Maiandachten III

 

Inhalt:

 

Erster Tag -

Unser erstes und letztes Ziel

Zweiter Tag -

Die Notwendigkeit des letzten Zieles

Dritter Tag -

Die Eitelkeit der Welt

Vierter Tag -

Die Bosheit der schweren Sünde

Fünfter Tag -

Die Strafen der schweren Sünde

Sechster Tag -

Der Tod

Siebenter Tag -

Das besondere Gericht nach dem Tod

Achter Tag -

Das allgemeine Gericht über die Sünder

Neunter Tag -

Das allgemeine Gericht über die Gerechten

Zehnter Tag -

Die Hölle

Elfter Tag -

Die beiden Wege

Zwölfter Tag -

Die Hingabe an Gott

Dreizehnter Tag -

Die Tugend der Demut

Vierzehnter Tag -

Die Übung der Demut

Fünfzehnter Tag -

Die Tugend des Gehorsams

Sechzehnter Tag -

Die Tugend der Geduld

Siebzehnter Tag -

Die Tugend des Stillschweigens

Achtzehnter Tag -

Die Tugend der Reinheit

Neunzehnter Tag -

Die Tugend der Armut

Zwanzigster Tag -

Die Tugend des Glaubens

Einundzwanzigster Tag -

Die Tugend der Hoffnung

Zweiundzwanzigster Tag -

Das Gebet

Dreiundzwanzigster Tag -

Die Abtötung

Vierundzwanzigster Tag -

Die Lostrennung von allen Geschöpfen

Fünfundzwanzigster Tag -

Die Liebe Gottes

Sechsundzwanzigster Tag -

Die Eigenschaften der Liebe Gottes

Siebenundzwanzigster Tag -

Die vorzüglichsten Mittel zum Wachstum in der Liebe Gottes

Achtundzwanzigster Tag -

Die Gleichförmigkeit unseres Willens mit dem Willen Gottes

Neunundzwanzigster Tag -

Die Versuchungen

Dreißigster Tag -

Das Verlangen nach dem Besitz Gottes

Einunddreißigster Tag -

Das in Christus verborgene Leben

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Der Mai beginnt. Dieser Monat, der schönste, der lieblichste des ganzen Jahres, in dem die Erde sich wieder mit dem Gewand des Frühlings bekleidet, ist der Verherrlichung der jungfräulichen Gottesmutter geweiht. Heilige Freude erfüllt daher die Herzen ihrer gläubigen Verehrer. Sie wetteifern miteinander in heiliger Begeisterung, um in dieser Zeit durch ihre Andachten, ihre Gebete, Betrachtungen, Lobgesänge und Tugendübungen Maria zu verehren. Bei dieser Begeisterung für die Maiandacht, die in allen Ländern, nicht nur in Städten, sondern auch in Dörfern, gefeiert wird, muss jedes katholische Herz mächtig aufjubeln und angeregt werden, diesen Monat hindurch mit allem Eifer und in Vereinigung mit der ganzen katholischen Christenheit Maria zu verehren, die ihre unvergleichliche Muttergotteswürde aller Verehrung würdig macht.

Matthias Hergert

 

 

Vorbereitungsgebet

 

Herr, öffne unseren Mund, dass wir Deinen heiligen Namen in der Verehrung der heiligsten Jungfrau Maria würdig loben. Reinige unsere Herzen von allen eitlen, unnützen und ausschweifenden Gedanken, erleuchte unseren Verstand und entzünde unseren Willen, dass wir unser Gebet mit wahrer Demut, festem Vertrauen und inniger Andacht so verrichten, dass es von Deiner unendlichen Güte erhört werden möge, der Du lebst und herrschst von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.

 

Aufopferungsgebet

 

Heiligste Jungfrau und glorreichste Gottesmutter Maria, wir haben uns hier wiederum vor dir versammelt, um dir unsere Verehrung und Liebe zu bezeigen. Wir freuen uns deiner hohen Würde und Glorie, die dir der Allmächtige verliehen hat. Wir loben und preisen den Herrn, dass er dich uns zur Mutter gegeben hat, dass er dein reinstes und heiligstes Herz mit der vollkommensten Liebe ausgeschmückt hat. Möge doch dein liebevolles Herz Freude haben an unseren Lobgesängen und Gebeten! Wir vereinigen sie mit den Gebeten aller frommen Christen in diesem Monat, wie auch mit den Lobgesängen, die die Engel des Himmels dir, ihrer liebreichen Königin, darbringen. Die größte aller Gnaden erbitte uns, dass wir Gott, unseren Herrn, bis an unseren Tod treu bleiben und dann das unaussprechliche Glück haben, mit allen Heiligen und Engeln des Himmels dir zu danken, dich zu loben und zu lieben und mit dir Jesus, deinen Sohn, und die allerheiligste Dreifaltigkeit zu preisen und zu lieben in alle Ewigkeit. Amen. 

 

 

Erster Tag - Unser erstes und letztes Ziel

 

1. Das erste Ziel des Menschen hier auf Erden ist Gott dienen, denn dazu hat dich Gott, der allmächtige Vater, erschaffen, deswegen erhält er dich auch. Seinen heiligen und immer gerechten Willen, der nur dein Bestes will, sollst du stets befolgen. So hat Gott selbst geboten: „Du sollst Gott, deinen Herrn, anbeten und ihm allein dienen.“ Und zwar sollst du ihm allein dienen, weil, wie, wann und wo er es will, in dem Stand, den er dir angewiesen hat, in der Art und Weise, wie er es von dir verlangt, mit den Mitteln, die er dir gegeben hat, mit Bereitwilligkeit und freudigem Herzen, nicht wie ein Sklave seinem Herrn, sondern wie ein gut geartetes Kind seinen lieben Eltern. Gott ist dein gütigster, liebevollster  Vater. Dieses Ziel hatte Maria stets vor Augen, darum nannte sie sich auch Magd des Herrn. „Siehe, ich bin die Magd des Herrn.“ Wie eine Blume immer der Sonne entgegenschaut, so waren alle ihre Gedanken, Worte und Werke immer auf Gott, die Sonne der Gerechtigkeit gerichtet in allen Lagen und Verhältnissen ihres Lebens, sowohl bei den Freuden, die ihr zuteil wurden, als auch bei den schweren Prüfungen, die Gott über sie verhängte. Ihr Wille war mit dem göttlichen ebenso vereinigt, als die Weisen aus dem Morgenland vor ihrem göttlichen Sohn knieten, wie zu der Zeit, wo sie ihren lieben Sohn am Kreuz sterben sah. Ebenso, während sie die Wundertaten ihres Sohnes erblickte, als in dem Augenblick, wo sie mit ihm nach Ägypten flüchtete. Zwei Herren kann man nicht zugleich dienen. Es gibt nur einen wahren Herrn im Himmel und auf Erden, und dieser ist Gott, der Herr der Heerscharen.

Hast du, meine Seele, Gott immer gedient? Wem hast du bisher gedient, der Welt, der eitlen Lust, dem Geld, der Sünde, dem Teufel? Wem willst du fortan dienen?

 

2. Das letzte Ziel des Menschen ist die ewige Seligkeit bei Gott. Höre, meine Seele: dienst du Gott, so verspricht er dir eine ewige Seligkeit, die kein Auge gesehen, kein Ohr gehört hat, kein Herz zu empfinden vermag. Dienst du aber der Welt und ihrer Lust, der Sünde und dem Teufel, welchen Lohn wirst du dann empfangen? Statt die Worte des Herrn zu vernehmen: „Du guter und getreuer Knecht, gehe ein in die Freude deines Herrn“, wirst du die schrecklichen Worte hören müssen: „Werft den bösen Knecht hinaus in die äußerste Finsternis, wo Heulen und Zähneknirschen sein wird“. Sieh, wie Maria von Gott belohnt wurde! Aus einer Magd des Herrn ist sie die Königin aller Engel und Heiligen geworden. Wie wird sie sich jetzt freuen am Thron ihres göttlichen Sohnes, umgeben von allen Heiligen des Himmels, freuen der unaussprechlichen Seligkeit, die sie sich durch den treuen Dienst Gottes erworben hat!

Meine Seele, besinne dich! Willst du nicht hier eine kurze Zeit Gott dienen, wie Maria, und im Himmel mit ihr und Jesus herrschen in Ewigkeit?

 

Lasset uns beten drei Ave Maria, um durch Maria dieses Ziel recht zu erkennen.

Gegrüßet seist du . . .

 

Gebet.

O Maria, du demütige Magd des Herrn und Königin des Himmels und der Erde, hilf mir, dass ich den Dienst der elenden Welt verlasse, das harte Joch der Sünde abwerfe, dem Teufel widersage und in den Dienst desjenigen trete, der mich erschaffen, erlöst und geheiligt hat, um einst mit dir und allen Heiligen im Himmel voll seliger Freude herrschen zu können. Amen.

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Zweiter Tag - Die Notwendigkeit des letzten Zieles

 

1. Außer dem Ziel: Gott dienen und selig werden, ist nichts anderes notwendig. „Nur eins“, sprach Jesus zu Martha, „ist notwendig“. Dieses eine ist die Rettung deiner Seele, deiner einzigen unsterblichen Seele. Bedenke, dass der Mensch nicht erschaffen ist, um auf dieser Erde herumzuarbeiten, zu ackern, Handel und Wirtschaft zu treiben, Geld zu sammeln und dann zu sterben. Bedenke, dass es nicht notwendig ist, dass du reich, fröhlich, gesund und geehrt seiest: unzählige Arme, Verachtete, Schwache sind im Himmel, aber kein Fürst und König ist im Himmel zu finden, der Gott nicht hier auf der Erde gedient hat. „Was hilft es dem Menschen, wenn er die ganze Welt gewinnt, aber an seiner Seele Schaden leidet!“ Was nützt es denn, wenn ihm alles auf Erden glückt, wenn dieses eine Geschäft aber fehlschlägt. Was nützt es ihm, wenn er alles gewonnen, aber seine unsterbliche Seele verloren hat. Was schadet es ihm, wenn ihm alles auf der Erde missglückt, aber das eine notwendige Geschäft wohlgerät. Was schadet es dem armen Lazarus, dass er auf der Erde elend war, da er jetzt auf ewig unnennbare Freuden genießt. Was nützt es dem reichen Prasser, dass er so reich gewesen ist, so gut gespeist, so kostbar sich gekleidet und den großen Herrn gespielt hat, da er jetzt in der Hölle brennt und niemand seine Zunge kühlt. Bedenke dieses ernstlich und forsche nach, was dich bisher abhielt und noch abhält vom Dienst Gottes. Schneide ab, gib auf und verachte alles, was dich hindert, Gott von ganzem Herzen zu dienen. Sprich oft zu dir: „Ich will, ja, ich will meine Seele selig machen, dieses ist das eine Notwendige.“ Diesen besten Teil hat Maria gewählt auf der Erde. Darum scheute sie keine Anstrengung, darum wurde sie von keinem Leiden erdrückt, darum mied sie alles, was ihr hinderlich war am Dienst Gottes, darum gebrauchte sie alle dargebotenen Mittel des Heils, war emsig in der Betrachtung des göttlichen Wortes, darum arbeitete, rang und strebte sie voran auf dem steilen und engen Pfad der Tugend. Dafür erlangte sie auch den besten Teil im Himmel, der in Ewigkeit nicht von ihr genommen wird.

 

2. Dieses Ziel ist so notwendig, dass du ohne dasselbe der elendste Mensch wärst. Höre, meine Seele, und zittere. Eine zweifache Ewigkeit wartet auf dich: die eine ist die glückseligste, die andere die unglückseligste. In eine von beiden wirst du eingehen, und von dort nie wieder hinausgehen. Hier gibt es keinen Mittelweg. Sage dir öfters: „Eine aus diesen Ewigkeiten muss ich notwendig betreten.“ Du wirst dich ewig erfreuen oder ewig trauern, du wirst ewig hungern oder ewig gesättigt werden, du wirst ewig ruhen oder ewig müde sein, du wirst ewig jubeln in einem Meer der Freuden oder ewig brennen im Feuer der Hölle. Das ist keine bloße Meinung der Menschen, sondern ein göttlicher Ausspruch: „Die Gottlosen werden gehen in die ewige Pein“, sagt der Herr, „die Gerechten aber ins ewige Leben“. Himmel und Erde werden vergehen, aber diese Worte Gottes werden nicht vergehen.

Jetzt, meine Seele, kannst du noch wählen, vielleicht ist es morgen zu spät. Maria hat den besten Teil erwählt: folge ihr nach, und auch du wirst ewig glückselig werden.

 

Lasset uns beten drei Ave Maria, damit Maria uns helfe, unser letztes Ziel zu erreichen.

Gegrüßet seist du . . .

 

Gebet.

O Maria, meine gütigste Mutter, lehre mich, das eine Notwendige immer im Auge zu haben. Zerreiße die Bande, die mich wegziehen von Gott, dem höchsten Gut, und bitte für mich um Verzeihung, dass ich bisher so blind dahingelebt habe, an die Rettung meiner einzigen unsterblichen Seele so wenig gedacht und dadurch Gott beleidigt habe, den ich aber jetzt lieben und dem ich allein dienen will bis zum letzten Augenblick meines Lebens. Amen.

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Dritter Tag - Die Eitelkeit der Welt

 

1. Alles Irdische, Geld, Hab und Gut, Ehre und Ansehen, Freude und Lust machen den Menschen, der danach unordentlich strebt, oder daran sein Herz hängt, nicht glücklich, verbittern ihm vielmehr das Leben. Siehe, o Seele, wie muss sich der Mensch plagen, wie muss er sich anstrengen, um die Güter der Welt zu erlangen, ihre Freuden zu genießen. Und hat er sie erlangt, hat er sie genossen, so ist er doch nicht zufrieden, also unglücklich. Wo ist wohl ein Weltmensch, der, wenn er auch die ganze Welt besitzt, alle Vergnügungen genießt, zufrieden wäre? König Salomo hatte alles, was sein Herz begehrte, und doch rief er aus: „Alles ist Eitelkeit und Kümmernis des Geistes!“ Der Gedanke: „Geld, Ehre und Lust dauern nur kurze Zeit“, verbittert dem Weltmenschen das Leben. Alle irdischen Freuden und Güter gehen vorüber wie ein Schatten, und auch die Gestalt dieser Welt mit all ihrer Herrlichkeit wird vergehen . . . Was geschieht mit deiner Seele? Wie nun ist es möglich, dass du noch dieser eitlen Welt dienst? Um diesen elenden Preis kannst du Gott, den Himmel, die ewige Seligkeit hingeben?

 

2. Die Welt sucht aber den Menschen zu blenden, sie stellt die Freuden, die Lüste, die Reichtümer, die Ehren so reizend dar, sie malt alles so schön vor die Augen. Doch es kommt der Tod, der ihr die Maske vom Gesicht reißt. Die Todesstunde ist die Zeit, wo die Wahrheit zur Geltung kommt. Da erkennt man, dass alles Irdische Eitelkeit, Rauch und Asche ist, in der Todesstunde verschwinden alle Täuschungen der Welt. Wie verbittern die irdischen Freuden, Güter und Ehren die letzten Augenblicke des Dieners der Welt. König Philipp III. von Spanien rief in der Todesstunde aus: „Hätte ich doch in einer Einöde Gott gedient! Ich würde jetzt mit größerem Vertrauen vor dem ewigen Richter erscheinen.“ Unglücklich lebt, unglücklich stirbt, wer sich von der Welt täuschen und blenden ließ. Richte deinen Blick auf Maria, diese arme, demütige, die Ehren der Welt fliehende, den Freuden und Vergnügungen der Welt abgestorbene Jungfrau. Verachte, fliehe wie sie alle Freuden und Güter der Welt, weihe deine Tage dem Dienst Gottes, und du lebst zufrieden hier und ewig selig in der anderen Welt. Bedenke, einmal musst du doch die Welt verlassen, und du kannst von ihr nichts mitnehmen, als etwa nur die bittere Erinnerung, dass alles eitel gewesen ist, dass du nichts gewonnen, alles verloren hast. Was willst du tun? . . .

 

Lasset uns beten drei Ave Maria, um durch Maria die Gnade zu erlangen, den Eitelkeiten der Welt zu entsagen.

Gegrüßet seist du . . .

 

Gebet.

