dem Tod entgegen und weißt nicht, wie nahe du ihm schon bist! Mitten im Leben sind wir vom Tod umgeben. Vielleicht ist der Baum längst gefällt, vielleicht sind die Bretter schon geschnitten, vielleicht ist der Hobel schon geschärft für deinen Sarg.
Ach, meine Seele, du wirst sterben und du wirst nur einmal sterben: deine ganze Ewigkeit hängt davon ab, wie du sterben wirst. Bist du bereit? Wenn du nicht bereit bist, wenn eine schwere Sünde auf dir liegt, wie magst du dann so ruhig und gleichmütig in den Tag hineinleben, da doch die offene Hölle vor deinen Füßen gähnt und dich jeden Augenblick verschlingen kann? Treibe kein leichtfertiges Spiel mit deiner ewigen Seligkeit; wenn du sie verlierst, hast du sie für immer verloren. Darfst du dir sagen, dass du in der Gnade Gottes lebst, so lass dir das nicht genug sein. Du musst ausharren bis ans Ende; nur wer getreu ist bis in den Tod, der wird gekrönt werden. Darum bete eifrig um die Gnade der Beharrlichkeit. Sodann bedenke, wenn du in den Tod gehst, verlassen dich alle deine Freunde, auch die besten und treuesten; mit dir gehen allein deine Werke. „Selig sind die Toten, die im Herrn gestorben sind, denn ihre Werke folgen ihnen nach.“ Benutze die Zeit, um gute Werke zu üben und Schätze zu sammeln für die Ewigkeit.
Lasset uns beten drei Ave-Maria, um durch die Fürbitte Mariä eine selige Sterbestunde zu erlangen.
Zusatz: . . . Jesus, der uns eine selige Sterbestunde geben wolle.
Gebet
O Maria, Mutter der Barmherzigkeit, die du eines so wunderbar seligen Todes verschieden bist, stehe uns in unserer letzten Stunde hilfreich zur Seite. Wehre ab alle Anfechtungen des bösen Feindes, der uns verderben will. Erflehe uns Kraft und Trost, dass wir ausharren bis ans Ende und die Krone des Lebens erlangen. Amen.
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Der dritte Tag – Vom Gericht nach dem Tod
1. „Es ist dem Menschen gesetzt, einmal zu sterben, und darauf folgt das Gericht.“ Wenn der Tod nichts anderes wäre als die Trennung von diesem Leben und von dieser Welt, so möchte er wohl manchem schon hart erscheinen; aber der eigentliche Ernst des Todes liegt nicht in dem, was wir verlassen müssen, sondern in dem, was auf uns wartet. Das ist das Gericht, das der gerechte Gott über die Seele abhält, sobald sie vom Leib geschieden ist, um ihr zu vergelten, wie sie es verdient hat. Darum ist der Tod so furchtbar ernst, weil das Gericht Gottes hinter ihm steht.
2. „Nicht von einem irdischen Gerichtstag werde ich gerichtet werden, sondern der mich richtet, ist der Herr.“ Er ist der heilige Gott, vor dem selbst die Engel zittern, den die Heilige Schrift ein verzehrendes Feuer nennt in seinem Zorn. Es ist der allwissende Gott, dessen Augen heller sind als die Sonne und durchdringen bis auf den Grund des Herzens, bis in die geheimsten Absichten und Gedanken. Es ist der Gerechte Gott, der kein Ansehen der Person kennt, der selbst der sündigen Engel nicht geschont, sondern sie mit feurigen Ketten in den Abgrund der Hölle hinabgezogen hat. Da gibt es keine Entschuldigung, keine Beschönigung, keine Verheimlichung; das ganze Leben vom ersten bis zum letzten Augenblick liegt offen da und wird gemessen mit dem untrüglichen und unverrückbaren Maßstab des göttlichen Gesetzes. O meine Seele, wie wirst du bestehen mit deinen Werken, die so oft dem Willen Gottes widersprochen haben und die im Guten so mangelhaft gewesen sind? Wie wirst du bestehen, wenn von jedem unnützen Wort Rechenschaft gefordert wird? Wie wirst du bestehen, wenn das Herz geprüft wird in allen seinen Gedanken und Begierden, in seinen Absichten und Neigungen? So manches hält das Gewissen mir vor, so manches habe ich längst vergessen oder nie beachtet, und alles wird ins Gericht gebracht.
3. Das Gericht ist kurz, es hat kein Zeugenverhör und keine Untersuchung. Das Urteil ist unwiderruflich. Du wirst es hören und kein Wort der Entgegnung wagen. „Er aber verstummte“, so sagt das Evangelium von dem Gast, der ohne das hochzeitliche Kleid zum Königsmahl gekommen war. Wie wird das Urteil lauten? Entweder: „Wohlan, du guter und getreuer Knecht, geh ein in die Freude deines Herrn“ – oder: „Hinweg von mir, du Verfluchter, in das ewige Feuer!“ Entweder hebt der Urteilsspruch dich hinauf in die unendliche Wonne und Seligkeit des Himmels, oder er stößt dich hinab in den Abgrund der Verdammnis. Das Dritte, die Buße im Reinigungsort, ist nur ein Durchgang, ein schmerzlicher Umweg zum Himmel, und so bleibt es auf jeden Fall bei dem furchtbaren Entweder – Oder. Entweder gerettet oder verloren!
Wenn der Gedanke an den strengen Richter deine Seele erschreckt und erschüttert, so wende dich an Maria, die Zuflucht der Sünder. Aber beherzige wohl: wenn das Gericht gekommen ist, dann ist es zu spät, dann muss auch Maria schweigen. Wende dich jetzt zu ihr, dass sie dir die Gnade einer wahren Buße und Lebensbesserung erbitte.
Lasset uns beten drei Ave-Maria, um durch die Fürbitte Mariä ein gnädiges Gericht zu erlangen.
Zusatz: . . . Jesus, der uns dereinst ein gnädiger Richter sein wolle.
Gebet
O Maria, unsere Hoffnung, ich zittere vor dem strengen Gericht Gottes im Bewusstsein meiner Sündhaftigkeit. Zu dir nehme ich meine Zuflucht, du wirst dein armes Kind nicht verstoßen, sondern dich meiner in Gnaden annehmen. Bitte für mich, dass der Herr meine Seele erleuchte zur Erkenntnis meiner Schuld, dass er mein Herz bewege zu wahrer Reue und meinen Willen stärke zu einer gründlichen Besserung, damit ich dereinst bestehen möge, wenn ich zur Rechenschaft gezogen werde. O Maria, du Zuflucht der Sünder, verhilf uns zu einem gnädigen Gericht. Amen.
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Der vierte Tag – Von der Todsünde
1. „Des Todes Stachel ist die Sünde.“ Das Sterben wäre leicht, und das Gericht wäre nicht zu fürchten, wenn es keine Todsünde gebe. Die Todsünde ist das eine große Übel, die letzte, tiefste Quelle alles Elends in Zeit und Ewigkeit. Worin besteht sie? Sie ist eine klar erkannte und frei gewollte Übertretung des göttlichen Gesetzes in einer wichtigen Sache. Unserem abgestumpften und durch den Schein der irdischen Dinge geblendeten Geist fehlt die rechte Einsicht in die Bosheit und Verabscheuungswürdigkeit der Todsünde; sonst würden wir sie hassen und fliehen, mehr als eine giftige Schlange, mehr als den schrecklichsten Aussatz, mehr als den Tod selber. In der Todsünde empört sich das Geschöpf gegen seinen Schöpfer, dem es alles verdankt, und der es vollständig in seiner Macht hat; sie ist ein vermessener Ungehorsam gegen Gott, eine freche Beleidigung seiner Majestät. In der Todsünde vergelten wir Gottes Vatergüte mit schwerem Undank, wir üben Verrat an unserem Erlöser, der uns mit seinem Blut erkauft hat, und dem wir Treue geschworen haben.
2. Warum heißt diese Sünde Todsünde? Weil sie eine Mörderin ist, die alles Gute und Edle tötet und vernichtet. Sie tötet das Gnadenleben in der Seele, so dass nun von dem Menschen das schreckliche Wort gilt: „Du hast den Namen, dass du lebst, aber du bist tot.“ Sie tötet alle Verdienste, die der Mensch durch gute Werke sich erworben hat; sie sind dahin und verloren. Verloren und verwirkt ist die ewige Seligkeit. Die Todsünde ist ein Riegel, der die Himmelstür verschließt. Sie stürzt die Seele in den ewigen Tod, wenn sie unbekehrt und ungereinigt vor Gottes Gericht tritt. Oft greift sie auch wie eine Pest über die Sünderseele hinaus und bringt Ansteckung und Verderben über die Mitmenschen.
3. Doch alles dies sind übersinnliche Wahrheiten, und es fällt uns schwer, sie klar und lebendig zu erfassen. Nun, meine Seele, du magst es mit Augen schauen und mit Händen greifen, wie schwer und wie boshaft die Todsünde ist. Blick hin auf die Strafgerichte des gerechten Gottes! Eine einzige Todsünde hat Luzifer und seinen Anhang aus dem Himmel gestürzt, hat diese Engel in Teufel verwandelt und ihnen ewige Höllenpein gebracht. Eine einzige Sünde hat die ersten Menschen aus dem Paradies vertrieben und den Tod in die Welt gebracht und mit dem Tod zugleich die ganze Schar von Leiden und Plagen, die diese Erde zu einem Tränental machen. Die furchtbarste Wage aber, auf der die Sünde gewogen wird, ist das blutige Kreuz auf Golgotha, das Marterholz, an dem der Sohn Gottes in den bittersten Qualen sein Leben ausgehaucht hat.
Nun sinke nieder auf deine Knie und schlage an die Brust und sprich: „Herr, sei mir armen Sünder gnädig!“ Wir müssten verzagen angesichts des Kreuzes, das sich wie eine furchtbare Anklage vor uns erhebt, wenn nicht an diesem Kreuz der Erlöser hinge. So entsetzlich groß und schwer die Sünde ist, seine Gnade ist noch größer. Sie überwiegt alle Sündenschuld der ganzen Welt.
Lasset uns beten drei Ave-Maria, um durch die Fürbitte Mariä vor der Todsünde bewahrt zu bleiben.
Zusatz: . . . Jesus, der uns vor der Todsünde bewahren wolle.
Gebet
O Maria, du unbefleckte Jungfrau, niemals hat auch nur ein Hauch und Schatten der Sünde deine reine Seele berührt. Wie beschämt blicken wir auf unser eigenes Leben, auf die vielen kleinen und großen Sünden, die wir begangen haben. Steh uns mit deiner Fürbitte zur Seite in jeder Versuchung, dass wir niemals wieder in eine schwere Sünde fallen. Wir wollen das kostbare Geschenk der heiligmachenden Gnade, das dein Sohn mit seinem teuren Blut uns erworben hat, treu bewahren bis an unser Ende, damit wir Kinder Gottes bleiben und als Erben des Himmels eingehen in die ewige Seligkeit. Amen.
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Der fünfte Tag – Von der Hölle
1. Von allen Wahrheiten unseres heiligen Glaubens ist keine so furchtbar wie die Lehre von der Hölle. Wenn wir uns in dies schreckliche Geheimnis vertiefen, so fühlen wir unser Herz im Innersten erschüttert; ja, unser zitterndes Herz möchte sich fast sträuben gegen die Annahme dieser entsetzlichen Wahrheit. Aber wenn wir dem Sohn Gottes glauben wollen, dann können wir nicht zweifeln, dass es eine Hölle gibt, denn zu wiederholten Malen hat er es mit klaren Worten gesagt. Das Schrecklichste an der Hölle ist ihre Ewigkeit, die endlose Dauer der Verdammnis, die alle Hoffnung für immer ausschließt. Auch hieran können wir nicht zweifeln, denn der Heiland spricht von der ewigen Pein, er sagt, dass dort unten der Wurm nicht stirbt und das Feuer nicht erlischt. „Himmel und Erde werden vergehen, aber meine Worte werden nicht vergehen“, so sprichst du, o Herr, und wir neigen uns in demütigem Glauben. Nun täusche dich nicht selber, meine Seele, mit falschen Beruhigungen! Neben der unendlichen Güte Gottes steht seine furchtbare Gerechtigkeit; sie ist heute noch dieselbe wie damals, als sie die gefallenen Engel mit feurigen Ketten in den Abgrund zog.
2. Was ist die Hölle? Sie ist der Ort und der Zustand der Verdammnis, und in dieser Verdammnis befinden sich die Teufel und jene Menschen, die in der Todsünde sterben. Niemand ist dort ohne seine Schuld, jeder Verdammte hat sich selbst in die Hölle hineingebracht, und dies quälende Bewusstsein ist ein Teil der Strafe, es ist der nagende Wurm, der nicht stirbt. Wenn der Heiland vom Feuer spricht und von der großen Pein in der Flamme und vom Heulen und Zähneknirschen, so hat er uns die Qual, die die Verdammten erleiden, deutlich vor Augen gestellt. Über die Natur des Höllenfeuers nachzugrübeln, hat keinen Zweck, denn wir haben keine Vorstellung von den jenseitigen Dingen. Soviel wissen wir, dass die Hölle unsagbare Qual und entsetzlichen Jammer in ihrem finsteren Schoß birgt, und das zu wissen ist genug.
3. Und doch ist das alles noch nicht die eigentliche Hölle, noch nicht die schwerste Strafe, noch nicht das furchtbarste Leid. Die verdammte Seele hat Gott verloren. In der Todsünde hat die verdammte Seele sich von Gott losgesagt, und nun ist sie von ihm losgetrennt, verbannt und verstoßen und damit dem ewigen Unfrieden, dem ewig ungestillten Durst nach Glück, dem ewigen Tod verfallen!
Willst du die Tiefe der Hölle messen? Die Tiefe heißt Verlust Gottes. Willst du die Länge und Breite der Hölle messen? Sie heißt Ewigkeit. Willst du wissen, in welcher Verfassung die Verdammten sich befinden? Dafür gibt es nur ein Wort, dessen ganze Schwere kein Menschenherz auf Erden wägen kann: es heißt Verzweiflung.
Lasset uns beten drei Ave-Maria, um durch die Fürbitte Mariä vor der ewigen Verdammnis bewahrt zu bleiben.
Zusatz: . . . Jesus, der uns von der ewigen Verdammnis erretten wolle.
