Lieder und Gedichte 2

 

Inhalt:

 

1. An Maria

2. Allerseelen

3. Jesus, salvator mundi

4. "Seine Mutter"

5. Du!

6. Abendglocken

7. Einsame Weihnachten

8. Bekenntnis

9. Gebete

10. Gottvertrauen

11. Das sterbende Kind

12. Mein Jesus im allerheiligsten Sakrament

13. Friedhofsmahnen

14. Zur heiligen Advent-Zeit

15. Fünf Blicke beim Jahresschluss

16. O Heiland, wenn ich Dich nicht hätte!

17. Gott zum Gruß im neuen Jahre!

18. O, vergiss mein nicht!

19. Erwartung des Erlösers

20. Heimgang

21. Heimweh

22. Confiteor

23. Manches weiß ich, dieses nicht

24. Ich klopfe an zum heiligen Advent

25. Hilferuf der Armen Seelen im Fegfeuer

26. Der heilige Joseph und die Armen Seelen

27. Osterlied

28. Die Einsetzung des allerheiligsten Altarsakramentes

29. Das Hirtenmädchen

30. Vor dem Tabernakel

31. Das heiligste Herz Jesu

32. Lied im Leiden

33. Meines Heilands kostbar Blut

34. Jesus im heiligsten Sakrament

35. Habt Erbarmen!

36. Das Kreuz am Wege

37. Vor dem Bild des heiligsten Antlitzes Christi

38. Freudenvolles Wiedersehen!

39. Los von Rom!

40. Flos florum!

41. Der Gruß des Engels

42. Maria

43. An die Maienkönigin

44. Ein Herz, und keines ist ihm gleich

45. An die Unbefleckte

46. Bitte ans Christkind

47. Advent

48. Ich schau Ihn an und Er sieht mich an

49. Das Marienbild von Stepanowice

50. Maria sucht ihre Kinder

51. Erbarmende Liebe

52. Die schmerzhafte Mutter am Pöstlingberg

53. An Maria, unsere gute Mutter!

54. Das Gnadenschiff

55. An den Schutzengel

56. Der englische Gruß

57. Der Psalm "Miserere"

58. Ein mittelalterliches Ave-Maria-Lied

59. Traum

60. Der Muttergottesbrunnen

61. Musik

62. Ein altes Lied vom heiligen Namen Jesus

63. Mariä Opferung

64. "Unter deinen Schutz und Schirm!"

65. Zum Rosenkranzfest

66. Ich bin schuld daran

67. Glaube, Liebe, Hoffnung

68. Gruß an den Glauben

69. Die heilige Liebe

70. Zeugnis der Liebe

71. Die Hoffnung

72. Das Bleibende

73. Die drei schönsten Lebensblumen

74. Das hehre Drei

75. Beharre!

76. Das Meer des Lebens

77. Das Licht Jesu Christi

78. Zum Kreuze hin!

79. Wahre Freiheit

80. Hast du mich lieb?

81. Die Wohnung des Herrn

82. Das Kämmerlein

83. Der schmerzhafte Rosenkranz

84. In dir selbst!

85. Das wahre System

86. Rechte Wahl

87. Königin der Schmerzen

88. Glückwunsch

89. Mariä Namen

90. Mariä Geburt

91. Die Welt

92. In Einem - Alles

93. An Maria, die Zuflucht der Sünder

94. Herz Mariä

95. Königin der Engel

96. Ave maris stella!

97. Das heilige Scapulier

98. Der glorreiche Rosenkranz

99. Magnificat

100. Bitte an das Mutterherz

101. Mariä Heimsuchung

102. Himmelwärts!

103. Ermutigung

104. Der leuchtende Christ

105. Das Leben

106. Maria hilf!

107. Der Maienkönigin

108. Marien-Monat

109. Wollen und Sollen

110. Treue

111. Pflichttreue

112. Wirkungen

113. Vor dem Bild „Maria vom guten Rat“

114. Osterlied zu Maria

115. Regina coeli laetare!

116. Stabat mater dolorosa

117. Ja und Nein

118. Maria auf Golgatha

119. Marienklage

120. Die sieben Schmerzen der hl. Jungfrau

121. Mariä Verkündigung

122. Mariä Reinigung

123. Mariä Vermählung

124. Warnung

125. Dem Feinde

126. O lieb`, so lang` du lieben kannst!

127. Stabat Mater speciosa

128. Ein bekanntes Haus

129. Krippenlied

130. Christkinds Freuden

131. Das Blümlein Vergiss

132. Der Himmel der Erinnerung

133. Beruhigung

134. Wirbel

135. Nimmer genug!

136. Dem lieben Christkind

137. Corde natus ex parentis

138. Mariä Herbergsuchen

139. Zum Fest Mariä Erwartung

140. An Maria, die unbefleckt Empfangene

141. Warum?

142. Die unbefleckte Empfängnis

143. Advent

144. Ave Maria!

145. Vergeistigung

146. Fragen und Antwort

147. Höhe und Tiefe

148. Maria zu lieben

149. O unbefleckt empfang`nes Herz!

150. Gegrüßet seist du Königin!

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1. An Maria

 

(von Erich Schurz, Sängerknabe – mitgeteilt von Prof. Pater Alois Wiesinger O.Cist.)

 

Maria, mächt`ge Schützerin,

Sieh, deiner treuen Kinder Schar,

Sie kniet vor deinem Bilde hin,

Legt Blumen dir auf den Altar –

Du stehst so nah bei Gottes Thron –

Du bist die Mutter ja des Einen –

O, bitt für uns bei deinem Sohn,

Dann wird des Trostes Stern uns scheinen!

 

O, sieh des Krieges lodernd Brand

- Durch unsrer Sünde Schuld entfacht –

Verheeret dir dein treustes Land,

Ringsum droht schwere, dunkle Nacht.

Wo wird uns Hilfe, da die Not

Sich häuft? Allein in deinen Händen!

Du wendest ab, was uns bedroht,

Du kannst uns Trost und Frieden spenden!

 

Maria, hör des Volkes Flehn,

O hör sein inniges Gebet!

Lass bald uns deinen Frieden sehn,

Den Frieden heiß von uns erfleht.

O, rette uns vor Kriegsgefahr,

Lass bald des Friedens Bund erneuern!

Dann wird des Volkes treue Schar

Dir heiße Dankgebete weihen!

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2. Allerseelen

 

Leise rauschen die Cypressen,

Und der Nebel wallt hernieder,

Wachet auf, ihr Menschenkinder,

Allerseelen ruft euch wieder.

 

Ruft euch wieder an die Grüfte,

Wo des Rosmarines Ranken,

Ernst und weich und mitleidsuchend

Um das stumme Kreuzbild schwanken;

 

Wo die weißen Leichensteine

Ernste Mahner steh`n, der Toten,

Die den Sonnentraum des Lebens

Tauschten mit dem feuchten Boden.

 

Vanitas! – Die Strahlen sinken,

Horch! schon weh`n die Abendglocken.

Niedersteigen zu den Grüften,

Altersschnee und blonde Locken.

 

Ruhet, ruhet in den Grüften,

Bis der Tag beginnt zu scheinen,

Der zu seligem Erwachen

Uns im Himmel wird vereinen.

 

Bis des Lebens matte Lampe

In des Todes Nacht verglommen,

Und der Heiland, den wir lieben,

Uns wird zu belohnen kommen.

 

Leise rauschen die Cypressen,

Und der Nebel wallt hernieder,

Ruhet sanft in kühler Erde,

Droben sehen wir uns wieder!

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3. Jesus, salvator mundi

 

Das zwanzigste Jahrhundert brach herein,

Ein dunkel Rätsel, dem die Lösung fehlt,

Ein bang Geheimnis, das nur neue Pein

Vielleicht in seines Schoßes Tiefen hehlt,

Ein tückisch Meer, des Fluten gischtend steigen,

O, will sich nirgends der Erretter zeigen,

Jesus, salvator mundi?

 

Er kam, er wohnet unter uns, und doch

So mancher Arme, der des Herrn vergisst,

Der, schmerzlich seufzend unter schwerem Joch,

Das bittre Tränenbrot des Kummers isst.

Ach, wüsstet ihr´s, die müd´ ihr und beklommen,

Das Heil der Welt ist lange schon gekommen:

Jesus, salvator mundi!

 

Nach ihm, dem Mittler, dem Versöhner strebt

Die ganze Menschheit, wenn auch unbewusst;

Ein dumpf Verlangen nach Erlösung hebt

Sogar des ärgsten Gottesleugners Brust;

Und wer verstrickt in schwarzer Schuld und Sünde,

Ahnt dunkel noch, dass ihm nur Rettung künde

Jesus, salvator mundi.

 

Im Glorienglanz ja der Erlöser steht;

In seinem Zeichen steht allein die Welt.

Ob hier, ob dort des Aufruhrs Fahne weht,

Jählings ein Reich zerbricht, ein Thron zerschellt,

Ob auch erschüttert alle Stützen wanken:

Es stehet fest ohn´ Weichen, ohne Wanken,

Jesus, salvator mundi.

 

Die tiefste Nacht verliert ihr banges Grauen,

Der schärfste Todesstachel seinen Schmerz,

Verzweiflung wandelt still sich in Vertrauen,

Und sanfte Hoffnung füllt jedwedes Herz!

Wie drohend immer Wind und Wogen schwellen,

Zur rechten Zeit gebietet Halt den Wellen

Jesus, salvator mundi.

 

A. Jüngst

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4. "Seine Mutter"

 

Im Frühlichtgolde glänzt die „Blumenstadt“. *)

Die Lilienkelche schimmern auf den Hügeln

In frischem Tau. Noch schwebt auf sanften Flügeln

Der Hauch, der „Ihr“ die Brust umzittert hat.

 

Die stillen Monde fließen ihren Gang.

„Ihr“ Herzblut quillt in sanfter Himmelshelle,

Und milde Glut durchrinnt die heil´ge Welle

Und süßen Lebens zartbewegter Drang . . .

 

Der Klang der Glocken durch die Gründe weht:

Die blaue Luft, der gold´ne Weiher schwanken.

Ich stehe tief erschüttert in Gedanken,

Und durch mein Staunen zittert ein Gebet.

 

P. Matthäus Rothenhäusler O.S.B.

 

*) Nazareth-Blumenstadt

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5. Du!

 

Weiß keiner, wie ich nach der Wahrheit ringe,

Der goldnen Sonne Deiner Gottheit zu,

Durch Staub und Nebel in die Höhe dringe,

So weißt es Du!

 

Sieht keiner, wie ich mich ermattet halte,

Des Körpers Schwere mich zum Abgrund zieht,

Mit letzten Kräften noch die Hände falte,

Dein Auge sieht.

 

Glaubt keiner, wie ich nach dem Funken hasche,

Der nassen Wimper fast die Hoffnung bricht,

In meine Nächte, in der Sehnsucht Asche

Stellst Du das Licht!

 

Elise Miller

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6. Abendglocken

 

 

Wenn die Abendglocken leise

Durch die Dämmerung erklingen,

In gedämpfter Feierweise

Frieden über die Erde singen,

Hebt mein Blick zum Sternenkreise

Dankbar sich empor. Es preise

Meine Harfe dich in neuen Tönen,

Großer Gott der Liebe und des Schönen.

 

In den unermessnen Scharen

Wundersamer Lichtgestalten,

Die im unermessnen, klaren

Äther treue Wache halten,

Die seit Millionen Jahren

Deine Allmacht offenbaren,

Leuchten unsrer Liebe Feuerzeichen.

Herr der Welt, lass uns das Ziel erreichen!

 

Wenn die Aveglocken läuten,

Suchen unsre Liebesblicke

Sich in jenen Sternenweiten;

Und es baut sich eine Brücke

Goldner Treue, die zu Zeiten

Die Gedanken leicht beschreiten.

Droben, von der Erde Staub gereinigt,

Haben unsre Seelen sich vereinigt.

 

Prof. Dr. E. Drerup

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7. Einsame Weihnachten

 

 

 

Einsam wandr` ich durch die laute Menge,

Die des Winters spottend und des Frostes Strenge

Durch die lichtentflammten Straßen flutet,

Die der Weihnacht Wunder vorbereitet,

Wenn die Tanne süßen Duft verbreitet,

Kinderlachen hallt in Weihnachtssänge. -

Heil`ge Christnacht, da mein Herz verblutet!

 

Einsam wandr` ich, und die Flocken fallen.

Lichter flimmern in den Schneekristallen

Aus der Freude trauter Wohnungsstätte,

Wo die Weihnachtskerzen sich entzünden,

Wo die Herzen brennen und sich finden.

Einsam! - Horch, vom Turm die Glocken schallen:

Himmelsruf zwingt mich zur Christnachtmette.

 

Orgelbrausen. Aus viel tausend Kehlen

Weihnachtslieder. Andachtsvolle Seelen. 

Freuet euch, Christ ist uns heut geboren,

Christ der Herr, der uns beschirmt im Streite!

Tröstend tritt ein Engel mir zur Seite:

Seiner Mutter sollst du dich empfehlen,

Dich und die als Braut du dir erkoren.

 

Prof. Dr. E. Drerup

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8. Bekenntnis

 

 

Der halbe Mond sank hinter schwarzen Bäumen,

Sein Gold durchglomm die dunkle Blättermasse.

Zwei Stimmen hört` ich da in wachem Träumen.

 

Weither - Musik und Tanz aus ferner Gasse,

Klänge von brünsig liebeskranken Saiten, -

Die Stimme meines Fleisches, die ich hasse.

 

Doch nah - Laubrauschen voller Heimlichkeiten, -

Ein Rauschen wie des Meers und schwerer Kronen,

Ein Rauschen von des Himmels Sternenweiten.

 

Hier rasten, unterm Zelt des Schlummers wohnen!

Und während ganz der Mond zu schwinden schien,

Trug weit mich fort die Woge der Äonen.

 

O Ewigkeit, warum vor dir entfliehn?

Schon stirbt das letzte Licht der Festesfeier,

Schweigen die brünstig kranken Melodien.

 

Indes das ew`ge Hochlied deiner Leier

Seele und Sinne trägt mit Sonnenmacht -

O Ewigkeit! Erlöser und Befreier!

 

Matt ist, wie Mondschein bricht durch Wolkennacht,

Der süße Sang von sommerheißen Sünden,

Der unser Hirn erschreckt, das Blut entfacht.

 

Doch wie ein großer Wald in stillen Gründen,

Ein friedlich Mer, so rauschest du, - o Dom,

In dessen Port zu wahrem Sein wir münden.

 

Das Leben nährest du aus dunklem Strom,

Die Welt umbraust die Brandung deiner Sterne,

Du All vor mir, und ich vor dir Atom!

 

Wo wären, Ewigkeit, von dir wir ferne?

Im Puls des Tieres pocht dein großes Herz,

Und heimlich schlummerst du im Pflanzenkerne

 

Und keimst aus ihm und sprossest sonnenwärts.

Wohin auch meine Seele sich mag wenden,

Wo durch die Nacht ich wank` in meinem Schmerz,

 

O Ewigkeit, bin ich in deinen Händen!

 

Nach Johannes Jörgensen von Otto Hauser (Wien)

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9. Gebete

 

von M.Herbert

 

I.

Lass mich die ganze Welt vergessen

Und Dir zu Füßen stille sein!

Lass mich nur Deine Stimme hören,

Lass meine Seele zu Dir ein!

Zu Deinem Trost, der allgewaltig

Sie an sich zieht aus Sturm und Not,

An den sie sich so einsam klammert,

Wie sie einst sein wird nach dem Tod.

Lass mich das Leben überwinden,

Das tausendmal das Herz mir bricht,

Das schwache Herz, das tief verloren,

Sich aufwärts sehnt nach Deinem Licht.

Ich will von Deinem Worte zehren

Und seinem Ernst, der mich befreit;

Ob seine Flammen auch verbrennen

Die allerletzte Eitelkeit.

 

II.

Herr, es war nicht der Mühe wert!

In Demut komm ich, ernst und schlicht.