O Jesus, ich entsage allen irdischen Freuden und Gütern, um mich ganz dir zu weihen. Du hast mir die Erkenntnis gegeben, dass alles eitel ist: gib, dass ich jetzt nach dieser Erkenntnis auch lebe. Verzeihe mir, dass ich bisher so töricht gewesen bin und eitle Dinge dir vorgezogen, dich so sehr beleidigt habe. Jetzt verzichte ich auf alles, um mich ganz dir zu schenken. O Maria, Mutter Gottes, bitte Jesus für mich. Amen.

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Vierter Tag - Die Bosheit der schweren Sünde

 

1. Nur Gott allein erkennt die unendliche Bosheit der Todsünde, weil nur Gott allein, der durch die Sünde beleidigt wird, sich selbst kennt. Je größer der Beleidigte und je geringer der Beleidiger, desto fürchterlicher die Beleidigung. Gott ist die unendliche Majestät, du bist ein geringer Erdenwurm. Gegen die göttliche Majestät erhebst du dich, Sünder, kündigst ihr den Gehorsam. Gott befiehlt: Das sollst du tun, das sollst du unterlassen. Du Sünder antwortest: Ich tue es nicht, ich unterlasse es nicht. Du Erdenwurm, du Häuflein Staub und Asche, erhebst dich gegen den, in dessen Gewalt du jeden Augenblick stehst. Fürchterliche Bosheit! Der Sünder beschimpft und verachtet Gott. Der ärmste Straßenbettler wird nicht so erbärmlich behandelt, als der liebe Gott vom Sünder. Er verkauft Gott um einen noch geringeren Preis, als dreißig Silberlinge: um eine Handvoll Erde, für etwas Kupfer, Gold oder Silber, für die Lust eines Augenblicks. Willst du aber die Bosheit der Sünde noch besser erkennen, gleichsam mit Augen sehen und mit Händen greifen, so richte deinen Blick auf Jesus, der am Kreuz hängt. Es ist Gottes eingeborener Sohn, es ist der Herr der Heerscharen, der starke, unsterbliche, himmlische König, der Allerreinste und Heiligste, den du mit Nägeln an den Schandpfahl des Kreuzes geheftet zwischen zwei Mördern erblickst. Wer hat nun dieses ungeheure Verbrechen vollbracht, wer hat den Unschuldigsten so grausam gemordet? Etwa die Juden? Freilich, aber sie waren nur die Werkzeuge. Die Sünden, auch deine Sünden, haben diese abscheuliche Tat vollbracht. Bedenke ernstlich, o Seele: der Sohn Gottes litt von seinem Vater so entsetzliche Strafe, weil er mit deinen und der Welt Sünden beladen war. Siehst du, wie Gott die Sünde hasst, siehst du, wie er auch deine Sünden verabscheut? Wenn Gott seines eigenen Sohnes nicht schonte, obgleich er, ganz unschuldig, bloß deine Schuld auf sich genommen hat: was für eine Strafe wird er für den bestimmen, der die Sünde selbst vollbracht hat, wenn er sich nicht bekehrt?

 

2. Jesus, der Sohn Gottes, nahm die Schuld und Strafe der Sünde auf sich, um dich und alle Menschen in seinem Blut zu reinigen, mit Gott zu versöhnen, vor der ewigen Verdammnis zu bewahren. Welch eine unermessliche Liebe hat dir Jesus dadurch erwiesen. Der König starb für den Knecht, der gute Hirt für das treulose Schaf, der gute Vater für den ungeratenen Sohn. Und du, o Seele, willst nicht aufhören, zu sündigen, diesen König, diesen guten Hirten und Vater durch deine Sünden immer aufs Neue zu geißeln, zu kreuzigen? Du verschwendest Jesu Blut, verachtest sein Beispiel, seine Gebote. Wie kannst du gleichgültig bleiben über deine Sünden und nicht von tiefem Schmerz zerknirscht werden. Sieh die scharfen Nägel und erwecke Reue.

Blick auf Maria. Sie ist ohne Sünde, so dass auf sie die Worte der heiligen Schrift passen: „Ganz schön bist du, meine Freundin, und es ist kein Makel an dir.“ Maria steht unter dem Kreuz, sie sieht ihren Sohn für die Sünden der Welt leiden, sie opfert zur Sühnung deiner und der ganzen Welt Sünden ihr Liebstes bereitwillig, ihren Sohn, den sie liebte, wie nie eine Mutter ihr Kind geliebt hat, noch lieben wird, den sie liebte mit einer geheimnisvollen Liebe. Was hat das mütterliche Herz empfunden in diesem Augenblick. Jeder Hammerschlag auf die Nägel, die Jesu Hände und Füße durchdrangen, zerriss das Mutterherz. Jeder Seufzer Jesu bei der Todesangst hallte wider in der Mutterbrust. Wie hat Maria auch unserer Sünden wegen gelitten.

 

Lasset uns beten drei Ave Maria, um durch Maria die Bosheit der Sünde recht zu erkennen.

Gegrüßet seist du . . .

 

Gebet.

O gütigster Erlöser, es reut mich über alles, dich beleidigt, dir solche schreckliche Schmerzen zugefügt zu haben. Verzeih, ach, verzeih, o Jesus! Nimmermehr will ich wieder so grausam sein. Himmlischer Vater, um des Blutes deines Sohnes willen erbarme dich meiner. O Maria, Zuflucht der Sünder, um der Todesangst willen, die du mit deinem sterbenden Sohn aushieltest, bitte ich dich, erlange mir wahre Reue über meine Sünden und die Gnade, nie deinen Sohn schwer zu beleidigen. Amen.

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Fünfter Tag - Die Strafen der schweren Sünde

 

1. An den Früchten erkennt man den Baum. Die Frucht der Sünde ist die Strafe: die Strafe beweist die Bosheit der Sünde. Die erste Sünde begingen die Engel des Himmels: es war die Sünde der Hoffart, der Auflehnung gegen Gott. Und wie schrecklich strafte sie Gott. Der Blitz des Allmächtigen schleuderte sie hinab in den Abgrund der Hölle. So straft Gott die Sünde, und du, Erdenwurm, wagtest es, hundert,- ja tausendmal zu sündigen, dich gegen Gottes Allmacht zu erheben. O Bosheit aller Bosheit.

 

2. An den Engeln strafte Gott so entsetzlich die Sünde, aber auch die sündigen Menschen sollten seine Strafe fühlen. Die ersten Menschen aßen von der verbotenen Frucht, sie wollten Gott gleich sein und empörten sich gegen Gott. Wie furchtbar hat Gott diese Sünde bestraft. Wegen dieser Sünde mussten Adam und Eva verbannt aus dem Paradies im Elend sterben, wegen dieser Sünde sind nun alle ihre Nachkommen dem Tod verfallen, wegen dieser Sünde kamen und kommen noch immer die traurigsten Gefährten des Todes: Schmerz, Arbeit, Krankheiten, Pest, Hungersnot, Erdbeben, Kriege über die Menschen . . . Macht die Betrachtung solcher Übel keinen Eindruck auf dich? Wen sollten diese strafenden Blitze der Rache Gottes nicht aus dem Sündenschlaf aufrütteln.

So viel Unheil brachte der Ungehorsam, die Sünde, aber wie viel Gutes brachte dagegen Maria durch ihren Gehorsam gegenüber Gott und durch ihre Tugenden über das ganze Menschengeschlecht. Darum betet die Kirche am Fest ihrer Geburt: „Deine Geburt, jungfräuliche Gottesgebärerin, hat der ganzen Welt Freude verkündigt, denn aus dir ist aufgegangen die Sonne der Gerechtigkeit, Christus, unser Gott, der den Fluch vernichtet und Segen verbreitet, den Tod zuschanden gemacht und uns ewiges Leben geschenkt hat.“ Sie ist jetzt am Thron Gottes unsere Mittlerin und Fürsprecherin, um alle dem liebenden Herzen ihres Sohnes nahezubringen, die Guten und die Bösen. Sie erfleht den Gerechten die Gnade der Beharrlichkeit, den Sündern die Gnade wahrer Buße.

 

Lasset uns beten drei Ave Maria, um durch Maria vor jeder schweren Sünde bewahrt zu bleiben.

Gegrüßet seist du . . .

 

Gebet.

O mein Gott, wie kann ich dir genug danken, dass du mich noch leben lässt, dass du mich nicht schon bei meiner ersten Sünde in die Hölle hinabgeschleudert hast. Nein, niemals will ich mehr sündigen. Gib mir Tränen der Reue, dass ich Tag und Nacht meine Sünden beweine, gib mir die Gnade, dass ich in Hass gegenüber jeder Sünde entbrenne und dir allein diene, dich allein liebe und so deinem furchtbaren Zorn entgehe. O Maria, meine einzige Hoffnung, bitte für mich um Gnade und Erbarmen. Amen.

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Sechster Tag - Der Tod

 

1. Was ist der Tod? Der Übergang von der Zeit in die Ewigkeit. Sterben ist schnell gesagt: es sind nur wenige Buchstaben. Was heißt aber Sterben? Sterben heißt: verlassen Haus und Hof, verlassen die Bequemlichkeit des Hauses und deine Lebensweise, verlassen das Geld, das du angesammelt hast, verlassen die Angehörigen, Verwandten, Freunde, verlassen die Genossen der Sünde, verlassen den Leib, auch wenn du ihn unsinnig liebtest, verlassen die Welt mit all ihrer Herrlichkeit, auch wenn du sie so hoch geschätzt, dass du den Himmel darüber vergessen hast. Sterben heißt: verlassen die Welt und wandern – wohin? Mit dem Leib ins Grab, um zu verwesen, mit der Seele ins Haus der Ewigkeit, um dort ewig glückselig oder unglückselig zu leben. O Seele, im Tod, beim Schein der Sterbekerze, da wirst du sehen, wie kurz, gering, eitel, flüchtig und falsch alle Herrlichkeit der Welt gewesen ist. Du wirst dann zurücksehen auf die Reihe deiner Jahre, die so schnell vergangen sind, du wirst zurücksehen auf die Tage, die du in Leichtsinn, Trägheit oder im Genuss unerlaubter Freuden, in Vollbringung böser Werke durchlebt hast, auf die endlose Zahl der Sünden, die du vielleicht noch nicht erkannt, bereut, abgebüßt hast. Du wirst sehen, wie gering die Zahl deiner guten Werke ist, die am Ende nicht einmal gute Werke sind, weil du sie nicht aus reiner Absicht zur Ehre Gottes vollbracht hast. So musst du zurückschauen. Und wenn du vorwärts schaust, siehst du den Tod, der von Gott gesandt ist, dich abzuholen, auf dass du Rechenschaft gibst von all deinem Tun und Lassen. Du siehst die grenzenlose Ewigkeit und den dunklen Weg, der dahin führt, ohne zu wissen, was mit dir geschehen wird. Das ist der Tod, dem niemand widersteht, dem niemand entgeht, der auch dich überwinden und dein Leben und mit diesem alles Irdische dir rauben wird. Wann aber? Wo und wie? Weißt du es? Bist du bereit, heute noch zu sterben und in die Ewigkeit einzugehen? Und wenn du es nicht bist, zitterst du nicht?

 

2. Siehe, der Tod ist wie ein Dieb, er kommt, da niemand es weiß, und von diesem Tod, der nur einmal kommt, hängt die Ewigkeit ab. Einmal nur stirbt der Mensch: stirbt er nicht gut, so ist er ohne Widerruf grenzenlos unglücklich. Des Todes Spiel ist ein gefährliches Spiel. Ist der Würfel gefallen, dann kannst du nicht mehr das zweite Mal werfen, der Wurf ist gefallen für ewig. Die Kunst, gut zu sterben, ist die größte Kunst. Der Fehler, der in diesem Augenblick begangen wird, kann wohl ewig beweint, aber nie verbessert werden. Fürchtest du dich nicht? Den Wurf musst du bald machen, und nur einmal, das ist gewiss, aber du kannst noch verhindern, dass der Wurf unglücklich für dich ausfällt. Deine Sache ist es, von jetzt an gut, nach dem Willen Gottes zu leben, und die Sache Gottes ist es, dir nach deinem Wunsch einen guten Tod zu geben. Versetze dich jetzt schon auf das Totenbett: wie du dort wünschst, gelebt zu haben, so lebe jetzt. Du wirst dort vor allem wünschen, von allen Sünden rein, mit Gott versöhnt zu sein. Tue es jetzt, bereue deine Sünden, beichte sie und lebe dann nach Gottes Willen, und du brauchst den Tod nicht zu fürchten. Besinne dich. Wie ruhig starb Maria. Alles, was den Tod gewöhnlich so bitter macht, erschreckte die Gottesmutter nicht. Nicht erschreckte sie unordentliche Anhänglichkeit an diese Welt, da sie, den Freuden, Vergnügungen und Reizen der Welt abgestorben, die Tage des Lebens vielmehr als Tage der Verbannung betrachtete. Nicht erschreckten sie Gewissensbisse, da sie jederzeit dem Herrn treu gedient und nie auch nur der geringste Hauch der Sünde sich in das Heiligtum ihres Herzens gewagt hatte. Nicht peinigte sie die Ungewissheit, ob sie werde selig werden, da sie versichert sein durfte, in der Gnade und Liebe Gottes von hier zu scheiden. Sie brannte vielmehr in heiliger Sehnsucht nach dem Augenblick, wo sie mit ihrem lieben Sohn auf das innigste vereinigt würde, daher starb sie mit großer Freude. Willst nicht auch du so ruhig, so freudig sterben, wie Maria, wie so viele Gerechte? Lebe wie sie, bitte um ihre Fürsprache, und auch dir wird gleiche Gnade zuteilwerden.

 

Lasset uns beten drei Ave Maria, um durch Maria einen seligen Tod zu erlangen.

Gegrüßet seist du . . .

 

Gebet.

O mein Gott, wie wird mein Tod beschaffen sein? Nein, ich will nicht in Ungewissheit über meine ewige Seligkeit sterben, ich will mein Leben ändern. O mein Jesus, stehe mir bei. Siehe, ich bin entschlossen, die Sünde zu verlassen, der Welt abzusterben und dich von ganzem Herzen zu lieben. Lass nicht zu, dass ich mich je wieder von dir trenne. O Maria, meine geliebteste Mutter, hilf mir gut leben und gut sterben. Amen.

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Siebenter Tag - Das besondere Gericht nach dem Tod

 

1. Nach dem Tod erwartet dich sogleich der gerechteste Richter, damit du von ihm das Urteil des ewigen Lebens oder Todes vernimmst. So lehrt der Glaube: „Es ist dem Menschen gesetzt, einmal zu sterben, danach aber ist das Gericht.“ Alle müssen da erscheinen, sich verantworten und das Urteil vernehmen, auch du. Was für ein Schrecken, wenn der Tod nicht gut gewesen ist. Der Richter ist allwissend, der auch die geheimsten Gedanken kennt, der Richter ist der gerechteste, der nicht auf das Ansehen der Person achtet. Jesus, der Sohn Gottes, war im Leben ein Fürsprecher, ein Erlöser, ein Hirt, ein Freund . . ., jetzt ist er ein strenger, gerechter Richter: strenge Gerechtigkeit zu üben, steht er vor dir. Wenn nun der Gerechteste kaum vor diesem Richter bestehen wird, wie wird es dem Sünder ergehen? Wähle jetzt, meine Seele, wie der gerechte Urteilsspruch über dich ausfallen soll, ob er heißen soll: „Komm, du Gesegneter“; oder: „Hinweg, du Verfluchter!“ Ob er heißen soll: „Geh ein in die Freuden deines Herrn“, oder: „Werft ihn in die äußerste Finsternis, wo Heulen und Zähneknirschen ist.“ Nach dem Tod kannst du nicht mehr wählen . . .

 

2. Doch du verlässt dich auf Maria, die barmherzige Mutter und Zuflucht der Sünder. Du darfst dich auf sie verlassen, sie ist Mutter des Richters, sie ist auch Mutter der Sünder, aber der bußfertigen Sünder, die vor dem Tod sich bekehren wollen. Diesen wird sie Gnade erbitten und erlangen, jedoch nicht denen, die sie zwar als Fürbitterin anflehten, als Mutter ehren wollten, aber die Sünde nicht verließen. Sie wird beim Gericht nicht mehr helfen können und zu dem unwiderruflichen Urteilsspruch ihres gerechten Sohnes ihre Zustimmung geben. Maria will zwar die Rettung des Sünders, aber sie will auch, was Jesus will. Stirbt der Sünder unbußfertig dahin, so kann sie unmöglich seine Rettung wollen, die Jesus nicht will. Siehe also, meine Seele, welch ein Gericht deiner wartet. Ein gerechtes Gericht, ein unwiderruflicher Urteilsspruch. Jetzt lebst du noch, jetzt kannst du diesem Gericht der Gerechtigkeit durch das Gericht der Gnade im Beichtstuhl entgehen. Du kannst den Richter jetzt noch versöhnen durch wahre Buße, Gebet, Gutestun und durch Barmherzigkeit dem Nächsten gegenüber. Eile und säume nicht. „Siehe“, spricht der Herr, „ich komme Bald“, und furchtbar ist es, unbußfertig, mit Sünden beladen in die Hände des lebendigen Gottes zu fallen.