Gebet
O Maria, du bist die Mutter dessen, der die Schlüssel des Todes und der Hölle hat. Gedenke, dass dein geliebtester Sohn in schmerzlicher Qual am Kreuz gestorben ist, um uns von der ewigen Verdammnis zu erretten. Lass nicht zu, dass sein kostbares Blut an uns verlorengehe. Lass nicht zu, dass der böse Feind die Seelen deiner Kinder ins Verderben stürze, sondern komm uns zu Hilfe mit deiner mächtigen Fürbitte. Amen.
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Der sechste Tag – Von der lässlichen Sünde
1. „Keine Todsünde mehr!“ Dieser Spruch, der in vielen Kirchen auf dem Missionskreuz zu lesen ist, muss unser unerschütterlicher Vorsatz sein, wenn wir unsere Seele retten wollen. Wollen wir uns aber vor der Todsünde bewahren, dann müssen wir auch entschlossen sein, die freiwillige lässliche Sünde zu meiden. Die lässliche Sünde ist nicht etwa eine Kleinigkeit, auf die es wenig ankommt. Niemand wird auf einmal und plötzlich schlecht, sondern langsam und allmählich, und so ist die lässliche Sünde nur zu oft der erste Schritt zur Todsünde. Wer leichtsinnig am Rand eines Abgrundes dahingeht, ist immer in Gefahr, einen Fehltritt zu tun und hinabzustürzen. Und wo ist die scharfe Grenze zwischen der lässlichen Sünde und der Todsünde? Wenn einer so gesinnt ist, das er bis an diese Grenze gehen will, wird er sie vielleicht eher überschreiten, als er in seinem weiten Gewissen sich selber zugibt. Dann lebt er dahin in dem gefährlichen Zustand der falschen Sicherheit.
2. Wer nicht redlich bemüht ist, nach besten Kräften alle Sünden zu meiden, wird niemals Fortschritte machen auf dem Weg der Tugend und Vollkommenheit. Er ist noch kein aufrichtiger und eifriger Christ, es fehlt ihm die kindliche Gesinnung gegenüber Gott. Auch die lässliche Sünde ist ja eine Beleidigung und Kränkung unseres himmlischen Vaters. Kann wohl der auf den Namen eines guten Kindes Anspruch haben, den es gar nicht kümmert, ob er seinen Vater beleidigt?
3. Und was gibt dir denn die lässliche Sünde, dass du es so teuer erkaufen magst? Wie wenig gewinnst du durch sie, und wenn du auch die ganze Welt gewännest, so hättest du sie doch zu teuer bezahlt. Der Preis, den du bezahlst, ist die Kränkung deines himmlischen Vaters, der Verlust vieler kostbarer Gnaden, eine schmerzvolle Strafe in diesem oder im anderen Leben und die Gefährdung deines ewigen Seelenheils. Wer wird so töricht sein, einen solchen Handel abzuschließen!
Richten wir unsern Blick auf Maria! Sie hat nichts gefürchtet als nur die Sünde und auch den leisesten Schatten des Ungehorsams gegenüber Gott mit Abscheu gemieden. In unserer Schwäche werden wir es nicht erreichen, dass wir ganz frei bleiben auch von der kleinsten Verfehlung; dazu bedürfte es einer außerordentlichen Gnade. Aber das können und wollen wir erreichen, dass wir die freiwillige lässliche Sünde mit aller Entschiedenheit meiden.
Lasset uns beten drei Ave-Maria, um durch die Fürbitte Mariä vor aller Sünde bewahrt zu bleiben.
Zusatz: . . . Jesus, der uns mehr und mehr von jeder Sünde reinigen wolle.
Gebet
Maria, du reinste, makellose Braut des Heiligen Geistes, erflehe uns den Beistand der Gnade, dass wir jede Sünde verabscheuen und nach besten Kräften meiden. Wir wollen uns bemühen, deinem Beispiel immer eifriger zu folgen und uns ein reines Herz zu bewahren. Unterstütze unser Bemühen durch deine Fürbitte. Amen.
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Der siebente Tag – Vom Fegefeuer
1. Wer im Stand der Gnade, aber mit lässlichen Sünden aus diesem Leben scheidet oder beim Tod noch nicht alle zeitlichen Strafen abgebüßt hat, kann zwar nicht verlorengehen, darf aber auch noch nicht vor dem Angesicht Gottes erscheinen. Eine solche Seele muss eine Läuterung durchmachen im Fegefeuer. Erst wenn sie ganz rein ist, öffnet sich ihr der Himmel. Betrachte das Fegefeuer nicht als eine geringfügige Sache, sondern bedenke, dass die Leiden des Reinigungsortes von der strengen Gerechtigkeit Gottes zugemessen werden und leicht schmerzhafter und langwieriger sein mögen, als wir uns denken. Wir schlagen die Schuld und Strafwürdigkeit der Sünde nicht hoch genug an. Du kannst dem Fegefeuer entgehen, wenn du die Sünde meidest, Bußwerke übst, Ablässe gewinnst und die Leiden dieses Lebens geduldig trägst.
2. Nun wollen wir in diesem lieben, gnadenreichen Maimonat auch der armen Seelen gedenken. Wir feiern und verehren unsere Mutter Maria, sind nicht auch diese armen Seelen ihre Kinder? So soll denn auch für diese bemitleidenswerten Marienkinder etwas Trost und Freude abfallen in diesen Tagen, ein kleines Gebetsalmosen, das ihr Leiden lindert. Bedenke, dass die Seelen im Fegefeuer liebenswert sind, denn sie sind geschmückt mit der heiligmachenden Gnade und werden über kurz oder lang Bürger des Himmels sein. Vielleicht stehen sie viel höher in der Tugend als wir. Bedenke weiter, dass sie bedauernswert sind, dass sie nicht bloß unsere Liebe, sondern auch unser Mitleid verdienen. Wir wissen nicht, was sie leiden, aber manche unter ihnen leiden wohl mehr, als je ein Mensch auf Erden gelitten hat. Und sind nicht vielleicht Verwandte und Freunde unter ihnen, die sehnsüchtig auf unsere Hilfe, auf einen Beweis unserer Liebe warten? Wie leicht kannst du ihnen helfen! Dir steht der Verdienstschatz Christi offen, der ihnen jetzt verschlossen ist. Greif mit deinem Gebet hinein in diesen Schatz und reiche ihnen ein Almosen. Opfere einen Ablass oder ein frommes Werk, eine Abtötung oder ein Liebeswerk auf für die armen Seelen. Sie sind gefesselt und können sich nicht helfen, deine Hand ist frei und kann hinüberreichen über das Grab.
3. Sie werden es dir nicht vergessen, wenn du hilfreich ihrer gedenkst, und sie können es dir vergelten. Sind sie durch deine Fürbitte eingegangen in den Himmel, dann hast du an ihnen gute Freunde und treue Fürsprecher am Thron Gottes.
Wenn dann deine letzte Stunde kommt, so werden sie Gott den Herrn bestürmen mit inbrünstigen Gebeten, um dir Gnade zu erflehen. Vielleicht wirst du dereinst einer armen Seele, der du geholfen hast, deine ewige Rettung verdanken.
Lasset uns beten drei Ave-Maria zum Trost der armen Seelen im Fegefeuer.
Zusatz: . . . Jesus, der sich der armen Seelen erbarmen wolle.
Gebet
Mutter Maria, voller Milde, du hast ein so liebreiches Herz für deine Kinder. Sieh an die Leiden deiner ärmsten Kinder, die im Fegefeuer schmachten, und verdopple für sie dein mütterliches Bitten. Unser Gebet ist schwach und armselig, aber du vermagst viel bei deinem göttlichen Sohn. O Maria, bitte für die armen Seelen im Fegefeuer, dass sie bald erlöst werden. Amen.
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Der achte Tag – Vom Himmel
1. So sehr wir auch die armen Seelen im Fegefeuer zu bemitleiden haben, eins haben sie sicher, was uns noch nicht sicher ist: das ist der Himmel. Um sich des Himmels würdig zu machen, tragen sie gern alle Leiden, die zu ihrer Läuterung dienen, so groß sie auch sein mögen; zugleich brennen sie vor Sehnsucht und Heimweh nach Gott und seiner seligen Anschauung. Hätten wir nur etwas von dieser Geduld! Denn die Leiden dieser Welt sind wie nichts zu achten im Vergleich zu der Herrlichkeit, die an uns offenbar werden soll, sagt der Apostel. Hätten wir nur etwas von diesem himmlischen Heimweh! Wenn wir wüssten, was der Himmel wert ist, so würde die ganze Welt uns schal und wertlos erscheinen. Wir würden mit dem Psalmisten seufzen: „Wehe, dass meine Verbannung so lange währt! Wann werde ich kommen und erscheinen vor dem Angesicht des Herrn?“
2. Der Heiland vergleicht die himmlische Seligkeit mit einem königlichen Gastmahl, mit einem freudenvollen Hochzeitsfest. Der heilige Johannes schildert in der Geheimen Offenbarung das himmlische Jerusalem als eine schimmernde Stadt, aus Gold und Marmor und köstlichen Edelsteinen erbaut, von der Sonne der Gottheit erleuchtet, von dem Strom der Wonne durchflutet; wo die Seligen unter ewiggrünen Bäumen des Lebens wandeln, angetan mit weißen Gewändern, goldene Kronen auf den Häuptern; wo der Jubelgesang und der frohe Schall der Lieder niemals verstummt. Das alles sind nur Bilder, nur Gleichnisse, in denen die himmlische Lust und Pracht sich in mattem Schein widerspiegelt. Menschenzungen können die Herrlichkeit des Himmels nicht schildern, und wenn ein Bote Gottes mit Engelszungen von jener Herrlichkeit zu uns reden würde, so würden wir nicht fassen können, was er sagte. Denn es würde allen Sinn und Verstand übersteigen. „Kein Auge hat es gesehen, kein Ohr hat es gehört, und in keines Menschen Herz ist es gedrungen, was Gott denen bereitet hat, die ihn lieben.“ So spricht der Herr.
3. „Ich selbst will dein überaus großer Lohn sein“, sprach Gott zu Abraham. Das ist der Inbegriff des Himmels, und darum ist die himmlische Seligkeit ein unergründliches Meer von ewig neuer Wonne: wir werden Gott anschauen, die Quelle aller Schönheit, wir werden Gott besitzen in innigster Liebesvereinigung, Gott, der das höchste, das einzig wahre Gut ist. Da wird jedes Verlangen erfüllt, da wird der Durst nach Glückseligkeit in unserer Seele mit überströmender Wonne gestillt. Wie die Nacht vor dem Tag schwindet, so muss alle Pracht der Welt verblassen vor dem strahlenden Licht der ewigen Sonne, und dies ganze Erdenleben erscheint wie ein Tod im Vergleich zu dem ewigen Leben.
Wohlan, liebe Seele, auch dir steht der Himmel offen. Du hast einen Vater dort oben, der dich in Liebe erwartet. Du hast eine Mutter im Himmel, die für dich bittet. Du hast Gottes Gnade zur Seite, die dich nach oben geleiten will. So reiß dich los von der Sünde und von der Welt und von allen Geschöpfen und richte aufwärts dein Sinnen und Trachten, deinen Weg und Wandel.
Lasset uns beten drei Ave-Maria, um durch die Fürbitte Mariä die ewige Seligkeit zu erlangen.
Zusatz: . . . Jesus, der uns zum Himmel führen wolle.
Gebet
Maria, du Königin des Himmels, du stehst zunächst am Thron Gottes in der ewigen Herrlichkeit. Auch für mich, dein unwürdiges Kind, hat dein göttlicher Sohn dort oben eine Wohnung bereitet. Lass nicht ab, für mich zu bitten, solange ich noch wandle in den Gefahren und Versuchungen dieses Lebens. Unterstütze mich mit deiner Fürbitte und lenke meine Schritte, dass ich mein Ziel erreiche und dir im Himmel ewig danken kann. Amen.
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Der neunte Tag – Von der göttlichen Gnade
1. Der Himmel ist hoch und der Weg dahin so steil, dass wir ohne besondere Hilfe Gottes niemals dorthin gelangen könnten. Der natürliche Zustand und die natürlichen Kräfte der Seele reichen nicht aus für ein Ziel, das alle Natur weit übersteigt, das ganz und gar übernatürlicher Art ist. Auch wenn der Mensch nicht gesündigt hätte, hätte er aus eigener Kraft nicht in den Himmel kommen können. Da er nun aber in Sünde gefallen ist und durch seine Schuld die Gnade der Gotteskindschaft verloren und seine eigene Natur verderbt hat, bedarf er der Gnadenhilfe Gottes in verdoppeltem Maße. Die unendliche Liebe des Erlösers hat am Kreuz die Sündenschuld getilgt und uns alle Gnade verdient, deren wir bedürfen, so dass kein anderer Name gegeben ist, in dem wir selig werden können, also der Name Jesus.
2. Die erste, höchste, kostbarste Gnade ist die heiligmachende Gnade. Sie ist das hochzeitliche Gewand, ohne das niemand zugelassen wird zum ewigen Hochzeitsmahl des Himmels. Sie ist aber mehr als ein äußerliches Kleid, sie durchdringt die Seele und gestaltet sie um, indem sie den Tod der Sünde hinwegnimmt und die Seele mit der Schönheit und Würde der Gotteskindschaft salbt. Sie erhöht den Menschen über sich selbst und verleiht ihm den Adel der Himmelsbürgschaft. Ein Abglanz von Gottes Heiligkeit spiegelt sich wider in der begnadeten Seele. Die heiligmachende Gnade in uns zu bewahren und zu vermehren, ist unsere Aufgabe auf Erden. Wie eine Knospe alle Schönheit der Blume umschließt, so liegt die Herrlichkeit des Himmels verborgen in dieser Gnade und wird aufblühen in der Ewigkeit.
3. Um die heiligmachende Gnade zu bewahren und zu mehren, dazu bedürfen wir eines besonderen göttlichen Beistandes, den wir als wirkliche Gnade bezeichnen. Diese Gnade erleuchtet unseren Verstand, dass wir das Gute erkennen und vom Bösen unterscheiden, sie bewegt und stärkt unseren Willen, dass wir die Sünde meiden und unsere Pflicht treu erfüllen. Ohne diese Gnade vermögen wir nichts zu tun für unser ewiges Heil. Allen Menschen gibt der Herr hinreichende Gnade, aber die Gnade will das Werk des Heils nicht allein vollbringen, wir müssen sie ergreifen und mit ihr wirken.