Der heiße Kampf, den ich gekämpft,

Er lohnte sich der Mühe nicht.

 

Ich gab mein Herz hin, Herr Du weißt,

In Hände, die es schlimm versehrt,

Die es verkritzelt und verstaubt.

Herr, es war nicht der Mühe wert.

 

Sie traten auf das arme Herz,

Als müsse es zertreten sein.

Sie gingen lachend ihres Wegs

Und ließen´s blutend und allein.

 

Doch was die Welt zertreten hat,

Und was sie tausendfach versehrt,

Das bring ich Dir zur Heilung dar.

Für Dich ist´s noch der Mühe wert.

 

III.

Um ein Linsengericht, um ein wenig Lust

Hab ich mein ewiges Erbteil verschwendet,

Habe mein heiliges Erstgeburtsrecht

Um einen flüchtigen Hunger verpfändet.

 

Wie ein Sklave und nicht wie ein Herr –

Hab ich in Leichtsinn und Kurzsicht gehandelt,

Bin auf dem breiten, dem lachenden Weg

Fern von den ewigen Zielen gewandelt.

 

Kehre nun doch, ein verlorenes Kind;

Küsse der Heimat verschlossene Schwelle,

Weine am Grab meiner Jugend und Treu,

Suche die längst schon verschüttete Quelle:

 

„Lebst Du noch, Vater, der mich erschuf?

Kennst Du des Kindes bitterlich Weinen?

Baust Du mir schützend die Hütte noch auf

Aus meines Glaubens verworfenen Steinen?“

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10. Gottvertrauen

 

Wenn deine Lenze sterben,

Der Sturm die Blüten bricht,

Und geht dein Glück in Scherben: -

Mein Herz, verzage nicht!

 

Wenn auch auf wilden Wellen

Kein Leuchtturm kommt in Sicht;

Will auch dein Boot zerschellen: -

Mein Herz, verzage nicht!

 

Und löschten selbst die Sterne

Ihr ewig-goldnes Licht;

Versänk in Nacht die Ferne: -

Mein Herz, verzage nicht!

 

Noch strahlt durch Wolkenbrauen

Ein Stern Dir sanft und schlicht –

Das süße Gottvertrauen:

Drum, Herz, verzage nicht!

 

Anton Müller (Br. Willram)

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11. Das sterbende Kind

 

Alles schweigt im stillen Tal.

Kein Auge wachet mehr,

Der Mond nur streut den matten Strahl,

Still lächelnd rings umher.

 

Kein Laut, nur der des Turmes hoch,

Regt sich in stummer Nacht.

Ein einzig Flämmchen zittert noch,

Nur eine Mutter wacht.

 

Sie wacht in nächtlich zwölfter Stund

Beim kranken Kind allein.

Und kühlt den fieberheißen Mund,

Und träufelt Honig ein.

 

Das Kindlein wälzt sich hin und her

Und wimmert bang und heiß.

Es findet keine Lind´rung mehr,

Es ringt im Todesschweiß.

 

Die Mutter kost und küsst und weint

Und möcht vor Schmerz vergeh´n;

Was sie gehofft, was sie geträumt

Sieht sie zu Grabe gehn.

 

Die Mutter wacht, die Mutter weint,

Beim kranken Kind allein;

Der Mond, er lacht, der Mond, er scheint,

Durchs Fenster still hinein.

 

Da schwebt vom Himmel, sanft und mild,

Beim ersten Morgenrot,

Ein Engel küsst sein Ebenbild –

Und sieh! – Das Kind war tot.

 

Die Mutter wacht, die Mutter weint,

Beim toten Kind allein;

Der Mond, er lacht, der Mond, er scheint,

In´s Totenkämmerlein.

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12. Mein Jesus im allerheiligsten Sakrament

 

Du Licht meiner Augen,

Du Frieden und Ruh,

Du Freud meines Herzens,

Mein Jesus bist du!

 

Du Sonn meiner Tage,

Du Stern meiner Nacht,

Mein Jesus und Heiland

Lob sei dir gebracht!

 

Du Stab meines Lebens,

Du Kron meines Glücks,

Du Schatz meiner Seele,

Du Glanz meines Blicks.

 

Du Rose meines Gartens,

Du Perle im Geschmeid,

Du Himmel meiner Wonne,

In Zeit und Ewigkeit!

 

Du Trost meiner Leiden,

Mein Glanz und mein Ruhm,

Du Quell meines Daseins,

Mein Gut und Eigentum!

 

Du Anker meiner Rettung,

Du Freund in der Not,

Du Hafen in den Stürmen,

Mein Herr und mein Gott!

 

Mein Gott und mein Alles!

Laut ruf ich dir zu:

Der Gott meines Herzens,

Mein Jesus bist du!

 

Der Seelen der Armen

Im Reinigungsort,

Sei auch du, o Jesus,

Der Retter und Hort!

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13. Friedhofsmahnen

 

Friedhofsstille, Grabesschweigen

Und der Weide trauernd Neigen

Spricht zum Herzen ernst und klar:

„Sieh, hier ist die letzte Stätte,

Hier dein letztes Ruhebette,

Ob du lebst auch hundert Jahr!“

 

Himmelsfreude, Himmelsfrieden,

Menschenkind, ist dir beschieden,

Lebtest du nach Christi Wort!

Höllenmarter, Feuerspeinen

Dich zu quälen sich vereinen,

Häufst du Sünde fort und fort.

 

Mütter weinen, Väter trauern,

Freundesherzen tief erschauern

Durch des Todes kalte Hand.

Schöne Blumen, Trauerweiden

Schmücken einst nach deinem Scheiden

Deines kühlen Grabes Rand.

 

Doch was nützen Blumendüfte?

Eilt der Geist nicht in die Lüfte,

Sinkt ins Feuer er hinab.

Klage nicht, noch Tränen kühlen,

Was die Armen drunten fühlen,

Helfen nicht bis übers Grab.

 

Durch Gebet und milde Gaben

Können wir die Ärmsten laben,

Können lindern ihre Pein.

Hört sie, die nach Hilfe ringen!

In den Himmel sie zu bringen

Soll euch größte Sorge sein.

 

Reichlich werden sie euch lohnen,

Schmücken sie des Himmels Kronen

Dort im sel´gen Heimatland.

Die ihr einst geliebt im Leben,

Werden wieder euch gegeben;

Unauflöslich ist dies Band.

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14. Zur heiligen Advent-Zeit

 

Wenn an Sonne, Mond und Sternen

Schreckenszeichen sind zu schauen,

Wenn die Meer und Fluten rauschen,

Dass die Völker fasst ein Grauen,

 

Wenn die Menschen bang verschmachten,

Fürchtend, was noch kommt auf Erden,

Da des Himmels Kräfte selber

Wanken und erschüttert werden:

 

Dann, auf Wolken herrlich thronend,

Wird der Menschensohn erscheinen!

Zagend zitternd die Verworf´nen,

Freudig schaun empor die Seinen.

 

All dies, wie´s der Herr verkündet,

Wird zu seiner Zeit geschehen:

Erd und Himmel sind vergänglich;

Doch sein Wort wird nicht vergehen.

 

Heil uns, die wir jetzt noch leben

In der Zeit der Lieb und Gnade,

Seine Ankunft uns erfreuend,

Der uns hold als Kindlein nahte!

 

Heil uns, sind wir gut bereitet

Auf sein gnadenreiches Kommen,

Dass wir, wenn er kommt als Richter,

Uns erfreun mit seinen Frommen!

 

Wird er einst die Welt zerstören,

Wird er schöner sie erneuen,

Und wir werden in der schönern

Ewig uns mit ihm erfreuen.

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15. Fünf Blicke beim Jahresschluss

 

Blicke hinauf!

 

Denn nur von oben herab kommt der Segen

Auf dich hernieder wie der Frühlingsregen;

Beginnt aufs neu der Jahreslauf,

Blicke hinauf!

 

Blicke hinab!

 

Willst du auf glückliche Höhen steigen,

Lerne in Demut dein Haupt sich neigen;

Denn in der Erde ist ja dein Grab,

Blicke hinab!

 

Blicke zurück!

 

Ob auch das Leben Leiden dir brachte,

Oder des Glückes Sonne dir lachte,

Lerne vom Leiden, lerne vom Glück!

Blicke zurück!

 

Blicke vorwärts!

 

Mag auch im Dunkel die Zukunft liegen,

Hoffe nur mutig, es würde siegen

Selbst im bittersten Kampfe dein Herz.

Blicke vorwärts!

 

Blicke in Dich!

 

Suche dein eigenes Herz zu ergründen,

Solltest du drinnen noch Schlechtes finden,

O, dann besiege es männiglich.

Blicke in Dich!

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16. O Heiland, wenn ich Dich nicht hätte!

 

O Heiland, wenn ich Dich nicht hätte,

So wär die Welt mir eine öde Stätte.

Verlassen, ach! von jedem guten Freund,

So wären meine Tränen oft umsonst geweint.

 

O Heiland, wenn ich Dich nicht hätte,

Ich wüsste nicht, was ich dann täte;

Ich fände keine Ruh und keine Rast

Und gar kein traulich Plätzchen, das mir passt.

 

O Heiland, wenn ich Dich nicht hätte.

Gefangen, ach! in harter Sklavenkette

Und seufzend schwer in meinem stillen Leid

Müsst ich vergehen fasst vor Bitterkeit.

 

O Heiland, wenn ich Dich nicht hätte.

Die Stürme peitschten um die Wette

Mich armes, vielgequältes, müdes Herz,

Ersterben würd es bald vor Gram und Schmerz.

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17. Gott zum Gruß im neuen Jahre!

 

Gott zum Gruß im neuen Jahre!

Seinen Schutz all deinen Wegen,

Seine Liebe deinem Herzen

Deiner Arbeit seinen Segen!

 

Gott verlässt niemals die Seinen.

Drum an ihm stets festgehalten!

Mag dann kommen, was da wolle,

Er wird alles recht gestalten.

 

Glück und Unglück, Leid und Freuden:

Steine sind sie bloß hienieden,

Welche dir die Brücke bauen

Aus der Welt zum Himmelsfrieden.

 

Musst sie nur auch recht benützen,

Nicht beim Kreuz „Warum?“ stets fragen!

Was Gott schickt ist gut. Und jedem

Gibt er auch die Kraft zum Tragen.

 

Eines nur war not im alten,

Eins ist not im neuen Jahre:

Sorgen, dass man Gottes Gnade

Sich erwerbe und bewahre.

 

Alles andre ist vergänglich,

Bloß geschaffen für die Erde –

Gnade doch ist unvergänglich

Und von unermessnem Werte.

 

Drum nach ihr gestrebt, so lange

Zeit noch ist, im neuen Jahre!

Bis es wieder kommt zum Wechsel

Liegst vielleicht du auf der Bahre.

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18. O, vergiss mein nicht!

 

Stehe ich einsam in dämmernder Frühe

Flehend vor deinen heiligen Zelten,

Du, der Du waltest über den Welten, -

Gott, o vergiss mein nicht!

 

Wenn die Mittagsgluten des Lebens

Über mir brennen in bangem Streite,

Und ich rufe: „Herr, steh mir zur Seite“, -

Gott, o vergiss mein nicht!

 

Und wenn einstens die Schatten sich neigen

Und die Nacht umschleicht meine Pfade,

Und ich bete um Frieden und Gnade, -

Gott, o vergiss mein nicht!

 

C.A. Ohly

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19. Erwartung des Erlösers

 

In Nächten lag die Welt und stöhnte,

Umloht von fahler Blitze Schein,

Kein heil´ges Friedenswort ertönte

In ihres Elends große Pein.

Nur manchmal aus den dumpfen Kissen

Hob sie das Haupt, von Mohn so rot: -

„Hat noch kein Stern die Nacht zerrissen?

Ist denn das heil´ge Licht verloht?“

 

Doch nur noch wirrer, dumpfer hallten

Die fahlen Stürme übers Land.

Noch blasser, geisterhafter wallten

Die Schatten in der Nacht Gewand.

Und nur noch müder aus den Gründen

Klang es zur Welt von Qual umdroht:

„Die Hoffnung brach im Rausch der Sünden,

Die Liebe starb, das Licht ist tot!“

 

Und auf den dunklen, sturmumwehten,

Den Bergen all in Frost und Wind,

Da standen schauernd die Propheten

Und riefen nach dem heil´gen Kind.

Von Hoffnung heiß ihr Arm sich spannte

Zum Himmel auf im Schrei nach Licht,

Und weinend schauten alle Lande

Ihr totenbleiches Angesicht.

 

Und die Sybillen mit den Rollen,

Worin die heil´ge Weisheit stand,

Sie schritten in der Stürme Grollen

Hin übers hoffnungsleere Land.

Hinflatterte in grauen Nächten

Ihr Kleid durch Wind und Regensprüh´n,

Und mit den welken, fahlen Rechten

Ihr Heimweh wies zum Himmel hin.

 

- Da, sieh! Durch alle Nächte strahlte

Von fern ein wunderbares Licht!

Ein heil´ger Hoffnungsschimmer malte

Der Welt verhärmtes Angesicht;

Und aufgeschreckt vom Sturmestosen,

In heil´gen Schauern tief gebannt,

Warf sie von sich den Kranz der Rosen

Und starrte übers fahle Land. –

 

Denn schau! Hoch über aller Wolke

Und über allen Nächten wild,

Da zeigte sich dem müden Volke

Ein wunderbares Frauenbild.

Tief ihr zu Füßen Engel sangen,

Ihr beugte sich des Mondes Glanz,

Und Millionen Sterne schlangen

Sich um ihr Haupt zum Strahlenkranz.

 

Und aus der Sünde dumpfen Hallen,

Wo sie geruht so lang, so lang,

Schrak auf die Welt und musste lallen

Den feierlichen Jubelsang;

Der wiederbrauste, hell erglommen,

In allen Höhen fern und nah:

„Nun wird die große Sonne kommen –

O – in excelsis gloria!“

 

Lorenz Krapp (Arno von Walden)

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20. Heimgang

 

O wunderbare Abendstunde!

Das dunkle Wolkenrot verblasst;

Wie Schleier liegt´s im Wiesengrunde,

Heim rauscht die letzte Garbenlast.

 

In weiter Ferne singen Stimmen

Ein süßes Lied vom Trennungsschmerz.

Vom Dorf die ersten Lichter glimmen,

Und Heimatruhe füllt das Herz.

 

Ein schöner Werktag ging zur Rüste;

Die Nacht wird voller Sterne sein. –

Mir ist so leicht, als ob ich wüsste:

So gehst du einst zum Frieden ein.

 

Laurenz Kiesgen

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21. Heimweh

 

Hab die Heimat nie verlassen,

Lebte dort mit frohem Mut,

Mied der Welt verworr´ne Gassen,

Und das Glück, es war mir gut.

 

Und da ich nun alt geworden,

Kommt das Heimweh über Nacht;

Wie ein Wintersturm aus Norden

Hat es krank mein Herz gemacht.

 

Heimweh nach der Kindheit Tagen

Überschleicht mich alten Mann,

Meinem Gott nur kann ich´s klagen,

Bis gelöst der bitt´re Bann.

 

Wo im gold´nen Morgenschimmer

Blüht der Lenz der Ewigkeit:

Ach, dort oben gibt es nimmer

Heimweh nach der Jugendzeit.

 

P. Timotheus Kranich OSB (Peter Walde)

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22. Confiteor

 

Lösch das Böse mit dem Guten,

Nimm das Milde mit dem Schroffen –

Hier auf dunklem Todessterne,

Keinem ward erfüllt sein Hoffen.

 

Meine Sünden – Wort, Gedanken,

Die als Schuld im Herzen brennen,

Die als Trieb im Blute glühen –

Alles will ich nun bekennen.

 

Fern irrte ich auf bösem Pfade,

Wo des Teufels Heerbann harret,

Jede Spur von Gott verschwindet,

Jede Seel in Nacht erstarret.

 

Nachtgevögel mich umschwirrte,

Nachtgewürm den Fuß umlauert;

Durch der Hölle Wälder kam ich,

Wo mich Finsternis umschauert.