 

Lasset uns beten drei Ave Maria, um durch Maria Barmherzigkeit zu erlangen beim Gericht.

Gegrüßet seist du . . .

 

Gebet.

O geliebter Heiland, lass mich, wenn ich dich nach meinem Tod als Richter erblicke, mit dir ausgesöhnt sein. Gib mir Licht, dass ich meine Sünden erkenne und im Beichtgericht bekenne; gib mir Kraft, dass ich mein Leben gänzlich ändere. O Maria, Hoffnung der Sterbenden, du Mutter des Richters, hilf mir, dass ich jetzt mit deinem Sohn versöhnt werde, und bitte, dass er mir ein gnädiger Richter sein wolle. Amen.

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Achter Tag - Das allgemeine Gericht über die Sünder

 

1. Das Gericht nach dem Tod ist ein geheimes, nur der Seele und ihrem Richter bekannt. Aber es muss notwendig auf dieses geheime Gericht ein öffentliches, allgemeines Gericht folgen, damit der auf Erden so oft geehrte Sünder öffentlich zuschanden gemacht, der verachtete Fromme aber zu Ehren gebracht, der im geheimen Gericht gefällte Urteilsspruch öffentlich bestätigt werde, das Werk der Erlösung soll vollendet und öffentlich Christus über seine Feinde triumphieren, die die Herrlichkeit des Gekreuzigten sehen und vor seiner Macht erzittern werden. So wird Gottes Güte und Barmherzigkeit, Heiligkeit und Gerechtigkeit, Allmacht und Weisheit in der Fürsorge für den einzelnen Menschen und in der ganzen Weltregierung allen offenbar werden, zur Verherrlichung Gottes, zur Freude der Frommen, zur Beschämung der Gottlosen. Du musst also, o Christ, auf den Ruf der Posaune dem Richterstuhl Jesu im Angesicht aller Menschen erscheinen. Alle, auch deine geheimsten Gedankensünden, die du nicht bereut hast, kommen da ans Tageslicht, alle, auch deine verborgensten Sünden, die du nicht büßtest, werden dann offenbar, allen Menschen bekannt. Viele, die man hier für fromm gehalten hat, werden nun als Verbrecher erscheinen, die Gottlosen werden offen vor der ganzen Welt mit ihren Schandtaten dastehen und vor Schrecken rufen: „Ihr Berge, fallt über uns, und ihr Hügel, bedeckt uns!“ Aber sie werden vergeblich rufen. Alle werden ihre Abscheulichkeit erblicken. O welch eine Beschämung, welch grausame Pein, dem Blick des alles durchdringenden Richterauges und den Blicken der Millionen, die gelebt haben, der Millionen, die jetzt leben, der Millionen, die leben werden, bloßgestellt zu sein. O tilge die Sünde jetzt durch Reue, Beicht und Besserung!

 

2. Die Engel werden die Menschen scheiden, zur Rechten des ewigen gerechten Richters die Frommen und zur Linken die Gottlosen stellen. Jetzt wendet sich Jesus mit ernstestem Angesicht zu den Verworfenen, lange schaut er sie an, schließlich öffnet er seinen Mund, zum letzten Mal hören sie seine Stimme, und was hören sie? „Weicht von mir, ihr Verfluchten, in das ewige Feuer!“ Hinweg von mir, hinweg aus meinem Angesicht! Geht hinweg, aller Güter beraubt, mit meinem ewigen Fluch, mit allen Peinen und Qualen ohne Ende beladen, in das ewige Feuer, das mein Zorn euch bereitet hat und das eure Sünden und Laster unterhalten werden. Welch ein Mark und Bein durchdringender Ruf: „Hinweg von mir!“ Ja, hinweg von Gott, der Urquelle alles Guten, hinweg von den Angehörigen, von Freunden, Bekannten, Eltern, Kindern, Schwestern, Brüdern, hinweg von den heiligen Engeln, hinweg von Maria, der lieben Mutter, hinweg in den Abgrund, der von Feuer und Schwefel brennt! Der Urteilsspruch ist gefällt, die Teufel und verworfenen Menschen fahren hinab in den Abgrund der Hölle; er schließt sich über ihnen, ihr Andenken ist verschwunden auf ewig.

Siehe, Sünder, wenn du nicht Buße tust, so wird dieses schreckliche Los auch dir zuteil. Stirbst du in der schweren Sünde, so entgehst auch du nicht dem letzten furchtbaren Gericht. Besinne dich! Bist du bereit, mit Zuversicht vor deinem Richter zu erscheinen?

Vielleicht hat Maria den Arm des göttlichen Richters, der bereits über dich ausgestreckt war, durch ihre Fürbitte zurückgehalten. Danke ihr dafür. Mit einem ernsthaften Willen zur Besserung rufe sie beharrlich an, und sie wird dir Verzeihung und Gnade erlangen. Maria ist ja die Zuflucht der Sünder, sie will gern alle Sünder, die mit reumütigem Herzen sich ihr nahen, unter ihren Schutzmantel nehmen, sie will, wie ihr göttlicher Sohn, nicht den Tod des Sünders, sondern dass er sich bekehre und lebe. Suche daher Maria, fliehe in ihren mütterlichen Schoß, wie ein Kind in den Schoß seiner Mutter flieht, wenn eine Gefahr ihm droht und der höllische Drache muss dann von dir weichen. Wenn du Maria findest, wirst du das Leben und das Heil vom Herrn schöpfen.

 

Lasset uns beten drei Ave Maria, um durch Maria die Gnade zu erlangen, einst zur rechten Seite zu stehen.

Gegrüßet seist du . . .

 

Gebet.

O Jesus, ich danke dir, dass du mich noch nicht in die Ewigkeit abgerufen hast, sondern mir Zeit gibst, durch Tränen der Reue und mit deinem Blut alle meine Sünden aus dem öffentlichen Schuldbuch auszutilgen. Siehe, ich verspreche dir, die Zeit der Gnade zu benutzen. O Maria, meine Mutter, gewiss habe ich es dir zu verdanken, dass ich noch nicht verurteilt bin; hilf mir, dass ich schnell, mutig und eifrig zur Buße greife und mit deinem Sohn wieder versöhnt werde. Amen.

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Neunter Tag - Das allgemeine Gericht über die Gerechten

 

1. Zur rechten Seite des ewigen Richters stehen mit freudeglänzendem Angesicht die Dienerinnen und Diener Gottes, umgeben von einer Schar heiliger Engel, an deren Spitze Maria, die Königin der Engel und Heiligen. Mit himmlisch sanftem, holdselig lächelndem Angesicht wendet sich nun Jesus zu der Schar der auserwählten Kinder seines himmlischen Vaters. „Kommt“, ruft er ihnen zu, „ihr Gesegneten meines Vaters, nehmt in Besitz das Reich, das euch bereitet ist seit der Gründung der Welt.“ Welch ein wunderbares Wort. Der König des Himmels und der Erde ruft es seinen Erlösten zu, die auf Erden vielleicht verachtet und zurückgesetzt wurden. „Kommt“, spricht er zu ihnen, „kommt nun von der Arbeit zum Lohn, kommt nun aus der Drangsal zur ewigen Freude, kommt aus dem harten Kampf zur Siegeskrone, kommt, ihr Gesegneten meines Vaters, dessen folgsame, getreue Kinder ihr wart. Er wartet auf euch im Himmel und nimmt euch auf in die ewigen Wohnungen, die er für euch bestimmt hat. Besitzt das Reich, dessen Schätze unermesslich, dessen Wonnen unaussprechlich sind, sitzt nun mit mir auf meinem Thron, wie ich mit dem Vater sitze auf seinem Thron.“ Betrachte, meine Seele, die unaussprechliche Freude der Frommen bei diesem wonnevollen Wort Jesu und vergleiche damit die schrecklichen Worte des zornigen Richters an die unbußfertigen Sünder. Siehe, auch du kannst einst die Worte hören: „Komm, Gesegneter!“ Verlass nur die Sünde, tue Buße, und du wirst selig sein.

 

2. Nun erhebt sich Jesus von seinem Thron, an seiner rechten Seite Maria, seine glorreiche Mutter. Umgeben von den Chören der seligen Geister zieht er voran, er, die Glorie aller Heiligen, der Königin der ewigen Herrlichkeit. Ihm folgen die Getreuen in zahlloser Menge, angetan mit weißen Kleidern, Kronen auf dem Haupt, Palmzweige in der Hand, singend das ewig neue Jubellied zum Preis des Lammes. Die ewigen Tore des Himmels tun sich auf und des himmlischen Vaterlandes Herrlichkeit erscheint nun den freudigen Blicken der Gerechten. Sie schauen den Vater, der sie erschaffen hat, sie schauen den Heiligen Geist, der sie geheiligt hat, sie schauen ihre glänzenden Throne, auf denen sie sitzen und herrschen sollen, sie schauen das köstliche Mahl, das ihnen bereitet ist. Wie danken alle der heiligen Dreifaltigkeit! Wie auch der allerseligsten Jungfrau Maria für das erwiesene Gute! Welch ein Entzücken, welche Freude durchdringt ihr Herz. O wer vermag auszusprechen und zu beschreiben ihre Seligkeit.

O Seele, soll diese Seligkeit dich nicht bewegen können, dem höchsten Gut eine kurze Zeit zu dienen, der Sünde abzusterben und Christus zu leben, eine kleine Verachtung oder Verspottung geduldig zu ertragen? Siehe, auf die kurzen Freuden der Welt folgt ewiges Leid, und auf kurzes Leid ewige Freude.

 

Lasset uns beten drei Ave Maria, um durch die Fürbitte Mariä das Glück zu erlangen, einst zu den Auserwählten zu gehören.

Gegrüßet seist du . . .

 

Gebet.

O Herr und Gott, ich stehe zwischen Himmel und Hölle in der Welt und noch immer schwanke ich hin und her und bin unschlüssig, ob ich dir folgen soll oder nicht. Ach, meine bösen Neigungen und Gewohnheiten wollen nicht zugeben, dass ich aufstehe von meinem Sündenelend. Darum bitte ich inbrünstig zu dir, o Maria, meine Mutter: reiche mir deine Hand und ziehe mich mit Gewalt hin zur Kreuzesfahne deines Sohnes, um unter dieser Fahne zu streiten, zu siegen und die ewige Krone zu erringen. Amen.

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Zehnter Tag - Die Hölle

 

1. Was ist die Hölle? Die Hölle ist ein ewiges Gefängnis zunächst für die Seelen der Verdammten und nach dem jüngsten Tag auch für ihre Leiber. Das geheimnisvolle Übernatürliche Feuer brennt Seele und Leib. Qualen aller Art sind hier vereinigt: ewiger Hunger, ewiger Durst, ewiges Heulen, ewiges Zähneknirschen, ewige Verzweiflung, ein ewiger Tod, ohne zu sterben: ein ewiges Sterben, ohne zu leben. Alle Sinne fühlen sich gequält, die Augen durch den Anblick der Teufel, die Ohren durch Anhören der Verzweiflung, der Gaumen durch Hunger und Durst, das Gefühl durch sengenden Feuerschmerz. Und bei all diesen Peinen kein Trost, keine Ruhe, keine Erquickung. Dazu kommt noch der Wurm des bösen Gewissens, die Erinnerung an den so leichtsinnig verlorenen Himmel und die elenden Freuden der Welt und der Gedanke, durch eigene Schuld den Himmel verloren zu haben, durch eigene Schuld von Gott auf ewig getrennt und seiner beseligenden Anschauung beraubt zu sein, vielleicht wegen einer erbärmlichen Kleinigkeit.

 

2. Die allerschrecklichste Qual aber wird den Verdammten verursachen die Gewissheit, dass alle diese Schmerzen, alle diese Peinen ewig dauern werden, ohne Aufhören, ohne Ende, und dass sie also nie und nimmer der die Seligen so unendlich beglückenden Anschauung Gottes werden teilhaftig werden. Solange Gott, der Allmächtige, lebt und regiert, dauert die Hölle, also ewig. Der Riegel, der vor das Höllentor gezogen ist, heißt Ewigkeit, und niemand wird ihn öffnen. Die Uhr wird keine Stunde mehr zeigen in der Hölle, sondern ihre Zeiger werden immer deuten auf die Ewigkeit, und die Glocke wird keine Stunde mehr schlagen, sondern immer und immer durchschallt es die Hölle: Ewigkeit, Ewigkeit! Wenn ein Verdammter nur alle Millionen Jahre eine Träne weinte, und ein Engel sammelte diese Tränen, und der Verdammte könnte so viel Tränen weinen, dass ein Meer daraus würde, so groß, um das Feuer der Hölle damit auszulöschen: o wie schrecklich lange müsste dies währen! Und doch müsste einmal die Zeit kommen, es müsste einmal das Tränenmeer entstehen, damit aber wäre die Ewigkeit um keinen Augenblick verkürzt, sie nimmt niemals ein Ende. Nach dem Gleichnis, das der Heiland erzählt, leidet der reiche Prasser schon zweitausend Jahre in der Hölle und seufzt vergeblich nach einem Wassertropfen, um seine glühende Zunge zu kühlen, und ewig wird er fortbrennen und lechzen.

Schrecklich ist dieser Gedanke, aber verzweifeln wir nicht, wir haben einen barmherzigen Gott, wir haben einen Heiland, dessen Blut für uns um Vergebung schreit, wir haben Maria, die uns Barmherzigkeit und Gnade erbittet. „Denn es ist unmöglich“, schreibt der heilige Alfonsus von Liguori und mit ihm viele heilige Väter, „dass ein (wahrer) Verehrer Mariä, der ihr treu dient und sich fortwährend ihr anempfiehlt, verloren gehe“. Darum nennt der heilige Ephräm die Andacht zur Mutter Gottes einen Geleitsbrief, durch den man der Hölle entgeht. Darum sucht der heilige Johannes Damascenus sein und unser Vertrauen durch folgende Worte zu beleben: „O Mutter meines Gottes, wenn ich mein Vertrauen auf dich setze, so werde ich gewiss selig. Wenn ich unter deinem Schutz bin, so habe ich nichts zu fürchten, denn die Andacht zu dir ist eine sichere Waffe des Heils.“

 

Lasset uns beten drei Ave Maria, um durch die Fürbitte Mariä vor der Hölle bewahrt zu bleiben.

Gegrüßet seist du . . .

 

Gebet.

O Gott und Herr, du hast die Hölle nicht erschaffen, sondern nur die Sünde hat sie angezündet. Errette mich aus den Banden der Sünde, die allein in die Hölle stürzen kann, und bewirke gnädig, dass, wenn deine erbarmungsvolle Liebe mich nicht zur Bekehrung bewegt, doch die Erinnerung an die ewigen Peinen des höllischen Abgrundes mein Herz erschüttern und mich zur heilsamen Buße treiben möge. O Maria, meine Mutter, rette mich vom ewigen Verderben. Amen. 

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Elfter Tag - Die beiden Wege

 

1. „Gehet ein durch die enge Pforte, denn weit ist das Tor und breit der Weg, der zum Verderben führt, und viele sind es, die da hindurch gehen“, so spricht Jesus, der Mund der Wahrheit, zu dir, meine Seele. Es gibt also zwei Wege, die die Menschen auf dieser Welt gehen: der eine Davon führt zum ewigen Untergang, der andere zum ewigen Leben. Frage dich nun, welchen Weg bist du bisher gegangen, den breiten, der zum Untergang führt, oder den engen, der zum Leben führt? Du wirst dir vielleicht gestehen müssen, dass du bisher den breiten Weg des Verderbens gegangen bist. Willst du diesen Weg fortsetzen? Besinne dich! Du musst dich entscheiden. Nicht allen Menschen ist eine gleiche Länge Weges beschieden: die einen, die den breiten Weg gehen, gelangen früher, die anderen später, alle aber sicher zum Ziel des ewigen Verderbens. Gerade da, wo sie es am wenigsten vermuten, stellt sich ihnen der Tod entgegen und der Abgrund öffnet sich plötzlich unter ihren Füßen. Könnte es dir nicht auch so begegnen?