Meine Seele, trägst du den kostbaren Schatz in dir, die heiligmachende Gnade, so hüte ihn wohl! Du trägst ihn in einem gebrechlichen Gefäß. Hast du diesen Schatz verloren, so ruhe nicht, bis du ihn wiedergefunden hast; alle anderen Angelegenheiten sind gleichgültig gegen diese. Meine Seele, unzählige wirkliche Gnaden strömen dir zu, wie benutzt du sie? Siehe, unsere Mutter Maria wurde vom Engel gegrüßt als die Gnadenvolle. Sie ist von Gott geschmückt worden mit der Fülle der Gnaden; sie hat aber auch so treu die Gnade bewahrt und so eifrig mitgewirkt mit der Gnade wie keine andere Seele. So gnadenvoll wie sie im Leben war, so glorreich ist sie jetzt im Himmel.
Lasset uns beten drei Ave-Maria, um durch die Fürbitte Mariä viele Gnaden von Gott zu erlangen.
Zusatz: . . . Jesus, der uns seine Gnade verleihen wolle.
Gebet
Sei gegrüßt, Maria, du Gnadenvolle! Du hast uns den gebracht, der uns alle Gnaden erworben und verdient hast. Du vermagst es, uns Gnade von Gott zu erflehen. So erbitte uns vor allem einen heiligen Eifer in der Bewahrung der heiligmachenden Gnade und in der treuen Mitwirkung mit allen wirklichen Gnaden, damit wir so durch die Gnade Gottes zur ewigen Herrlichkeit erlangen. Amen.
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Der zehnte Tag – Vom Gebet
1. Das Gebet ist das Große allgemeine Gnadenmittel, das wir täglich anwenden sollen. „Bittet, und ihr werdet empfangen“, sagt der Herr. Wohl gibt uns der gütige Gott viele Gnaden, ohne dass wir darum bitten; er muss uns ja bei jedem Gebet mit seiner Gnade zuvorkommen. Manche Gnaden aber erlangen wir nur durch das Gebet, und schon darum ist das Gebet nicht nur wichtig, sondern notwendig als Mittel zur Seligkeit. Auch hat der Herr uns das ausdrückliche Gebot gegeben, dass wir beten sollen, und hat uns diese Pflicht durch sein eigenes Beispiel tief einprägen wollen. Immer wieder berichtet das Evangelium, dass der Heiland die Einsamkeit aufsuchte, um zu beten.
2. Abgesehen davon, dass das Gebet als ein notwendiges Gnadenmittel verordnet und durch ein ausdrückliches Gebot anbefohlen ist, ergibt sich die Pflichtmäßigkeit des Gebetes ganz von selbst aus unserem Verhältnis zu Gott. Wenn Gott unser höchster, unbeschränkter Herr ist, der uns zu seiner Ehre erschaffen hat, dann müssen wir ihm die gebührende Ehre geben, indem wir ihn anbeten, loben und preisen. Wenn Gott uns alles geschenkt hat, was wir sind und haben, dann müssen wir ihm für seine Liebe und Güte danken. Wenn wir in allem auf Gott angewiesen sind, dann müssen wir im Gebet die Hand öffnen, um seine Gaben zu empfangen. Wenn wir unsern Herrn beleidigt haben, dann müssen wir ihm unsere Schuld bekennen und ihn um Verzeihung bitten. Wenn Gott sich würdigt, unser Vater zu sein, dann müssen wir vor seinem Angesicht erscheinen, um als Kinder vertrauensvoll mit ihm zu reden. Wer die rechte Gotteserkenntnis in der Seele trägt, der muss sich zum Gebet gedrängt fühlen. Und wie könnte die Liebe Gottes in einem Herzen wohnen, das sich nicht im Gebet zu Gott erhebt, um sich im Geist mit ihm zu vereinigen? Darum haben die Geisteslehrer recht, wenn sie sagen, dass das Gebet der Atem der unsterblichen Seele ist. Die Seele, die nicht betet, ist tot.
3. Eine Seele hat es auf Erden gegeben, die in vollkommenster Weise gebetet hat, so wie es Gott wahrhaft würdig ist. Das war die menschliche Seele des göttlichen Heilandes. Zu ihm haben die Apostel in staunender Bewunderung gesprochen: „Herr, lehre uns beten!“ Wenn du vor diesem erhabenen Beispiel des betenden Gottessohnes zagen möchtest, so blicke hin auf seine Mutter Maria, die ihm in aller Vollkommenheit und so auch im Gebet am nächsten stand. Wie sie vom Geist des Gebetes gesalbt und durchdrungen war, zeigt der herrliche Lobgesang des Magnifikat, der aus ihrer Seele strömte, bei der Heimsuchung Elisabeths. Als die Apostel im Abendmahlssaal zu Jerusalem mit ihrem Gebet den Himmel bestürmten, um den Heiligen Geist herabzuflehen, da war Maria mitten unter ihnen. Möchten wir doch von ihr lernen, oft und gut zu beten! Wer gut betet, lebt auch gut; wer gut lebt, stirbt auch gut.
Lasset uns beten drei Ave-Maria, um durch die Fürbitte Mariä die Gnade des Gebetes zu erlangen.
Zusatz: . . . Jesus, der uns den Geist des Gebetes verleihen wolle.
Gebet
Maria, du hehre Braut des Heiligen Geistes, deine Seele war erfüllt von der Glut heiliger Andacht, dein ganzes Leben war ein wohlgefälliges Gebet vor dem Angesicht des Allerhöchsten. Siehe, wie kalt und trocken unsere Herzen sind, und wie armselig das Gebet ist, das wir Gott dem Herrn darbringen. Erflehe uns einen heiligen Eifer und eine treue Beharrlichkeit, dass unser Gebet dem Herrn gefallen möge, auf dass wir erlangen, worum wir bitten, vor allem Nachlassung unserer Sünden, Gottes Gnade, und endlich die ewige Seligkeit. Amen.
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Der elfte Tag – Von der heiligen Beichte
1. Außer dem Gebet sind uns auch die heiligen Sakramente als wirksame und kräftige Gnadenmittel gegeben, und unter den Sakramenten gibt es zwei, die für besonderer Bedeutung sind für das christliche Leben: die Sakramente der Buße und des Altares. Ist die Taufe das erste und notwendigste Sakrament, so sind die Beichte und die Kommunion diejenigen, die uns durch das ganze Leben begleiten, die wir immer wieder empfangen sollen. Wie die Taufe uns die Erlösungsgnade zuerst zuwendet und uns aufnimmt in die heilige Gemeinschaft Christi, so soll das Sakrament der Buße die nach der Taufe begangenen Sünden hinwegnehmen und uns die Gnade wiedergegeben, wenn wir sie durch eigene Schuld verloren haben. Wie viele Seelen würden trotz des Erlösungstodes Christi Schiffbruch leiden, wenn die unendliche Erbarmung des Herrn uns dieses trost- und gnadenreiche Sakrament nicht gegeben hätte.
2. Christus hat im Bußsakrament einen Richterstuhl aufgestellt, indem er dem Priester Auftrag und Vollmacht gegeben hat, die Sünden nachzulassen oder zu behalten, je nach dem Urteil über den Seelenzustand des Sünders. Daher muss der Sünder seinen Seelenzustand offenbaren, er muss dem Priester seine Sünden bekennen. Diese Selbstanklage ist eine Strafe und Sühne für die begangene Schuld, aber sie ist mehr; nicht so sehr die Gerechtigkeit, als vielmehr die Erbarmung Gottes hat die Beichte angeordnet. Die Beichte ist eine trostreiche Erleichterung des beladenen Gewissens, ein treffliches Mittel der Selbsterkenntnis, eine heilsame Verdemütigung des Menschen, ein starker Zaun gegen die Sünde, eine gute Gelegenheit, den Rat des Seelenarztes einzuholen. Darum, christliche Seele, betrachte die Beichte nicht widerwillig als eine Last und ein Joch, sondern als Gnade und Wohltat. Nicht umsonst hat der Herr das Bußsakrament am frohen Auferstehungstag eingesetzt: es ist mitsamt der Anklage, die es fordert, ein Ostergeschenk an die Seinen.
3. Das Sakrament der Buße kann uns nichts nützen, wenn wir der Gnade einen Riegel vorschieben. Vereitele nicht die Wirkung dieses heiligen Sakramentes durch Unaufrichtigkeit in der Anklage, so dass das Heilmittel der Seele sich in Gift und der Segen sich in Fluch verwandelt. Vor allem bedenke wohl, dass es ohne wahre Reue keine Sündenvergebung gibt. Die Beichte soll dich zur Besserung führen. „Geh hin“, sagt der Herr, „und sündige fernerhin nicht wieder“. Sei eifrig im Empfang dieses heiligen Sakramentes, dann kannst du umso mehr hoffen, dass dir auch in deiner letzten Stunde die Gnade gewährt wird, eine gute, aufrichtige, reumütige Beichte abzulegen. Welch ein Trost wird dir dann das Wort des Priesters sein, wenn er im Angesicht des ewigen Gerichtes kraft der ihm von Gott verliehenen Vollmacht spricht: Ego te absolvo – ich spreche dich los von deinen Sünden!
Lasset uns beten drei Ave-Maria, um durch die Fürbitte Mariä die Gnade einer öfteren und würdigen Beichte zu erlangen.
Zusatz: . . . Jesus, der uns die Gnade geben wolle, oft und würdig zu beichten.
Gebet
Allerreinste Jungfrau Maria, niemals in deinem ganzen Leben hat auch nur ein Schatten der Sünde deine Seele berührt. Wir aber, deine schwachen Kinder, haben vielfach gefehlt und seufzen in der Bedrängnis unseres schuldbeladenen Gewissens. Wir wollen gern das große Gnadenmittel des Bußsakramentes gebrauchen, das dein Sohn uns geschenkt hat. Du aber erbitte uns den Beistand des Heiligen Geistes, dass wir unsere Sünden recht erkennen, herzlich bereuen und aufrichtig beichten, damit wir Vergebung finden vor Gott. Amen.
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Der zwölfte Tag – Von der heiligen Eucharistie
1. „Siehe, ich bin bei euch alle Tage bis ans Ende der Welt.“ Dieses trostreiche Wort hat der Herr in wunderbarer Weise erfüllt. Nicht bloß kraft seiner göttlichen Allgegenwart, nicht bloß mit seiner Gnade wollte er bei uns bleiben, sondern er hat sich in seiner Weisheit ein Haus bei uns erbaut, darin er wohnen will mit Gottheit und Menschheit, in wahrhafter, wirklicher und wesentlicher Gegenwärtigkeit. Es ist das Betlehem des Neuen Bundes, das Haus „des Brotes“, das allerheiligste Sakrament des Altares. Auf dem Altar opfert er sich durch die Hand des Priesters in der heiligen Messe für uns auf, als ein Hohepriester in Ewigkeit nach der Ordnung des Melchisedech. In der demütigen Gestalt der kleinen Hostie weilt er unter uns bei Tag und bei Nacht. In der heiligen Kommunion kehrt er ein in unser Herz und speist unsere Seele mit seinem heiligsten Fleisch und Blut. Unbegreiflich ist dies große, wunderbare Geheimnis, und unbegreiflich ist die göttliche Liebe, die es uns geschenkt hat. „Da er die Seinen liebte, so liebte er sie bis ans Ende.“
2. Meine Seele, du bist geladen an den Tisch des Herrn, du sollst gespeist werden mit dem Engelbrot, der König des Himmels und der Erde will Einkehr halten bei dir. Wer möchte nicht zagen und zurückschrecken! Wer möchte nicht angesichts dieser Ehre ausrufen mit dem Hauptmann: O Herr, ich bin nicht würdig, dass du zu mir kommst!“ – und mit Petrus: „Herr, geh von mir, ich bin ein sündhafter Mensch!“ Aber fasse Mut, meine Seele, der Herr gestattet dir nicht bloß zu kommen, sondern befiehlt es dir: „Wenn ihr das Fleisch des Menschensohnes nicht essen und sein Blut nicht trinken werdet, so werdet ihr das Leben nicht in euch haben.“ Wie die Israeliten in der Wüste gespeist wurden mit dem Manna, das vom Himmel fiel, so sollen die Christen gespeist werden mit dem Manna des Neuen Bundes, das unendlich wunderbarer und süßer ist. So komm denn zu diesem heiligen Gastmahl, komm oft und gern! Hier findest du Kraft im Kampf, Fortschritt in der Tugend, Trost im Leiden, Gnade und Segen, das Leben selber. Komm oft und gern, aber bereite deine Seele. „Der Mensch prüfe sich selbst, und so esse er von diesem Brot.“
3. Unter den ersten, die gewürdigt wurden, dies hochheilige Sakrament zu empfangen, war auch Maria. Von allen, die es je empfangen haben, hat wohl niemand es so andächtig und gnadenreich empfangen wie sie. Als ihr Sohn die Erde verlassen hatte, da ist dies allerheiligste Sakrament der Trost ihres Lebens gewesen in den Tagen ihrer Verbannung, der Vorgeschmack der ewigen Seligkeit und das Unterpfand des Wiedersehens. Hat wohl je eine Seele dies Sakrament so geliebt und verehrt, soviel Gnade daraus geschöpft wie Maria? Und noch immer ist die Eucharistie das stärkste Band, das ihr mütterliches Herz mit der Erde verknüpft, denn immerwährend sieht sie in diesem Geheimnis alle Wunder und Wonnen und alle Leiden von Betlehem und Nazareth und Golgotha vergegenwärtigt. Möchte sie uns doch die Gnade erflehen, dass unsere blinden Augen geöffnet und unsere kalten Herzen entflammt werden zu lebendigem Glauben und inniger Liebe zum allerheiligsten Sakrament.
Lasset uns beten drei Ave-Maria, um durch die Fürbitte Mariä in der Verehrung des allerheiligsten Sakramentes bestärkt zu werden.
Zusatz: . . . Jesus, der uns eine wahre Andacht zum allerheiligsten Sakrament verleihen wolle.
Gebet
Deinem göttlichen Sohn, o allerseligste Jungfrau, verdanken wir das kostbarste Geschenk des allerheiligsten Altarsakramentes. Auch dir sind wir Dank schuldig, denn du hast eingewilligt und mitgewirkt, den Leib des Herrn zu bereiten, der uns in diesem Sakrament als Seelenspeise gegeben wird. Bitte für uns bei deinem göttlichen Sohn, dass wir dies hohe Geheimnis mit festem Glauben und inbrünstiger Liebe immerdar verehren und oft und würdig empfangen mögen. Amen.