 

Höllenwald, der niemals endet –

Ach! ich schrie vor Qual und Wehen,

Bis mein Herz zum Licht sich wandte

Und ich niete, um zu flehen.

 

Bis ein Tag den Tod erhellte,

Bis ein Himmel mir erstrahlte

Und gar fern ob nächt´gem Walde

Mir die Morgenröte malte.

 

Morgenröte in der Ferne!

Hoffnungselig Tagesgrauen!

- Ferner, milder Stern des Morgens,

Lass des Lebens Lenz mich schauen!

 

Die das Heil gebar, gib Heilung!

Ach! in deine reinen Hände

Mein verblutend Herz ich lege,

Dass mein Sündenelend ende.

 

Bundesarche, Bundesbogen,

Himmelspforte, Davidsveste!

Führe mich, du Frau des Lebens,

Unter Jesu Hochzeitsgäste!

 

Gib mir Kraft mit milden Händen,

Königin voll Gnad und Hulden!

Lös mein Herz aus Todesdunkel!

Ich bekenne meine Schulden . . .

 

Von Johannes Jörgensen,

etwa ein Jahr vor seiner Konversion verfasst

(Übersetzt von F. Esser SJ)

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23. Manches weiß ich, dieses nicht

 

Wann wird jene Stunde schlagen,

Die schon mancher vor mir sah?

Wann wird man um mich wohl klagen:

„Seht, sein Ende ist nun nah!?“

Wann sagt man: „Sein Auge bricht!?“ –

Manches weiß ich, dieses nicht.

 

Wann wird´s um mich dunkel werden,

Trotz der Sonne hellem Schein

Dringen Atemnot-Beschwerden

Stark und röchelnd auf mich ein?

Wann brennt mir das Sterbelicht?

Manches weiß ich, dieses nicht.

 

Wann wird wohl mein Mund erkalten?

Wann die Füße? Wann die Hände?

Können kaum das Kreuz noch halten –

Wann sagt man vor meinem Ende:

„Seht, sein Tod, er ist in Sicht!?“ –

Manches weiß ich, dieses nicht.

 

Wann wird mich des Priesters Segen

Stärken wohl zum letzten Mal,

Mir ans Herz die Frage legen:

„Hast du stets im Erdental

Treu erfüllet deine Pflicht?“ –

Manches weiß ich, dieses nicht.

 

Wann ich jenen Tag wohl sehe,

Da die Stimme nur mehr leis´

Flüstern kann in Todesnähe?

Wann wird kalter Todesschweiß

Rinnen mir vom Angesicht? –

Manches weiß ich, dieses nicht.

 

Wann wird man an meiner Leiche

Beten wohl das letzte Mal:

„Satans Trug und Arglist weiche,

Schenk ihm, Herr, der Gnade Strahl!

Sei ihm gnädig im Gericht!?“ –

Manches weiß ich, dieses nicht.

 

Wann wird dumpfes Grabgeläute

Für mich schallen durch das Land?

Wann werd´ ich des Grabes Beute?

Wann wohl eine Liebeshand

Mir den letzten Kranz noch flicht? –

Manches weiß ich, dieses nicht.

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24. Ich klopfe an zum heiligen Advent

 

1. Ich klopfe an zum heiligen Advent

und stehe vor der Tür,

o selig, wer des Hirten Stimme kennt

und eilt und öffnet Mir!

Ich werde Nachtmahl mit ihm halten,

ihm Gnade spenden, Licht entfalten.

Der ganze Himmel wird ihm aufgetan,

Ich klopfe an.

 

2. Ich klopfe an, da draußen ist`s so kalt

in dieser Winterzeit;

vom Eise starrt der finstre Tannenwald,

die Welt ist eingeschneit,

auch Menschenherzen sind gefroren,

ich stehe vor verschlossnen Toren,

wo ist ein Herz, den Heiland zu empfahn?

Ich klopfe an.

 

3. Ich klopfe an, sähst du mir nur einmal

ins treue Angesicht, den Dornenkranz,

der Nägel blutig Mal,

o du verwärfst mich nicht!

Ich trug um dich so heiß Verlangen,

ich bin so lang dich suchen gangen,

vom Kreuze her komm ich die blut`ge Bahn:

Ich klopfe an.

 

4. Ich klopfe an, der Abend ist so traut,

so stille, nah und fern,

die Erde schläft, vom klaren Himmel schaut

der lichte Abendstern;

in solchen heilgen Dämmerstunden

hat manches Herz mich schon gefunden;

o denk, wie Nikodemus einst getan:

Ich klopfe an!

 

5. Ich klopfe an und bringe nichts als Heil

und Segen für und für,

Zachäus Glück, Marias gutes Teil,

beschert ich gern auch dir,

wie ich den Jüngern einst beschieden

in finstrer Nacht den süßen Frieden,

so möchte ich dir mit sel`gem Gruße nahn:

Ich klopfe an.

 

6. Ich klopfe an, bist, Seele, du zu Haus,

wenn dein Geliebter pocht?

Blüht mir im Krug ein frischer Blumenstrauß,

brennt deines Glaubens Docht?

Weißt du, wie man den Freund bewirtet?

Bist du geschürzet und gegürtet?

Bist du bereit, mich bräutlich zu empfahn?

Ich klopfe an.

 

7. Ich klopfe an, klopft dir dein Herze mit

bei meiner Stimme Ton?

Schreckt dich der treusten Mutterliebe Tritt

wie fernen Donners drohn?

O hör auf deines Herzens Pochen,

in deiner Brust hat Gott gesprochen:

Wach auf, der Morgen graut, bald kräht der Hahn,

Ich klopfe an.

 

8. Ich klopfe an; sprich nicht: Es ist der Wind,

er rauscht im dürren Laub. -

Dein Heiland ist´s, dein Herr, dein Gott, mein Kind,

o stelle dich nicht taub;

jetzt komm ich noch im sanftem Sausen,

doch bald vielleicht im Sturmesbrausen,

o glaub, es ist kein eitler Kinderwahn:

Ich klopfe an.

 

9. Ich klopfe an, jetzt bin ich noch dein Gast

und steh vor deiner Tür,

einst, Seele, wenn du hier kein Haus mehr hast,

dann klopfest du bei mir;

wer hier getan nach meinem Worte,

dem öffn` ich dort die Friedenspforte,

wer mich verstieß, dem wird nicht aufgetan.

Ich klopfe an.

 

Karl Gerok (1815 - 1890)

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25. Hilferuf der Armen Seelen im Fegfeuer

 

Es flehen um Erbarmen

Die Ärmsten der Armen,

Die leidenden Seelen im Reinigungsort:

Gedenkt unsrer Schmerzen

Ihr christlichen Herzen

Und schenket uns geistliche Almosen dort.

 

O wollet beachten,

Wie sehr wir hier schmachten

In Jammer und Elend und bitterer Not;

Und was ist wohl stärker

Im feurigen Kerker

Als unser Verlangen: die Sehnsucht nach Gott?

 

Im heißen Verlangen

Nach Gott sind gefangen

Die leidenden Seelen im Abgrund der Pein.

Gerechtigkeit waltet

Alldort, und sie schaltet,

Bis dass wir geläutert sind, fleckenlos rein.

 

Nach Gott wir uns sehnen,

Nach ihm, jenem schönen,

Erhabenen Urquell der himmlischen Freud´.

Die Trennung erdulden

Durch eignes Verschulden,

Das fasst keine Seele im sterblichen Kleid.

 

Ihr Pilger im Staube,

Belebet den Glauben

Zu Werken der Liebe für unsere Ruh!

Gebete uns sendet

Barmherzigkeit und wendet

Die Früchte des kostbaren Blutes uns zu.

 

Vom kostbaren Blute

Erlöschen die Gluten

Des feurigen Kerkers, es schwindet die Schuld.

Zum Himmelsgestade,

Zum Hafen der Gnade

Führt uns diese Strömung der göttlichen Huld.

 

In sie wollet lenken

Die Opfergeschenke,

Sie nahen sich uns wie ein rettender Kahn;

Der uns führt vom Strande

Zum himmlischen Lande,

Wodurch wir der Anschauung Gottes uns nah´n.

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26. Der heilige Joseph und die Armen Seelen

 

O wunderbares Gnadenwalten,

Das jenen Seelen uns vereint,

Die drüben leiden und noch büßen,

Bis der Erlösung Tag erscheint!

Bis sie befreit sich jubelnd schwingen

Empor zum reinen Himmelslicht,

Dort ewig ihren Gott zu schauen

Von Angesicht zu Angesicht.

 

Doch unser Opfern, unser Flehen

Kann kürzen ihre Prüfungszeit:

Drum habt Erbarmen, betet, Brüder

Zeigt gern zum Opfern euch bereit!

O lasst die Liebe nicht erkalten,

Die Liebe, stärker als der Tod,

Dass bald dem heißen Sehnen tage

Des ew´gen Friedens Morgenrot!

 

O Joseph, den so lang auf Erden

Erfreute Gottes Gegenwart,

Der in der Vorhöll´ mit den Vätern

Dereinst des Tags des Heils geharrt:

Blick auf die lieben, Armen Seelen,

Auf ihre Not, auf ihren Schmerz;

Bei ihrem Fleh´n, bei ihrem Seufzen

Lass walten nur dein Vaterherz!

 

Flöß ihnen Lind´rung ein und Tröstung,

Lass deiner Liebe freien Lauf,

Nimm sie, weil Gott die Macht gegeben,

Ins Paradies der Wonne auf.

Wenn einst auch wir im Feuer schmachten,

Verkürze der Verbannung Pein,

Fleh zu dem Herrn, dass er uns räume

Sein Herz zur ew´gen Wohnung ein.

 

Dort wo die Freude nie versieget,

Wo keine Angst und keine Not;

Wo Seligkeit und ew´ges Leben,

Und keine Schmerzen und kein Tod!

Dort werden wir dich benedeien,

Und mit den Heil´gen inniglich,

Mit dir und mit Maria preisen

Den Gott der Güte ewiglich.

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27. Osterlied

 

Auferstanden, auferstanden

Aus der Todesnacht zum Licht,

Strahlt, umringt von Engelscharen

Glorreich Jesu Angesicht;

Neues Leben, Auferstehen,

Harret Dein, o Davidsstamm!

Freudenreiches Wiedersehen

Kündet dir das Osterlamm.

Alleluja.

 

Aus dem Felsen rinnt der Bronne,

Manna hat die Nacht getaut,

Ostersonntag! Ostersonne,

Hochzeitstag der hohen Braut!

Dich begrüßen alle Glocken;

Purpur, Gold und Kerzenschein;

Alle Herzen Dir frohlocken,

Alle stimmen jubelnd ein:

Alleluja.

 

Unseres Königs Thron umringen

Cherubim und Seraphim,

Alle Himmel heut lobsingen,

Schwingen Siegespalmen ihm;

Steiget auf, ihr Jubeltöne,

Steigt zu seinem Thron empor,

Mischt den Dank, ihr Erdensöhne

In des Himmels Feierchor!

Alleluja.

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28. Die Einsetzung des allerheiligsten Altarsakramentes

 

Der Heiland spricht, als er das Brot gebrochen:

„Dies ist mein Leib!“ Dies Wort bleibt ewig wahr,

Die ewige Wahrheit selber hat´s gesprochen,

Wie lieblich einfach ist´s, wie sonnenklar!

Das starke Bollwerk ist´s, auf das wir pochen,

Das unerschüttert steht auf immerdar.

Fest bleibt dies Wort der ew´gen Wahrheit stehen,

Und wenn auch Erd´ und Himmel untergehn.

 

Der Heiland trug sich selbst in seinen Händen,

Als er das Wort: „Dies ist mein Leib!“ gesagt.

Wir sehn ihn, seinen Leib den Jüngern spenden;

Kein Thomas zweifelt, und kein Petrus fragt,

Sie lassen sich von ihrem Sinn nicht blenden,

Sie glauben, was die ew´ge Wahrheit sagt!

Nun gibt der Herr uns, was er uns versprochen,

Nun hat er uns das Himmelsbrot gebrochen!

 

Dann siehst du ihn den Kelch des Heils erheben,

Kein Wein ist mehr, was er sein Blut jetzt nennt.

Sein Leib und Blut wird für uns dargegeben,

Die Brots- und Weinsgestalten sind getrennt;

Sieh, hier ist geist´ger Tod und wahres Leben,

Ein Opfer ist zugleich dies Sakrament,

Es ist das Opfermahl des Neuen Bundes:

Dies lehren uns die Worte seines Mundes.

 

Der Herr will seinen Leib der Kirche schenken;

Denn bis zum Tode will er bei ihr sein.

Sie soll die Seinen laben, speisen, tränken

Mit seinem Engelsbrot und Himmelswein.

Er spricht: „Tut dies zu meinem Angedenken!“

Er weiht zu Priestern seine Jünger ein:

Dass sie an seiner Statt als Priester handeln:

Brot in sein Fleisch, Wein in sein Blut verwandeln.

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29. Das Hirtenmädchen

 

Ein armes Hirtenmädchen,

Fern in Romagnas Land,

War als getreue Dienerin

Mariens viel bekannt.

Mit jedem jungen Morgen

Trieb sie bei frohem Sinn

Die ihr vertraute Herde

Zu einem Berge hin.

 

Auf jenen grünen Höhen

Da stand ein Gotteshaus,

Geweiht der heil´gen Jungfrau

Der trug sie manchen Strauß.

Und während sie dort ehrte

Die Himmelskönigin,

Zog weidend ihre Herde

Um die Kapelle hin.

 

„Gegrüßet seist du, Maria!“

Floss stets aus ihrem Mund

Von Anbeginn des Tages

Bis spät zur Abendstund´.

Und allemal im Lenze,

Im Wonnemonat Mai,

Dann wand aus schönen Rosen

Sie hübsche Kränze zwei.

 

„Sieh,“ sprach sie, „liebe Mutter:

Ich möchte eine Kron´

Von Gold und Edelsteinen

Dir weih´n und deinem Sohn;

Doch leider sind die Mittel

Dazu mir nicht beschert,

Drum sei dies schlicht Gewinde

Von Rosen dir gewährt!“

 

„Nimm hin, was ich besitze,

Ein treues Herz, nimm´s hin;

Es soll für dich und Jesum

Nur schlagen fürderhin. –

Wie fühl` ich mich so selig,

Denn sieh, in deinen Schoß

Darf ich getrost ja legen

Mein ganzes Lebenslos!“

 

So schwanden Jahr´ um Jahre,

Die arme Schäferin

Wand Kränze fort zur Ehre

Der Himmelskönigin.

Und immer fort sie lallte:

„Gegrüßet seist du, Marie!“

In ihrem frommen Munde

Der Gruß verhallte nie.

 

Der Lenz mit seinen Blumen

Verjüngte die Natur,

Und munt´re Lieder schallten

Durch die belebte Flur.

Da lag daheim das Mädchen,

Erkrankte bis zum Tod,

Und dachte oft der Herrin

In seiner Angst und Not.

 

„Dir opf´re ich mein Leiden,“

Sprach es, „o Himmelszier!

Und will in aller Treue

Auch jetzo dienen dir!“

Und sieh, da es so dachte

Und gottergeben sprach,

Da öffnete sich sachte

Das kleine Schlafgemach.

 

Und eintrat eine Dame,

Ihr Antlitz glänzend schön,

Dergleichen unser Mädchen

Noch niemals hatt´ gesehen.

Und liebreich sprach die Hehre:

„Was schmerzet dich? sag´ an!

Denn wisse, alles Übel

Ich dir benehmen kann!“

 

„Wer bist du denn? o Gute?“

Sprach´s Mädchen fromm zu ihr,

„Ich bin das Heil der Kranken

Und will auch helfen dir!

Ich werde dich befreien

Von allem Schmerz und Leid,

Und dich schon morgen führen

Zu lauter Seligkeit!“

 

Und als am andern Morgen

Des Dorfes Pfarrer kam,

Und von dem kranken Mädchen

Die Wunder-Mähr vernahm:

Sieh, da erfüllte Lichtglanz

Das ganze Kämmerlein,

Umweht von Hmmelsdüften

Trat jene Dame ein.