 

2. Welchen Weg willst du fortan gehen, welcher Einladung folgen? Es treten dir gleichsam zwei Gestalten entgegen, die dich einladen. Die eine, geschmückt mit kostbaren Kleidern, einen Blumenkranz auf dem Haupt, hält mit der einen Hand einen goldenen Becher, sie blickt dich lachend und fröhlich an, sie reicht dir den Becher zum Trank, sie ladet dich ein ihr zu folgen. Wohin? Zu Spiel und Tanz, zu Freude und Lust, zu Ehre und Reichtum, zu Glanz und Herrlichkeit. Der Weg, den sie dir zeigt und den du mit ihr gehen sollst, ist breit, mit Blumen bestreut, bequem und leicht zu gehen. Eine zahllose Schar, die aus dem Becher getrunken haben, Menschen jeden Alters, Geschlechts und Standes, gehen lachend und scheinbar glücklich diesen Weg sorglos dahin. Die andere, eine Jungfrau von hoher, schöner, ernster Gestalt, einfach gekleidet, mit einer Dornenkrone in der Hand, nähert sich dir mit züchtigem, demütigem Antlitz, sanft und ernst blickt sie dich an, sie reicht dir die Dornenkrone und ladet dich ebenfalls ein. Wohin? Auf einen schmalen Weg, mit Dornen bestreut, der bergauf führt und den nur wenige, jeder mit einem Kreuz beladen, mühsam gehen. Ihnen voran geht einer mit Dornen gekrönt, mit blutenden Füßen, mit einem großen Kreuz auf der Schulter: oft schaut er auf das kleine Häuflein, das ihm nachfolgt, und spricht ihm Trost und Mut zu. Auf diesen schmalen Weg, auf dieses kleine Häuflein deutet die Jungfrau und ladet dich ein zur Nachfolge. Willst du nun wissen, wer diese beiden Gestalten sind, welcher der Weg ist, den sie dir zeigen, und wohin sie dich führen? Die erste Gestalt ist die Welt mit ihren vergänglichen, eilten Freuden und Gütern: bequem und voll Lust ist der Weg, den sie dir zeigt, die meisten Menschen gehen ihn, aber wo ist das Ende, das Ziel dieses Weges? Frage die Welt! Sie wird dir nicht antworten, denn das Ende dieses Weges ist der Tod, ein schreckliches Gericht, der ewige Untergang. Ach, die Welt kann ihre Diener nur belohnen bis zum Tod, da hört ihre Macht, da hören ihre Segnungen auf, da hat sie keinen Trost mehr für dich, nichts als die schwarze Grube, den Sarg und das Totenkleid. Sie schafft deine Leiche möglichst bald fort, damit sie nicht die Luft verpeste. O du Tor, wie wirst du betrogen von der armen Welt schon im Leben. Ihre goldenen Versprechungen trügen und platzen im Angesicht des Todes wie eine Seifenblase, in nichts zerfliegend. Die zweite Gestalt ist Maria, die schmerzhafte Mutter Jesu: ihr Weg ist der Weg des Kreuzes, der Abtötung und der Buße, der Flucht aller sündigen Freuden. Schmal und beschwerlich ist der Weg, doch siehe, Jesus geht selbst voran. „Mein Joch ist sanft“, spricht er, und gibt Stärke; wer diesen Weg geht, erhält Frieden für jetzt, Seligkeit für drüben. Maria, die Mutter des Herrn, alle Heiligen sind diesen Weg gegangen, und sie haben es nicht bereut, ihn gegangen zu haben. Nun entscheide dich, meine Seele, was willst du tun? Einen von diesen beiden Wegen musst du notwendig gehen. Es gibt da keinen Mittelweg. Besinne dich nicht lange, es vergeht die Zeit, die Ewigkeit nicht. Jesus spricht: „Siehe, ich komme bald und die Vergeltung mit mir.“ Also auf, folge Jesus, folge Maria, sage ab der Sünde, der Welt und ihrer Eitelkeit. Jesus ruft, Maria ladet ein: folgst du jetzt nicht, vielleicht rufen sie zum zweiten Mal nicht wieder . . .

 

Lasset uns beten drei Ave Maria, dass wir mit Maria auf dem schmalen Weg des Kreuzes Jesu nachfolgen mögen zum Himmel.

Gegrüßet seist du . . .

 

Gebet.

O Maria, liebreichste Mutter, siehe, es ist beschlossen: ich folge deinem und deines Sohnes Ruf. Gib her den Dornenkranz, reiche mir das Kreuz deines Sohnes. Ich widersage und entsage von nun an der Welt, dem Fleisch und dem Satan und weihe mein ganzes Leben dem Dienst Jesu. O reiche mir nur deine Hand, führe, leite, tröste, stärke du mich schwachen Menschen, damit ich glücklich zum Ziel gelange und eingehe in das Reich der ewigen Herrlichkeit, wo du an der Seite deines Sohnes thronst und herrschst in Ewigkeit. Amen.

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Zwölfter Tag - Die Hingabe an Gott

 

1. „Sohn, Tochter, gib mir dein Herz“, spricht Gott zu jedem Menschen. Er will also den Menschen an sich ziehen, will, dass der Mensch ihm sein ganzes Herz weihe, sich mit ihm durch die Liebe vereinige. Wie glücklich der Mensch sei, der das mit Entschiedenheit tut, das hat schon David erkannt. „Gut ist es mir“, rief er oft aus, „dem Herrn anzuhangen“. Ihm ist hierin nachgefolgt Maria, seine Tochter, unsere Mutter. Sie verließ schon im zartesten Alter ihre teuren Eltern Joachim und Anna, sobald sie erkannte, dass Gott sie zu seinem besonderen Dienst berufen habe. Sie verließ das Haus, wo sie geboren wurde, die Heimat, wo sie gelebt hatte, und weihte sich mit der größten Freudigkeit dem Dienst Gottes im Tempel. Siehe, meine Seele, auch dich hat Gott berufen zu seinem Dienst. Bis jetzt hast du ihm noch wenige Opfer gebracht. Du hast dich entschlossen, ihm, dem einzig guten Herrn, zu dienen, ihn allein zu lieben: so schenke dich ihm auch mit Freuden. Sage aller weltlichen Eitelkeit, Lust und Pracht für immer Lebewohl. „Wer die Hand an den Pflug legt und zurückschaut, ist nicht tauglich zum Reich Gottes“, spricht Jesus. Der Herr hat sich dir geschenkt: schenke du dich ihm und verharre bei ihm bis zum Ende . . .

 

2. Es war für Maria nicht hinreichend, Gott ihre Eltern, ihr Haus, Hab und Gut aufzuopfern; die wollte überdies sich selbst, ihre Seele mit allen Kräften, ihren Leib mit allen Sinnen, mit allen Fähigkeiten, Talenten und Eigenschaften dem Herrn hingeben. Sie opfere sich Gott vollständig. Es ist also auch für dich nicht genug, dass du die Welt und die sündhaften Freuden der Welt verlässt und Gott zum Opfer bringst; du musst dich ganz dem Herrn weihen, alle Neigungen deines Herzens nur auf göttliche Dinge richten, deine Talente und Kenntnisse nur zur Ehre Gottes anwenden, deine fünf Sinne unablässig abtöten und nur zum Heil deiner Seele, zum Ruhm Gottes gebrauchen. Maria hat sich nicht bloß vollständig dem Herrn zum Opfer gebracht: ihr Opfer war auch ein beständig fortdauerndes. Sie hat dem Herrn gedient bis zum letzten Augenblick ihres Lebens, mit allen Kräften des Leibes und der Seele, in allen Verhältnissen, unter allen Umständen, in Freuden und Leiden. Folge Maria nach! Was du vielleicht in der Jugendzeit und den folgenden Jahren verabsäumt hast, suche mit verdoppeltem Eifer in der dir noch beschiedenen, vielleicht gar kurzen Zeit, soviel möglich nachzuholen und harre aus bis zum Ende. Der Herr wird auch dein Opfer lohnen, wie er das Opfer Mariä belohnt hat.

 

Lasset uns beten drei Ave Maria um die Gnade, uns so vollständig und beharrlich wie Maria Jesus hinzugeben.

Gegrüßet seist du . . .

 

Gebet.

O Jesus, mein einzig höchstes Gut, der du dich mir ganz geschenkt hast, obwohl ich dich so oft, so schwer beleidigte: siehe, ich schenke mich dir ganz und gar. Und du, meine gütigste Mutter Maria, nimm mein Herz und bring es deinem Sohn durch deine reinsten Hände dar, dass er es nicht verschmähe, sondern es zum Eigentum annehme. Vermittle durch deine kräftige Fürbitte, dass es ihm nie wieder vom höllischen Feind geraubt werde. Amen.

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Dreizehnter Tag - Die Tugend der Demut

 

1. Der kostbarste Edelstein in der Krone der allerseligsten Jungfrau ist die Tugend der Demut, die sie von Kindheit an geübt hat. Sie bewies sie, als sie ihren Lobgesang bei dem Besuch ihrer Cousine Elisabeth anstimmte und ausrief: „Der Herr hat herabgesehen auf die Niedrigkeit seiner Magd“. „Die Demut“, sagt der heilige Bernhard, „ist die Hüterin und Grundlage aller Tugenden“, und er hatte Recht. Ohne Demut kann keine andere Tugend in der Seele Platz finden, denn diese werden alle fliehen, sobald die Demut sie verlässt. Nur in ein demütiges Herz können wir die göttliche Gnade aufnehmen. „Christus befiehlt uns nicht“, sagt der heilige Augustinus, „von ihm zu lernen, eine Welt zu bauen, Sichtbares und Unsichtbares zu erschaffen, Wunder zu wirken, Tote wieder lebendig zu machen, sondern von Herzen demütig zu sein.“ Willst du das erhabene Gebäude der Tugend aufbauen, so beginne bei dem Grundstein der Demut. Da du dich entschlossen hast, den Weg zu gehen, den Jesus und Maria gegangen sind, und Christus selbst dir zuruft: „Lerne von mir, weil ich sanftmütig und demütig bin von Herzen“, so bestrebe dich mit allem Eifer, diese Tugend zu üben. Bedenke nur, dass diese Tugend der Grund des wahren geistigen Lebens ist. Durch Hochmut bist du gefallen, durch Demut allein kannst du von deinem Fall aufstehen, durch Demut allein dich vor dem Fall bewahren.

 

2. An Maria, die die Demut selbst ist, kannst du sehen, worin diese Tugend besteht. Der wahrhaft Demütige erkennt seine allseitige Abhängigkeit von Gott, seine Geringheit und Ohnmacht willig an und schreibt alles, was er ist und was er hat, Gott, als der einzigen Quelle alles Guten, freudig zu. Er unterwirft sich in allem Gott und übt treuen Gehorsam gegenüber seinen Vorgesetzten, er strebt nicht nach eitler Ehre und erträgt Demütigung und Verachtung mit Gleichmut, ja, wenn er in dieser Tugend bereits die Vollkommenheit erreicht hat, sogar mit Freude. Maria zeigt sich als die Demütige bei ihrer Verkündigung, da sie sich eine Magd des Herrn nannte, bei ihrem Besuch der Anverwandten Elisabeth, dem heiligen Josef gegenüber, dem sie gehorsam war, auf der Hochzeit zu Kana, besonders unter dem Kreuz Jesu. Ahme die Demut Mariä nach. Erkenne gern an, dass du aus dir selbst nichts bist und alles Gott zu verdanken hast. Bereue deine Sünden, die du begangen hast; erkenne deine Unvollkommenheiten, womit du behaftet bist; strebe nicht unordentlich nach Ehre, trage mit Geduld jede Unehre, sei gehorsam gegenüber deinen Vorgesetzten, bescheiden und anspruchslos gegenüber deinen Nächsten.

 

Lasset uns beten drei Ave Maria, um durch Maria unsere Sündhaftigkeit, Schwachheit und Armseligkeit immer mehr zu erkennen.

Gegrüßet seist du . . .

 

Gebet.

So ist es denn unmöglich, o meine Königin, dass ich dein Kind und ein wahrer Nachfolger deines Sohnes sei, wenn ich nicht demütig bin. O meine Mutter, stehe mir bei und erlange mir durch die Verdienste deiner Demut die Gnade, demütig und dadurch dein wahres Kind zu werden. Amen.

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Vierzehnter Tag - Die Übung der Demut

 

1. Ein Akt der Demut ist, dass man sowohl seine natürlichen als übernatürlichen Gaben und Gnaden nicht hervorhebt, mit ihnen nicht prunken und glänzen, nicht sich vor anderen hervortun will. So handelte Maria. Sie wollte dem heiligen Josef die Gnade, Mutter Gottes geworden zu sein, nicht mitteilen, obgleich es notwendig zu sein schien, um ihm sein Misstrauen zu nehmen. Sie wollte sich auch nicht mit dieser Gnade rühmen vor ihrer Cousine Elisabeth, sondern sie gab Gott allein die Ehre und antwortete auf den Gruß Elisabeths: „Hoch preiset meine Seele den Herrn“, als ob sie gesagt hätte: „Du lobst mich, aber ich lobe den Herrn, der allein gelobt zu werden verdient. Du bewunderst mich, und ich preise allein die Güte Gottes. Du preist mich, und ich preise Gott, der mein Nichts so hoch hat erheben wollen.“ So mach auch du es, meine Seele. Gib Gott allein die Ehre, denn was du bist und hast, hast du Gott allein zu verdanken.

 

2. Der Demütige will auch anderen gern Dienste erweisen und sich denen unterwerfen, die unter ihm stehen. Deshalb wollte auch Maria ihrer Cousine drei Monate lang dienen. „Elisabeth wunderte sich“, sagt der heilige Bernhard, „dass Maria zu ihr kam, aber sie wunderte sich noch mehr, als sie sah, dass Maria nicht gekommen war, um bedient zu werden, sondern zu dienen“. Maria, obschon allzeit die heiligste und unbefleckte Jungfrau, sowohl vor, als nach der Geburt ihres göttlichen Sohnes, erfüllte dennoch das Gesetz der Reinigung, wozu sie nicht verbunden war, und brachte das Opfer der Armen. Sie wurde dazu bewogen durch die Tugend der Demut. Der Demütige liebt Verachtung. „Die höchste Stufe der Demut“, sagt der heilige Franz von Sales, „besteht darin, dass man an Demütigungen und Erniedrigungen sich ebenso sehr erfreue, als eitle Gemüter an großen Ehren sich erfreuen.“ So war es bei Maria. Darum fand sie sich mehr da ein, wo sie Demütigungen erfuhr, als wo Ehre einzuernten war. Daher liest man nicht, dass Maria am Palmsonntag bei dem Einzug Jesu in Jerusalem gegenwärtig war, hingegen unterließ sie nicht, bei der Kreuzigung ihres göttlichen Sohnes auf dem Kalvarienberg zu erscheinen, um dem schmerzlichen Tod ihres göttlichen Kindes beizuwohnen. Wenn die Heiligste und Reinste so gehandelt hat, was sollst du tun, meine Seele, die du Gott so oft beleidigt hast, vielleicht durch Hochmut so tief gefallen bist?

 

Lasset uns beten drei Ave Maria, um durch Maria die Tugend der wahren Demut zu erlangen.

Gegrüßet seist du . . .

 

Gebet.

Nicht mir, o Herr, nicht mir, sondern deinem Namen gib die Ehre, denn wie soll ich Ehre verlangen, da ich meine Würde als Mensch und Christ durch Sündigen oft verletzt habe! Wie soll ein Sünder noch Ehre verlangen und sich nicht unterwerfen wollen, da er doch verdient hat, den bösen Geistern unterworfen zu sein. O Maria, hilf mir, dass ich mich selbst verachte, aber meine Mitmenschen achte und Gott allein und immer die Ehre gebe. Amen.