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Der dreizehnte Tag – Vom Anhören des Wortes Gottes
1. „Maria aber bewahrte alle diese Worte in ihrem Herzen.“ Es ist ein hohes Lob, das der Heilige Geist der allerseligsten Jungfrau mit diesem Wort spendet, und es ist ein wichtiges Beispiel, das unsere Mutter Maria uns gegeben hat. Das Wort Gottes ist, wie unser Heiland selber sagt, ein Same, der hundertfältige Frucht bringt, wenn er guten Boden findet. Und weiter sagt der Herr: „Wer aus Gott ist, hört Gottes Wort; darum hört ihr Gottes Wort nicht, weil ihr nicht aus Gott seid.“ Das eifrige und andächtige Anhören des göttlichen Wortes ist ein wichtiges Mittel zur Vollkommenheit und ein Zeichen christlicher Gesinnung und guter Seelenverfassung.
2. Wenn der Sohn Gottes selber vom Himmel kommt, um uns die ewige Wahrheit zu verkünden und so Licht zu bringen in die Finsternis, müssen wir dann nicht mit dankbarem Eifer uns zu ihm drängen, um sein Wort zu hören? Der Sohn Gottes hat noch nicht aufgehört, zu den Menschen zu reden, und wird nicht aufhören bis ans Ende der Welt, denn er spricht zu den Aposteln und ihren Nachfolgern: „Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch“ – und weiterhin: „Wer euch hört, der hört mich; wer euch verachtet, der verachtet mich.“ Er hat seiner Kirche den Heiligen Geist gesandt, der sie einführen soll in alle Wahrheit, und unter dem Beistand des Heiligen Geistes wird vom kirchlichen Lehramt das Wort Gottes verkündigt in Predigt und Unterricht. Wohl sind es Menschen, die da reden, und sie reden nach menschlicher Art und in menschlicher Schwachheit; aber sie sind von Gott gesandt und verkünden nicht eigene Weisheit, sondern die ewige Wahrheit, die Gott der Herr geoffenbart und seiner Kirche anvertraut hat.
3. Wie kommt es, meine Seele, dass du so wenig Frucht gewinnst aus dem Anhören des Wortes Gottes, da doch der Herr selbst gesagt hat, dass es hundertfältige Frucht bringe? Nicht an dem Samen liegt es, der ausgestreut wird; es ist das ewig gültige und gnadenreiche Gotteswort. Nicht an dem Priester liegt es, der es dir verkündigt, mag er auch die Gabe der Rede nur in geringem Maß besitzen; jede Predigt, auch die schwächste und die bescheidenste in der Ausführung, streut guten Samen aus, der Frucht bringen kann in einem guten, willigen Herzen. An dir liegt es, ob der Same gedeiht und Frucht bringt. Höre das Wort Gottes nicht so, wie du Menschenwort anhörst, mit Neugier und kritischem Sinn oder mit Gleichgültigkeit, sondern höre es mit Andacht und Ehrfurcht, in demütigem Gehorsam. Erwäge, wie du es anwenden kannst auf dein Leben. Bewahre es in deinem Herzen, wie es Maria getan hat. Hüte es wie einen köstlichen Schatz, den man liebt und oft betrachtet. So wird das Wort Gottes auch in dir Leben gewinnen und hundertfältige Frucht bringen.
Lasset uns beten drei Ave-Maria, damit die Fürbitte Mariä das Anhören des göttlichen Wortes in uns fruchtbar mache.
Zusatz: . . . Jesus, der unser Herz mit Ehrfurcht dem Wort Gottes gegenüber erfüllen wolle.
Gebet
Maria, du Sitz der Weisheit, du Lehrerin der Apostel und Evangelisten, du hast uns im göttlichen Heiland die ewige Wahrheit selbst gebracht. Erflehe uns einen demütigen Glauben und einen willigen Gehorsam dem Wort Gottes gegenüber, das die heilige Kirche bewahrt und verkündigt, damit dieser göttliche Same in uns nicht verlorengehe, sondern hundertfältige Frucht bringe. Amen.
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Der vierzehnte Tag – Von der Sonntagsheiligung
1. Von Anfang an hat Gott der Herr einen Tag der Woche sich vorbehalten: an diesem Tag sollen die Menschen ihre irdischen Geschäfte ruhen lassen und die Feier des Gottesdienstes begehen. Im Bericht über die Schöpfung heißt es: „“Gott heiligte den siebenten Tag“, und in den 10 Geboten schärfte der Herr diese uralte Anordnung von neuem ein mit den Worten: „Gedenke, dass du den Sabbat heiligst“. So streng forderte Gott diese Ehre für sich, dass er im Gesetz des Mose die Sabbatschändung mit der schweren Strafe der Steinigung belegte. Mit dem Neuen Bund trat an die Stelle des Sabbats der Sonntag, weil dieser Tag durch die erhabensten Wunder der Auferstehung und der Sendung des Heiligen Geistes geheiligt worden war.
2. So stammt also der Sonntag seinem ersten Ursprung nach aus dem Paradies, und obwohl die Menschen durch ihre Schuld das Paradies verloren haben, so ist ihnen doch mit dem Sonntag ein lichter Strahl der Paradiesesschönheit und der Paradiesesfreude geblieben. Der Sonntag nimmt das Joch der Arbeit von der Schulter des müden Menschen und lenkt sein Auge nach oben, damit er seines Vaters im Himmel und der ewigen Heimat seiner unsterblichen Seele gedenke. Eine Wohltat ist der Sonntag für uns, eine Wohltat an Leib und Seele, besonders für die ärmsten und geplagtesten Menschen. An diesem Tag wenigstens können sie sich aufrichten und aufatmen, sich ihrer Menschenwürde und hohen Bestimmung wieder bewusst werden und hoffenden Herzens vorausschauen auf die ewige Sabbatruhe im Himmel.
3. Ein Sonnentag soll der Sonntag für uns sein. Er soll die Sonne des Glaubens und der Hoffnung, der Gnade und der Wahrheit, der Freude und des Trostes in unser Herz scheinen lassen. Ein solcher Sonnentag wird er sein, wenn wir ihn im rechten Geist feiern. Lass die knechtliche Arbeit ruhen und entweihe nicht aus schnöder Gewinnsucht diesen heiligen Tag; ein solcher Gewinn würde dir keinen Segen bringen. Geh zur Kirche, um das heilige Opfer mitzufeiern und das Wort Gottes zu hören. Benutze den Tag, um für deine Seele zu sorgen durch Empfang der heiligen Sakramente, durch eifriges Gebet und erbauliche Lesung. Dann wird dir immer noch Zeit bleiben, um dich zu erholen durch Ruhe und zu erfreuen durch Erholung; aber meide alle gefährliche oder übermäßige oder gar sündhafte Lust. Die Sonntagsheiligung bringt großen Segen; wo der Sonntag nicht mehr gilt, da erstirbt die Religion, und der Mensch irrt immer weiter ab von seinem wahren Ziel.
Lasset uns beten drei Ave-Maria, um durch die Fürbitte Mariä vor der Entheiligung des Sonntags bewahrt zu bleiben.
Zusatz: . . . Jesus, der uns die Gnade geben wolle, den Tag des Herrn recht zu feiern.
Gebet
Glorreiche Himmelskönigin, du bist eingegangen in den ewigen Sonntag, dessen Jubel niemals verstummt. Siehe, wir tragen noch das Joch des irdischen Werktages. Lass nicht zu, dass wir in weltliche Gesinnung versinken, sondern erflehe uns die Gnade, dass eine würdige Sonntagsfeier immer wieder unsere Seelen zum Himmel erhebe, bis wir zur ewigen Sabbatruhe gelangen. Amen.
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Der fünfzehnte Tag – Von der Arbeit
1. Von der Arbeit haben manche Menschen nicht die rechte Auffassung. Sie betrachten die Arbeit als eine Last, die sie am liebsten ganz abschütteln möchten, oder gar als etwas Entwürdigendes, dessen man sich zu schämen hätte. Sie halten das Nichtstun für etwas Vornehmes und Glückliches, während das Gegenteil wahr ist. Die Arbeit ist ein Segen und trägt eine hohe Würde in sich, während der Müßiggang eine Schmach ist und Verderben bringt. Wenn Gott dem Adam und allen Adamskindern gesagt hat, dass sie im Schweiß ihres Angesichtes ihr Brot essen sollen, so ist die Beschwerde, die in der Arbeit liegt, als Strafe der Sünde bezeichnet. Damit aber ist der Segen der Arbeit nicht aufgehoben. Die Arbeit ist gesund für Leib und Seele, sie gibt Kraft und Freude, sie bewahrt vor vielem Bösen und übt in der Tugend. Sie ist nicht bloß eine Pflicht, die uns auferlegt worden ist, sondern ein Weg zum Glück und zur Tüchtigkeit und ein Schlüssel zum Himmel.
2. Wenn die Arbeit ihren reichen Segen entfalten soll, muss sie in christlichem Geist verrichtet werden. Der Sohn Gottes selbst und seine heilige Mutter Maria und sein Nährvater Joseph haben gearbeitet, und so wie die Arbeit in der heiligen Familie geübt wurde, so sollen auch wir sie üben. Man muss mehr zur Ehre Gottes und zum allgemeinen Wohl wirken und schaffen, als des irdischen Gewinnes und des eigenen Vorteiles wegen. Man muss mit der Arbeit zufrieden sein, die einem durch den Beruf zugewiesen worden ist. Man muss keine Arbeit geringschätzen oder gar verachten, mag sie noch so unbedeutend oder niedrig sein. Alle Arbeit, die ehrbar ist, ist gut und gottgefällig und kann durch eine aufrichtige gute Meinung und durch Treue und Eifer ein überaus kostbares Werk werden vor den Augen Gottes.
3. „Siehe, wir haben die ganze Nacht gearbeitet und nichts gefangen“, sprach Petrus zum Herrn. Da haben wir ein Sinnbild der glaubenslosen, selbstsüchtigen Arbeit; sie wird in der Nacht verrichtet, auf ihr ruht nicht das Sonnenlicht der Gnade, und darum bringt sie keine dauernde Frucht. Die christliche Arbeit dagegen ist dem reichen Fischfang zu vergleichen oder der Arbeit im Weinberg; sie wird im Namen des Herrn verrichtet und von seinem Segen begleitet. Ihren schönsten Lohn hat diese Arbeit mit Gott und für Gott in der Ewigkeit zu erwarten. Lasst uns nicht arbeiten bloß für diese Welt, sondern für den Himmel. Lasst uns treu ausharren, bis der Abend kommt und der Herr zu dem Todesengel spricht: „Geh und rufe die Arbeiter und gib ihnen ihren Lohn!“
Lasset uns beten drei Ave-Maria, um durch die Fürbitte Mariä die Gnade zu erlangen, in treuer Arbeit auszuharren.
Zusatz: . . . Jesus, der uns die Gnade geben wolle, unsere Arbeit zur Ehre Gottes zu verrichten.
Gebet
O Maria, du treue Magd des Herrn, voll Demut und Bereitwilligkeit hast du alle Arbeit verrichtet, die die Armut von dir forderte. Wir sind stolz und träge und scheuen die Erfüllung unserer Pflicht, sobald sie mit Mühe und Beschwerde verbunden ist. Stelle uns dein heiliges Beispiel lebendig vor Augen und ermuntere unsere Herzen zum Eifer in der Andacht, damit wir dereinst gute Rechenschaft abgeben können von unserer Haushaltung. Amen.
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Der sechzehnte Tag – Vom christlichen Familienleben
1. Die erste Familie der alten Schöpfung, die Gott selbst im Paradies gegründet hat, hat großen Schaden genommen durch die Sünde. Sie verlor in der Folge die Würde der Einheit und Unauflöslichkeit selbst beim auserwählten Volk und entartete bei den Heidenvölkern immer mehr. Die erste Familie der neuen Schöpfung, die heilige Familie von Nazareth, hat die alte Würde nicht bloß wiedergewonnen, sondern übertroffen. Die gottseligste Frömmigkeit, der lieblichste Friede, die innigste Liebe und die demütigste Bescheidenheit herrschten in diesem Kreis. Maria war ihrem Ehegemahl Joseph willig unterworfen, obwohl sie ihn an Gnade und Würde übertraf, und dem die erste Stelle gebührte, das göttliche Kind, nahm in seiner Selbstverleugnung den letzten Platz ein, indem es seinen Eltern untertan war. Eine unbeschreibliche heilige, starke und opferwillige Liebe verband diese Personen untereinander. Ihr Haus war ein wahres Gotteshaus und bei aller Armut reicher als der königliche Palast zu Jerusalem. Ihr Leben war ein fortwährender Gottesdienst.
2. In Nazareth findet die christliche Familie ihr erhabenes Vorbild. Auf Joseph sollen alle Männer schauen, die als Familienhäupter bestellt sind, auf Maria alle Mütter und auf Jesus alle Kinder. Je eifriger diese Vorbilder nachgeahmt werden, um so segensreicher wird die Familie wirken, um so glücklicher wird das Familienleben sein, um so fester werden Kirche und Staat, die in der Familie ihre Wurzel haben, gegründet stehen. Glaube und Gottesfurcht, Gebet und Arbeit, Friede und Eintracht, Liebe und Gehorsam, das sind die Engel, die Tag und Nacht den Herd des christlichen Hauses bewachen sollen. Solange sie wachen, ist das Haus in guter Hut. Da sind die Eheleute einander Stab und Stütze auf dem Weg zum Himmel, und da legen die Eltern eine feste Grundlage für das zeitliche und ewige Glück ihrer Kinder.
3. Christus hat die Ehe zu einem Sakrament erhoben und ihr in seiner eigenen Verbindung mit der Kirche ein herrliches und erhabenes Vorbild gegeben. Damit ist die Familie auf ein heiliges, von Gott geweihtes Fundament gestellt worden. Ein Keim des Segens ist eingesenkt worden in ihren Grund und soll sich immer fruchtbarer entfalten. Jeder Angriff auf die Reinheit und Heiligkeit der Ehe untergräbt den Bestand und das Wirken der Familie und vergiftet das Familienleben. Eins trägt das andere, eins wächst aus dem andern: die Ehe – die Familie – das Heil der Ehegatten – und das Glück der Kinder. Das ist eine Himmelsleiter, die bis zum Thron Gottes reicht. Wird aber die gute Ordnung verkehrt, so führt die Leiter hinab in den Abgrund des ewigen Verderbens.
Lasset uns beten drei Ave-Maria, um Gottes Segen durch die Fürbitte Mariä auf die christlichen Familien herabzurufen.
Zusatz: . . . Jesus, der die Familien mit christlichem Geist erfüllen wolle.