 

Ein Sternenkranz umschwebte

Ihr wunderschönes Haar,

Um ihre Glieder wallte

Ein strahlender Talar.

Auf ihren Armen wiegte

Ein Knäblein sich gar hold,

Das trug die schönste Krone

Von Edelstein und Gold.

 

Und zu dem kranken Mädchen

Der Knabe neigte sich,

Und sprach in holdem Tone

Die Worte minniglich:

„Du hast dein ganzes Leben

Die Mutter mein verehrt,

Drum bist du des Besuches

Der Vielverehrten wert!“

 

„Du wandest Blumenkränze

Ihr oftmals in der Zeit,

Drum hab ich dir bereitet

Die Kron´ der Ewigkeit.

Ins Paradies der Freuden

Komm nur, o Mädchen, mit!“

Die Hirtin sprach entzücket:

„Ich komme!“ und verschied.

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30. Vor dem Tabernakel

 

Komm Seele, liebe Seele,

Komm, knie dich her zu mir,

Vorn stillen Tabernakel;

Dein Gott ist hier!

 

Dein Schöpfer und dein König,

Der dir das Sein geschenkt,

Dein Vater, der erbarmend

Dein Leben lenkt;

 

Dein Heiland, der aus Liebe

Zu dir vom Himmel stieg,

Und sterbend dir errungen

O, blut´gen Sieg!

 

Dein Bruder in der Fremde,

Der all dein Elend teilt,

Dein Arzt, der jede Krankheit

Und Wunde heilt;

 

Der ew´ge Hohepriester,

Dein Opferlamm, so mild,

Dein Weinstock, der das Dürsten

Der Seele stillt;

 

Die reine Himmelsnähre,

Der Kraft und Heil entsprießt;

Der Gnadenborn, der segnend

Dein Herz durchfließt!

 

Ja knie dich her und blicke

Mich recht vertrauend an;

Sag nichts als: „Herr ich glaube.“

Du hast´s getan!

 

Dann, dass ich mild dich segne,

Neig tief und fromm dein Haupt,

Jetzt geh! – Dir ist geschehen,

Wie du geglaubt!

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31. Das heiligste Herz Jesu

 

Am Kreuze rang in Schmerzen

Das Leben mit dem Tod;

Dort fließt für alle Herzen

Balsam aus Wunden rot.

 

Herz Jesu! Ruhm und Ehre

Sei Dir in Ewigkeit!

Dein Lob nach Kräften mehre

Mein Herz zu jeder Zeit.

 

Die Sonn am Firmamente

Hat solche Gluten nicht,

Wie Du im Sakramente,

O Herz, mein Trost und Licht.

 

Und keine Blume blühet

So duftig, farbenhell,

Wie Gnad und Liebe sprühet

Aus diesem Herzensquell.

 

Und sucht wer bang die Pfade

Zum süßen Heimatland;

Am Kreuz reicht ihm die Gnade

Liebreich die Führerhand.

 

Hat dich der Sturm getroffen,

Mein Herz, was bangest du?

Am Kreuze steht dir offen

Ein Hafen sich´rer Ruh!

 

O Blume, Balsam spende

Für unsrer Herzen Qual,

O Sonne, Licht uns sende

Ins dunkle Tränental!

 

Erhelle du die Pfade,

Lenke des Lebens Lauf, -

Herz Jesu, nimm in Gnade

Dereinst den Pilger auf.

 

W. Kreiten SJ

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32. Lied im Leiden

 

Die heilige Kreszentia von Kaufbeuren hat ihre Leiden, die sie besonders in der Liebe zum göttlichen Herzen befestigten, im folgenden Lied rührend besungen:

 

Du süße Hand Gottes ermunterst mein Herz

Und machest, dass ich mit den Leiden nur scherz´.

Es ist mir, als wenn mit mir Ball Gott schlüg´;

Je stärker er zuschlägt, je höher ich flieg´!

 

Ich muss es bekennen, Gott hobelt mich sehr;

Er schneidet und sticht mich, doch fällt´s mir nicht schwer.

Willst wissen, warum denn? Ich halte dafür,

Gott schnitzelte gern einen Engel aus mir.

 

Oft bin ich verlassen im Kreuz und im Leid;

Da denk ich mir, so hat jetzt Gott seine Freud´!

Er machts wie ein Jäger, der ein Wild schießen will,

Er lässt sich nicht sehen und haltet sich still.

 

So wie ein jung´s Bäumlein im Garten bin ich;

Gott selbst ist der Gärtner und biegt mich an sich.

Er reinigt und stutzet an mir meine Zweig´,

Auf dass ich mehr trage und höher aufsteig´.

 

Ich bin so ganz fröhlich im Leiden bestellt:

Es rufet der Satan, es rufet die Welt.

Lass rufen, ich hör´ nichts, ich will´ge nicht ein,

So komm ich denn doch noch in Himmel hinein.

 

Ich sag zu mir öfters: Du Blum´ in der Blüh´!

Willst denn schon verwelken? Es ist noch zu früh.

Das schmerzt mich dann bitter, doch denk ich darauf:

Lass Blätter nur fallen, der Same geht auf.

 

Ich fürchte kein Leiden, so groß es auch sei,

Wenn nur die Hand Gottes ist tätig dabei.

Denn Eisen und Stahl wird ja schneller gestreckt,

Je stärker der Schmied mit dem Hammer drauf schlägt.

 

Was schad´ts euch ihr Augen, wenn schon ihr zerfließt,

Wenn nur aus dem Weinstock die Blüt´ hervorschießt!

Und wenn eine Träne mehr Tränen gebärt,

Wird doch noch mein Leiden in Freude verkehrt.

 

Und werd ich auch immer mit Leiden geplagt,

Wie wenn eine Welle die andere schlagt;

Wenn nur die Hand Gottes zu fischen verlangt;

Je trüber das Wasser, je reicher sie fangt.

 

Zwar drückt mich Gott schmerzlich, doch gibt er Geduld;

Ich denk dann bescheiden, ich hab´s so verschuld´t.

Und wenn man will orgeln, so tönet es nicht,

Wenn man nicht mit Fingern die Tasten gedrückt.

 

Lasst schlagen, lasst plagen, so muss es ja sein,

Sonst käm von uns keines in Himmel hinein.

Was nützen die Garben im Haufen zu Haus,

Wenn nicht schlüg´ der Drescher den Weizen heraus!

 

So spielt die Hand Gottes, doch nur eine Zeit:

Nach Stürmen folgt Sonne, nach Leiden folgt Freud´!

So dulde und trage, was Gott auf dich legt,

Und schweige und bete, wenn Unmut sich regt.

 

Im Leiden zu leben sei doch stets bereit,

Bis selbst die Hand Gottes den Faden abschneid´t,

Dann gibt´s Fleisch den Würmern, die Knochen der Erd´,

Die Seel´ nach den Leiden dem Himmel gehört.

 

So sei´s denn beschlossen, es bleibe dabei:

Hier schneide, hier brenne, dort gnädig mir sei.

Zur Dankbarkeit will ich noch schreiben aufs Grab:

„Nach Leiden mir himmlische Freuden Gott gab.“

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33. Meines Heilands kostbar Blut

 

Seh ich Deine bitt´ren Leiden,

Deine Wangen sterbensblass,

Deiner Augen Schmerzensgluten,

Deiner Feinde grimmen Hass,

Und Dein Blut in steten Tropfen

Rinnen ohne Unterlass,

O dann wird mir weh zu Mut:

Sei mir Rettung, kostbar Blut!

 

Rinnen seh ich diesen Bronnen,

Nieder in das zarte Moos;

Ach in jenes Ölbergs Garten

War Dein Leiden gar so groß!

Und dass ich am blut´gen Angstschweiß

Schuld war, werde ich nicht los;

Siehe, meine Tränenflut:

Hab Erbarmen, kostbar Blut!

 

Schuld war, Sünder ich, an Deinem

Tode dort auf Golgatha;

Angenagelt an dem Kreuze,

O wie hilflos warst Du da!

Wie verlassen von den Deinen,

Keiner Dich zu trösten, nah´!

O wie groß der Sünder Wut

Gegen Dich, o kostbar Blut!

 

Nimmer will ich Dein vergessen!

Deine Liebe, Deine Treu´,

Sei mir in mein Herz geschrieben,

Sei mir ewig, ewig neu;

Und die Welt mit ihrem Glanze,

Sei mir eitel, eitel Spreu,

Immer sei mir höchstes Gut,

Meines Heilands kostbar Blut!

 

(Aus: Der Armen-Seelen-Freund

Heft 10, Juli 1912, 16. Jahrgang, Seite 145)

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34. Jesus im heiligsten Sakrament

 

Meine Liebe und mein Leben,

Jesus ist´s im Sakrament! –

Hat mir ganz das Herz genommen,

Dass ich nicht genug bekommen

Kann von seiner süßen Nähe,

Und je mehr ich zu ihm gehe,

Lieb´ ich einen und sonst keinen –

Ihn, den Gott im Sakrament!

 

Meine Wonne, meine Freude

Jesus ist es im Altar!

Ist mein Herz von Schmerz getroffen

Weiß es hier den Hafen offen,

Wo es kreuzgedrückten Seelen

Nie an süßem Trost wird fehlen,

Selbst die Leiden werden Freuden

Dort bei Jesus wunderbar! –

 

Meine Hilfe, meine Hoffnung,

Jesus ist´s im Engelbrot,

Hab´ im Sterben, wie im Leben

Seinem Herzen mich ergeben,

Und so hoff´ ich voll Vertrauen,

Einst im Himmel ihn zu schauen,

Ihn, den einen, den wie Keinen

Treu ich liebe bis zum Tod!

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35. Habt Erbarmen!

 

(Ein Ruf aus dem Fegfeuer)

 

Erbarmet euch mein, ihr Erdenpilger!

Geliebte Freunde, denket mein!

Ich leide, fern vom Vaterhause,

Im Flammenmeer die größte Pein.

 

Ihr meine Kinder, betet! betet!

Des Kindes Fleh´n hier lieblich klingt,

Und wie Gesang der Engelscharen,

Den armen Seelen Tröstung bringt.

 

Für euch hab´ ich geschafft auf Erden,

Ich gab euch Wohnung, Kleidung, Brot;

Ich bin euch Schützer stets gewesen,

Drum helft mir jetzt aus meiner Not!

 

Ihr Brüder, Freunde, betet! betet!

Des Freundes Wort ist von Gewicht;

Wo Brüder für den Bruder beten,

Da fehlt des Ew´gen Hilfe nicht.

 

Auf Erden war´t ihr mir gewogen,

Als ich noch mit euch ging und sprach;

O, sendet jetzt, in meinem Leiden,

Doch nur ein frommes Fleh´n mir nach!

 

Ihr Christen alle, betet! betet!

Vereintes Fleh´n ein mächt´ger Chor,

Der siegreich durch die Wolken schallet

Und widerhallt in Gottes Ohr.

 

Für jedes Ave, das ihr sendet,

Will Gnaden ich für euch erfleh´n,

Dass wir uns bald im Vaterhause

Beim Quell der Liebe wiedersehn.

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36. Das Kreuz am Wege

 

Wenn ich durch die Fluren schreite

Still am Feiertag,

Führt mich oft mein Weg vorüber

Dort beim Kreuz am Hag.

 

In die Lüfte, weich und ruhig,

Ragt des Heilands Bild,

König ist er, Schmerzenskönig,

Einsam im Gefild.

 

Schau ich dann in seine Züge,

Hemm ich wohl den Fuß

Und aus tiefster Seele ringt sich

Leis ein Liebesgruß.

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37. Vor dem Bild des heiligsten Antlitzes Christi

 

Schau mit deinen Augen,

Den ernsten, groß und klar,

Mir in der Seele Tiefen,

Du Bildnis wunderbar.

 

Du blickst so hehr und strenge,

Und doch so sanft und mild,

Voll Lieb und Gotteshoheit,

Geheimnisvolles Bild!

 

Wie richtend schau mich immer

Mit Warnungsblicken an,

Will Sündenlust verlocken,

Mich von der Tugend Bahn!

 

Mit sanfter Mild und Liebe

Sieh aber auf mich her,

Will zagend ich erliegen,

Drückt mich die Schuld zu schwer!

 

O schau mit deinen Augen,

So ernst und doch so mild,

Tief in das Herz mir immer,

Du wunderbares Bild.

 

Dann wird ich in dem Kampfe

Des Lebens treu bestehn,

Bis ich enthüllt dein Antlitz,

Geliebter, werde sehn.

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38. Freudenvolles Wiedersehen!

 

Auf Wiedersehn! O süßes Wort beim Scheiden,

Das uns der Trennung bitt`ren Schmerz versüßt!

Auf Wiedersehn! O Hoffnung voll des Trostes,

Der Balsam in die tiefen Wunden gießt!

 

O Mutter, die du jetzt ein Kind beweinest,

Das, ach! in schönstem Jugendflor erblich,

O sei getrost! – es spielt auf Himmelsauen

Und wartet dort voll Sehnsucht nur auf dich.

 

Wenn einst des Wiedersehens Morgen tagt,

Umarmt es dich mit wonnevollem Blick;

Und was das finst`re Grab dir neu gegeben,

Das nimmt der Himmel dir nicht mehr zurück.

 

Ja wiederfinden wirst du, arme Waise,

Die Eltern, die so früh dein Herz verlor;

Ich weiß, du schaust mit tränen feuchten Augen

In jeder Nacht zum Sternenlicht empor.

 

Geduld mein Kind! du kannst zu ihnen gehen,

Wenn einst für dich die Scheidestunde schlägt;

Vielleicht, dass früher, als du jetzt es ahnest,

Ein Engel dich zu deiner Mutter trägt.

 

O, trockne deine Tränen, fromme Gattin,

Und halte ein mit deiner Wehmutsklag;

Du wirst den treuen Gatten wiedersehen

Am großen, hehren Auferstehungstag.

 

Im Reich der Sel`gen gibt es nicht mehr Trennung,

Weil dort nur ewiges Wonneleben blüht;

Und jene, die die Liebe hier vereinte,

Sie sind auch dort von heil`ger Lieb durchglüht.

 

Ihr alle, die ihr jetzt an Gräbern stehet

Und schmerzdurchglüht um teure Tote weint,

O, tröstet euch, da nach des Grabes Nächten

Des Wiedersehens süßer Tag erscheint!

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39. Los von Rom!

 

Los von Rom! – des Satans Hymne!

Los von Rom! – das Schlachtgejohle

Der Trabanten seiner Krone.

Los von Rom! Im Weltendrama

Der Verruchten Ziel und Spott.

Welch ein Schauspiel! – Millionen

Heulen diesen Satanssang,

Gellend durch der Erde Zonen

Nimmt der Fluchschrei seinen Gang.

Todeslosung! – Nie verhallen

Wird sie in der Zeiten Flucht.

Los von Rom! so wird es schallen,

Bis uns wiegt der Heimat Bucht.

 

Welch ein Anblick! – Romas Zinnen

Ruh`n auf ew`gem Felsgestein;

Unter allen Königinnen

Strahlt sie jugendschön allein.

Ninive ist hingesunken;

Sions Pracht zerfiel in Staub;

Tyrus, Babel, siegestrunken,

Wurden der Zerstörung Raub.

Welch ein Bild – Roms Hasser bleichen

In dem Moderstaub der Zeit,

And`re steh`n auf ihren Leichen,

Für den Teufelskampf bereit.

Welche Scharen, - welch ein Heulen

Um der Kirche Sonnendom,

Niemals wanken ihre Säulen, -

Tönt`s auch schrecklich: Los von Rom!

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40. Flos florum!

 

Ein Blütenstrauß im Monat Mai, der lieblichen Gottesmutter gewidmet

 

Schon sank dahin des Winters Macht.

Wie weht die Luft so lau!

Es naht die Zeit der Blumenpracht

Im Garten, Wald und Au.