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Fünfzehnter Tag - Die Tugend des Gehorsams

 

1. Mehr als alle Opfer gilt bei Gott der Gehorsam. So hat auch Jesus diese Tugend am vorzüglichsten geübt und ist, wie der Apostel sagt, gehorsam geworden bis zum Tod, ja bis zum Tod am Kreuz. An Maria glänzte diese Tugend im hellsten Licht. Sie gehorchte bereitwillig dem römischen Kaiser und machte die weite Reise nach Bethlehem, um sich dort mit Josef aufschreiben zu lassen. Sie gehorchte schnell ihrem Bräutigam Josef, indem sie sich mitten in der Nacht auf seine Ermahnung zur Flucht nach Ägypten anschickte und aufmachte. Ohne Murren, ohne Widerrede, ohne Betrübnis unterwarf Maria ihren Willen aus Liebe zu Gott dem Willen anderer. So brich auch du deinen Eigenwillen, der durch die Sünde so unbeugsam geworden ist. Auf solche Weise erfüllst du das, was Jesus will, indem er spricht: „Wer mir nachfolgen will, der verleugne sich selbst.“

 

2. Maria unterwarf ihren Willen dem Willen anderer aus Liebe zu Gott, denn nur dann hat der Gehorsam wahren Wert. Der göttliche Wille war die Richtschnur all ihres Tuns und Lassens. „Es war“, wie der heilige Bernhardin sagt, „ihre liebste Beschäftigung auf Erden, darauf zu schauen, was Gott wohl von ihr verlange, um dies alsdann ins Werk zu setzen.“ Dem Gehorsam Gott gegenüber brachte sie alles, ihr Liebstes, sich selbst zum Opfer. Einen Beweis hiervon gab sie damals, als sie auf dem Kalvarienberg ihren göttlichen Sohn, ihr Liebstes auf Erden, das Leben ihres Lebens, so mutvoll aufopferte. O lerne denn auch du, meine Seele, von Maria die schönste aller Tugenden üben. Ohne Gehorsam kannst du nimmermehr zu Gott gelangen, denn ohne Gehorsam gibt es keine wahre Tugend, und ohne wahre Tugend keine Seligkeit. „Der Gehorsam“, sagt der heilige Bonaventura, „ist ein Schiff, in dem man zum Himmel segelt, ein Schlüssel, der den Himmel öffnet. Die heilige Theresia sagt: „Der böse Geist, der da weiß, dass kein Weg schneller auf den Gipfel der Vollkommenheit führt, als der Weg des Gehorsams, wendet manche unter dem scheinbaren Vorwand des Guten von der Übung dieser Tugend ab.“

 

Lasset uns beten drei Ave Maria, um durch Maria die Tugend des Gehorsams zu erlangen.

Gegrüßet seist du . . .

 

Gebet.

O meine geliebte Königin und Mutter meines Gottes, bitte Jesus für mich und erlange mir um deines Gehorsams willen die Gnade, dass ich getreu den Willen Gottes und aus Liebe zu Gott den Willen derjenigen erfülle, die über mich gesetzt sind, besonders aber meinen geistlichen Führern mich gern unterwerfe. Amen.

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Sechzehnter Tag - Die Tugend der Geduld

 

1. „In eurer Geduld werdet ihr eure Seelen besitzen“, spricht der göttliche Heiland. Die Geduld ist also für uns Christen, die wir in diesem Tränental vielen Leiden unterworfen sind, eine unumgänglich notwendige Tugend. Christus, unser Heiland, leuchtet uns hierin als Muster voran, und nach ihm besonders seine heilige Mutter. Während ihres ganzen Lebens war sie Leiden aller Art unterworfen, aber nie wurde sie darüber betrübt, nie murrte sie gegen Gottes heilige Vorsehung. Ihr Herz blieb immer wie eine helle, ruhige Wasserquelle, und mit heldenmütiger Geduld ertrug sie alle Leiden. Ein Blick auf ihr göttliches Kind, das sie auf ihren Armen trug, dass in Unschuld vor ihren Augen lebte, duldend die größten Entbehrungen, machte sie getrost und bereitwillig, noch mehr Leiden zu dulden. Lerne, christliche Seele, von Jesus und Maria die himmlische Tugend der Geduld in allen Trübsalen üben und jede Regung der Ungeduld, der Erbitterung, des Zornes meiden.

 

2. Den höchsten Grad der Geduld bewies die Gottesmutter auf dem Kalvarienberg, wo sie mit ihren eigenen Augen ihr göttliches Kind am Kreuz sterben sehen musste. So hat noch kein Mensch gelitten, noch kein Mensch Schmerzen und Leiden ertragen. „Maria stand unter dem Kreuz“, schreibt der heilige Johannes. Wo das Herz auch des heldenmütigsten Menschen vor Schmerz zersprungen wäre, da stand mutig Maria, ohne vom Schmerz überwältigt zu werden, ohne zu sterben wurde sie hier die Königin der Märtyrer. Welche war denn die Stütze, die diese heldenmütige Mutter in diesem Meer der Schmerzen aufrecht erhielt? Die Geduld, in der sie sich ihr ganzes Leben geübt hatte und wodurch sie sich ganz in den Willen Gottes ergab. Willst du also wahrhaft ein Kind der geduldigsten Mutter sein, so ahme ihre Geduld nach. Nichts auf Erden kann dich mit mehr Verdiensten für den Himmel bereichern, als wenn du geduldig aus Liebe zu Gott alle Leiden erträgst. Die Geduld heiligt dich, sie gibt dir Kraft, mit ungestörtem Frieden sowohl das Kreuz, das Gott dir zuschickt, als auch die Leiden, die Menschen dir zufügen, zu tragen. Will deine Seele verzagen wegen deiner Leiden, will sie klagen und murren, dann betrachte Jesus am Kreuz und Maria zu seinen Füßen und schweige und dulde.

 

Lasset uns beten drei Ave Maria, um durch Maria die Tugend der Geduld zu erlangen.

Gegrüßet seist du . . .

 

Gebet.

O Königin der Märtyrer, du hast, obgleich du unschuldig warst, mit so großer Geduld gelitten: und ich, der ich die Hölle verdient habe, ich sollte nicht leiden? Ich bitte dich, meine liebe Mutter, um die Gnade, nicht etwa von meinem Leiden befreit zu werden, sondern nur, sie nach deinem Vorbild geduldig zu ertragen. Amen.

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Siebzehnter Tag - Die Tugend des Stillschweigens

 

1. „Wer in seinen Reden nicht anstößt, der ist ein vollkommener Mann“, schreibt der heilige Apostel Jakobus. Ohne Bezähmung der Zunge gibt es gar keine Vollkommenheit und keine wahre Frömmigkeit. Maria, das Muster aller Tugenden, wusste dies wohl, darum bezähmte sie auch so sehr ihre Zunge. Schon als Kind von drei Jahren suchte sie sich dem Umgang mit Menschen durch ihren einsamen Aufenthalt im Tempel zu entziehen, wo sie in ihrer Zelle oder im Tempel selbst sich nur mit Gott unterhielt. Vor ihren Mund hatte sie eine Wache gesetzt, die Gegenwart Gottes. Öffnete sie ihren Mund, so geschah es nur, um von Gott und göttlichen Dingen zu reden, und auch hier beobachtete sie die größte Bescheidenheit und Demut. Musste sie von zeitlichen Dingen reden, so gebrauchte sie wenige treffende Worte, während ihr Herz bei Gott war. So wurde Maria ein Muster des Stillschweigens für alle, die mit ihr im Tempelgebäude wohnten, und rings um sie herrschte der tiefste Friede.

 

2. Als sie in das öffentliche Leben hinaustrat und zu Nazareth in ihrem armen Häuslein wohnte, nahm sie diese Tugend mit sich. Einsam weilte sie in ihrem Kämmerlein. Der Erzengel Gabriel trifft sie nicht auf der Straße, nicht auf Besuch bei anderen in eitlem Geschwätz begriffen, sondern zu Hause im Gebet. Bis in ihr hohes Alter übte sie die Tugend des Stillschweigens oder das Schweigen. Wenig kommt von ihr vor in der Heiligen Schrift, ein Zeichen, dass sie wenig sprach. Was sie hörte und sah, bewahrte sie in ihrem Herzen. Am liebsten redete sie mit Gott im Gebet und in der Betrachtung und mied die Menschen, besonders jene, die gern und viel redeten, denn sie wusste, dass, wer viel mit den Menschen redet, wenig mit Gott reden kann. Und wie viele Sünden werden außerdem durch Reden begangen, wie viele Ehrabschneidungen, Verleumdungen! Wie viele Sünden durch Lügen, durch ärgerliche, unkeusche, gotteslästerliche und lieblose Reden, durch Tadeln, Klatschsucht und Ohrenbläserei! Wie wirst du dastehen vor deinem Richter, wenn du schon von jedem müßigen Wort Rechenschaft ablegen sollst! Bezähme also deine Zunge! Liebe das Stillschweigen, wo nicht die Ehre Gottes, das Heil der Seele, die Pflicht der Nächstenliebe und Anstand und Höflichkeit zu reden fordern: du wirst desto gesammelter in deinem Inneren bleiben. Das Stillschweigen ist die Mutter heiliger Gedanken. Nur in einsamer Stille redet Gott zu deinem Herzen und eilt dir seine Liebe und seinen Trost mit.

 

Lasset uns beten drei Ave Maria, um durch Maria die Tugend des Stillschweigens zu erhalten.

Gegrüßet seist du . . .

 

Gebet.

O Maria, meine liebe Mutter, lehre mich doch, meine Zunge zu bezähmen und stillzuschweigen, wo nicht die Ehre Gottes, das Heil der Seele und die Pflicht der Nächstenliebe fordern, zu reden, damit ich die Ruhe der Seele, den Frieden mit meinen Mitmenschen, die Andacht im Gebet, den Fortschritt in der Frömmigkeit, die Gnade Gottes und die Seligkeit nicht verliere. Amen.

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Achtzehnter Tag - Die Tugend der Reinheit

 

1. Es gibt eine doppelte Reinheit, die des Fleisches und des Geistes. In beiden gibt uns Maria das schönste Beispiel. Die erste besteht in der Unbeflecktheit des Herzens von jedem unlauteren Gedanken, von jeder unreinen Regung und Begierde, von jedem die Keuschheit befleckenden Tun. Maria hat nie auch nur durch den kleinsten unreinen Gedanken ihr Herz befleckt, nie ihr Herz durch unordentliche Liebe zu einem Geschöpf verunreinigt. Schon als Kind weihte sie ihre unbefleckte Reinheit Gott, dem Liebhaber keuscher Seelen. Lieber wollte sie die Würde, Mutter Gottes zu werden, ablehnen, als ihre jungfräuliche Reinheit hingeben. Lilienweiß blieb ihr Herz, und mit Recht wird sie eine Königin der Jungfrauen genannt. An ihrem ganzen Leib herrschte die größte Schamhaftigkeit. Gesenkt waren ihre Augen, geschlossen ihre Ohren, züchtig ihr Gang, keusch ihre Kleidung, und ihr Herz hatte sie mit Gebet und Abtötung so sehr verschlossen, dass auch nicht der geringste böse Gedanke Eingang fand. Wie eine Lilie unter den Dornen blühte sie, und ihr bloßer Anblick flößte allen, die sie sahen, reine Gedanken und Empfindungen ein. Willst du also, meine Seele, dass Gott der Herr in dir wohne, dass die Gnade des Herrn immer mit dir sei, dass reine Liebe Gottes immer in deinem Herzen brenne, so folge Maria nach und wähle sie, die reinste und keuscheste Jungfrau, zu deiner besonderen Fürbitterin um die heilige Keuschheit. Bedenke, wie hoch von den Heiligen Gottes diese himmlische Tugend erhoben wird. „O Keuschheit“, sagt der heilige Athanasius, „du kostbare Perle, die du von wenigen gefunden, von vielen sogar gehasst, und nur von denen, die deiner würdig sind, gesucht wirst! Du tötest den Tod und lebst selbst in der Unsterblichkeit. Du bist die Freude der Propheten, die Zierde der Apostel, das Leben der Engel, die Siegeskrone der Heiligen.“

 

2. Die zweite Art der Reinheit ist geistiger Art und besteht darin, dass man bei all seinem Tun und Lassen immer die reinste Absicht hat, Gott, dem höchsten Gut, allein zu gefallen, ihn allein zu lieben, ihm allein zu lieben und alle Ehre zu erweisen. Auch hierin ist Maria unser Muster. Gott zu gefallen, eilte sie als kleines Kind in den Tempel und weihte sich dort ganz und gar dem Allerhöchsten. Gott zu gefallen, übernahm sie mit der Geburt ihres Kindes alle Leiden, opferte ihm ihren Sohn im Tempel und am Kreuz und wies alles Lob, alle Ehre von sich. Alle ihre Schritte und Tritte, alle Gedanken, Worte und Werke opferte sie täglich, ja stündlich Gott auf. Sie wollte nur, dass Gott von ihr und allen Geschöpfen geliebt, gelobt und gepriesen werde. Das sei auch dein Ziel, christliche Seele! Sobald du deine Ehre suchst und, um den Menschen zu gefallen, Gutes tust und Böses meidest, oder sobald du etwas außer Gott liebst oder nicht wegen Gott, der es erschaffen hat und erhält, so verunreinigst du dein Herz und verletzt die Treue, die du Gott zu halten schuldig bist. „O wie gut ist es“, sagt der heilige Franz von Sales, „nicht anders zu wirken als wegen Gott, in nichts anderem sich zu ergötzen als in Gott! Fände ich in mir nur die geringste Neigung, die nicht von Gott herkommen oder sich nicht auf ihn beziehen sollte, so wollte ich sie sogleich ausreißen!“ „Alles meinem Gott zu Ehren“, das sei dein Wahlspruch.

 

Lasset uns beten drei Ave Maria, um durch Maria die Tugend der Reinheit zu erlangen.

Gegrüßet seist du . . .

 

Gebet.

O allerreinste Braut des Heiligen Geistes, unbefleckte Jungfrau Maria, lehre mich die Herzensreinheit bewahren. Beschütze mich vor jeder unreinen Versuchung und behüte mich vor jedem Verlangen nach eitler Ehre, damit ich Gott immer ein reines Herz weihen, mit reinem Herzen ihn, den Heiligsten der Heiligen, lieben kann! Amen.

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Neunzehnter Tag - Die Tugend der Armut

 

1. Unser liebenswürdigster Erlöser wollte arm auf Erden erscheinen, um uns dadurch die Verachtung der Güter dieser Welt zu lehren. Darum wählte er sich auch zu seiner Mutter eine arme Jungfrau. Wie Jesus, so liebte auch Maria die Armut. Obwohl aus königlichem Geblüt stammend, schämte sie sich nicht, ihren Unterhalt durch Arbeit zu erwerben. Ein Engel offenbarte eines Tages der heiligen Brigitta, dass die Reichtümer dieser Welt Maria so verächtlich waren wie Straßenstaub. Gleich wie Maria arm gelebt hat, so starb sie auch in Armut, denn nichts hinterließ sie nach ihrem Tod, als zwei ärmliche Kleider, die sie nach dem Bericht des Nicephorus zwei armen Frauen schenkte. Bist du also, christliche Seele, arm, von niedrigem Stand, so freue dich, auf solche Weise Jesus und Maria ähnlich zu sein. Verlange nie unordentlich nach irdischem Besitz, sei immer zufrieden mit dem wenigen, das du besitzt, und vertraue auf den Herrn, der auch dich, wie Maria, nicht verlassen wird.

 

2. Bist du aber vermögend, hast du ein gutes Auskommen, hat dich Gott mit Gütern gesegnet, so hänge ja dein Herz nicht an diese vergänglichen Güter. Maria erhielt von den heiligen drei Königen kostbare Geschenke, aber sie verteilte sie, wie der heilige Bernhard sagt, sogleich unter die Armen. Unmöglich kannst du Gott ganz von Herzen lieben, wenn du die Erdengüter unordentlich liebst. Halte dich immer nur für den Verwalter und Nutznießer deines Vermögens und freue dich, Mittel zu haben, den armen Gliedern Christi mitteilen zu können. Gibst du gern Almosen, so sei versichert, dass dir Jesus dafür Größeres, seine Liebe und den reichlichsten Lohn im Himmel, zuteilwerden lasse. Er sagt ja: „Was ihr dem Geringsten getan habt in meinem Namen, das habt ihr mir getan.“ Sprich oft mit dem heiligen Ignatius: „Herr, gib mir nur deine Liebe und deine Gnade, und ich bin reich genug.“ Bist du aber durch Unglück um das Deinige gekommen und wieder arm geworden, so tröste dich mit dem Gedanken, dass auch Jesus und seine heilige Mutter arm gewesen sind und die Armut so sehr geliebt haben, und sprich mit dem heiligen Arsenius: „O Gott, der du für uns arm geworden bist, sei ewig gepriesen, dass du mich an deiner glorwürdigen Armut teilnehmen lässt.“

 

Lasset uns beten drei Ave Maria, um durch Maria die Tugend der Armut zu erlangen.

Gegrüßet seist du . . .

 

Gebet.

O Maria, meine gütige Mutter, du liebtest auf Erden kein anderes Gut, als Gott. Mache, dass ich der Welt ganz absterbe, ziehe mich zu dir, damit ich nur den liebe, der allein geliebt zu werden verdient, Jesus Christus, unseren Herrn. Amen.