Gebet
Maria, du jungfräuliche Gemahlin des heiligen Joseph, du liebevolle Mutter des göttlichen Heilandes, die du so treu gewaltet hast im Haus zu Nazareth, komm den bedrohten christlichen Familien zu Hilfe. Wie du für die Brautleute zu Kana gebetet hast: „Sie haben keinen Wein“, so erhebe deine Stimme für alle Mitglieder der christlichen Familien, denen der Wein der Gottes- und Nächstenliebe ausgehen will. Halte deine Hand ausgebreitet über unser Dach, damit Sünde und Unglück fernbleiben und Gottes Segen bei uns weile immerdar. Amen.
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Der siebzehnte Tag – Von den Leiden und Freuden dieses Lebens
1. Wie in der Natur Sonnenschein und Regen wechseln, so bringt auch das menschliche Leben Freuden und Leiden. Beides kommt aus Gottes Hand, und beides wird uns zum Heil gereichen, wenn wir es in der rechten Weise zu tragen wissen. Nun sind die Menschen wohl zufrieden, wenn ihnen Freuden geschenkt werden, wenn sie in guter Gesundheit leben, wenn ihre Unternehmungen Erfolg haben, wenn ihnen ein Glück zufällt. Kommt aber Leid über sie, dann werden sie leicht mutlos oder murren sogar gegen die Fügungen Gottes. Und doch sind die Leiden oft viel heilsamer als die Freuden. Im Glück ist der Mensch zum Übermut geneigt und vergisst den lieben Gott. Das Unglück soll ihm seine Hilflosigkeit zeigen und ihn wieder zu Gott führen. Not lehrt beten. Was auch kommen mag, wir sollen immer sprechen mit Hiob: „Der Herr hat es gegeben, der Herr hat es genommen, der Name des Herrn sei gebenedeit.“
2. Die Freuden, die Gott uns schenkt, sind ein Beweis seiner Vatergüte. Wir sollen sie dankbar annehmen, aber wir sollen uns nicht zu sehr an sie dahingeben, denn sie sind vergänglich und können uns nie wahrhaft glücklich machen. Die Leiden sind kostbarer, wenn wir es verstehen, ihren Nutzen recht auszuschöpfen. Im Leiden werden wir unserm Heiland ähnlich und folgen ihm nach auf dem Kreuzweg, und das ist der geradeste Weg zum Himmel. „Wer mein Jünger sein will, der verleugne sich selbst, nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach.“ Alle Heiligen haben das Kreuz geliebt, alle haben leiden müssen und sind durch das Leiden geläutert worden. Ja, sie waren unruhig und betrübt, wenn es ihnen lange Zeit wohl erging. Nun hat sich an ihnen das Wort erfüllt: „Die in Tränen säen, werden in Freuden ernten.“ Wohl zieht der Mensch sich manche Leiden durch eigene Schuld zu; dann kann er die Schuld nicht besser sühnen und tilgen als durch Geduld und Ergebung. Die Heilige Schrift spricht aber auch das Wort: „Wen der Herr lieb hat, den züchtigt er“, und dies Wort soll dir ein Trost sein.
3. Maria hat auf Erden nicht viel Freude gefunden. Die schönste Freude fand sie im Gebet und in der Erfüllung des göttlichen Willens. Aber viel große Leiden sind über sie gekommen, sie ist die Königin der Martyrer, die schmerzhafte Mutter. Nie war sie verzagt, nie unzufrieden: je mehr sie leiden musste, um so herrlicher erblühte ihre Seele in der Liebe Gottes und in jeglicher Tugend. Hat der himmlische Vater seiner geliebten Tochter so viele Leiden geschickt, dann wird er es auch mit dir gut meinen, wenn er dich heimsucht und prüft. Darum harre aus in Geduld!
Lasset uns beten drei Ave-Maria, um durch die Fürbitte Mariä die Gnade zu erlangen, Freud und Leid in der rechten Weise aus der Hand Gottes anzunehmen.
Zusatz: . . . Jesus, der uns ein dankbares und geduldiges Herz geben wolle.
Gebet
Schmerzhafte Mutter Gottes, Maria, du hast die Leiden dieser Welt mehr geliebt als die Freuden. Doch was auch über dich kommen mochte, immer hat dein Herz gesprochen: „Siehe, ich bin eine Magd des Herrn, mir geschehe nach deinem Wort.“ Erflehe uns Dankbarkeit in der Freude und Geduld im Leiden. Bitte für uns, dass das Wort sich an uns erfülle: „Denen, die Gott lieben, gereicht alles zum Besten.“ Amen.
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Der achtzehnte Tag – Von den Versuchungen
1. „Ich habe gekämpft den guten Kampf“, so spricht der Apostel Paulus, der sich über schwere und anhaltende Versuchungen beklagen konnte, aber auch die Wahrheit des Gotteswortes erfahren hat: „Es genügt dir meine Gnade.“ Versuchungen kommen über jeden Menschen, und auch du, meine Seele, wirst von ihnen nicht verschont bleiben. Auch du hast die Aufgabe, den guten Kampf zu kämpfen, und du kannst und wirst siegen, wenn du wachsam bist und die Waffen des Heils ergreifst. Fürchte dich nicht und werde nicht mutlos, auch nicht, wenn die Versuchungen anhalten. „Gott ist getreu,“ sagt der Apostel, „er wird euch nicht über eure Kräfte versuchen lassen.“ Versuchungen sind keine Sünde, solange wir nicht einwilligen; sie sind freilich eine Gefahr zur Sünde, sie sind aber auch eine Gelegenheit zur Tugend. Im Kampf soll die Tugend sich bewähren und erstarken.
2. Es gibt verschiedene Quellen für die Versuchungen. Sie kommen zum Teil von unseren Mitmenschen, die uns, bewusst oder unbewusst, durch böses Beispiel Ärgernis geben oder gar absichtlich darauf ausgehen, uns zur Sünde zu verführen. Die Welt ist voll von Bosheit; Unerfahrene und Unbesonnene können leicht straucheln. Auch der böse Feind bereitet uns Versuchungen. Er geht nach den Worten der Heiligen Schrift umher wie ein brüllender Löwe und sucht, wen er verschlingen könne. Die größte Gefahr aber liegt in uns selber. Durch den Sündenfall ist die menschliche Natur verderbt worden, sie ist zum Bösen geneigt von Jugend auf. Die dreifache böse Lust schlummert in unserem Herzen wie ein giftiges Unkraut, das bald aufgeht und den guten Weizen überwuchern möchte. So werden wir von drei Seiten angegriffen und haben nach drei Seiten hin zu kämpfen: um uns, unter uns und in uns sind Feinde.
3. Dennoch sollen wir nicht mutlos werden. Der böse Feind und seine Helfershelfer können uns nicht zur Sünde zwingen; unser Wille ist frei, und kein Geschöpf kann unsere innere Freiheit aufheben. Solange die Versuchung äußerlich bleibt, hat sie noch keine große Gefahr. Erst wenn in uns selber der Feind sich erhebt, wenn die böse Lust sich regt, dann ist große Gefahr. Aber auch über diesen Feind können wir siegen, denn Gottes Gnade steht uns zur Seite. Wie sollen wir uns in den Versuchungen verhalten? Der Herr gibt uns zwei Mittel an: „Wachet und betet!“ Wir müssen wachen, dass die Gefahr zur Sünde uns nicht überrasche, wachen über unseren Verkehr, über unsere Sinne und insbesondere über unser Herz und seine Regungen. Im Anfang ist die Versuchung leicht zurückzuweisen; sind wir aber lässig oder suchen wir mit der Gefahr zu spielen, so wächst sie uns unversehens über den Kopf. „Und betet“, sagt der Herr. Wir dürfen nicht vermessen auf unsere eigene Kraft vertrauen, sondern müssen uns an Gott wenden, dass er uns stärke. Von ihm kommt unsere Kraft, bei ihm ist der Sieg.
Lasset uns beten drei Ave-Maria, um durch die Fürbitte Mariä die Gnade zu erlangen, allen Versuchungen siegreich zu widerstehen.
Zusatz: . . . Jesus, der uns in allen Versuchungen bewahren wolle.
Gebet
Maria, du reinste, sündenlose Jungfrau, in deinem Herzen hat keine ungeordnete Regung sich jemals erhoben, und nichts vermochte wider dich die listige Schlange. Schaue gnädig herab auf deine Kinder, die von Gefahren umringt sind, und geleite sie an deiner Hand durch alle Versuchungen dieses Lebens zum ewigen glorreichen Sieg. Amen.
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Der neunzehnte Tag – Von den guten Werken
1. Immer wieder hat der göttliche Heiland uns ermahnt, dass wir uns die ewige Seligkeit verdienen müssen durch gute Werke. Er vergleicht den Himmel mit dem Lohn, der den treuen Arbeitern im Weinberg am Abend ausgezahlt wird. Er verurteilt den faulen Knecht, der sein Pfund vergraben und nichts dazu erworben hat. Er verflucht den Feigenbaum, der nur Blätter, aber keine Früchte trägt. Er ermahnt uns, dass wir Schätze sammeln sollen, die von Dieben nicht gestohlen und von Rost und Motten nicht verzehrt werden. Er gründet das Urteil beim letzten Gericht auf die Werke der Nächstenliebe, die von den einen geübt, von den andern vernachlässigt worden sind. Er sagt, dass schon ein Trunk Wasser, in seinem Namen dargereicht, seinen Lohn finden solle im Himmel. Er belehrt den jungen Mann: „Willst du zum Leben eingehen, so halte die Gebote.“ Aus allem ergibt sich klar, dass Gott der Herr gute Werke von uns fordert, dass wir den Himmel verdienen sollen.
2. Diese Lehre gibt uns keinen Grund zur Selbstüberhebung. Denn ohne den Beistand der Gnade können wir nichts tun für den Himmel, und alle guten verdienstlichen Werke haben ihren Wert von Christus. Darum setzt die Verdienstlichkeit unserer Werke die heiligmachende Gnade voraus. Wer im Stand der Gnade ist, steht in lebendiger Verbindung mit Christus, und so sind seine Werke in Christus getan und durch Christus geheiligt. Er ist der Weinstock, wir sind die Reben. Die Reben, die am Weinstock bleiben, bringen Frucht. Die Reben, die abgeschnitten sind vom Weinstock, sind tot und unfruchtbar. So gebührt dem Herrn im letzten Grund alle Ehre, und wir dürfen uns nicht rühmen wegen unserer Werke. Der heilige Augustinus hat recht, wenn er sagt: „Gott belohnt in uns seine eigenen Gaben.“
3. Wie viele Gelegenheiten bieten sich uns dar, um gute Werke zu tun und Verdienste zu sammeln! Wie reich können wir werden, wenn wir die Zeit benutzen und mit der Gnade Gottes eifrig mitwirken wollen! Wer in irdischen Geschäften Großes erreichen will, muss mit besonderer Fähigkeit begabt und vom Glück begünstigt sein, sonst wird er es schwerlich weit bringen. Wer Schätze für den Himmel sammeln will, braucht nur guten Willen zu haben, denn Gottes Gnade steht immer bereit. Beten, Fasten und Almosengeben wird uns in der Heiligen Schrift besonders empfohlen. Darunter sind zu verstehen alle Werke der Andacht, der Abtötung und der Nächstenliebe. Wer könnte diese Werke nicht üben, zumal der Herr nicht so sehr auf das äußere Werk sieht als vielmehr auf die Seele des Werkes, auf die gute Meinung? Die Witwe im Tempel hatte mit den paar Hellern mehr in den Opferkasten geworfen als die Pharisäer mit ihren reichen Gaben. Bewahre die Gnade, suche treu und demütig deine Pflicht zu tun und opfere alles auf zur Ehre Gottes, so wächst dir ein unvergänglicher Reichtum von selber zu.
Lasset uns beten drei Ave-Maria, um durch die Fürbitte Mariä wahren Eifer in guten Werken zu erlangen.
Zusatz: . . . Jesus, der uns waren Eifer in guten Werken verleihen wolle.
Gebet
Maria, du treue Magd des Herrn, dein ganzes Leben war ein ununterbrochenes eifriges Wirken zur Ehre Gottes, und unvergleichlich sind die Verdienste, die du dir erworben hast. Erflehe uns die rechte Einsicht, dass auch wir eifrig nach dem Ewigen trachten und nicht müde werden zu wirken, solange es noch Tag ist, damit wir dereinst eine reiche Ernte halten können. Amen.
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Der zwanzigste Tag – Vom Glauben
1. „Selig bist du, die du geglaubt hast!“ So preist Elisabeth im Heiligen Geist die allerseligste Jungfrau Maria. Maria ist ein leuchtendes Vorbild des Glaubens. Sie glaubte ohne Zögern dem Engel, der eine so wunderbare Botschaft brachte, und ihr Glaube wankte nicht bei allen Prüfungen, die über ihn verhängt wurden. Sie sah die Niedrigkeit und Armut des menschgewordenen Gottessohnes, sie sah ihn im Stall als hilfloses Kind, sie sah ihn auf der Flucht nach Ägypten, sie sah ihn aufwachsen in gewöhnlicher Handwerkerarbeit und glaubte unerschütterlich an seine ewige Gottheit. Als die Nacht des Leidens und Sterbens über ihn hereinbrach und die Jünger in ihrem Glauben wankend wurden, da hat Maria keinen Augenblick gezweifelt. O möchte doch unser armseliger Glaube etwas von der Kraft besitzen, die ihren Glauben beseelte!
2. Der Glaube ist die Grundlage der Religion, er ist das erste Band, das uns mit Gott verknüpft. Der Glaube ist die notwendige Bedingung, um zur Seligkeit zu gelangen, denn „ohne Glauben ist es unmöglich, Gott zu gefallen und selig zu werden“. Der Glaube ist das Fundament des christlichen Lebens, die Wurzel aller Tugend, denn „der Gerechte lebt aus dem Glauben“. Der Glaube ist das Licht, das vom Himmel kommt und unsere Finsternis tröstlich erleuchtet. Ein Licht, das auch die Nacht des Todes erhellt mit seinem Schein. Der Glaube ist eine Gnade Gottes, um die wir beten müssen. Er ist zugleich ein Prüfstein des guten Willens und des demütigen Gehorsams. Der Glaube ist uns geschenkt in der heiligen Taufe, er soll aber wachsen und stark werden in uns, wir sollen ihn befestigen und üben, bis er dereinst übergeht in das selige Schauen.