Dann möchte fragen mancher Mund:

Ist wohl das Paradies

So blütenreich, so schön, so bunt

Als Garten, Wald und Wies?

 

Mein lieber Christ, der Blütenflor,

Den Lenz und Sommer beut,

Schließt auf des zagen Herzens Tor,

Schafft Lebensmut und Freud.

Doch wie vergänglich ist der Schmuck

Der Blüten dieser Erd!

Nach kurzer Frist der schwere Druck

Von neuem wiederkehrt.

 

Willst schauen du ein Blümchen fein,

Das nie verwelkt, verblüht,

Dann richt` empor die Seele dein

Mit gläubigem Gemüt:

Im Himmelsgarten, stets betaut

Von Gnad und Seligkeit,

Da prangt ein Blümlein, hold und traut,

Auf unermess`ne Zeit.

 

Maria ist das Veilchen lieb,

Das bei des Engels Wort

Bescheiden und voll Demut blieb

Am stillverborg`nen Ort;

Das bei der allerhöchsten Ehr –

Hoch über Sonn und Stern –

Nur sprach, der stolzen Welt zur Lehr`:

„Ich bin die Magd des Herrn!“

 

Maria ist die Lilie zart,

So rein und fleckenlos,

Die stets der Tugend Schmelz bewahrt

Im Staub, im Sturmgetos`

Umgeben von der argen Welt

Blieb unberührt ihr Sinn.

Rein war im dorndurchwühlten Feld

Ihr Herz von Anbeginn.

 

Maria ist das Blümlein treu,

Das leis zur Seele spricht:

„Mir darfst du nahen ohne Scheu,

Drum Kind, vergiss mein nicht!

In jeder Not, die dich ereilt,

Schlägt warm für dich mein Herz.

Vergiss mein nicht und unverweilt

Blick furchtlos himmelwärts!“

 

Maria ist die Sonnenblum`:

Sie war im Erdenland

Im Streben für des Schöpfers Ruhm

Dem Lichte zugewandt.

Dem einzig wahren Lichte galt

Mariens Red` und Tat;

Noch heut ihr Gotteslob erschallt

In dem Magnifikat.

 

Maria ist die Rosenblüt

In königlicher Pracht;

Aus ihrem Kelch die Liebe sprüht,

Die Gott in ihr entfacht.

Als weißes Röslein sie ertrug

Der Erde größtes Leid;

Als Röslein Rot nahm sie den Flug

Zur ew`gen Herrlichkeit.

 

So kann ich forschen ringsumher

Durch Garten, Wald und Flur –

Es ist das ganze Blütenmeer

Ein Bild Mariens nur.

Der Blumen Blüte, preisgekrönt

In Paradiesesau,

Erfreut, durchflutet und verschönt

Den ganzen Himmelsgau.

 

Maria, höchste Blüte du,

Wie dien ich dir so gern!

Dir möcht ich singen immerzu,

Du Mutter unsres Herrn.

O dass ich dich, vieledle Zier,

Zu loben würdig sei!

Gott schenk mir diese Gnad allhier

Und in der Sel`gen Reich!

 

(Hermann Steinhausen)

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41. Der Gruß des Engels

 

Klinge, klinge Glöcklein leise,

Klinge in der sanften Weise,

Sei gegrüßet, Himmelsbraut,

Die auf uns herniederschaut!

 

Mutter Gottes, voll der Güte!

Du, der Erde reinste Blüte,

Sei gegrüßet, Königin,

Zu dir neigt sich Herz und Sinn.

 

Hohe Jungfrau, voll der Schöne!

Höre dieses Glöckleins Töne,

Sei gegrüßt zu aller Zeit,

Mutter der Barmherzigkeit!

 

Engelrein im Sternenschimmer,

Unbefleckt und herrlich immer!

Sei gegrüßt, gebenedeit,

Krone aller Herrlichkeit!

 

Voll der Gnaden, voll der Gnaden,

Hast du alle uns geladen;

Sei gegrüßt für deine Huld,

Bitt für uns in uns`rer Schuld!

 

Mit dir, die du voll der Klarheit,

Ist der Herr in Gnad und Wahrheit,

Sei gegrüßt, o sei gegrüßt,

Die du uns so gnädig bist!

 

Bist gebenedeit; vor allen

Hast dem Herrn du wohlgefallen,

Sei gegrüßt in deiner Pracht,

Stern in dieser Erdennacht!

 

Deines Leibes Frucht, die hehre,

Ist gebenedeit, voll Ehre;

Sei gegrüßt mit deinem Sohn,

Himmlische, auf deinem Thron!

 

Bitt für uns jetzt, und wenn leise

Glöcklein ruft zur letzten Reise . .

Amen, Amen, sei gegrüßt,

Bis sich unser Auge schließt!

 

Dr. Franz Isidor Proschko

Gebet- und Erbauungsbuch für katholische Christen:

„Erhebung des Geistes zu Gott“

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42. Maria

 

Du Vorbild der Jungfräulichkeit,

Von keiner Sünde je entweiht,

Maria, sei gebenedeit!

 

Wie krümmt und windet fürchterlich,

Gedrückt von deinem Fuße, sich

Die Schlange mit zerquetschtem Haupt!

 

Mit Schaudern sehen wir dahin

Und fliehen diese Mörderin,

Die uns das Leben hat geraubt.

 

Doch wenden wir dann unsern Blick

Auf dich, o Freundliche, zurück,

Dann ist die Wange nicht mehr bleich,

Gestürzet ist der Schlange Reich.

Dein Aug mit Mutterlieb erfüllt.

 

Die Lilie in deiner Hand,

Das weiße, schimmernde Gewand,

Das deinen keuschen Leib umfleußt,

Mahnt uns: Bewahrt im schwachen Fleisch

Das Herz mit Sorgfalt rein und keusch,

Wie Reinste, uns dein Beispiel weist!

 

O Jungfrau, hoch von Gott geehrt,

Sieh, wie die Sünde uns beschwert

Im Schattenland der Endlichkeit!

O flieh zu dem, der Heil und Gnad

Schwer kämpfend uns erworben hat,

Dass er uns schenk das Hochzeitskleid!

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43. An die Maienkönigin

 

O, Maria, Holde, Milde,

Alle, die vor deinem Bilde

Dir mit kummervollem Herzen

Klagen ihre Erdenschmerzen,

Mutter Gottes, hör` ihr Fleh`n,

Lasse sie getröstet geh`n.

Habe Mitleid und Erbarmen,

 

Lass in deinen Mutterarmen

Auch den reu`gen Sünder ruh`n

Und ihn fortan Buße tun.

Balsam leg` auf jede Wunde

Und in ihrer letzten Stunde

Weiche nicht von ihrer Seit`,

Führe sie zur Ewigkeit.

Amen.

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44. Ein Herz, und keines ist ihm gleich

 

Ein Herz, und keines ist ihm gleich,

So groß und klein, so stark und weich;

Auf Erden und im Himmelreich –

Ein Herz, und keines ist ihm gleich!

 

Ein Herz, und keines ist so gut,

Tilgt unsere Schuld in seinem Blut

Löscht aus der Leidenschaften Glut –

Ein Herz, und keines ist so gut!

 

Ein Herz, und keines ist so weit,

Kein Herz, dem Wohltun so geweiht,

In milder Schonung so bereit –

Ein Herz, und keines ist so weit!

 

Ein Herz, und keines ist so mild:

Ein Strom lebend`gen Wassers quillt

Aus ihm, der unser Dürsten stillt –

Ein Herz, und keines ist so mild!

 

Ein Herz, und keines ist so rein:

Sein Blut der Jungfrau`n süßer Wein,

Sein Glanz der Herzen Sonnenschein –

Ein Herz, und keines ist so rein!

 

Ein Herz, und keines ist so hehr,

Der Gnade unermesslich Meer,

Der Gottheit Thron, der Menschheit Wehr –

Ein Herz, und keines ist so hehr!

 

Herz Jesu! keines ist dir gleich,

So groß und klein, so stark und weich!

Sei Jesu, unser Himmelreich

Und mach uns deinem Herzen gleich!

 

F. Esser S.J.

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45. An die Unbefleckte

 

(zum 8. Dezember – von R. Berberich)

 

Du Reinste, zu deinem Lichte

Schweift trunken mein Blick empor.

Dich kränzen die Sonnenstrahlen,

Der Blumen liebreizender Chor.

 

Dir funkelt der milden Sterne

Geschämig zitterndes Licht,

Dir form sich zum Schemel der Füße

Der Wolken sonnweiße Schicht.

 

Der schönste Juwel deiner Krone,

Womit dich Gott Vater bedacht –

Er hat die Mutter vom Kinde

Zur „Unbefleckten“ gemacht.

 

Für dich, du Eine, du Reine,

Er hemmt der Erbsünde Lauf.

Er hat Gesetze gegeben –

Für dich hob er sie auf.

 

Froh jubeln tausend Lieder,

Heiß tausend Herzen dir zu.

Dich preisen der Engel Chöre,

Weil rein empfangen du.

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46. Bitte ans Christkind

 

Du, der an allen Orten

Die weite Welt umspannt,

Wie bist du klein geworden

An Bethlehems Felsenwand.

Vom Thron der höchsten Ehren

Zum Kreuze, welch ein Pfad!

O wolle Demut lehren

In Denken, Wort und Tat!

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47. Advent

 

Wald und Hügel sind verschneit,

Dunkles, ahnungsreiches Weben.

Eingelullt ist alles Leben

In der tiefen Einsamkeit.

 

Hügelhin und hügelher

Wallen dämmergraue Schleier

Wie vor einer großen Feier.

Einen Werktag gibt`s nicht mehr.

 

Hütten rauchen in den Traum,

Märchen huschen im Gelasse,

Irgendwo auf ferner Straße

Schellenklang. Du hörst ihn kaum.

 

Nur ein Dämmern ist der Tag,

Wie die Nächte leis verrinnen.

Mägdlein träumt auf weißen Linnen,

Selig, wer so träumen mag.

 

Einziges, was jetzt noch lebt:

Eine Quelle fern im Grunde,

Die die frohe Weihnachtskunde

An zu lallen hebt.

 

(von F. Schrönghamer-Heimdal)

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48. Ich schau Ihn an und Er sieht mich an

 

Einfältig Wort! Und doch so stark an Glauben;

So fest im Hoffen und so warm an Lieb;

So groß an Macht, sich jenes Herz zu rauben,

Das stets im Tabernakel unser blieb.

 

„Ich schau Ihn an!“ Und alle Erdengröße

Zerrinnt vor Ihm wie Eis im Sonnenstrahl,

In Seinem Licht erscheint die eigne Blöße

So tief beschämend klar mit einemmal.

 

„Ich schau Ihn an!“ Und läg der Glanz und Schimmer

Von tausend Welten zwischen Ihm und mir,

Seh ich nur Ihn, des Vaters Abglanz immer,

Kein Blick, o Eitelkeit, gilt ferner dir.

 

„Ich schau Ihn an!“ Ihr sel`gen Himmelsscharen,

Habt ihr ein größres Glück? – O sagt:

Kann ich dort oben Süßeres erfahren,

Wenn einst der ewig neue Morgen tagt?

 

„Er sieht mich an!“ Nun kann ich`s leicht ertragen,

Dass ich der Welt so ganz verborgen bin;

Kein Aug mich sieht, kein Herz für mich will schlagen;

Blickt nur Sein Aug und Herz auf mich noch hin.

 

„Er sieht mich an!“ Ich lass dir deine Wonne

Und deinen Sinnenrausch, o Welt, nun gern;

In meines Heilands Blick will ich mich sonnen:

Er ist mein Licht, Er ist mein Freudenstern.

 

„Er sieht mich an!“ Und bin ich arm an Habe,

An Geisteszierde noch so bar und leer,

Des Höchsten Blick erschließt mir jede Gabe,

Gießt mir in Geist und Herz ein Freudenmeer.

 

„Er sieht mich an!“ Denn Simon von Cyrene

Schuf dieser Blick das Kreuz in Freude um.

Auch mir verwandelt er die Schmerzensträne

In Süßigkeit, die Schmach in Ruhm.

 

„Er sieht mich an!“ Solls je mich maßlos kümmern,

Dass Lust und Wohlergehn mir abhold sind?

Kein Schicksalsschlag kann ja das Glück zertrümmern,

Das ich im Blick des besten Freundes sind.

 

„Er sieht mich an!“ Nun mögen Krieg und Stürme

Und hohe Wasserfluten mich bedrohn:

Sein Allmachtsblick erbaut mir sich`re Türme;

Er stillt die wilde Flut als Gottessohn.

 

„Er sieht mich an!“ Soll ich das Glück besingen,

Das einen Himmel schließt in sich?

O nein! Es könnt mir Armen nicht gelingen,

Und säng ich Jubellieder ewiglich.

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49. Das Marienbild von Stepanowice

 

Der Kriegesbrand voll Macht und Graus

Zerstört auch hier ein Gotteshaus.

Da, wo gewohnt die ew`ge Lieb,

Eine Ruine nur verblieb.

Doch in den Trümmern hehr und mild

Erhalten blieb Marias Bild.

Ihr Mutterauge treulich wacht

Trotz Kampfestoben wilder Schlacht.

Hernieder in die Welt der Mängel

Blickt sie, die Königin der Engel.

Maria, Jungfrau der Jungfrauen,

Lass deiner Fürbitt uns vertrauen.

O mög durch dieses Himmelszeichen

Nun bald der Kampf dem Siege weichen.

Mögst du, wie dies schon oft geschehn,

Den Unsern treu zur Seite stehn.

Du heil`ge Mutter, hehr und rein,

O lasse dir befohlen sein

Das Volk, das treu an Gott geglaubt,

O schirm des Kaisers Silberhaupt.

Mög Gott in seiner Güte Walten

Den Teuren uns noch lang erhalten,

Dass er nach all den Schmerzensjahren

Mög Siegesruhm und Freud erfahren.

Hilf dort, wo Frau und Kinder klagen,

Dass christlich sie ihr Leid ertragen.

Verlass`ner Eltern nimm dich an

Auf ihrer rauhen Lebensbahn.

Wollst der Bresthaften, der Armen

In Muttertreue dich erbarmen. Und alle, die verlassen sterben,

Lass sie das Himmelreich erwerben;

Vom Schlachtfeld, aus dem Heldentod

Führ sie zu deinem Sohn und Gott!

Dir sei, schenkt uns der Herr den Frieden,

Des Herzens heißer Dank beschieden.

Drum rufen wir mit Herz und Sinn:

„Lob sei dir, Friedenskönigin!"

 

(aus „Ave Maria“, Heft 2, 1916, Rosa K.)

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50. Maria sucht ihre Kinder

 

(Franz Eichert, „Der Königin Banner“)

 

Ein Fußtritt rauscht, ein Mantel streift

Die Todesrosen, die roten;

Ein letztes goldnes Leuchten schweift

Um die einsamen Wunden und Toten.

Die Donner der Schlacht vergrollen weit,

Nun weht übers Feld ein linder,

Ein tröstender Hauch und stillt alles Leid:

Maria sucht ihre Kinder!

 

Da liegt ein Krieger, ein halbes Kind,

Ihm leuchtet von bleichen Wangen

Der Mutter Segen – er träumt und sinnt,

Da kommt Maria gegangen.

Sie sieht ihr Bild an der reinen Brust,

Sie neigt sich und grüßt das Zeichen –

Da jauchzt er: „Mutter!“ – Voll seliger Lust

Sinkt er ins Gras zu den Bleichen.

 

Und weiter schreitet Maria sacht

Und wandelt des Schlachtfelds Schrecken

In himmlischen Frieden und sendet die Nacht,

Die Müden, die Müden zu decken.

Sie neigt sich da und sie neigt sich dort –

Da werden die Seufzer linder

Und die Schmerzen fliehn und die Qual ist fort –

Maria holt ihre Kinder!

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51. Erbarmende Liebe

 

„Kommt alle zu mir, die ihr mühselig und beladen seid.“

 

Verrauscht die hehren Orgelklänge,

Die wunderbaren Lobgesänge.