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Zwanzigster Tag - Die Tugend des Glaubens

 

1. Maria hat, wie der heilige Irenäus sagt, den Schaden, den unsere erste Mutter Eva durch ihren Unglauben angerichtet hatte, durch ihren Glauben wieder gutgemacht. Sie glaubte den Worten des Engels, der ihr die Menschwerdung des Sohnes Gottes verkündete. Sie erblickte ihr göttliches Kind im Stall zu Bethlehem, sah es fliehen vor Herodes, sah es Leben in größter Armut vor ihren Augen, und glaubte dennoch, dass dieses Kind der König des Himmels und der Erde sei. Sie sah ihren Sohn am Kreuz sterben, und obgleich der Glaube der heiligen Apostel und der Jünger wankte, blieb Maria doch fest überzeugt, dass er ihr Gott und Herr sei. Damals unter dem Kreuz ihres göttlichen Sohnes zeigte Maria auf glänzende Weise, wie stark ihr Glaube war, so dass sie mit Recht eine Mutter der Gläubigen genannt wird. Strebe eifrig, christliche Seele, nach diesem unerschütterlichen Glauben, er ist der Grund und die Wurzel alles gottseligen Lebens. Ohne Glauben kannst du Gott nicht gefallen. Der Glaube aber ist eine Gabe Gottes. Darum bitte inständig um diese Gabe, sprich oft: Herr, gib mir Glauben! Herr, hilf meinem schwachen Glauben! Herr, vermehre meinen Glauben . . .

 

2. Der heilige Ildephons ermahnt, dass wir nach dem Beispiel Mariens das Glaubenssiegel in uns erneuern sollen. Dies geschieht, wenn wir den Glauben in uns lebendig machen durch Ausübung guter Werke. Der Gerechte lebt aus dem Glauben, d.h. er lebt nach dem Glauben, er vollbringt, was der Glaube ihn lehrt. Verrichte also alle deine Werke im Aufblick zu Gott, im heiligsten Namen Jesu, bete, arbeite, kämpfe, leide, weil Gott es so haben will. Der Glaube lehrt dich, dass alle Güter und Freuden der Welt eitel sind: darum verachte sie. Der Glaube lehrt dich, dass das Auge Gottes nur auf die Demütigen und Reinen sieht: darum befleißige dich der Demut und Reinheit. Der Glaube lehrt dich, dass Gott allein in der Not, in der Versuchung helfen kann: also überlasse dich ganz seiner heiligsten Vorsehung . . . Befolge so die Vorschriften des Glaubens, und du wirst immer mehr wachsen in allem Guten, vor jeder Sünde bewahrt bleiben und hingelangen zu dem Ort, wo der Glaube sich in Schauen verwandelt.

 

Lasset uns beten drei Ave Maria, um durch Maria einen festen und lebendigen Glauben zu erlangen.

Gegrüßet seist du . . .

 

Gebet.

O Mutter der Gläubigen, heilige Maria, hilf mir, dass ich, wie du, aus dem Glauben lebe, dass der heilige Glaube, der mir in der heiligen Taufe eingegossen worden ist, der Beweggrund aller meiner Handlungen sei, dass ich immer seinen Vorschriften folge und auf diese Weise immer tugendhafter werde. Amen.

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Einundzwanzigster Tag - Die Tugend der Hoffnung

 

1. Aus dem Glauben geht hervor die Hoffnung, oder das Verlangen nach dem Besitz Gottes, und das Vertrauen, durch seine Gnade wirklich zu seinem Besitz zu gelangen. Maria war so fest im Vertrauen auf Gott gegründet und hatte ein solches Verlangen nach dem Besitz Gottes, dass sie die ganze Welt verachtete und weder auf irgendein Geschöpf, noch auf ihre eigenen Verdienste das geringste Vertrauen setzte. Wenn schon ein heiliger Paulus und viele andere Heilige eine so große Sehnsucht hatten nach dem Besitz Gottes und deshalb vollendet zu werden wünschten: wieviel mehr dürfen wir annehmen, dass Maria, die die Tage dieses Lebens als Tage der Verbannung ansah, von heftigem Verlangen nach der Vollendung entbrannte, um mit ihrem göttlichen Sohn auf das innigste Vereinigt zu werden! Einen Beweis ihres vollkommenen Gottvertrauens gab sie, als sie bemerkte, dass der heilige Josef, der Gottes Wundertaten an ihr nicht kannte, sie entlassen wollte; sie schwieg und überließ alles Gott dem Herrn, mit dem festen Vertrauen, Gott werde ihre Unschuld und ihren guten Ruf zu bewahren wissen. Ebenso fest vertraute sie auf Gottes Vorsehung bei der Flucht nach Ägypten. Besonders aber bewies sie ihr Vertrauen auf der Hochzeit zu Kana, wo sie, obgleich sie von ihrem Sohn eine dem Schein nach abschlägige Antwort erhielt, dennoch das feste Vertrauen hatte, sie werde erhört werden. Lerne also hier, christliche Seele, von Maria diese göttliche Tugend üben. Lass alle menschliche Hoffnung fahren und halte fest an Gott in allen Versuchungen und Trübsalen.

 

2. Wegen ihres unerschütterlichen Vertrauens auf Gott wird Maria die Mutter der heiligen Hoffnung genannt, ja, die katholische Kirche lehrt uns sogar sagen: „Maria, unsere Hoffnung, sei gegrüßt.“ Maria ist also unsere Hoffnung, durch sie erlangen wir alles von Gott, sie ist der Kanal aller Gnaden Gottes. Solltest du also wegen deiner Sündhaftigkeit zagen und im Vertrauen auf Gott wanken, so wende dich zu Maria: sie wird dein Vertrauen stärken und, wenn du herzlichst zu ihr rufst, sich deiner annehmen und das Herz ihres göttlichen Sohnes bewegen, dass er dich erhört. Halte für gewiss, dass Christus seiner Mutter keine Bitte abschlägt, wie er es der heiligen Brigitta geoffenbart hat, indem sie einst vernahm, wie Jesus zu Maria sprach: „Du hast mir auf Erden keine Bitte abgeschlagen, so werde ich dir auch im Himmel keine Bitte verweigern.“

 

Lasset uns beten drei Ave Maria um Erlangung einer unerschütterlichen Hoffnung durch die Fürbitte Mariä.

Gegrüßet seist du . . .

 

Gebet.

O Maria, meine wunderbare Hoffnung, sei gegrüßt und gewähre mir die Freude, dich als den Grund aller meiner Hoffnung immer verehren zu dürfen. Kommen Zweifel, werde ich kleinmütig und verzagt, dann eile mir zu Hilfe, dass ich nicht wanke. Besonders aber stehe mir bei, dass ich in der Todesstunde das Vertrauen auf Gottes Güte und Erbarmen und die Liebe deines göttlichen Sohnes nicht verliere. Amen.

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Zweiundzwanzigster Tag - Das Gebet

  

1. Keine Seele auf Erden, sagt der heilige Alfons von Liguori, hat mit größerer Vollkommenheit die Lehre unseres Herrn: „Man muss allzeit beten und nicht nachlassen“, befolgt, als Maria. An niemand andern, schreibt der heilige Bonaventura, können wir ein besseres Beispiel nehmen, von niemanden können wir besser lernen, wie notwendig die Beharrlichkeit im Gebet sei, als von Maria. Sie kam schon als Kind von drei Jahren in den Tempel, um dort sich dem Gebet besser widmen zu können. Sie betete ohne Unterlass bei Tag und Nacht, indem sie ihr Herz zu Gott erhoben hielt: immer stiegen Gebete aus ihrem reinsten Herzen wie leuchtende Flammen zum Himmel empor. Nach dem Tod ihres göttlichen Sohnes und nach seiner Auffahrt zum Himmel besuchte sie häufig die Orte seiner Geburt, seines Leidens und Sterbens, betrachtete dort seine unendliche Liebe und gab uns ein Beispiel, wie auch wir das Leben, Leiden und Sterben des Herrn stets vor Augen haben, innerlich betrachten und ihm nachleben sollen. So fasse denn auch du, meine Seele, den festen Entschluss, das Gebet und die Betrachtung zu üben. Das Gebet ist der Schlüssel zu allen Gnaden des Herrn, durch die Betrachtung lernst du dich und die Welt verachten und dein Herz über alles Irdische hinweg zum Himmel erheben, durch die Betrachtung wirst du frei von leidenschaftlicher Anhänglichkeit an die Erde.

 

2. „Weil die allerseligste Jungfrau“, sagt der heilige Alfons, „das Gebet so sehr liebte, so trug sie auch eine so innige Liebe zur Einsamkeit und mied daher auch den Umgang mit Menschen so viel wie möglich“. Im Gebet mit ihrem Gott vereinigt traf sie der Erzengel Gabriel einsam in ihrem Kämmerlein an, als er ihr die frohe Botschaft brachte, dass sie Mutter Gottes werden sollte. Der heilige Bernhard sagt daher, dass Maria aus Liebe zum Gebet und zur Einsamkeit immer darauf bedacht war, die Unterhaltung mit den Menschen zu vermeiden, weshalb sie der Heilige Geist eine Turteltaube nannte! „Schön sind deine Wangen, wie die der Turteltaube!“ Denn die Turteltaube lebt einsam und deutet die innigste Vereinigung einer Seele mit Gott an. Ahme denn auch hierin Maria nach, ziehe dich gern von unnützem und unnötigem Umgang mit Menschen zurück und lebe stets in der Gegenwart Gottes. Musst du unter Menschen sein, unter ihnen leben und arbeiten, so erhebe dein Herz, so oft du kannst, durch heilige Seufzer zu Gott und versuche dann in den Stunden, wo du dir überlassen bist, mit Gott im Gebet dich zu unterhalten.

 

Lasset uns beten drei Ave Maria, um durch Maria die Gnade des beharrlichen und andächtigen Gebetes zu erlangen.

Gegrüßet seist du . . .

 

Gebet.

Allerseligste Jungfrau, liebe Mutter Maria, ich verlange von Herzen eine ähnliche Liebe zum Gebet und zur Einsamkeit, wie du sie gehabt hast. O bewirke doch, dass mein Herz sich immer mehr von den Geschöpfen weg zu Gott wende und in der Unterredung mit ihm seine einzige Freude suche. Amen.

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Dreiundzwanzigster Tag - Die Abtötung

 

1. Alle Heiligen stimmen überein, dass, ehe man zur Einigung mit Gott kommt, die Selbstverleugnung und Abtötung der äußeren Sinne und inneren Neigungen vorausgehen und die Übung des Gebetes immer begleiten müsse. Die Abtötung ist das Fundament zur Erbauung des Gebäudes der vollkommenen Vereinigung mit Gott. Maria hat das erkannt. Daher ihre Liebe zur Demut: immer wollte sie die Letzte, immer unbekannt und verachtet sein. Daher ihre Liebe zur Armut: sie wollte nichts besitzen außer Gott; sie entäußerte sich aller irdischen Dinge und mit den Schätzen der Drei Heiligen Könige hat sie sich nicht bereichert. Daher auch ihre Flucht vor Lob und eitler Ehre: wo Ehre und Lob zu finden war, da traf man Maria nicht, wo aber Schmach und Verachtung zu ernten war, da fehlte auch Maria nicht. Du siehst sie nicht beim Einzug ihres Sohnes zu Jerusalem am Palmsonntag, aber auf dem Kreuzweg wirst du sie finden. So lege denn auch du, meine Seele, Hand an dieses Werk der Abtötung. Christus ruft dir zu: „Wer mir nachfolgen will, der verleugne sich selbst!“ der muss seine Sinne, seine Eigenliebe abtöten . . .

 

2. Diese Abtötung muss fortwähren bis zum Tod, denn die Eigenliebe kann nicht gleich vernichtet werden. Daher ist ein beständiges Forschen nach seinen Neigungen notwendig. Beständig muss man in sich einkehren und jedes aufkeimende Unkraut, jede Neigung, die nicht auf Gott, seine Ehre und Liebe zielt, im Keim ertöten. So handelte Maria. Mit größter Sorgfalt wachte sie über ihr Herz und ihre Sinne und verschloss sie allen eitlen Eindrücken. Ihre Augen hielt sie zurück, ihr Mund war fast immer schweigsam, ihr Gaumen verlangte nur Speise zur Erhaltung ihres Leibes und untersuchte nicht, ob sie süß oder bitter, gut oder schlecht schmeckte. Ihre Einbildungskraft war nur auf Gott und den Himmel gerichtet, ihr Gedächtnis, ihr Verstand stets mit Gott und den himmlischen Dingen beschäftigt, ihr Verlangen war, nur Gott zu gefallen . . . Tue also auch du, meine Seele, dir Gewalt an. Kämpfe beständig gegen dich, werde aber nicht kleinmütig, wenn du fehlst. Was du heute nicht zustande bringst, damit fange morgen wieder an. Rufe nur immer um Gnade und harre aus im Kampf: Gott hilft dir siegen.

 

Lasset uns beten drei Ave Maria, um durch Maria die Tugend der Abtötung zu erhalten.

Gegrüßet seist du . . .

 

Gebet.

O Maria, die du mit Recht eine Siegerin genannt wirst, weil du Welt, Teufel und Fleisch glorreich wie dein göttlicher Sohn besiegt und allen, die dich anriefen, zum Sieg verholfen hast, hilf mir auch im Kampf gegen mich selbst und die Feinde meiner Seele siegen und so die Krone erlangen, die mir bereitet ist. Amen.

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Vierundzwanzigster Tag - Die Lostrennung von allen Geschöpfen

 

1. „Sohn, Tochter, gib mir dein Herz!“ ruft uns allen der Heiland zu. Er verlangt also unser Herz, unser ganzes Herz. Solange es aber noch unordentlich an irgendeinem Geschöpf hängt, gehört es nicht Gott. Die leidenschaftliche Anhänglichkeit an irdische Dinge, an vergängliche Geschöpfe ist ein stetes Hindernis der Vereinigung mit Gott. Daher sprach auch Jesus: „Wer Vater und Mutter mehr liebt als mich, ist meiner nicht wert.“ Der junge Mann, zu dem Jesus sagte: „Gehe hin und verkaufe alles, was du besitzt, und gib es den Armen und folge mir“, ging traurig von Jesus weg, weil sein Herz am zeitlichen Vermögen hing; er gelangte also nicht zur Vollkommenheit, zu der ihn der Heiland berufen hatte. Maria aber, unsere liebe Mutter, hat sich schon als Kind von dieser Welt und allen Geschöpfen getrennt. Von der Welt wollte sie nichts; gleich einem Vogel lebte sie immer frei in den reinen Lüften der Liebe Gottes. Trachte also auch du, meine Seele, dein Herz von den erschaffenen Dingen loszureißen. Gebrauche die zeitlichen Dinge, die Geschöpfe, nur als eine Leiter, um zu Gott emporzusteigen. Willst du erkennen, ob dein Herz noch an Erschaffenem hängt, darfst du nur darauf sehen, ob du bei dessen Verlust unruhig und betrübt wirst. Wirst du übermäßig unruhig, betrübt, wenn du irgendein Ding verlierst, wenn dir etwas entzogen wird, so ist dein Herz noch nicht losgetrennt, noch nicht vollkommen in Gottes Willen ergeben, der verlangt, dass du dich ihm ganz hingibst, ihn über alles liebst, ihn allein suchst.

 

2. Diese Lostrennung von allen Geschöpfen besteht aber nicht darin, dass man sie hasst oder verabscheut, denn alles, was Gott erschaffen hat, ist gut und hat seinen Zweck: die Verherrlichung Gottes. Wir dürfen die Erschaffung der Dinge auch gebrauchen, ja, wir dürfen sie lieben, allein nur wegen Gott, der sie erschaffen und gegeben hat. Nie sollen wir aber die vergänglichen Güter und Vergnügungen der Welt, nie die Geschöpfe über uns herrschen lassen, nie ihnen knechtisch dienen, nie ihnen unseren Willen gleichsam zum Opfer bringen. „Alles, alles ist eitel“, sagt Thomas von Kempen, „außer Gott lieben und ihm allein dienen“, und der heilige Paulus: „Gebrauche die Welt, alle ihre Geschöpfe, Güter und Freuden, als brauchtest du sie nicht“, d.h. brauche sie nur zur Ehre Gottes und zu deinem Seelenheil. So handelte auch Maria. Die ganze Welt mit all ihrer Herrlichkeit und Pracht war ihr gleichgültig, an nichts Vergänglichem hing ihr Herz. Gott, seine Verherrlichung, war das einzige Ziel ihres Strebens. Folge ihr nach, meine Seele, und du erlangst den Frieden und die wahre Freiheit der Kinder Gottes.