3. Der Glaube stützt sich auf das untrügliche Wort Gottes, darum muss er fest sein und alles umfassen, was Gott durch sein Wort verbürgt hat. Die Kirche ist von Gott gesandt, um seine Offenbarungen zu verkünden. So ist die Lehre der Kirche die Richtschnur für unseren Glauben. Weil von dem Glauben unser ewiges Heil abhängt, dürfen wir ihn um keinen Preis der Welt verraten und verkaufen. Haben wir ihn verloren, so haben wir den Boden unter den Füßen verloren. Alles, was unseren Glauben in Gefahr bringen könnte, müssen wir fliehen und meiden. Und wenn du alles das getan hast, meine Seele, dann bleibt dir noch das Wichtigste zu tun: bring dein Leben in Einklang mit dem Glauben, dass der Glaube lebendig in dir sei, denn sonst wird das, was deine Stärke, dein Trost und dein Heil sein soll, dein Richter, der dich verdammt.
Lasset uns beten drei Ave-Maria, um durch die Fürbitte Mariä im Glauben bestärkt zu werden.
Zusatz: . . . Jesus, der unsern Glauben vermehren wolle.
Gebet
Maria, du glaubensstarke Jungfrau, richte unseren schwachen Glauben auf mit deiner kräftigen Fürbitte. Lass nicht zu, dass die vielen mächtigen Feinde des Glaubens uns jemals überwältigen und uns den kostbarsten Schatz rauben, den wir besitzen. Erflehe uns die Kraft, dass wir bereit sind, eher zu sterben als vom Glauben abzufallen, und hilf uns, dorthin zu gelangen, wo der Glaube sich in das Schauen verwandelt. Amen.
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Der einundzwanzigste Tag – Von der Hoffnung
1. Gott hat dem Christen auf seiner Pilgerfahrt durchs Leben einen Engel zur Seite gegeben, der ihn stützen und aufrichten soll, wenn er müde und mutlos wird unter den Beschwerden und Leiden der Wanderung. Das ist der freundliche Engel der Hoffnung, der unsern Blick nach oben lenkt, zu dem herrlichen Ziel, das auf uns wartet. Drei Dinge sind es, die uns vor allem beschweren und drücken. Zunächst unsere Sündenschuld, dies große Hindernis auf dem Weg zum Himmel. Die Hoffnung versichert uns, dass Gott dem reumütigen Sünder verzeiht. Sodann unsere Schwäche und Unzulänglichkeit, die es uns unmöglich macht, aus eigener Kraft das ewige Ziel zu erreichen. Die Hoffnung bürgt uns für die Hilfe der göttlichen Gnade. Endlich die Armseligkeit und Vergänglichkeit alles Irdischen, die wir täglich vor Augen sehen. Die Hoffnung weist uns hin auf die selige Ewigkeit bei Gott. Die Hoffnung ist eine göttliche Tugend, auf Gott und auf das Göttliche ist sie gerichtet; aber sie beruhigt und tröstet uns auch in den zeitlichen Sorgen und Leiden. Der gütige Vater wird uns das Kleine nicht versagen, da er uns das Große zu geben geneigt ist, es sei denn, dass die Gewährung eines zeitlichen Gutes unserm ewigen Wohl hinderlich wäre.
2. Unsere Hoffnung hat ein festes Fundament. Dies Fundament ist Gottes Treue, Allmacht und Güte. Gott hat uns seine Verheißungen gegeben, und er ist getreu und hält sein Wort. Er ist mächtig genug, um alles erfüllen zu können, was er versprochen hat. Und was hat der Herr nicht getan für uns? Hat er nicht zuletzt seinen eigenen, eingeborenen Sohn in die Welt gesandt und in den Tod gegeben, damit alle, die an ihn glauben, nicht verlorengehen, sondern das ewige Leben haben? Wie könnten wir nach einem solchen Beweis der Liebe noch kleinmütig und verzagt sein! Der Sohn Gottes ist vom Himmel zu uns gekommen als unser Erlöser. Er ist unsere Hoffnung. Nicht auf unsere armseligen Verdienste gründen wir unser Vertrauen, sondern auf sein heiliges Kreuz. Da kann unsere Hoffnung nicht zuschanden werden.
3. In zweifacher Weise können wir uns gegen die Hoffnung verfehlen, durch zu wenig und durch zu viel. Wir dürfen nicht verzagen und mutlos werden oder gar verzweifeln. Mag kommen, was da will, Gott, unsere Hilfe, ist stärker als die ganze Welt und als die Hölle. Darum muss unsere Hoffnung unerschütterlich fest stehen. Wir dürfen aber auch nicht vermessen sein, indem wir die Buße aufschieben oder die Langmut Gottes zum Anlass der Sünde nehmen. „Gott lässt seiner nicht spotten.“ In der Mitte zwischen Misstrauen und Vermessenheit steht die Hoffnung, die mit der kindlichen Furcht Gottes und mit der Seelenruhe in unzertrennlichem Bund lebt.
Lasset uns beten drei Ave-Maria, um durch die Fürbitte Mariä in der Hoffnung bestärkt zu werden.
Zusatz: . . . Jesus, der unsere Hoffnung stärken wolle.
Gebet
Maria, du Mutter der guten Hoffnung, du hast uns den gebracht, auf dem all unsere Hoffnung beruht, unsern Erlöser Jesus Christus. Du bist niemals wankend geworden in deinem festen Vertrauen auf Gott bei allen Leiden und Beschwerden deines vielgeprüften Lebens. Erbitte auch uns eine zuversichtliche Hoffnung und lass uns in dieser Hoffnung nicht zuschanden werden, sondern erlangen, was wir hoffen. Amen.
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Der zweiundzwanzigste Tag – Von der Liebe Gottes
1. „Jetzt bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei: die größte unter ihnen ist die Liebe“, sagt der Apostel Paulus. Die Liebe ist aller Tugenden Königin, das Band der Vollkommenheit. Jede Tugend erhält ihre Weihe und Vollendung durch die Liebe, jedes gute Werk erhält seinen höchsten Wert und sein schönstes Verdienst durch die Liebe. Die vollkommene Liebe zu Gott hat solche Kraft, dass sie die Seele selbst von schwerer Sündenschuld reinigt, so dass keiner verlorengehen kann, wenn er die Liebe hat. Hat aber einer die Liebe nicht, so nützt ihm alles andere nichts. So sagt der Apostel: „Wenn ich alle meine Habe den Armen austeilte zur Speise, und wenn ich auch meinen Leib hingäbe zum Verbrennen, hätte aber die Liebe nicht, so wäre ich nichts.“ Alles, was Gott von dir verlangt, ist im Grunde nur eins: du sollst ihm dein Herz schenken. Alle Gebote, die der Herr gegeben hat, sind enthalten in dem Einen: „Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben.“
2. Kein Geschöpf hat auf Erden gelebt und kein Engel ist im Himmel zu finden mit einer solchen Glut innigster Gottesliebe, wie sie die Seele der allerseligsten Jungfrau Maria immerdar erfüllt hat. Die Liebe war es die sie antrieb, sich ganz dem Herrn zu weihen in unberührter Jungfräulichkeit. Aus Lieb brachte sie das Teuerste zum Opfer dar auf dem Altar des Kreuzes, ihren liebsten Sohn und Herrn, und die Liebe verzehrte ihr Leben, gleichwie eine Kerze sich verzehrt in der Flamme. Maria ist die Braut des Hohenliedes, die Tag und Nacht keine Ruhe hat und unter Tränen und Klagen den Geliebten sucht, bis sie ihn gefunden hat, und jubelt: „Mein Geliebter ist mein, und ich bin sein.“ Im Tod hat sie ihn gefunden auf ewig, aus Liebe ist sie gestorben. Wenn doch nur ein einziger Funke dieser Liebesglut in unser kaltes Herz fiele!
3. „Ich bin gekommen, Feuer auf die Erde zu bringen, und was will ich anders, als dass es brenne?“ So spricht der göttliche Heiland. In seinem eigenen liebeflammenden Herzen hat er dieses Feuer auf die Erde gebracht; sein ganzes Leben war ein Ausströmen der Liebe, und der Tod war das herrliche Aufflammen der Liebesglut. „Denn größere Liebe kann niemand haben, als wer sein Leben dahingibt für seine Freunde.“ Noch immer geht der Herr durch die Welt und klopft an unser Herz, um Einlass zu finden; noch immer bietet er sich selber dar im Mahl der Liebe, und doch bleibt unser Herz so kalt und liebeleer. Noch immer will das Feuer nicht recht brennen, das der Herr auf Erden entzünden will. Für so viel Liebenswürdigkeit so wenig Liebe; für so viel Liebe so wenig Gegenliebe! Wohlan, meine Seele, verschwende deine Liebe nicht an die Geschöpfe, sondern gib dich ganz dem dahin, der aller Liebe unendlich würdig ist, und in dessen Liebe du das höchste Glück der ewigen Wonne finden wirst.
Lasset uns beten drei Ave-Maria, um durch die Fürbitte Mariä in der Gottesliebe zu wachsen.
Zusatz: . . . Jesus, der die Liebe in uns entzünden wolle.
Gebet
Maria, du Mutter der schönen Liebe, die du in der Gottesliebe deine höchste Vollkommenheit und deine schönste Seligkeit gefunden hast, entflamme unsere kalten Herzen durch dein Vorbild und erflehe uns die Gnade, dass wir täglich in der Liebe wachsen. Lass nicht zu, dass diese kostbare Tugend uns jemals verlorengehe durch eine schwere Beleidigung Gottes, sondern erlange uns durch deine Fürbitte, dass wir in der Liebe ausharren bis an unser Ende. Amen.
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Der dreiundzwanzigste Tag – Von der Nächstenliebe
1. „Wenn jemand sagt, er liebe Gott, und hasst seinen Bruder, der ist ein Lügner und betrügt sich selbst. Wie kann jemand Gott lieben, den er nicht sieht, wenn er seinen Bruder nicht liebt, den er sieht?“ So spricht der Apostel, den der Herr mehr als die anderen geliebt hat, und dessen ganzes Wesen von der Liebe verklärt war, der heilige Evangelist Johannes. Die Nächstenliebe ist gewissermaßen der Prüfstein der Gottesliebe. Die Nächstenliebe ist auch das Kennzeichen des wahren Christen. So spricht der Herr: „Daran sollen die Menschen erkennen, dass ihr meine Jünger seid, wenn ihr euch einander liebt.“ Wenn wir Kinder Gottes sein wollen, müssen wir einander als Brüder anerkennen und lieben. Wenn wir dem Heiland nachfolgen wollen, müssen wir ihm vor allem nachfolgen in der Liebe, weil sie vor allem sein ganzes Leben erfüllte. Nichts ist dem wahren Christentum und der Vollkommenheit so zuwider wie Herzenskälte und Gehässigkeit.
2. Die Nächstenliebe muss aber nicht bloß auf den Lippen wohnen, sondern wir müssen sie im Herzen tragen; sie muss sich nicht bloß in schönen Worten zeigen, sondern im Werk. Nur der liebt seinen Mitmenschen wahrhaft, der bereit ist, ihm zu helfen in der Not, der mit ihm trauert im Unglück und sich mit ihm freut im Glück, der auch bereit ist, ein Opfer zu bringen für den Nächsten, wenn es darauf ankommt. „Geben ist seliger als nehmen“, sagt der Herr; das ist ein Wort, dessen Wahrheit sich nur dem erschließt, der es selber in werktätiger Liebe erprobt. Immer wieder weist uns die Heilige Schrift hin auf die Werke der Barmherzigkeit, und der Heiland verheißt uns ein gnädiges Gericht, wenn wir diese Werke üben. Er will das, was wir dem geringsten seiner Brüder tun, so ansehen, als sei es ihm selber getan worden. Könnte er die werktätige Nächstenliebe wohl eindringlicher empfehlen?
3. Weil Maria Gott von ganzem Herzen liebte, darum war ihr Herz auch voll von aufrichtiger Liebe zu den Menschen. Ihre mitleidigen Augen sahen auf der Hochzeit zu Kana die Verlegenheit der armen Brautleute, und sie, die von ihrem Sohn nie etwas für sich selbst erbeten hatte in ihrer eigenen Armut, sie setzte alle Zurückhaltung beiseite und bat für die Brautleute. Ihrem liebevollen Herzen hat der Herr vom Kreuz herab die ganze Menschheit anempfohlen, und alle hat Maria mit ihrer mütterlichen Liebe umfangen. Wollen wir nun rechte Marienkinder sein, so müssen auch wir Liebe üben an unseren Brüdern und Schwestern. Gelegenheit dazu finden wir alle Tage, und möglich ist es einem jeden, denn es wird nicht von uns gefordert, dass wir reiche Spenden geben und große Opfer bringen. Gerade im Kleinen, im alltäglichen Leben bewährt sich das wahrhaft liebevolle Herz.
Lasset uns beten drei Ave-Maria, um durch die Fürbitte Mariä in der Nächstenliebe zu wachsen.
Zusatz: . . . Jesus, der uns wahre Liebe zum Nächsten verleihen wolle.
Gebet
Maria, du liebevolle Mutter aller Gläubigen, du wirst niemals müde, deiner Kinder zu gedenken und ihnen mit deinem Gebet zu Hilfe zu kommen. Erbitte uns die Gnade, dass wir auch untereinander durch wahre Liebe verbunden seien, damit wir so würdig werden, deine Kinder zu heißen, und damit auch Gott der Herr uns als seine Kinder anerkenne. Amen.
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Der vierundzwanzigste Tag – Von der christlichen Klugheit
1. In gewissem Sinne ist die Klugheit von den sittlichen Tugenden die erste, weil sie gleichsam die Leuchte in der Hand trägt und den übrigen Tugenden den rechten Weg zeigt. Man muss die Tugend der Klugheit nicht verwechseln mit der Kraft des Verstandes, die eine natürliche Gabe ist, und erst recht nicht mit der Weltklugheit, die darin besteht, dass einer sich in weltlichen Dingen und Geschäften leicht zurechtfinden kann. Nicht selten stehen sich die Weltklugheit und die christliche Klugheit feindlich gegenüber, weil ihre Ziele und die Wege zum Ziel oft entgegengesetzt sind. Während die Weltklugheit das Irdische sucht, Ehre und Rang, Macht und Reichtum, schaut die christliche Klugheit nur auf das Ewige. Während die Weltklugheit listig und verschlagen ist und nicht selten unlautere Mittel wählt, verbindet sich die christliche Klugheit mit der heiligen Einfalt und geht immer den geraden Weg.