Nur süßer Weihrauchduft

Durchschwängert noch die Luft;

Leer sind die heil`gen Räume

Im stillen Dämmerscheine.

 

Dort vorne aber an dem Gitter

Kniet eine Frau; sie weint so bitter.

Gebeugt von schwerer Last,

Die sie erdrücket fast:

„Zu wem, Herr, soll ich gehen?

Erhöre du mein Flehen!

 

Du hast gelitten tausend Schmerzen,

Du gabst mit deinem Gottesherzen

An Liebe uns ein Meer.

O blick, mich rettend, her,

Du hast ja für die Armen

Nur Mitleid und Erbarmen.“

 

Hier an der Säule blieb ich stehen,

Musst immer nach dem Weibe sehen.

Sein Herz im Flammenglanz,

Im duft`gen Blumenkranz

Schien sie an sich ziehen.

Die roten Lampen glühen.

 

In dieses ewigen Lichtes Strahle,

Da sah ich, wie mit einem Male

Die Frau sich rasch erhebt

Und wie in Freude bebt.

O, gläubiges Verlangen!

Erhört – ist sie gegangen.

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52. Die schmerzhafte Mutter am Pöstlingberg

 

(Friedrich J. Pesendorfer)

 

Es schaut vom Berg eine Kirche ins Land,

Die Donau rauscht im Tal.

O selig, wer diese Stätte fand

Mit einem Herzen voll Qual!

 

Dort wohnt des Pilgers Sehnsucht und Lust,

Sein Trost im bittersten Leid:

Mit sieben Schwertern in ihrer Brust

Die schmerzhafte Mutter und Maid!

 

Vom hohen Thron blickt tränenbleich

Sie hinab in das blühende Tal,

Sie segnet ihr Oberösterreich

Des Tags wohl tausendmal!

 

Zwei weiße, schlanke Türme stehn

Empor, schon sichtbar von fern.

Und die Glocken jubeln und locken und flehn:

Komm, Pilger, zur Mutter des Herrn!

 

Horch! Wallerlieder erklingen im Chor,

Die grüne Flut rauscht darein.

Auch du, mein Herz, zieh vom Tal empor,

Vom Dunkel zum Sonnenschein!

 

Aus der staubigen Tiefe zur reinen Höh,

Die Liebe beflügle den Fuß!

Und bringe der Dulderin all dein Weh

Mit Gebet und Liedern und Gruß!

 

Zwar rau ist der Pfad, ein Kreuzweg steil,

Doch droben – welch seliges Sein!

Der Blick wird so weit und das Herz wird heil,

Als zögest zum Himmel du ein!

 

Und spräche dein Leid jedem Trostwort Hohn

Und wär`s dir zu schwer und zu groß:

Stumm zeigt dir Maria den toten Sohn

Auf ihrem jungfräulichen Schoß!

 

O Herz! Lass den Kummer drunten im Tal,

Lass rauschen den Donaustrom!

Hier zieht aus der Brust dir das Schwert der Qual

Die Mutter beim sel`gen Willkomm!

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53. An Maria, unsere gute Mutter!

 

Deine Macht ist grenzenlos!

Deine Lieb unendlich groß!

In der größten Not auf Erden

Kann durch dich uns Hilfe werden.

 

Wenn im größten Kampf des Lebens

Jede Hoffnung scheint vergebens

Und der Schmerz uns niederdrückt,

Bist es du, die Hilf uns schickt!

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54. Das Gnadenschiff

 

Weihnachtslied von Johannes Tauler

 

Uns kommt ein Schiff gefahren,

es bringet schöne Last,

darauf viel Engelsscharen

und hat einen großen Mast.

 

Das Schiff kommt uns Geflossen,

das Schiff, es geht ans Land,

hat Himmel aufgeschlossen,

den Sohn herausgesandt.

 

Maria hat geboren

aus ihrem Fleisch und Blut

das Kindlein auserkoren,

das wahrer Mensch und Gott.

 

Es liegt hier in der Wiegen,

das liebe Kindelein;

sein Antlitz wie ein Spiegel:

Gelobet musst du sein!

 

Maria, Gottes Mutter,

gelobet musst du sein!

Jesus ist unser Bruder,

das liebe Kindelein.

 

Dürft` ich das Kindlein küssen

an seinem lieben Mund

und wär` ich krank fürwahr,

ich wär` zur Stund` gesund.

 

Maria, Gottes Mutter,

dein Lob geht also weit!

Jesus ist unser Bruder,

gib uns groß` Seligkeit.

 

Es kommt ein Schiff geladen,

recht bis zu höchst an Bord,

bringt uns den Sohn des Vaters,

bringt uns das ew`ge Wort.

 

Auf einer stillen Woge

schwimmt uns das Schifflein her,

es bringt uns reiche Gabe:

die Königin so hehr.

 

Maria, edle Rose,

du aller Huld ein Ast,

du schöne Zeitelose,

nimm uns der Sünden Last.

 

Das Schifflein, das geht stille

und bringt uns reiche Last,

sein Segel ist die Minne,

der Heil`ge Geist sein Mast.

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55. An den Schutzengel

 

Mein liebes, gutes Schutzenglein,

Wie oft fühlt` ich dich bei mir stehen,

Oft deine Flügel mich umwehen,

Und wenn ich werd` gestorben sein,

Hoff` ich dein Angesicht zu sehen!

 

Wie freu` ich mich, für deine Treu

Dir dann herzinnigen Dank zu sagen,

Du kämpftest gen der Sünde Leu

Für mich, ließt tun mich nur, was Reu

Und Leid mir nimmer konnt` eintragen.

 

Dass ich den Dank dir sagen mag

Für alle deine lichte Gnade,

Hol` du mit leisem Flügelschlag

An meinem letzten Erdentag

Mich und weis` mir zu Gott die Pfade.

 

Albertine Luhde-Jlg

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56. Der englische Gruß

 

(aus dem XV. Jahrhundert)

 

Gegrüßt seist du, Maria rein,

die du aus Gottes Hand allein

gebarst den Herren Jesum Christ,

eine reine Jungfrau blieben bist.

 

Du bist aller Gnaden voll,

gefielst Gott im Himmel wohl,

der Gnaden Brunn aus Himmels Saal

floss her von dir ins Jammertal.

 

Der Herr ist mit dir, o Jungfrau schön,

wie mit dem König auf dem Thron,

wie eine Blume im Garten fein,

wie im Golde herrliches Edelgestein.

 

Du bist gebenedeit und gehalten wert

ob allen Frauen auf dieser Erd`,

ja nicht auf dieser Erd` allein,

im Himmel ist groß der Name dein.

 

Benedeit ist deines Leibes Frucht.

Jesum empfangen in aller Zucht,

der uns zu Gnaden hat gebracht,

dazu in Hoffnung selig gemacht.

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57. Der Psalm "Miserere"

 

(aus dem XII. Jahrhundert)

 

Herre Gott, erbarme dich

durch deine Gnade über mich.

 

Herre, nach deinen Hulden,

nicht nach meinen Schulden!

 

Die alte Schuld mir neue

mit des Herzens Reue.

 

Meine Sünden, die erkenne ich,

sie reden täglich wider mich.

 

Wider sie sei mein Helfer und Schlichter,

mein gnadenreicher Herr und Richter!

 

Gesündigt habe ich an dir alleine,

gib, dass ich das beweine.

 

In Sünden bin ich gewirket gar,

in Sünden mich meine Mutter gebar.

 

Wasche mich, dass ich entsündigt geh`,

so bin ich weißer als der Schnee.

 

Herre von den himmlischen Chören,

wollt meine Bitte gnädig hören.

 

Dieweil du ladest alle zugleich

in das ewige Himmelreich.

 

So lass mich ihrer einen sein,

bewahre mich vor der ewigen Pein.

 

Gib mir ein Herze reine,

einen Geist, der dich meine.

 

Wirf mich von deinem Antlitz nit,

wie den Verworfenen geschieht.

 

Raff` mich nicht hin in deinem Zorn,

anders wär` ich verlorn.

 

Verleih` mir ein so reines Leben,

dass ich den Leuten möge geben

 

gutes Vorbild, rechte Lehre,

das, o Herr, mir du gewähre.

 

Herre, wahrer Mensch und Gott,

dein Lob und dein Gebot

 

reinige mir Mund und Mut

mit des Heiligen Geistes Flut.

 

Begehrst ein Opfer du von mir,

Herre, gern gäb` ich es dir:

 

Dein Opfer aber ist die Treue,

das Herz in wahrer Reue.

 

Geruh` dies Opfer anzusehn,

wollst auch das meine nicht verschmähn!

 

Behüt` mich vor des Teufels Neid

und vor des Abgrunds ew`gem Leid.

 

Nach diesem Elend uns bereit

einst dort die ewige Seligkeit.

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58. Ein mittelalterliches Ave-Maria-Lied

 

Ave Maria! Du Rose sonder Dorn,

mit Missetat hab` ich verlorn

dein Kind, das du zur Welt geborn:

Maria, versöhne mich mit deinem Zorn!

 

Ave Maria! Bei deines Kindes Tod,

das vor dir hing, vom Blute rot,

hilf, dass ich der Engel Brot,

Maria, mit Reu` empfang` in Todesnot!

 

Ave Maria! Bei deines Kindes Blut,

des Schmerz wie eine tiefe Flut

dein Herz durchfuhr mit heißer Glut:

Maria, hilf, dass mein Ende werde gut.

 

Ave Maria! Jungfrau unwandelbar,

sende mir der Engel Schar,

wenn einst ich von der Erde fahr`:

Maria! von den bösen Feinden mich bewahr`.

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59. Traum

 

Im Garten wars still zur Mittagszeit,

Kein Laut war hörbar weit und breit,

Die Vögelein selber schwiegen.

Und träumend lag ich im Wiesengrün,

Sah über mir hin die Wolken ziehn

Und auch eine Schwalbe fliegen.

 

Da ward mir die Welt so weit entrückt,

Ich war von heiliger Wonne entzückt

Und horchte mit Andacht dem Liede.

Das sangen die Englein im Wolkenzelt,

Es klang so süß hernieder zur Welt:

Den Menschen sei Friede, sei Friede!

 

Alois Kourek

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60. Der Muttergottesbrunnen

 

Eine Mariensage

 

Tief in Waldeseinsamkeit

Liegt in ew´gem Frühlingsprangen,

Von der Sonne weich umfangen,

Eine Lichtung groß und weit.

Kosend durch die Lenzesluft

Weht ein wundersamer Duft.

 

Fremde Zauberblumen blühn

Farbenprunkend, duftumflossen,

Von des Himmels Tau begossen,

In der Wiese hellem Grün,

Die aus sel´ger Heimat Schoß

Ward versetzt ins Waldesmoos.

 

Keinem Menschen ward noch kund,

Wo der Wunderort gelegen;

Seinen Zauber, seinen Segen,

Pries nur frommer Dichter Mund.

Selbst das Wild mit leichtem Schritt

Nie durch diese Lichtung glitt.

 

Mitten in der Wiese quillt

Wundersam ein lichter Bronnen,

Spender sel´ger Himmelswonnen,

Der des Herzens Dürsten stillt.

Aber statt des Wassers klar

Strömet Milch draus wunderbar.

 

Muttergottesbrunnen heißt

Diese weiße Wunderquelle,

Weil an dieser heil´gen Stelle

Oft Maria hold sich weist:

Nächtens steigt vom Sternenkreis

Sie hernieder licht und leis.

 

Engel sendet dann sie aus;

Kinderchen, die mutterlosen,

Tragen sie mit süßem Kosen

Hin zu ihr aus manchem Haus

Und sie neiget mütterlich

Zu den armen Kleinen sich.

 

Aus kristallner Schale beut

Sie des Brunnens Milch den Lippen,

Die begierig davon nippen.

Darauf spielen hocherfreut

Mit den Engeln, bis es graut,

Jene Kleinen lieb und traut.

 

Wunderblumen seltner Pracht

Pflücken sie beim Sternenglanze,

Winden sie zu buntem Kranze,

Bis zu Ende geht die Nacht –

Bis die Engel sie im Arm

Tragen heim, ins Bettchen warm.

 

Früh am Morgen siehst du blühn

Süßen Lächelns holdes Prangen,

Himmelsrosen auf den Wangen

All der Kleinen lieblich glühn.

Und aus ihren Augen lacht

Noch das sel´ge Spiel der Nacht.

 

Max Kuschel

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61. Musik

 

Von Hagenbach

 

Von allen Künsten fern und nah,

Im Himmel und auf Erden,

Soll hoch und laut die Musika

Von uns gepriesen werden.

Sie quillt und rinnt mit Lieb und Lust

Durch Luft und Land und Meere,

Sie schwellt des Vögleins zarte Brust,

Zu singen Gottes Ehre.

Sie treibt die bösen Geister aus,

Bringt Frieden ins Gemüte,

Und wo sie hat erfüllt ein Haus,

Da walten Treu und Güte.

Sie würzt das Mahl mit Sang und Klang,

Erheitert biedre Gäste

Und schmücket unsern Lebensgang

Mit Blumen auf das Beste.

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62. Ein altes Lied vom heiligen Namen Jesus

 

Vom hl. Bischof Benno von Meißen (+ 1107)

 

O Jesus, liebster Jesus!

O Trost der Seele mein!

In dir, o liebster Jesus!

In dir ist Freud allein.

Ich dich jetzt auserwähle

Zum Allerliebsten mein;

Ich mich dir ganz befehle,

Du sollst mein Helfer sein.

 

O Welt, du magst nun fahren,

Mit deinem Gut und Pracht;

Leb wohl zu tausend Jahren,

Ich zeitlich´ Gut veracht.

Mit dir in Freud und Schmerzen

Will ich, o Jesus, sein;

Ich sag´s aus Grund des Herzens,

Ohn´ dich ist Freude Pein.

 

Könnt ich etwas erdenken

Auf dieser ganzen Welt,

Von Herzen wollt ich´s schenken;

Sag mir, was dir gefällt.

Nimm hin mein Herz und Leben,

Nimm hin mein Leib und Seel´,

Dir bleib ich ganz ergeben,

Mich dir ganz anbefehl´.

 

Ach! wie habe ich doch können

Jemals erzürnen dich?

Ich war gewiss von Sinnen,

Die Sünde reuet mich;

Zeig heut dein mild Gemüte,

Den Sündern stets bereit,

Bedenk doch deine Güte,

Die Sünden sind mir leid.

 

An meinem letzten Ende,

O, liebster Jesus mein!

Zu mir dich gnädig wende,

Mich lass befohlen sein!

Ich warte mit Verlangen,

O, treuer Seelenheld!

Dass ich dich werd umfangen

In deiner Ehren Zelt.

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63. Mariä Opferung

 

(21. November)

 

Maria, jung und zart,

Geführt zum Tempel ward

Von ihrer Eltern Hand

Dem Herrn zum Unterpfand.

 

Da sie zum Tempel trat,

Alsbald der Priester naht,

Weiht sie an heil´gem Ort

Nach des Gesetzes Wort.

 

Das Kind im Tempel blieb,

Dient Gott mit Lust und Lieb

Elf Jahr im Haus des Herrn,

Von ihrer Heimat fern.

 

Nichts war ihr zu gering,

Tat emsig alle Ding,

Dacht nur an Gott allein,

Demütig, seelenrein.

 

So wuchs sie alle Zeit

In Lieb und Herrlichkeit,

So ward ihr Herz zum Thron

Bereit für ihren Sohn.

 

O süße Jungfrau rein,

Du milder Himmelsschein,

Lass durch die Tugend dein

Uns Gott empfohlen sein!

 

(aus: Leone`s Cantate)

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64. "Unter deinen Schutz und Schirm!"

 

(Mariä Schutzfest, 2. Sonntag im November)

 

Sieh, o Mutter, voll Vertrauen

Knie ich vor deinem Bild;

Wende zu mir deine Augen,

Deine Blicke sanft und mild!

 

Falte, Mutter, meine Hände,

Die um Schutz zu dir gewandt;

Falte sie in deinen Händen,

Dass wir beten Hand in Hand!