 

Lasset uns beten drei Ave Maria, um durch Maria die Tugend der Losschälung zu erlangen.

Gegrüßet seist du . . .

 

Gebet.

O gütige Mutter Maria, hilf mir doch, dass ich mich ganz und gar Gott unterwerfe, ihm alles, was ich bin und habe, freudig zum Opfer bringe und aus Liebe zu Gott, losgetrennt von allem Zeitlichen, nach dem ewigen Besitz des höchsten Gutes strebe! Amen.

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Fünfundzwanzigster Tag - Die Liebe Gottes

 

1. Je leerer das Herz von sich selbst und von den Geschöpfen ist, desto mehr wird es von der Liebe zu Gott erfüllt sein. Weil nun Maria so demütig, also leer von sich selbst, und so abgetötet, also leer von allen Geschöpfen war, deshalb wurde sie von der Liebe Gottes so erfüllt, dass sie, wie der heilige Bernhardin sagt, Gott mehr liebte, als die Menschen und Engel ihn lieben. Mit Recht wird sie daher eine Königin der Liebe, eine Mutter der schönen Liebe genannt. Sie erfüllte das Gebot: „Du sollst Gott, deinen Herrn, lieben aus deinem ganzen Herzen“, auf das vollkommenste. Dieses vollkommene Liebesfeuer hatte das heiligste Herz Mariä so tief verwundet und durchdrungen, sagt der heilige Bernhard, dass nichts davon übrig blieb, was nicht von der Liebe erfüllt gewesen wäre. Sie konnte mit vollem Recht ausrufen: „Mein Geliebter ist mein und ich bin sein“, und deshalb konnten nach dem Ausspruch des Richardus sogar die Seraphim vom Himmel herabsteigen, um von dem liebeerfüllten Herzen Mariä zu lernen, wie man Gott lieben soll. Warum liebst du noch etwas außer ihm? Ist er nicht wert, mehr als alles geliebt zu werden? Hat er dich nicht zuvor geliebt? Liebt er dich nicht noch immer?

 

2. Da nun Maria eine so große Liebe zu Gott trägt, so verlangt sie sicher nichts so sehr von ihren Verehrern, als dass auch sie Gott lieben, so sehr sie können. Das sagte sie auch eines Tages der seligen Angela von Foligno, nachdem sie kommuniziert hatte: „Angela, mein Sohn hat dich gesegnet: suche ihn also zu lieben, so sehr du vermagst.“ Auch sprach die allerseligste Jungfrau eines Tages zur heiligen Brigitta: „Wenn du dich mit mir vereinigen willst, meine Tochter, so liebe meinen Sohn.“ Siehe, die Mutter der schönen Liebe hat das innigste Verlangen, dass die Herzen aller Menschen von diesem Liebesfeuer erglühen wie das ihre. Darum nannte die heilige Katharina von Siena sie die Trägerin des Feuers der göttlichen Liebe. Willst du also auch, meine Seele, von dieser Flamme entzündet werden, so musst du suchen, durch treue Haltung der Gebote, durch Gebet und durch Anmutungen zu Gott immer mehr dieser geliebten Mutter zu gleichen.

 

Lasset uns beten drei Ave Maria, um durch Maria die heilige Liebe Gottes zu erlangen.

Gegrüßet seist du . . .

 

Gebet.

O Königin der Liebe, Maria, du Liebenswürdigste, o Geliebte und mehr als alle anderen Geschöpfe Liebende, o meine Mutter, du warst immer ganz von Liebe zu Gott entzündet. Erweise mir die Gnade, mir wenigstens einen Funken dieser Liebe mitzuteilen. Du batest deinen Sohn für jene Brautleute, die keinen Wein mehr hatten: „Sie haben keinen Wein.“ Solltest du Gott nicht auch für mich bitten, dem der Wein der Liebe Gottes mangelt, der ich Gott nicht liebe, den zu lieben ich so sehr verpflichtet bin? Sage ihm also: „Siehe, er hat keine Liebe!“ und erlange mir die Liebe! Ich bitte dich um keine andere Gnade, als um die Liebe zu Gott. O meine Mutter, wegen deiner großen Liebe zu Gott erhöre mich und bitte für mich. Amen.

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Sechsundzwanzigster Tag - Die Eigenschaften der Liebe Gottes

  

1. Die wahre Liebe Gottes besteht darin, dass wir Gott zuliebe alles tun und alles leiden. Nur derjenige liebt Gott wahrhaft, der alles, was er tut, das Geringste wie das Größte, aus Liebe zu Gott tut. Darin bestand auch die Liebe der allerseligsten Jungfrau. Die Liebe war der Beweggrund aller ihrer Handlungen. Sie war immer bereit, für die Ehre Gottes, zur Verherrlichung seines heiligsten Namens, zur Entflammung der Liebe zu ihm in den Herzen der Menschenkinder alles zu tun, keine Mühe zu scheuen, jedes Opfer zu bringen, und sollte es auch ihr Leben sein. Einen Beweis hiervon haben wir darin, dass sie das Leben ihres Lebens, ihren göttlichen Sohn, mit Freuden opferte zur Versöhnung der beleidigten Majestät Gottes, zur Verherrlichung seines Namens. So tue auch du alles für und wegen Gott: jede, auch die geringste Arbeit sei auf Gottes Ehre gerichtet, jedes Gebet, jede Abtötung geschehe von dir Gott zuliebe. Versäume keine Gelegenheit, auch andere zur Liebe Gottes zu entflammen, auch andere zu bewegen, dass sie Gott verherrlichen.

 

2. Die Liebe Gottes zeigt sich auch im Leiden. Als Jesus hinging, um für die Menschen zu sterben, gab er seinen Jüngern die Liebe zu seinem himmlischen Vater in den Worten zu erkennen: „Ich gehe hin, damit die Welt erkenne, dass ich den Vater liebe und tue, wie es mir der Vater befohlen hat.“ Nicht bloß aus Liebe zu uns, sondern vor allem aus Liebe zu seinem himmlischen Vater wollte Jesus leiden. Auch Maria, die schmerzhafte Mutter, hatte in all ihren unaussprechlichen Leiden keinen anderen Beweggrund, als Gott dadurch zu verherrlichen. Jesus ließ deswegen seine gebenedeite Mutter an all seinen Leiden teilnehmen. Was er am Leib litt, das duldete Maria an der Seele, so dass sie mit dem Propheten ausrufen konnte: „Ihr alle, die ihr vorübergeht, sehet und betrachtet, ob ein Schmerz sei gleich dem meinigen.“ Willst du also Gott lieben, so leide gern und mit Freude. Denke dabei an Jesus und Maria, an alle Heiligen, und du wirst finden, dass die Liebe der einzige Beweggrund war, warum sie so gern sich jedem Kreuz unterworfen und sich selbst kreuzigten . . . Arbeite und leide und liebe: der Himmel wird dir dafür zum Lohn.

 

Lasset uns beten drei Ave Maria, um durch Maria die Gnade zu erlangen, alles aus Liebe zu Gott zu tun und zu leiden.

Gegrüßet seist du . . .

 

Gebet.

O Maria, Lehrmeisterin der Liebe, lehre mich doch, Gott so zu lieben, wie du, und diese Liebe besonders dadurch zu zeigen, dass ich alles für meinen Gott tue und leide, wie er es will! Siehe, ich will mit dir, o Maria, den Weg der Mühsale und Leiden gehen und deinem göttlichen Sohn täglich nachfolgen, bis ich die Gnade erlange, im Himmel mit dir Gott in Ewigkeit zu lieben. Amen.

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Siebenundzwanzigster Tag - Die vorzüglichsten Mittel zum Wachstum in der Liebe Gottes

 

1. Die Liebe Gottes ist eine Gnade, denn sie wurde in der heiligen Taufe durch den Heiligen Geist in unsere Herzen eingegossen. Um aber dieses Liebesfeuer immer mehr in uns zu entflammen und zur höchsten Vollkommenheit zu bringen, gibt es besonders zwei Mittel: das Gebet und die öftere heilige Kommunion. Immer sollst du um die Gabe der Liebe bitten, immer an das liebevolle Herz Jesu anklopfen und flehen, dass Jesus dir von seiner Liebe mitteile, immer zu Maria rufen, dass sie dir helfe, Gott zu lieben. Zugleich sollst du das tun, was Maria, was die Heiligen taten. Maria war die erste, die das Leiden ihres Sohnes täglich und stündlich betrachtete und dadurch von der Liebe ganz durchdrungen wurde. Die Leiden Jesu nennt der heilige Alfons Liebespfeile, weil nichts so sehr unsere kalten, harten Herzen entflammen kann, als die Erkenntnis der unendlichen Liebe, die Jesus zu uns Menschen in seinem Leiden zeigt. Betrachte daher oft das Leiden des Heilandes. Das ist das Buch, in welchem du lernst, wie man Jesus liebt. Je mehr du darin liest, desto mehr wirst du in der Liebe zu Jesus zunehmen.

 

2. Das vorzüglichste Mittel aber, um in der Liebe zu Gott, dem liebenswürdigsten Gut, immer mehr zuzunehmen, ist die öftere, würdige heilige Kommunion. „Ich bin gekommen“, spricht Jesus, „Feuer zu senden, und was will ich anders, als dass es brenne?“ Christus selbst ist dieses Feuer, er will in unsere Herzen einkehren, sie an sich ziehen, sie eins machen mit sich. Wie das Feuer die Eigenschaft hat, das, was es durchglühen und entzünden kann, in sich zu verwandeln, so dass es selbst Feuer wird, so will uns auch Jesus mittels der heiligen Kommunion mit sich verähnlichen, wie er selbst sagt: „Wer mein Fleisch isst und mein Blut trinkt, der bleibt in mir und ich in ihm.“ Je öfter du also kommunizierst, desto mehr wird dich Christus reinigen, desto mehr mit seiner Liebe durchglühen und endlich ganz sich mit dir einigen, so dass du mit dem heiligen Paulus ausrufen kannst: „Nicht mehr ich lebe, sondern Christus lebt in mir.“ Erinnere dich, mit welcher Demut, aber auch mit welcher Liebe Maria Jesus empfangen und wie sie mit ihrem göttlichen Sohn ganz eins geworden ist. Nähere dich daher oft mit Demut und heiligem Verlangen dem heiligen Tisch und koste, wie gut der Herr ist.

 

Lasset uns beten drei Ave Maria, um durch Maria die Gnade zu erlangen, oft und würdig zu kommunizieren.

Gegrüßet seist du . . .

 

Gebet.

O Maria, meine Mutter, teile mir doch dein Verlangen mit, welches du jedes Mal hattest, wenn du aus den Händen der Apostel das heiligste Sakrament empfingst, und hilf mir, dass ich mich stets würdig dem Tisch des Herrn nahe und dadurch die Liebe erlange, die mich eins macht mit deinem göttlichen Sohn. Amen.

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Achtundzwanzigster Tag - Die Gleichförmigkeit unseres Willens

mit dem Willen Gottes

 

1. Die Gleichförmigkeit unseres Willens mit dem göttlichen Willen besteht darin, dass wir nichts wollen, außer was Gott will, und uns alles gefallen lassen, was Gott über uns verhängt. Das hat Christus gelehrt und geübt, und seine göttliche Mutter ist ihm hierin nachgefolgt. Im Vaterunser lehrt uns Christus beten: „Vater, dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden“, dein Wille geschehe von uns und an uns. Ferner sagt er von sich selbst: „Ich bin vom Himmel herabgestiegen, nicht, um meinen Willen zu tun, sondern den Willen dessen, der mich gesandt hat.“ Am Abend vor seinem Tod betete er dreimal: „Vater, nicht wie ich will, sondern wie du willst“, und gab seinen Willen gänzlich dem himmlischen Vater hin. Ihm folgte seine Mutter treulich nach. „Siehe“, sprach sie zum Engel, „ich bin eine Magd des Herrn, mir geschehe nach deinem Wort!“ Und als Jesus ihr sein Leiden und seinen Tod ankündigte, gab sie, obwohl mit den tiefsten Schmerzen erfüllt, mutig ihre Einwilligung, denn der Wille Gottes ging ihr über alles. Befleißige denn auch du dich immer dieser himmlischen Tugend, die dir den schönsten Frieden, eine Art Seligkeit schon auf Erden verschafft.

 

2. Damit du dich aber in dieser Tugend tief begründest, so präge dir zwei Hauptlehren ein: erstens, dass in dieser Übereinstimmung deines Willens mit dem göttlichen Willen die Vollkommenheit besteht, zweitens, dass in der Welt durchaus nichts vorfallen und sich ereignen kann, außer durch und nach Gottes Willen, Anordnung oder Zulassung. Was die erste Grundlehre betrifft, so bedenke, dass der höchste, reinste und erhabenste Teil der Liebe Gottes darin besteht, dass man in allen Stücken dasselbe will und nicht will, was Gott will und nicht will. Es gibt gewiss nichts Besseres und Vollkommeneres, als den Willen Gottes. Darum ist auch der Mensch umso vollkommener, je mehr er sich mit dem göttlichen Willen vereinigt und gleichförmig macht. Das tat Maria, und so hat sie auch die höchste Stufe der Vollkommenheit erreicht. Was die zweite Grundlehre betrifft, so bedenke, dass Gott, der Herr des ganzen Weltalls, jedes, auch das geringste Geschöpf, regiert und erhält und selbst die Haare deines Hauptes gezählt hat. Darum sagt der Prophet: „Glück und Unglück, Leben und Tod, Armut und Reichtum kommen von Gott.“ Hast du dir das nun recht lebhaft ins Herz geprägt, so gibt es für dich keinen Zufall mehr und du wirst nicht unruhig, verzagt werden, wenn dir Übles widerfährt, sondern dich in den allerheiligsten und anbetungswürdigsten Willen Gottes ergeben, der alles zu deinem Besten anordnet. So beeifere dich denn nach dem Beispiel Jesu, Mariä und Josefs, die Gleichförmigkeit mit dem göttlichen Willen dir anzueignen. Sage oft, besonders in den Versuchungen, Ängsten und Nöten: „Herr, dein Wille geschehe!“ und sei ruhig. Denke: „Der Herr ist mein Helfer, ich wanke nicht.“ Glaube sicherlich, dass der, der seinen Willen gänzlich Gott hingegeben hat, nicht verloren gehen kann.

 

Lasset uns beten drei Ave Maria, um durch Maria die Gleichförmigkeit unseres Willens mit dem göttlichen zu erhalten.

Gegrüßet seist du . . .

 

Gebet.

O getreueste Mutter Maria, lehre mich doch, den Willen Gottes in allen Stücken und zu allen Zeiten immer getreu zu erfüllen. Lehre mich auch, meinen so veränderlichen und oft so eigensinnigen Willen gänzlich mit Gottes heiligem Willen zu vereinigen! Siehe, bereit ist mein Herz, zu tun und zu leiden, was und wie es Gott gefällt. Amen.