2. Wie wir an Eva den Mangel dieser Tugend sehen können, so ist Maria ein Vorbild der Klugheit. Eva wollte die Gefahr nicht erkennen, als die Schlange sie in verführerischer Weise ansprach; sie ließ sich in eine Unterhandlung ein, wo sofortige Flucht geraten war, und so kam sie zu Fall. Maria hörte den Gruß des Engels und erschrak über die Ehre, die ihr zuteil würde; aber sie schwieg in kluger Besonnenheit. Sie hörte die wunderbare Botschaft, dass sie die Mutter des Erlösers werden sollte, und mit klugem Bedacht hielt sie dem Engel das Gelübde ihrer Jungfräulichkeit entgegen. Erst als ihr die Versicherung geworden war, dass sie als Mutter des Erlösers Jungfrau bleiben sollte, nahm sie die himmlische Botschaft in Demut an. So handelt die christliche Klugheit: sie überlegt und erwägt, um den Willen Gottes recht zu erfassen und den Weg zu finden, der dem göttlichen Willen entspricht, und dann fasst sie ihren Entschluss, ohne weiter zu zögern.
3. Die Klugheit muss alle Tugendübung begleiten. Sie gibt die rechte Art und Weise an, sie zeigt das vernünftige Maß und die schöne Mitte, die vom Zuviel und vom Zuwenig gleichweit entfernt ist. Die Klugheit muss unseren Verkehr mit den Menschen regeln. Sie lehrt uns das rechte Wort zur rechten Zeit. Sie zeigt uns, wie wir den Nächsten seiner Eigenart entsprechend behandeln müssen, um in Frieden mit ihm zu leben und ihn im Guten zu bestärken. Die Klugheit warnt uns vor den Gefahren, die unserem Seelenheil drohen, und gibt uns die besten Mittel an die Hand, um in der Vollkommenheit voranzuschreiten. Noch eins müssen wir uns merken. Die Klugheit hält sich nicht selber für klug, sondern sie ist immer bereit, zu fragen und zu lernen und sich Rat zu holen, zunächst bei Gott in seinem heiligen Wort, dann auch bei verständigen und zuverlässigen Menschen.
Lasset uns beten drei Ave-Maria, um durch die Fürbitte Mariä die Tugend der Klugheit zu erlangen.
Zusatz: . . . Jesus, der uns die Tugend der Klugheit verleihen wolle.
Gebet
Maria, du kluge Jungfrau, erflehe uns Einsicht und Klugheit und bewahre uns vor der Torheit der Sünde und vor der Verblendung der stolzen Weltweisheit. Lass uns immer den rechten Weg erkennen und die rechten Mittel wählen, dass wir nicht in die Irre gehen, sondern die ewige Heimat glücklich erreichen. Amen.
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Der fünfundzwanzigste Tag – Von der Gerechtigkeit
1. Die Gerechtigkeit verbietet, das Recht eines anderen zu verletzen, und fordert, dass wir jedem geben, was ihm gebührt. Somit gehört es auch zur Gerechtigkeit, dass wir Gottes Ehre nicht angreifen und dem Herrn den Dienst leisten, der ihm zukommt. Doch denkt man bei der Tugend der Gerechtigkeit vornehmlich an das Verhalten den Mitmenschen gegenüber, und zwar an erster Stelle, soweit das Eigentumsrecht in Betracht kommt. Zwei Gebote hat Gott gegeben, um das Eigentum zu schützen, das siebente und das zehnte, und doch ist die Welt voll von Ungerechtigkeit. Auch manche Christen lassen sich betören von den falschen Grundsätzen der Weltkinder und halten für Geschäftsklugheit, was im Grunde doch Unehrlichkeit und Betrug ist. Nicht alles, was vor dem weltlichen Strafgesetz frei ausgeht, ist auch gerecht und tadellos vor Gott. Wenn die Habsucht dein Herz verführen will, einen ungerechten Vorteil zu suchen, dann bedenke, dass fremdes Gut keinen Segen bringt, und dass es dein Gewissen belasten wird, wenn das Gericht Gottes naht. Lieber arm in strenger Rechtlichkeit, als reich in Ungerechtigkeit. Denn „was nützt es dem Menschen, wenn er auch die ganze Welt gewinnt, aber Schaden leidet an seiner Seele!“
2. Die Gerechtigkeit verlangt aber mehr von uns, als dass wir keinerlei Betrug üben; wir müssen dem Nächsten auch geben, was ihm zukommt. Es ist ungerecht, einen kärglichen Lohn zu zahlen, auch wenn der andere notgedrungen damit zufrieden ist. Es ist ungerecht, die Bezahlung für geleistete Dienste ungebührlich lange hinauszuschieben. Es ist ungerecht, leichtsinnig Schulden zu machen oder seiner Familie den notwendigen Unterhalt zu kürzen durch Verschwendung. Es ist ungerecht, im Dienst eines anderen träge zu sein und doch den vollen Lohn zu nehmen. Wenn du irgendwie einem anderen vorenthältst, worauf er Anspruch hat, so handelst du ungerecht. Und entschuldige dich niemals mit der Ausrede, es seien nur Kleinigkeiten, denn Kleinigkeiten summen sich auf, und das Kleinste führt zum Großen.
3. Die Gerechtigkeit fordert endlich auch, dass wir die Ehre des Nächsten achten und uns vor Argwohn und falschem Urteil hüten. Sie fordert, dass die Vorgesetzten ihre Untergebenen nicht launenhaft und nicht parteiisch behandeln, sondern nach Verdienst, dass sie nicht mehr fordern, als sie zu fordern berechtigt sind, und dass die Untergebenen den schuldigen Gehorsam in Ehrfurcht leisten. Das Gebiet der Gerechtigkeit ist weit und umfassend. Erwäge wohl, ob du dich nicht gegen diese Tugend verfehlt hast.
Lasset uns beten drei Ave-Maria, um durch die Fürbitte Mariä die Tugend der Gerechtigkeit zu erlangen.
Zusatz: . . . Jesus, der uns einen gerechten Sinn verleihen wolle.
Gebet
Heilige Jungfrau und Gottesmutter Maria, du hast uns die Sonne der Gerechtigkeit gebracht. Siehe, wie die Welt erfüllt ist von Ungerechtigkeit aller Art. Wir aber wollen lieber auf alles verzichten, als unsere Seele mit Ungerechtigkeit beflecken. Erbitte uns die Gnade, dass wir diesem Vorsatz immer treu bleiben. Amen.
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Der sechsundzwanzigste Tag – Vom Starkmut
1. „Eine starke Frau, wer wird sie finden? Ihr Wert ist köstlich, wie von Dingen, die aus fernem Land kommen.“ Dieses Wort Salomos hat niemals vollkommenere Erfüllung gefunden als in Maria. So zart, so still und bescheiden die allerseligste Jungfrau vor uns steht, so mutig, so tapfer und stark ist das reine Herz in ihrer Brust. Sie hat nicht gezagt, als sie mit dem Kindlein vor dem Grimm des Herodes fliehen musste in fremdes Land. Starkmütig hat sie auf ihren Sohn verzichtet, Abschied genommen von dem Liebsten, das sie auf Erden hatte, und ist einsam zurückgeblieben in Nazareth. Ohne ein Wort der Klage ist sie ihrem Sohn nachgefolgt auf dem Kreuzweg; sie hat sein bitteres Sterben angesehen auf Golgatha und hat den blutüberströmten Leib auf ihren Schoß genommen und zum Grab begleitet. Nach Gott fürchtet der Teufel nichts so sehr als die starke Jungfrau, die ihm, wie das Hohelied singt, furchtbar erscheint wie ein wohlgeordnetes Schlachtheer.
2. Wie elend und armselig steht neben dieser starken Jungfrau der stolze Pilatus, der in feiger Menschenfurcht gegen seine bessere Einsicht das Todesurteil über den Unschuldigen spricht! Die Welt rühmt sich gern ihres Mutes und ihrer Stärke, aber es ist vielfach eitel Schaum und Prahlerei. Nur wer auf Gott sich stellt, ist wahrhaftig starkmütig, wahrhaft mutig und tapfer. Auch du, meine Seele, hast das Sakrament der Stärkung empfangen, die heilige Firmung, die dich gesalbt hat zum Streiter Christi. Auch du musst den Kampf des Lebens kämpfen, Hindernisse überwinden und Feinde besiegen. Nur wer siegreich ausharrt in diesem Kampf, wird gekrönt. Schwierigkeiten kommen auch für dich. Auch dir wird die Pflicht mitunter hart und bitter erscheinen, auch du musst Opfer bringen, und vielleicht findest du Widerstand, Spott und Hohn und Anfeindung da, wo du es am wenigsten erwartest. Verliere den Mut nicht, sondern gehe stark und tapfer den geraden Weg und halte fest, was du für gut und gerecht erkennst.
3. Wenn Kleinmut dich befallen will, dann bete und suche Kraft bei Gott. Blicke hin auf Maria und auf die große Schar ihrer Kinder, die ihr treu gefolgt sind durch alle Hindernisse und Anfeindungen hindurch. Haben nicht die Märtyrer Gut und Blut und Leben freudig geopfert für den Glauben und für die Tugend? Und waren nicht unter ihnen schwache Frauen und Kinder? So viel, wie von ihnen, wird Gott von dir nicht verlangen. Wenn sie so stark gewesen sind im blutigen Kampf, dann wird auch dich die Gnade stärken für alles, was du vollbringen, und gegen alles, was du überwinden musst.
Lasset uns beten drei Ave-Maria, um durch die Fürbitte Mariä die Tugend des Starkmutes zu erlangen.
Zusatz: . . . Jesus, der uns im Kampf stärken wolle.
Gebet
Maria, du starke Jungfrau, strecke deine Hand aus gegen die vielen Feinde, die deinen Kindern mit Macht und List nachstellen. Erflehe uns einen zuversichtlichen Mut und eine tapfere Ausdauer im Kampf mit allen Hindernissen und Gefahren des Heils, damit wir den Sieg erringen und die unvergängliche Krone erlangen. Amen.
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Der siebenundzwanzigste Tag – Von der Mäßigung
1. Der Starkmut kräftigt uns, dass wir auf dem Weg des Heils nicht zurückweichen vor dem, was unserer Natur unangenehm ist; die Mäßigung kräftigt uns, dass wir uns nicht verlocken lassen von dem, was unserer Natur angenehm ist. Das eine kann so gut ein Hindernis des Heils sein wie das andere, und so bildet die Mäßigung eine Ergänzung des Starkmutes. Die Mäßigung lehrt uns, das leidenschaftliche Begehren zu beherrschen und Maß zu halten in allen Dingen, so wie die vom Glauben erleuchtete Vernunft es uns vorschreibt. Diese Kardinaltugend umfasst mehrere besondere Tugenden, namentlich die Mäßigkeit, die sich auf den Genuss von Speise und Trank bezieht, die Keuschheit, die in der Beherrschung der sinnlichen Lust besteht, die Demut, die das übermäßige Verlangen nach Ehre und Ruhm überwindet, und die Sanftmut, die die Neigung zum Zorn im Zaum hält.
2. Die Mäßigung ist eine wichtige Tugend, denn sie hält die Begierlichkeit zurück, die so leicht im Menschen zur Leidenschaft heranwächst und ihn dann in viele Sünden stürzt. Sie ist eine schöne Tugend, denn sie schafft Ordnung in der Seele des Menschen, weil sie das Niedere der Herrschaft des Höheren unterwirft; sie verleiht der Seele eine liebliche Ruhe und eine erhabene Würde. Die Mäßigung ist Selbstbeherrschung, und diese Herrschaft ist wahrhaft königlich. Wie elend, wie niedrig und wie unglücklich wird dagegen der Mensch, der sich seinen Leidenschaften überlässt! Es geht ihm nicht anders als dem verlorenen Sohn, der so tief herunterkam, dass er die Schweine hüten musste und nach ihrem Futter hungerte.
3. Nicht leicht wird die Tugend der Mäßigung errungen, besonders wenn dem Menschen eine gewisse Leidenschaftlichkeit angeboren ist. Es kostet Kampf und Opfer. Die Kirche leitet uns an zum Fasten und zu anderen Abtötungen; sie ermahnt uns, dass wir uns auch in erlaubten Dingen mitunter etwas entziehen sollen, und diesen Weisungen sollen wir folgen. Maria hat das große Opfer nicht gescheut, dass sie schon in frühester Jugend ihr Elternhaus verließ und in der Einsamkeit des Tempels auf die Freuden des Weltlebens verzichtete. Von der greisen Prophetin Anna wird uns gesagt, dass sie noch mit vierundachtzig Jahren Gott diente mit Fasten und Gebet. Lass dich ermuntern durch diese erhabenen Beispiele! Eine unbeherrschte, ungeübte und weichliche Seele ist immer in Gefahr der Sünde. Wer sich aber selbst überwindet, der wird auch den Teufel und die Welt überwinden.
Lasset uns beten drei Ave-Maria, um durch die Fürbitte Mariä die Tugend der Mäßigung zu erlangen.
Zusatz: . . . Jesus, der uns die Tugend der Mäßigung verleihen wolle.
Gebet
O Maria, du opferwillige, abgetötete Magd des Herrn, in deiner Seele hat sich niemals eine ungeordnete Regung gegen den heiligen Willen Gottes empört. Siehe, wie unsere Leidenschaft immer wieder sich erhebt und uns zu überwinden sucht. Hilf uns doch, dass wir allen Lockungen widerstehen und uns niemals fortreißen lassen, die Grenzen zu überschreiten, die Gottes heiliger Wille uns gesetzt hat. Amen.
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Der achtundzwanzigste Tag – Von der Demut
1. Als die allerseligste Jungfrau Maria vom Engel Gabriel als die Gnadenvolle begrüßt wurde und die Botschaft erhielt, dass sie die Auserwählte unter allen Frauen sei, gab sie zur Antwort: „Siehe, ich bin eine Magd des Herrn, mir geschehe nach deinem Wort.“ Der Engel huldigt ihr als seiner Königin, er verkündigt ihr die höchste Würde der Gottesmutterschaft, und Maria nennt sich eine Magd. So demütig war sie in ihrem Herzen. Wohl erkannte sie die unvergleichliche Größe ihrer Auszeichnung. Sie sagt selber im Magnifikat: „Großes hat an mir getan, der da mächtig ist und dessen Name heilig.“ Aber alle Ehre gab sie Gott dem Herrn: „Er hat angesehen die Niedrigkeit seiner Magd.“ Das ist die wahre Demut, die Gottes Gabe und Gnade wohl zu würdigen weiß, aber keine Ehre für sich in Anspruch nimmt.