 

Meine Augen schaun vertrauend

Auf zu dir, dem Rettungsstern;

Mutter, lehre du mich beten:

„Ich bin eine Magd des Herrn!“

 

Ach, hilf du das Kreuz mir tragen,

Das mein Heiland mir gesandt;

Lege du auf meine Wunden

Lindernd, Mutter, deine Hand!

 

Dann trag ich zu Lieb dem Heiland

Alle Leiden freudig gern;

Sind nur Dornen seiner Krone

Und ein Stück vom Kreuz des Herrn!

 

Und wie einst bei seinem Kreuze

Muttertreu ihn nie verließ,

O, so hilf auch mir, o Mutter,

Bis zu ihm ins Paradies!

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65. Zum Rosenkranzfest

 

(1. Sonntag im Oktober)

 

Lass mich dich mit Rosen grüßen,

Süße Mutter meines Herrn!

Rosen leg ich dir zu Füßen,

Rosen bring ich dir so gern;

Denn die Liebe zu dem Kinde,

Das die Allmacht dir verliehn,

Lässt auf dieser Welt voll Sünde

Rosen unter Dornen blühn!

 

Dornen haben dich gestochen,

Als sie krönten Gottes Sohn;

Als er litt, was ich verbrochen,

Als er trug der Sünden Lohn!

Aber Rosen, lauter Rosen

Blühn für mich am Kreuzesstamm,

Und es schenkt mir Himmelsrosen

Meiner Seele Bräutigam!

 

Darum bringe ich dir Rosen,

Süße Mutter meines Herrn;

Darum sing ich von den Rosen

Seiner Liebe hier so gern;

Und dereinst zu Jesu Füßen,

In dem Reich, das er verhieß,

Will ich dich mit Rosen grüßen,

Königin im Paradies!

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66. Ich bin schuld daran

 

Warum schmerzen dich die Dornen?

Heiland, ich bin schuld daran,

meine sündigen Gedanken haben dir das angetan.

 

Warum irrt dein Blick so schmerzlich?

Heiland, ich bin schuld daran,

meine vielen bösen Blicke haben dir das angetan.

 

Warum quält der Durst die Lippen?

Heiland, ich bin schuld daran,

meine vielen bösen Worte haben dir das angetan.

 

Und die Nägel in den Händen?

Heiland, ich bin schuld daran,

ach, die Sünden mit meinen Händen haben dir das angetan.

 

Warum ist dein Herz durchstochen?

Heiland, ich bin schuld daran,

ach, die Sünden meines Herzens haben dir das angetan.

 

Lieber Heiland, meine Sünden

tuen mir von Herzen leid.

Wenn ich dich am Kreuz betrachte, bin zur Umkehr ich bereit.

 

Christina Horag

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67. Glaube, Liebe, Hoffnung

 

Zwei Wege leiten hier uns durch das Leben;

Der erste lacht in goldner Zauberpracht,

Verspricht dem Herzen Freude stets zu geben,

Und auf dem zweiten sieht`s nur öde Nacht.

 

Es öffnen hier sich schauerliche Gänge,

Es winken dort Genüsse ohne Zahl;

Hier presst das Herz die fürchterliche Enge,

Dort glänzt ein blumenduft`ges Frühlingstal.

 

Doch wehe! kann die süße Lust dich blenden,

Dass bald dein Herz in ihrem Kelch versank;

Noch eh` du`s ahnst, wird sich die Sonne wenden,

Aus deren Glut das Herz Entzücken trank.

 

Und wo die Zauberstimmen hin dich riefen,

Steigt eine wüste Nachtgestalt herauf,

Es öffnen dir sich bodenlose Tiefen

Und endlich schließt Verzweiflung deinen Lauf.

 

Wohl ohne Kampf sieht keiner die Gebilde,

Die uns in Freud` und Lust entgegenziehn,

Und furchtlos blickt kein Aug` in die Gefilde,

Wo hehr der Tugend ew`ge Kränze blühn.

 

Und lockend bannt die trügerische Breite,

Die endlich sich in Schutt und Graus verliert. –

Ist keiner denn, der schützt in diesem Streite,

Der rettend zu dem Kanaan dich führt?

 

Ja, bei dem Eingang zu dem dunklen Pfade

Steht, von dem Heiland segnend hingestellt,

Ein sichrer Führer zu des Heiles Gnade,

Ein Glanzgestirn für`s Dunkel dieser Welt.

 

Und wenn aus deines Kreuzwegs bittern Leiden

Dein Auge tränenfeucht zum Vater blickt:

O! was umglänzt dich dann mit Engelsfreuden?

Es ist der Glaube, der den Dulder schmückt!

 

Wenn immer Dornen blutiger verwunden

Den Fuß, der kaum aus Dornen sich entwand:

Was träufelt dann dir Balsam in die Wunden?

Es ist der Liebe treue Mutterhand!

 

Und senkt des Pilgertages Sonne trüber

Sich in das Meer der Ewigkeit hinab;

Was führt dich hochbeseligt dann hinüber?

Es ist der Himmel-Hoffnung Trostesstab!

 

Sie trägt die Palmenkrone dir entgegen

Und aus dem Kampf für Wahrheit, Recht und Pflicht

Erfreut dich der Vollendung reichster Segen

Und deine Erdennacht wird – Himmelslicht!

 

Pauline von Bredow

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68. Gruß an den Glauben

 

Glaube, frischer Gnadenbaum

In der Erdenwüste,

Der, als wir im Leben kaum,

Uns schon sanft begrüßte:

Stehst von Frühlingspracht durchblinkt,

Wo sonst Blüten fallen,

Deines Wipfels Krone winkt

Zu des Himmels Hallen!

 

Glaube, sichern Schutzes Bann

In gewalt`gen Fehden,

Wo mit gift`ger Lust umspann

Trautes Überreden:

Gibst dem Streiter Siegesmut

Unter Engelslächeln,

Hauchst ihm in die Kampfesglut

Lindes Palmenfächeln!

 

Glaube, weiser Gottesrat,

Mild wie Vatersegen,

Führst uns zu des Glückes Grat

Auf demütgen Wegen;

Zeigst dem Pilger, kreuzbeschwert,

Rast in Jesu Hürde,

Wo er sehnsuchtsvoll begehrt

Seine süße Bürde!

 

Glaube, Hellsten Lichtes Strahl

An den Lebensmarken,

Wo bei Särgen, öd und fahl,

Zittern auch die Starken:

Morgenstern, was traurig macht,

Was so bang bedrücket,

Dunkler Zukunft graue Nacht

Hast du uns entrücket!

 

Glaube, kräft`ge Himmelsluft,

Labst den müden Kranken,

Dass um ihn voll Osterduft

Hoffnungsblumen ranken;

Wiedersehensgruß wehst du,

Wo Verlassne weinen,

Und verbürgst die Gottesruh

Über Leichensteinen!

 

Anton Hungari

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69. Die heilige Liebe

 

Fern von Gottes Herzen,

Ihrem Heimatland,

Ist die Seele einsam

An die Welt genannt.

 

Ein geheimes Trauern

Winkt ihr himmelwärts,

Doch ihr fehlt Verständnis

Für den eignen Schmerz.

 

Bis das Licht des Himmels,

Bis sich niedersenkt

Liebe – und die Sehnsucht

Nach der Heimat lenkt.

 

Liebe ist der Seele,

Was dem Alpenkind

Der verlornen Berge

Ferne Lieder sind.

 

Darum ist der Seele

Einz`ge Ruhefrist,

Wenn sie ruht, wo einzig

Ihre Heimat ist.

 

Moritz Hartmann

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70. Zeugnis der Liebe

 

Ich vereine, was das Schicksal löset,

Und beschwöre Widerspruch und Not;

Was mein Hauch berührt, o! das geneset,

Meinem Balsam weichet selbst der Tod!

Stark ist Löwenmut,

Stärker meine Glut,

Und die Blumen meiner Wege sprießen

Ewig, als das Süßeste vom Süßen.

 

Gerne geb ich alles, was ich habe,

Opfernd hin, und wirke heilend still;

Ich umfasse, dass ein Trost es labe,

Das, was unumfasst vergehen will!

Meinem Wunderreich

Ist kein andres gleich!

Gute Seelen sich mit mir verbinden,

Um ihr Glück an meiner Brust zu finden!

 

Kühn vertrauen, freudig alles wagen,

Glück zu bringen ist mir hehre Pflicht;

Was nicht tausend Menschenzungen sagen,

Fasst ein Wort, das meine Zunge spricht;

Und es wird zur Saat,

Die stets Segen hat;

Reinigend erneut es alles Streben

Zu dem heilig großen Gottesleben!

 

Wähne nicht, du fändest im Getümmel

Sinnberauschter Menschen meine Spur;

Frommer Sehnsucht Heimat ist der Himmel,

Göttliches kommt ja von oben nur!

Ich entzünde mich,

Um zu läutern dich

An der Flamme, welche ewig währet,

Von der Gottheit Strahlenschein verkläret!

 

Senkt sich einst die abgestreifte Hülle

In die Grabnacht der Vergessenheit,

Schwebt zu Paradieses-Freuden-Fülle

Heim die Seele nach dem Erdenstreit:

Dann an Gottes Thron,

Wo erblüht dein Lohn,

Wirst du mich erst recht im Licht erkennen,

Sehn, dass rein wie Gold die Flammen brennen!

 

Theophania

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71. Die Hoffnung

 

Es wandelt auf Erden ein himmlisches Kind,

Doch lässt es sein Antlitz nicht sehen;

Gleich lenzigen Lüften, balsamisch und lind

Ist seines Fittiges Wehen –

Es schwebet hernieder, vom Himmel gesandt,

Und „Hoffnung“ wurde sein Name genannt.

 

So wie, wenn der Tau von dem Himmel sich senkt,

Die Blumen und Halme sich heben,

So nahet das himmlische Kindlein und tränkt

Das matte irdische Leben;

Es labt dann und kräftigt das wankende Rohr,

Und facht das sterbende Flämmchen empor.

 

Wo heimlich die Träne des Seufzenden fällt

Und gräberwärts blicket der Jammer,

Erhebt es das Antlitz des Kummers und hellt

Die dunkle schweigende Kammer;

Es sendet hernieder den tröstlichen Schein,

Wohl muss das Kindlein ein himmlisches sein.

 

Dem Säemann zeigt es im Furchen-Gefild

Die wallenden Ähren von ferne;

Dem nächtlichen Wandrer das liebliche Bild

Der Heimat im blinkenden Sterne;

Und über des Säuglings mildlächelnd Gesicht

Ergeußt es sein rötlich himmlisches Licht.

 

Du, Hoffnung! begleitest auf dornigem Pfad

Den Pilger zu himmlischen Höhen;

Du stärkst auch die Liebe, die heilige Saat

Der ewigen Ernte zu säen;

Dem Auge, von zitternden Tränen erfüllt,

Erscheint das himmlische Ährengefild.

 

Den heiligen Glauben verlässest du nicht –

Mag toben der Erde Getümmel!

Er stehet und lächelt, das Dunkel wird Licht –

Und aufgetan glänzt ihm der Himmel;

Dann hebest auf sternenbesäeter Bahn

Du den Verklärten zum Himmel hinan!

 

Friedrich Adolph Krummacher

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72. Das Bleibende

 

Zwei Flügel hat ein Jeglicher bekommen

Zum frischen Aufschwung ins gelobte Land:

Hoffnung und Liebe werden sie genannt,

Und mancher hat den Flug schon unternommen.

 

Sind alle Sterne treulos auch verglommen,

Hat`s doch Gefahr nicht; über Stein und Sand

Durch Wüsten, wo den Weg noch keiner fand,

Weist wohl ein sichrer Führer jeden Frommen.

 

Das ist der Glaube, wisst es, der Magnet!

Er deutet immer nach dem rechten Orte!

Und ob auch Alles durcheinander geht:

 

Er lässt nicht irren, bis er an der Pforte,

Wo Lebensluft ins Meer des Todes weht,

In Schaun verwandelt, selig stille steht!

 

August Gebauer

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73. Die drei schönsten Lebensblumen

 

Was ist das Köstlichste auf dieser Welt?

Was hält uns aufrecht im Gewand von Staube?

Was ist`s, das hier schon Engeln uns gesellt?

Es ist das geistig Herrlichste – der Glaube.

 

Wodurch sind wir dem Schöpfer selbst verwandt?

Wie nennen wir den heiligsten der Triebe?

Was ist der Zukunft-Freuden schönstes Pfand?

Es ist des Herzens Seligkeit – die Liebe.

 

Was mahnt in Leiden sanft uns zur Geduld?

Wodurch sehn wir schon hier den Himmel offen?

Was ist des ew`gen Vaters höchste Huld?

Es ist der Seele reinste Nahrung – Hoffen.

 

O möchten doch durch jeden Lebenskranz

Sich diese Blumen fromm und freudig winden:

In ihrem lichten, nie umwölkten Glanz

Lässt sich das Paradies leicht – wiederfinden!

 

Theodor von Sydow

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74. Das hehre Drei

 

Der Glaube, der den sehnsuchtsvollen Geist

Vom Staub empor in seine Heimat weist,

Der, freudig ahnend einen Plan der Huld,

Im Glücke Demut gibt, im Leid Geduld;

 

Die Liebe, die zur Opferflamme weiht

Ein frommes Herz voll Kindes-Dankbarkeit,

Zur Flamme, die, zum Himmel stets gekehrt,

Rings wärmt und leuchtet, läutert und verklärt;

 

Die Hoffnung, die im Keim still-frommer Tat

Schon wallen sieht der Ernte goldne Saat,

Die halbgebrochnem Blick, durch Grabes Nacht,

Verklärte Lieben zeigt in Edens Pracht;

 

Die Christus mir im Kreuzestod erstritt,

Für die der Frommen Schar gottfreudig litt:

O Vater, gib, dass dieses hehre Drei

Der schöne Dreiklang meines Lebens sei!

 

Jonathan Friedrich Bahnmeier

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75. Beharre!

 

Scheide, ach! scheide

Doch nur von Liebe nicht;

Blüht Liebe gleich im Leide,

Ist sie doch Lebenspflicht!

 

Scheide, ach! scheide

Doch nur von Hoffnung nicht;

Sie ist ein Stern im Leide,

Ein Gottvergissmeinnicht!

 

Scheide, ach! scheide

Doch nur vom Glauben nicht;

Der sagt dir: „Liebe, leide,

Und hoff` in meinem Licht!“

 

Scheide, ach! scheide

Doch nur vom Leide nicht;

Wer nicht kennt Lieb` im Leide,

Der kennt nicht Lieb` im Licht!

 

Helmina Von Chézy

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76. Das Meer des Lebens

 

Euch, die noch Lenz und Liebe froh umblühen,

In deren Locken noch der Zephir spielt,

Die nie geahnt des Sommers heißes Glühen,

Die nie des Herbstes kaltes Wehn gefühlt –

 

Euch werden auch noch einstens Stürme kommen,

Gleicht doch das Menschenleben einem Meer:

Heut kommt das Schifflein ruhig hergeschwommen

Und morgen treibt es unstet hin und her.

 

Heut spielt die Welle sanft um seine Flanken

Und morgen hemmt sie schäumend seinen Lauf,

Heut fühlt ihr nur ein angenehmes Wanken

Und morgen stürzt es furchtbar ab und auf!

 

Jedoch ihr könnt getrost vom Lande stoßen,

Nehmt nur „Vernunft“ zum Kapitäne an!

„Frohsinn und Fleiß“, das seien die Matrosen,

Und „Gott im Himmel“ euer Steuermann!

 

Die „Hoffnung“ sei das Schiff, sie mög` euch tragen,

Wie auch des Lebens Nebel ringsum graut!

Hoch auf dem Maste lasst die Flagge ragen,

Die Worte drauf: Auf Gott vertraut!“

 

So schifft dahin, mag auch die Woge brausen,

Nur frisch voran nach alter Seemannsart!

Mag auch der Sturm in euren Locken sausen,

Nur mutig fort auf eurer Lebensfahrt!