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Neunundzwanzigster Tag - Die Versuchungen

 

1. Der Heilige Geist sagt im Buch (Ekklesiastikus) Jesus Sirach (2,1): „Mein Sohn, trittst du den Dienst Gottes an, dann stehe fest in der Gerechtigkeit und Furcht und mache dich gefasst auf Versuchung.“ Von drei Seiten kommen Versuchungen an den Menschen heran, von der Welt, von der bösen Lust und vom Teufel. Zu keiner Zeit in diesem Leben ist der Mensch vor ihnen sicher. Sie haben für ihn einen großen Nutzen, sie fördern die Demut, drängen ihn zum innigen Anschluss an Gott, kräftigen und reinigen die Tugend, bewirken Vermehrung der Gnade und des himmlischen Verdienstes. Daher sind Versuchungen oft der Anteil der Auserwählten. „Weil du Gott angenehm warst“, sagte der Engel Raphael zu Tobias, „so musste Versuchung dich bewähren.“ Auch Christus ist versucht worden, aber nicht innerlich durch eine böse Lust – die war in ihm und auch in Maria nicht vorhanden –, sondern von außen durch den Teufel, um uns zu zeigen, wie wir die Versuchungen überwinden sollen. Wirst du also versucht, so geschieht dir nichts Außergewöhnliches, weshalb uns der Heiland ja täglich beten lehrt: „Führe uns nicht in Versuchung.“ Und wirst du auf irgendeine Weise, oder zu irgendeiner Sünde versucht, so denke an das Wort des Apostels: „Gott ist getreu, und wird euch nicht über eure Kräfte versuchen lassen.“

 

2. Beachte und befolge im Kampf gegen die Versuchungen folgende Regeln, und du wirst immer siegen: 1. Lass dich nie mit der Versuchung ein, widerstehe gleich zu Anfang und mit voller Entschiedenheit des Willens; wende der Versuchung sofort den Rücken und fliehe. – 2. Kämpfe mit Vertrauen auf Gott, weil wir alles vermögen in ihm, der uns stärkt, aber mit Misstrauen auf dich selbst, weil Gott nur dem Demütigen seine Gnade gibt. – 3. Kämpfe mit Mut und Freudigkeit; denn du bist dem Feind gewachsen, du stehst unter dem Schutz Gottes, der dir zur Rechten ist, der mit dir ist. – 4. Kämpfe mit Ausdauer und lass dich nicht ermüden, wie die Jünger, zu denen der Heiland sagte: „Ihr seid es, die ihr mit mir in meinen Versuchungen ausgehalten habt.“ – 5. Endlich kämpfe mit Gebet; rufe Gott unablässig um Hilfe an, er wird dich erhören; rufe die Heiligen, deinen Schutzengel, vor allem Maria an. Maria wird sich schützend des Kindes annehmen, das in der Gefahr zu ihr flüchtet. Sie hat der Schlange den Kopf zertreten, und führt in der Kirche den Titel: Maria vom Sieg, Hilfe der Christen. Flehe zu ihr: Heilige Maria, Mutter Gottes, bitte für mich Sünder, jetzt, in dieser meiner Not und Versuchung, und in der Stunde meines Todes, in meiner letzten Not und Versuchung, damit ich nicht erliege, sondern siege.

 

Lasset uns beten drei Ave Maria, um durch Maria den Sieg über alle Versuchungen zu erlangen.

Gegrüßet seist du . . .

 

Gebet.

O Maria, erflehe mir von Gott Kraft und Mut, Wachsamkeit und Ausdauer im Kampf gegen die Versuchungen, damit ich einen guten Kampf kämpfe, meinen Lauf glücklich vollende, den Glauben bewahre und die Krone der Gerechtigkeit erlange; durch Christus, unseren Herrn. Amen.

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Dreißigster Tag - Das Verlangen nach dem Besitz Gottes

 

1. Je mehr der Mensch in der Erkenntnis der göttlichen Wahrheiten zunimmt, desto mehr kommt er zur Einsicht, dass nichts, gar nichts auf Erden das Verlangen seines Herzens stillen und befriedigen kann. Er erkennt im hellsten Licht die Eitelkeit und Nichtigkeit aller irdischen Dinge, er wird ganz gleichgültig dagegen und verachtet sie von Herzen, er wendet seinen Blick ab von der Erde und richtet ihn empor zum Himmel. Dort allein findet er Ruhe, denn dort wohnt der, der sein Herz ganz ausfüllen kann, in dessen Besitz er allein zufrieden ist. Daher die Sehnsucht nach dem Besitz Gottes in den Herzen frommer Christen, daher ihre stille Trauer in dem Getrenntsein von dem einzigen, höchsten Gut. Als Maria nach der Himmelfahrt ihres göttlichen Sohnes einsam unter den Aposteln auf Erden weilte, da erfüllte fort und fort stille Wehmut ihr Herz: wie eine Verbannte lebte sie in stiller Zurückgezogenheit. Nur das Gebet war ihr Trost und die Ausbreitung der Kirche ihre Freude. O wie oft seufzte sie: „Wer gibt mir Flügel einer Taube, dass ich fliege und ruhe!“ Fühlst du nicht auch eine solche Sehnsucht nach dem Besitz Gottes in dir, meine Seele?

 

2. Das Verlangen, Gott zu besitzen, ist ein Zeichen, dass du in der Gnade Gottes stehst, dass du sein Kind bist und zur Zahl seiner Auserwählten gehörst. Dieses Verlangen darf aber kein vorübergehendes, sondern muss ein fortdauerndes sein und immer mehr zunehmen, je weiter du in der Tugend fortschreitest. Um es aber in dir stets rege zu erhalten, betrachte immer wieder das menschliche Elend und die Eitelkeiten der Welt. Richte fort und fort deinen Blick im Gebet nach oben und sende, so oft du kannst, Seufzer des Verlangens zum Himmel empor. Der Herr lässt sich dann zu dir herab, er zieht dein Herz immer mehr an sich, erfüllt es immer mehr mit seiner Liebe, schält es immer mehr los von dir selbst und von den Geschöpfen und wird es endlich, ist die Zeit deines Heimganges in die wahre Heimat gekommen, ganz mit seiner beseligenden Gegenwart erfüllen. So durchlebte Maria nach der Himmelfahrt ihres geliebten Sohnes ihre noch übrigen Lebenstage. Ihr Wandel war nicht mehr auf Erden, sondern im Himmel. Gott war ihr alles, außer ihm war ihr alles gleichgültig geworden. O meine Seele, wie glücklich bist du, wenn Gott dein alles ist, wenn du in Wahrheit ausrufen kannst: „Mein Gott und mein alles!“

 

Lasset uns beten drei Ave Maria, um durch Maria ein rechtes Verlangen nach dem Besitz Gottes zu erhalten.

Gegrüßet seist du . . .

 

Gebet.

O meine innigst geliebte Mutter, ich fühle es immer mehr, dass noch viele Bande mich an die Welt fesseln und dass mein Herz noch nicht zur vollkommenen Ruhe gelangt ist. O ziehe mich doch mit den Banden deiner Liebe zu Gott, dass ich nicht von ihm lasse, bis ich sein und er mein geworden ist. Amen.

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Einunddreißigster Tag - Das in Christus verborgene Leben

 

1. „Wenn ihr mit Christus auferstanden seid, so sucht, was droben ist, wo Christus ist, der zur Rechten Gottes sitzt. Was droben ist, habt im Sinn, nicht was auf der Erde ist. Denn ihr seid gestorben, und euer Leben ist verborgen mit Christus in Gott!“ So ruft der heilige Apostel Paulus allen denen zu, die die Sünde verlassen haben, der Welt abgestorben sind und für Gott leben wollen. Ihr Leben soll verborgen sein mit Christus in Gott. Dieses verborgene Leben in Christus besteht in der fortwährenden Flucht und Vermeidung alles eitlen Umganges mit Geschöpfen. Musst du unter Menschen sein, mit ihnen zusammen leben, mit ihnen arbeiten, so bewahre wenigstens die Einsamkeit des Gemütes, indem du deine Arbeiten auf Gott beziehst, immer in seiner Gegenwart dich hältst, alle eitlen Vorstellungen und Bilder dir aus dem Sinn schlägst, deine Augen bezähmst, gehöriges Schweigen beobachtest und durch kurze Schussgebetlein dein Herz zu Gott erhebst. So lebte Maria unter den Aposteln. Sie hatte sich zurückgezogen vom Schauplatz der Welt und sich ganz dem Gebet und der Betrachtung hingegeben. Nur dann, wenn die Apostel Rat und Trost brauchten, nur dann, wenn sie mit ihnen betete, öffnete sie ihren Mund.

 

2. Nicht bloß mit dem Leib und dem Gemüt, sondern auch mit dem Herzen muss der, der sich mit Gott vereinigen will, verborgen in Christus leben. Dieses verborgene Leben des Herzens in Christus ist die heilige Einsamkeit. Diese Einsamkeit verleiht Gott nur seinen getreuesten Anhängern, die in beständiger Abtötung ihrer äußeren Sinne und inneren Neigungen sich endlich von allem Irdischen entblößt haben und ganz frei von aller Anhänglichkeit an die Geschöpfe sind. In ein solches Herz steigt dann der göttliche Bräutigam nieder und feiert mit ihm seine Vermählung. Da spricht er himmlische Worte, die süßer sind als Honig, zur Seele, und die Seele zerfließt gleichsam in heiligem Entzücken wegen der Gewalt der Liebe und ihrer Wonne. Verlasse also alles, und du wirst alles finden, ersterbe dir, ersterbe der Welt: und Christus wird in dir, und du wirst in Christus leben und nicht sterben, auch wenn du dem Leib nach gestorben bist. Auch hierin gibt dir Maria ein Beispiel. Sich und der Welt war sie gestorben und im Innersten ihres Herzens lebte die Seele ihrer Seele, Gott, der da ist alles in allem, hochgelobt in Ewigkeit.

 

Lasset uns beten drei Ave Maria, dass wir durch die Fürbitte Mariä der Welt absterben und in Christus leben.

Gegrüßet seist du . . .

 

Gebet.

O Maria, Trauer und Wehmut durchdringt mein Herz, weil es immer noch im Äußeren umherirrt, dem Irdischen sich zuneigt und sich wehrt gegen die heilige Einsamkeit, in der du in Gott geborgen gelebt und mit ihm vollkommen vereinigt gewesen bist. O führe meine Seele doch auch in diese Einsamkeit, reiße sie los von den Geschöpfen, erfülle sie mit himmlischen Begierden und entflamme sie zu jener brennenden Liebe, die mit nichts sich begnügt, als nur mit dem höchsten Gut. Amen.

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Gebet beim Schluss der Maiandacht

 

Zum letzten Mal in diesem dir geweihten Monat knien wir vor dir, o Maria, hin und senden dir hinauf unseren kindlichen Gruß, unseren Dank und unsere Bitte. Wir danken dem dreieinigen Gott wegen aller Gnaden und Vorzüge, womit er dich geziert hat; wir danken dir für die Erhörung unserer Bitten, die du uns gewährt hast, für den Trost, den du uns gespendet hast, für die Gnaden, die du uns am Thron des Allerhöchsten erwirkt hast. Schau, wie in den Tagen dieses Monats, so immer und überall, wo wir wandern werden, wie eine liebevolle Mutter auf uns, deiner hilfsbedürftigen Kinder, herab, und erbitte uns Schutz in Gefahren, Stärke im Kampf, Geduld in Leiden; erbitte den Sündern Bekehrung und Verzeihung, den Gerechten Fortschritt in der Tugend; erbitte uns allen die Gnade der Beharrlichkeit, einen seligen Tod und ein gnädiges Gericht. Möchten wir alle, o Maria, die wir hier zugegen und dir in kindlicher Liebe ergeben sind, im Himmel am Fuß deines Thrones uns wiederfinden, gerettet durch deine Fürbitte aus allen Gefahren. Möchte keiner verloren gehen, der hier andächtig gebetet hat und noch betet: Heilige Maria, Mutter Gottes, bitte für uns Sünder jetzt und in der Stunde unseres Todes. Amen.

 

Wechselgebet zum Schluss der Andacht

 

Maria, du hohe Gottesmutter, - Sei noch einmal gegrüßt und gepriesen!

Du glückselige Himmelskönigin, - Sei noch einmal gegrüßt und gepriesen! Du Mutter Jesu, unseres Heilands, - Sei noch einmal gegrüßt und gepriesen!

Du Mutter und Jungfrau zugleich, - Sei noch einmal gegrüßt und gepriesen!

Du Mutter der Barmherzigkeit, - Sei noch einmal gegrüßt und gepriesen!

Du Zuflucht der Sünder und aller Elenden, - Sei noch einmal gegrüßt und gepriesen! Du Vorbild aller Tugenden, - Sei noch einmal gegrüßt und gepriesen!

Du unsere liebe Mutter, Gebieterin und Fürsprecherin, - Sei noch einmal gegrüßt und gepriesen!

Du unsere Zuflucht, unser Leben, unsere Süßigkeit und unsere Hoffnung, - Sei noch einmal gegrüßt und gepriesen!

 

Für alles Gute, das du uns im ganzen Leben und besonders in diesem Monat erwiesen hast, - Danken wir dir aus ganzem Herzen, o Maria!

Dass du uns von der durch unsere Sünden verdienten Hölle und von so vielen Gefahren des Leibes und der Seele durch deine Fürbitte errettet hast, - Danken wir dir aus ganzem Herzen, o Maria!

Für die Gnade, dass wir diese Andacht halten konnten, - Danken wir dir aus ganzem Herzen, o Maria!

Für die Gnaden und Erleuchtungen, die du uns während dieser Andacht erlangt hast, - Danken wir dir aus ganzem Herzen, o Maria!

Für die Freuden und Tröstungen, die du uns geschenkt hast, - Danken wir dir aus ganzem Herzen, o Maria!

Für die guten Vorsätze, die dein Beispiel während dieses Monats in uns erweckt hat, - Danken wir dir aus ganzem Herzen, o Maria!

Für alles uns selbst unbekannte Gute, das du uns in diesem Monat erwiesen hast, - Danken wir dir aus ganzem Herzen, o Maria!

 

Barmherzige Mutter Maria, wir haben nun zwar diese unsere Andacht vollendet, aber wir müssen bekennen, dass wir sie oft mangelhaft verrichtet haben, und dass wir wegen unserer Unwürdigkeit nicht verdienen, von dir erhört zu werden. Doch sieh nicht hierauf, sondern vielmehr auf die Meinung, dich zu ehren, weshalb wir diese Andacht unternommen haben. Sieh nicht auf unsere Unwürdigkeit, sondern bedenke, dass du eine Mutter der Barmherzigkeit bist, der es unmöglich ist, der Elenden und Hilfsbedürftigen, die ihre Zuflucht zu ihr nehmen, sich nicht zu erbarmen, und dass es niemals gehört worden sei, dass jemand, der dich angerufen hat, von dir verlassen worden sei.

So nimm dich denn unser an, opfere unsere Meinung und unser ehrerbietiges Gebet dem himmlischen Vater auf und verschaffe uns Erhörung.

 

Dass du uns eine große Reue und Verzeihung unserer Sünden von Gott erbittest, - Bitten wir dich noch einmal, o Maria!

Dass du uns einen festen, lebendigen Glauben, festes Vertrauen auf Gottes Barmherzigkeit und eine große Liebe zu Gott erlangest, - Bitten wir dich noch einmal, o Maria!

Um wahre Demut, Sanftmut, Geduld und kindliche Ergebung in den Willen Gottes bei Leiden und Schwierigkeiten, - Bitten wir dich noch einmal, o Maria!

Dass wir von nun an Gott stets treu dienen und bis ans Ende ausharren, - Bitten wir dich noch einmal, o Maria!

Dass du uns die Gnaden, die uns, wie du weißt, am nützlichsten und nötigsten sind, erlangen wollest, - Bitten wir dich noch einmal, o Maria!

Dass du unsere Eltern, Freunde, Verwandten und Wohltäter unter deinen Schutz nehmen wollest, - Bitten wir dich noch einmal, o Maria!

Dass du dich aller Sünder und der armen Seelen im Fegfeuer erbarmen wollest, - Bitten wir dich noch einmal, o Maria!

Dass du deine Verehrung, besonders diese Maiandacht, ausbreiten und alle, die sie befördern, dafür belohnen und ihnen beistehen wollest, - Bitten wir dich noch einmal, o Maria!

 

O Maria, verlass uns nicht jetzt und besonders in der Stundeunseres Todes! Dann erinnere dich, geliebte Mutter, dass wir vor dir gekniet und in diesem Monat so oft gerufen haben: "Heilige Maria, Mutter Gottes, bitte für uns Sünder jetzt und in der Stunde unseres Todes!" Möchten wir dann alle, o Maria, die wir zugegen sind, im Himmel am Fuß deines Thrones uns wiederfinden, gerettet durch deine Fürbitte von der Hölle, um deiner Güte und Barmherzigkeit ewiges Lob zu singen! Möchte keiner verloren gehen, der hier andächtig gerufen hat: "Gegrüßet seist du, Maria!" Amen.

 

Heiliger Joachim und heilige Anna, - Danket und empfehlet uns Maria!

Heiliger Josef, der du das Glück hattest, der Bräutigam der allerseligsten Jungfrau hier auf Erden zu sein, und heiliger Johannes, der du durch ihre Heimsuchung geheiligt wurdest, - Danket und empfehlet uns Maria!

Heiliger Johannes, du Jünger der Liebe, dem Jesus vom Kreuz herab seine heilige Mutter anvertraute, heilige Maria Magdalena, du treue Begleiterin Mariä, - Danket und empfehlet uns Maria!

Heiliger Johannes Damascenus, heiliger Bernardus, heiliger Alfonsus und all ihr besonderen Verehrer der allerseligsten Jungfrau, - Danket und empfehlet uns Maria!

 

Gelobt sei Jesus und Maria! - Jetzt und in alle Ewigkeit. Amen.