2. Die Demut wird das Fundament aller Tugend genannt. Je höher das Gebäude werden soll, umso tiefer muss das Fundament gelegt werden; je größere Vollkommenheit die Seele erreichen soll, umso demütiger muss sie sein. Die Demut gefällt Gott dem Herrn in vorzüglicher Weise, darum wählt er gerade die demütigen Seelen aus, um durch sie Großes zu wirken. Darum, sagt die heilige Theresia, ist die Demut Gott so angenehm, weil sie die Wahrheit ist. In Wahrheit sind wir Menschen aus uns selbst armselig und unwürdig, wie nichts zu achten; alles, was wir sind und haben, verdanken wir Gott. Die Demut ist gnadenreich. „Dem Stolzen widersteht der Herr, dem Demütigen schenkt er seine Gnade“, sagt die Heilige Schrift. So wurde das demütige Gebet des Zöllners erhöht, der stolze Pharisäer aber ging ungerechtfertigt nach Hause.
3. Wieviel Grund haben wir, demütig zu sein, wenn sogar die heiligste und gnadenreichste Gottesmutter sich nur als eine Magd des Herrn bezeichnen wollte! Aber wie oft verfehlen wir uns gegen diese Tugend, wie wenig ist die Demut fest gegründet in unserem Herzen! Vielleicht prahlen wir nicht mit offenen Worten, aber im Stillen überheben wir uns nur zu gern. Und werden wir nicht gleich unwillig, wenn wir nicht die Anerkennung finden, die wir wünschen, oder wenn wir getadelt werden? So wichtig und so schön die Demut ist, so schwer ist sie zu erlangen. Bete um diese Tugend, halte dir deine Armseligkeit vor Augen und betrachte das Gute als eine Gabe von Gott, deren du dich nicht rühmen darfst. Wenn die Versuchung über dich kommt, deine Mitmenschen zu verachten, so erwäge, dass du selber leicht in größere Fehler fallen könntest als sie, wenn Gottes Gnade dich nicht beschützte.
Lasset uns beten drei Ave-Maria, um durch die Fürbitte Mariä die Tugend der Demut zu erlangen.
Zusatz: . . . Jesus, der uns wahre Demut verleihen wolle.
Gebet
O Maria, du demütige Magd des Allerhöchsten, du hast uns den Heiland geboren, der sanftmütig und demütig von Herzen war, der gekommen war, nicht um zu herrschen, sondern um zu dienen. Erbitte uns die Tugend einer aufrichtigen wahren Demut, dass unsere stolzen Herzen sich beugen vor Gott dem Herrn, auf dass wir Gnade finden vor seinem Angesicht. Amen.
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Der neunundzwanzigste Tag – Vom Gehorsam
1. Vom Ungehorsam gegen Gott kommt alle Sünde und alles Elend. Der Gehorsam führt uns zum ewigen Glück. Durch ihren Ungehorsam sind die aufrührerischen Engel in den Abgrund der Hölle gestürzt und haben die Stammeltern unsägliches Elend über sich und ihre Nachkommen gebracht. Die zweite Eva, die allerseligste Jungfrau Maria, hat Gehorsam geübt. „Siehe, ich bin eine Magd des Herrn, mir geschehe nach deinem Wort“; in diesem Ausspruch liegt nicht nur ein Zeugnis der Demut, sondern auch eine Beteuerung des unbedingten Gehorsams, und dies Wort war der Wahlspruch ihres ganzen Lebens. Der göttliche Heiland, der uns in allem ein Beispiel gegeben hat, ist gehorsam geworden bis zum Tod am Kreuz. Der Ungehorsam ist der Weg, der von Gott hinwegführt ins Verderben; wollen wir zu Gott kommen, so müssen wir den Weg des Gehorsams gehen.
2. Der Gehorsam fordert auch, dass wir uns denen unterwerfen, die Gottes Stelle auf Erden vertreten. Die Kinder müssen den Eltern gehorchen, wie Jesus selber seinen Eltern untertan gewesen ist. Die Untergebenen müssen den Vorgesetzten gehorchen, und so geht die Forderung des Gehorsams durch alle Stände hindurch. Niemand ist so groß und steht so frei da, dass er niemals zu gehorchen brauchte; auch über den Königen und Regierenden steht das Gesetz und zuallerletzt der heilige Wille Gottes. Wenn die Bande des Gehorsams sich lösen, dann löst sich die Ordnung, dann wankt die Wohlfahrt, und alles muss zugrunde gehen.
3. Der Gehorsam fällt dem Menschen mitunter schwer, denn es liegt in dieser Tugend ein großes Opfer, das Opfer des eigenen Willens. Darum auch hat der Gehorsam ein so großes Verdienst, und darum ist er so wichtig im Tugendleben. Wer sich selbst überwindet und seinen stolzen Willen bändigt, der erlangt sittliche Kraft und wird dem Bösen leichter widerstehen. Nur der ist wahrhaft frei, der sich selbst beherrschen kann. Wer aber immer seinem eigenen Willen folgt, der wird ein Sklave der Leidenschaft. Aller Gehorsam gegen Menschen aber hat eine Grenze, die niemals überschritten werden darf. Das ist der Wille Gottes. „Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen“, dies Apostelwort steht für ewig fest. Die menschliche Autorität kommt von Gott, und wenn sie sich gegen Gott richtet, so hat sie ihre Kraft und Geltung verloren.
Lasset uns beten drei Ave-Maria, um durch die Fürbitte Mariä die Tugend des Gehorsams zu erlangen.
Zusatz: . . . Jesus, der uns ein gehorsames Herz geben wolle.
Gebet
Du gehorsamste Tochter des himmlischen Vaters, die du auch der irdischen Obrigkeit unter schweren Opfern gehorsam gewesen und nach Betlehem gepilgert bist, um dem Gesetz zu genügen, siehe, wie der Ungehorsam und die Auflehnung sich breitmachen in der Welt. Wir wollen deinem und deines Sohnes Beispiel folgen und immer den sichern Weg des treuen Gehorsams gehen. Unterstütze unsern guten Vorsatz mit deiner mächtigen Fürbitte. Amen.
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Der dreißigste Tag – Von der Herzensreinheit
1. „O wie schön ist ein keusches Geschlecht im Tugendglanz! Unsterblich ist sein Andenken, und bei Gott und den Menschen ist es in Ehren.“ So rühmt der Heilige Geist die Tugend der Keuschheit. Diese Tugend erhebt den Menschen über seine sinnliche Natur und macht ihn den reinen Geistern ähnlich, so dass er mit Recht „ein Engel im Fleisch“ genannt wird. Wie Gott durch das Strafgericht über Sodom und Gomorra und durch die Sündflut gezeigt hat, dass er das Laster der Unkeuschheit besonders verabscheut, so hat er auch deutlich zu erkennen gegeben, dass er die Tugend der Keuschheit besonders liebt. Die reinste Jungfrau wurde auserwählt zur Mutter des Sohnes Gottes und der keusche Joseph zu seinem Pflegevater; den unschuldigen Johannes würdigte der Herr seiner Freundschaft, und von den jungfräulichen Seelen heißt es in der Geheimen Offenbarung, dass sie dem Lamm überall folgen und ein neues Lied singen, das niemand sonst singen kann.
2. Auch von den Menschen wird diese Tugend geliebt und bewundert. Sie verleiht dem ganzen Wesen unbewusste Würde und liebliche Anmut, gleich dem zarten Schmelz, der eine unberührte Lilie schmückt. Selbst ein verdorbenes Herz neigt sich in unwillkürlicher Huldigung vor dem Glanz der Keuschheit. Eine reine Seele trägt in sich den kostbaren Schatz des Gottesfriedens, der mehr wert ist als alle Reichtümer der Welt. Wie sie die Verheißung hat, dass sie dereinst Gott anschauen soll, so dringt sie schon in diesem Leben mit tieferem Verständnis und mit innigerer Liebe in die göttliche Wahrheit ein. Die Reinheit macht das Herz auch stark im Kampf, denn über ein reines Herz hat der Teufel keine Gewalt. Jeder Mensch soll diese Tugend üben und sorgfältig bewahren, doch fordert die Keuschheit nicht in jedem Stand dasselbe. Eine andere ist die jungfräuliche, eine andere die eheliche Keuschheit; der Beruf aber zu diesem oder zu jenem Stand kommt von Gott.
3. So kostbar und so schön die Tugend der Keuschheit ist, so schwer ist es, sie ganz unberührt und vollkommen zu bewahren. Es drohen nicht nur viele Gefahren von außen, böses Beispiel und Verführung, sondern im Herzen selber lauert die böse Lust als der schlimmste Feind. Darum bedarf es einer beständigen Wachsamkeit, einer fortwährenden Kampfbereitschaft, einer großen Selbstbeherrschung und vor allem auch eines inständigen Gebetes. Glaube aber nicht, christliche Seele, dass es unmöglich sei, diese Tugenden zu üben, und lass dich nicht betören von falschen verführerischen Lehren. Wir können alles in dem, der uns stärkt. Wenn wir auch noch so unwürdig sind, so wollen wir doch mit großem Vertrauen aufblicken zu Maria, unserer Mutter, unserem Vorbild und unserer Helferin. Sie wird uns im Kampf beistehen mit ihrer Fürbitte.
Lasset uns beten drei Ave-Maria, um durch die Fürbitte Mariä in allen Versuchungen gegen die heilige Reinheit gestärkt zu werden.
Zusatz: . . . Jesus, der ein reines Herz in uns erschaffen wolle.
Gebet
Maria, du Königin der Jungfrauen, du reine, unbefleckte Lilie im himmlischen Paradies, sei uns in Liebe und Bewunderung gegrüßt. Vor der Schönheit deiner keuschen Seele neigen sich die Engel, und der heilige dreieinige Gott hat an dir ein vollkommenes Wohlgefallen. Auch uns ist in der heiligen Taufe das weiße Kleid der Unschuld geschenkt worden, das wir unbefleckt vor den Richterstuhl Christi tragen sollen. Aber wir haben es nicht treu bewahrt, und wir müssen fürchten, dass wir es gänzlich verlieren im schweren Kampf des Lebens. So komm uns doch zu Hilfe mit deinem Gebet! Auf dich setzen wir unser Vertrauen, nimm dich deiner Kinder gütig an. Amen.
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Der einunddreißigste Tag – Von der Vollkommenheit
1. „Seid vollkommen, wie euer himmlischer Vater vollkommen ist.“ Mit diesem Wort des Herrn wird Gott selbst als das Vorbild unserer Vollkommenheit hingestellt. Dieselbe Forderung hatte Gott schon im Alten Bund an Abraham gerichtet: „Wandle vor mir und sei vollkommen.“ Es gibt nur ein einziges Vorbild, das alle Vollkommenheit in unendlicher Fülle umfasst: das ist Gott. Dies Vorbild aber steht so unerreichbar hoch, dass wir in unserer Schwachheit und Armseligkeit den Mut verlieren möchten, wenn wir zu ihm aufblicken. Es wäre auch ganz vergebens, wollten wir nur mit eigenen Kräften diesen steilen Weg betreten, der uns durch Nachahmung der göttlichen Vollkommenheit immer näher zu Gott hinführen soll. Aber der Herr streckt uns seine Hand entgegen, die uns stützt und emporzieht. Das ist die Gnade. Mit ihrer Hilfe können wir in treuer Mitwirkung immer höher steigen, immer vollkommener und gottähnlicher werden. Und das ist unsere Aufgabe hier auf Erden, mit der wir nicht fertig werden, solange wir leben. Niemand darf stehenbleiben und zurückschauen. Jeder muss unablässig vorwärtsstreben, mit immer neuem Eifer, so dass er jeden Tag zu sich selber spricht: Heute fange ich erst an.
2. Ein jeder soll die Vollkommenheit erreichen, die ihm von Gott nach Maßgabe der ihm zugeteilten Gnade bestimmt ist. Nach freier Wahl teilt der Herr seine Gnade aus, und wenn er jedem genug gibt, so doch nicht allen gleich viel. So teilt der Herr auch einem jeden seinen Beruf zu, er stellt ihn auf den Posten und gibt ihm seine Aufgabe. Sei zufrieden und beneide deinen Bruder nicht; du bist reichlich bedacht worden. Sorge nur dafür, dass du die Gnade benutzt, dass du in deinem Beruf dein Heil wirkst, dass du die Stufe der Vollkommenheit erreichst, die du erreichen kannst. Auch Maria, die vor allen Geschöpfen zur höchsten Vollkommenheit berufen war und sie auch wirklich erreicht hat, steht doch unendlich tief unter Gott dem Herrn, und die bescheidenste Seele, die den letzten Platz im Himmel einnimmt, steht unvergleichlich hoch über allem irdischen Glanz und Ruhm. Sei zufrieden mit dem, was dir zugedacht ist, aber stelle dir ruhig vor, dass dir vielleicht ein hoher Platz im Himmel bereitsteht, und strebe mit allen Kräften danach, dorthin zu gelangen.
3. Es gibt viele Mittel der Vollkommenheit. Selbstprüfung und Selbsterkenntnis, Buße und Abtötung, Gebet und Sakramente, Betrachtung der ewigen Wahrheit, Wachsamkeit und Kampf gegen das Böse, Übung von guten Werken, alles das sind vorzügliche Mittel zur Erlangung der Vollkommenheit. Aber beachte wohl: es sind nur Mittel, in alledem liegt nicht die Vollkommenheit selber. Die Vollkommenheit besteht nicht in äußeren Übungen, so gut sie auch sein mögen, sie ist ganz innerlich und besteht in der vollen Hingabe an Gott, in der Gleichförmigkeit mit ihm, wie sie vor allem bewirkt wird durch die Liebe. Je größer und stärker und reiner die Gottesliebe in deinem Herzen glüht, um so vollkommener bist du, denn die Liebe ist das „Band der Vollkommenheit“.
Lasset uns beten drei Ave-Maria, damit wir durch die Fürbitte Mariä fortschreiten in der Vollkommenheit.
Zusatz: . . . Jesus, der uns ein beharrliches Streben nach der Vollkommenheit verleihen wolle.
Gebet
In deiner Seele, o Maria, hat die göttliche Vollkommenheit sich am reinsten abgespiegelt. Du bist höher zu Gott emporgestiegen als irgendein anderes Geschöpf. Siehe, wir stehen noch so tief unten und fühlen uns beschwert von vielen Mängeln. Reich uns deine mütterliche Hand und unterstütze unser Streben, dass wir nicht nachlassen, bis wir das uns bestimmte Ziel erreicht haben. Amen.
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