 

Und wenn am Ziele eurer Fahrt ihr stehet,

Wenn ihr euch sehnt nach stiller, ew`ger Ruh:

Wenn grau das Haar um eure Scheitel wehet,

Und euer Auge lacht dem Himmel zu:

 

Dann kommt ein Hafen auf dem Meer des Lebens,

Den man die „bessre Welt“ hienieden nennt;

Dann lohnt euch Gott am Ziele eures Strebens

Mit jenem Frieden, den man hier nicht kennt!

 

Christian Lewalter

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77. Das Licht Jesu Christi

 

Damit der Mensch im Lebensmeer sich findet,

Nicht segelt bang in Nacht und Sturmgebraus,

Da steckte Christus seine Fackeln aus,

Und einen Leuchtturm hat er fest gegründet.

 

Die Fackeln glänzen ewig angezündet

Und leuchten weit ins dunkle Meer hinaus;

Der Schiffer kommt und zieht getrost nach Haus:

Ihm hat der Leuchtturm sichern Port verkündet.

 

Und tost das Meer, so schwimmt ein frommer Schwan,

Der Glaube, leitend vor, und ebnet Bahn

Und zähmt den Sturm mit heiligem Gefieder.

 

Und schläft der Schiffer ein: des Schwanes Lieder

Hört er im Traum, es kommt sein Nachen an

Und er erwacht erstaunt am Lande wieder.

 

Ph. W. Welker

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78. Zum Kreuze hin!

 

Im Kreuz, im Kreuz, da ist nur Heil,

Das Kreuz gibt Leben, das nie vergeht;

Beim Kreuz ist Segen, beim Kreuz verweil`,

Beim Kreuz nur Friede und  Hoffnung steht!

 

Beim Kreuz ist Freude, beim Kreuz ist Lust,

Beim Kreuz ist Gnade, die keiner fasst;

Beim Kreuz ist Trost für jede Brust,

Beim Kreuz ist selige Himmelsrast!

 

August Clever

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79. Wahre Freiheit

 

Wo wohnt die Freiheit, rein und ungebunden?

In welcher Heimat wird sie wohl gefunden?

 

Im Himmel hat sie keine Kraft zum Bösen,

Im Abgrund sind die Fesseln nicht zu lösen.

 

Auf Erden drohn der Sünde Sklavenketten,

Aus welchen uns nur Christi Bande retten.

 

Selig, die williglich in diesen Banden

Die ewige, die echte Freiheit fanden!

 

Johann Emanuel Veith

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80. Hast du mich lieb?

 

Wenn dich dein Heiland fragt:

„Hast du mich lieb?“

Wird nicht dein Herz verzagt,

Dein Auge trüb?

 

Gabst du dein Leben ganz

In seine Macht,

Im Freudensonnenglanz,

In Leidensnacht?

 

Und gingst du fort und fort

Auf seiner Bahn,

Hast nur nach seinem Wort

Dein Werk getan?

 

Hast du mit Armen gern

Dein Brot geteilt,

Bist Irrenden als Stern

Vorangeeilt?

 

Hast du ihn frei bekannt

Vor aller Welt,

Dich, wo sein Banner stand,

Zum Kampf gestellt?

 

Und hast du nie gebebt

Vor Kreuz und Tod,

Und mutig das erstrebt,

Was einzig not?

 

Nur wenn du das geübt

Von Anbeginn,

Hast du den Herrn geliebt

Nach seinem Sinn! –

 

Wird nicht dein Herz verzagt,

Dein Auge trüb,

Wenn dich dein Heiland fragt:

„Hast du mich lieb?“

 

Julius Sturm

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81. Die Wohnung des Herrn

 

Wo ist dein Bethel, wo die Himmelspforte,

Wo über dir der Himmel sich erschließt,

Wo, wie in Jakobs Herz, aus Gottes Worte

Des Himmels Tau in deine Seele fließt?

O, lieber Christ! wo mag dein Bethel sein?

Du weißt es wohl: es ist dein Kämmerlein!

 

Dort ist`s, wo Jesus dir zu allen Stunden

In deine Seele seinen Frieden senkt,

Wo er auf`s Neue stets aus seinen Wunden

Dem kranken Herzen frischen Balsam schenkt.

Ach, wie so gerne geht er zu dir ein,

Der treue Herr, ins stille Kämmerlein!

 

So lass dein Grämen, lass dein eitles Sorgen:

Du hast genug, bleibt nur dies Labsal dein;

Du hast genug, kannst du, der Welt verborgen,

Im Kämmerlein des Herrn gewärtig sein;

Der Herr der Welt geht ein zu deiner Tür

Und ruft dir zu: „Mein Friede sei mit dir!“

 

So geht, wie einst durch die verschloss`ne Pforte

Der liebe Herr zu seinem Jünger ein; -

Doch wüsst ich wohl, an welchem andern Orte,

Ob der auch klein, Er möcht am liebsten sein.

Weißt du den Ort? O sel`ger, sel`ger Christ,

Dess Herz die Wohnug seines Heilans ist!

 

 

Adolph Moraht

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82. Das Kämmerlein

 

Ein einzig Kämmerlein, so geht die Sage,

Hat sich das Gute rettend noch erhalten,

Als einst des Bösen losgelass`nes Walten

Verschüttete des Paradieses Lage;

 

Ein Kämmerlein, wohin mit stiller Klage,

Wann draußen Torheit, Sünd und Lüge schalten,

Der Gute flüchtet, dass ihn kein Erkalten,

Kein Sturm erfasse, keine Blindheit schlage.

 

Und willst du wissen, wo es ist zu finden,

Dies Kämmerlein aus Paradieses Trümmern,

Dahin des Himmels ew`ge Strahlen schimmern?

 

Es ist dir nah! tritt ein! die Nebel schwinden,

Es lädt dich ein mit allen deinen Schmerzen,

Es heißet: Innigsein mit Gott im Herzen.

 

Heinrich Bone

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83. Der schmerzhafte Rosenkranz

 

I.

 

In des Gartens stillen Gründen

Lag der Heiland im Gebete.

Ach, er weint um uns`re Sünden,

Gnade er für uns erflehte!

 

Und die Leidensfluten Steigen

Bei Erwägung uns`rer Sünden:

In der Ferne schon sich zeigen,

Die sich gegen ihn verbünden.

 

Jetzt mit Todesangst und Zittern,

Blutgebadet, hör ihn flehen:

„Vater, nimm den Kelch, den bittern;

Doch dein Wille soll geschehen!“

 

Und es tönt im Herzen wieder

Seiner Mutter; auch sie betet:

„Sieh, o Vater, auf ihn nieder,

Wie sein Blut die Erde rötet!“

 

II.

 

An die Marmorsäul` gebunden

Steht der Schöpfer bloß und mild,

Und aus tausend bitt`ren Wunden

Sein hochheilig Blut schon quillt.

 

Marmorstein! du möchtest weinen,

Weil die Menschen wurden Stein,

Wie du musst den einzig Einen

Halten fest zu größ`rer Pein.

 

Wie? Fühlt kein`s von allen Herzen

Mitleid mit dem süßen Herrn?

Mutterherz! Du fühlst die Schmerzen

Deines Sohnes, ob auch fern.

 

Mutter! lass uns mit dir weinen,

Höre unser reuig Fleh`n:

Gib uns Teil an deinen Peinen,

Lehr uns deinen Schmerz versteh`n!

 

III.

 

Durch der ersten Sünde Fluch

Dornen diese Erde trug,

Unsern Stolz zu brechen.

Spitzer Dorn, o halte ein;

Hüte dich, dies Haupt so rein

Grausam zu durchstechen!

 

Bringe einen Blütenflor

Roter Rosen rasch hervor,

Jesu Haupt zu schmücken!

Doch er trägt der Sünde Pein:

Dorn ritzt blut`ge Rosen ein,

Sünder zu beglücken.

 

„Ecce homo!“ schallt`s von fern,

Und Maria naht den Herrn,

Naht dem lieben Sohne.

Ach, der einzig sündenlos,

Trägt der Sünde bitt`res Los,

Trägt die Dornenkrone!

 

IV.

 

Süße Jungfrau, heut vergebens

Such ich dich im Kämmerlein;

Wirst der Hoffnung deines Lebens,

Wirst des Sohn`s du dich erfreu`n?

 

Sieh dort jene Menschenmenge!

Krönet sie zum König ihn?

Werfen sie in dem Gedränge

Zweige dem Propheten hin?

 

Hörst du sie „Hosanna“ rufen,

„Hochgelobt sei Davids Sohn“? –

Weh`, er naht! – Die Palaststufen

Hallen dumpf von wildem Hohn.

 

Schwere Last des Kreuzes tragend,

Auf dem Haupt die Dornenkron`,

Sieht die Mutter bang und zagend

Ihren vielgeliebten Sohn.

 

Und sie betet tief im Herzen:

Heil`ger Gott, o halte ein!

Denn es ist genug der Schmerzen

Und genug der bitt`ren Pein.

 

Zögernd bleibt er bei ihr stehen,

Mitleidsvoll schaut er sie an,

Und das Mutteraug` muss sehen

Ihren Sohn – als Schmerzensmann!

 

V.

 

Von dem Himmel wie verstoßen,

Von der Erde Fluch bedeckt,

Hat er all sein Blut vergossen,

An dem Kreuze ausgestreckt.

 

Hat sein Vater nicht Erbarmen,

Mitleid seine Brüder nicht,

Da mit ausgespannten Armen

Er am Kreuze klagend spricht?

 

Sieh, mit beiden vollen Händen

Gießt er Segen aus im Blut,

Dass des Satans Macht muss enden

In der neuen Segensflut.

 

Und, das Herz von Schmerz durchbohret,

Steht die Mutter bei dem Sohn,

Tränenschwer das Aug umfloret;

Ist das ihrer Liebe Lohn?

 

Ja, die Liebe lebt vom Leiden,

Und im Leid wird sie bewährt;

Doch durch Leid führt sie zu Freuden,

Nach dem Schmerz wird sie verklärt!

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84. In dir selbst!

 

Wo Gott wohnt, ist der Himmel

In seiner vollen Pracht;

Drum hat Gott eine Stätte

Uns im Gemüt gemacht.

 

Dein Sehnen nach dem Himmel,

Es wird gestillt schon hier,

Nur liebe treu und glaube,

Und er, er kommt zu dir!

 

Theodor Drobisch

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85. Das wahre System

 

Eh` die Spinne aus sich selber

Spinnet ihre kleine Welt,

Spähet sie nach einem Punkte,

Der sie trägt und der sie hält. –

 

Denker! ehe du entspinnest

Dein System mit reger Hast,

Bitte Gott, dass seine Rechte

Deines Fadens Ende fasst.

 

Friedrich Bausbak

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86. Rechte Wahl

 

Zu einem Ziele muss der Blick sich heben,

Soll er nicht irrend durch ein Chaos schweifen;

Ein heil`ger Grundton muss das Herz durchbeben,

Sonst möcht` es nimmer Harmonie begreifen.

 

Dann wird die Saat zur frohen Ernte reifen,

Glänzt solch ein Stern, klingt solch ein Ton im Leben,

Dann ringt der Mensch mit heilig-hohem Streben,

Ob auch des Schicksals Pfeile hart ihn streifen,

 

Ob täuschend schmeichelt Klang und Schein der Sinnen. –

Drum prüfe wohl, was dir das Höchste dünket,

Dass nicht Unwürdiges dein Endpunkt werde!

 

Strebst du, was ewig ist, dir zu gewinnen,

Dann fasse Mut, selbst wenn die Hoffnung sinket:

Dein Ziel ist sicher, hat`s auch nicht die Erde!

 

Elise Ehrhardt

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87. Königin der Schmerzen

 

Wenn du am Schmerzenslager kniest

Dess, der dir lieber als dein Leben,

Und mit gebroch`nem Herzen siehst

Dir jeden Hoffnungsstrahl entschweben; -

Dann denke, was sie hat getragen,

Die an dem Fuß des Kreuzes stand,

Als man den Sohn daran geschlagen, -

Was sie – die Mutter – da empfand!

 

Wenn deine Tränen und dein Fleh`n

Das kalte Antlitz nicht erwarmen

Und du das Aug` musst brechen seh`n

Vor deinem Aug`, in deinen Armen; -

Dann denke, was sie hat empfunden,

Als man in ihren Schoß gelegt

Den Leib des Herrn voll Blut und Wunden,

Und sieh` die Mutter, die ihn trägt!

 

Wenn jeder Hammerschlag durchdringt,

Da man des Sarges Deckel schließt,

Dein Herz, das mit Verzweiflung ringt,

Nun dich kein einz`ger Blick mehr grüßt; -

Dann denke, wie ihr Herz geschlagen,

Als mit dem Stein man zugebaut

Das Grab, dahin man ihn getragen,

Und sieh` die Mutter, die es schaut!

 

Denkst du an sie, so wird sie denken

Gewiss an dich und deinen Schmerz

Und wundersamen Frieden schenken

Lind in dein armes, wundes Herz. –

Nicht wahr? Wer selbst so heiß gerungen,

Den jammert tief das fremde Leid;

Wem selbst das Schwert ins Herz gedrungen,

Der ist zum Heilen gern bereit.

 

O darum, ihr betrübten Herzen,

Kommet, schart euch um des Kreuzes Fuß,

Und ihr, der Königin der Schmerzen,

Bringt demutsvollen Kindergruß! –

O glaubt es, wer in Weh und Bangen

Zu ihr am Fuß des Kreuzes trat,

Der ist noch niemals fortgegangen,

Dass er nicht Trost gefunden hat!

 

Cordula Wöhler

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88. Glückwunsch

 

Zum Namensfest wünsch ich, o Mutter, dir,

Dass alle, so dich als Mutter schon ehren,

Die Andacht und Lieb` zu dir immer noch mehren;

Die aber von dir sich losgerissen,

Sich an dein Mutterherz wiederum schließen,

Und dass, die von dir, o Maria, nichts wissen,

Dich balde freudig als Mutter begrüßen;

Dass endlich dein Name das Erdenrund durchhalle,

Von der Erde hinauf bis zum Himmel erschalle:

Dass durch dich, o Mutter, dein Sohn sei gepriesen,

Ehr` sei dem Vater und Geiste erwiesen!

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89. Mariä Namen

 

Wie Liederschall und Festgesang,

Wie Orgelton und Glockenklang,

Wie Harfenspiel im Engelchor

Dein Name tönet jedem Ohr:

Maria, Maria, Maria!

 

Es duftet wie ein Blütenhain,

Erquickt wie süßer Honigseim,

Strahlt Trost und Freude uns ins Herz,

Heilt alle Wunden, jeden Schmerz:

Maria, Maria, Maria!

 

Ja, von dem ganzen Weltenall,

Vom Himmel und der Erd` zumal

Bist du geehrt, gebenedeit

Jetzt und in alle Ewigkeit:

Maria, Maria, Maria!

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90. Mariä Geburt

 

O großer Tag, o wunderbare Stunde,

O großes, heil`ges, segensreiches Jahr;

Als dich zum Heil dem ganzen Erdenrunde

Die liebe Mutter Anna uns gebar;

Als deine Gegenwart sie konnt` genießen

Mit ihrem frommen Gatten Joachim;

Als sie dich in die Arme konnte schließen

Und dich als Gottesgabe reichen ihm!

 

Es sahen auch auf dich die Engel alle,

Auf dich, o Jungfrau, die der Gnade voll,

Die aus dem schweren, tiefen Falle

Die arme Menschheit retten soll.

Es wussten ja die Engel seit Äonen,

Dass sie bestimmt, die kleine holde Maid,

Als Herrscherin im Himmel hoch zu thronen,

Als ihre süße Königin in Ewigkeit.

 

Du süßes Kind, zum Heil der Welt erkoren!

Wir rufen dir mit voller Inbrunst zu:

Als Kindlein ward`st du auch für uns geboren,

Und uns`re Mutter ward`st am Kreuze du!

Du bist der Stern, der auch für uns ist aufgegangen,

Als du geboren ward`st zu Nazareth!

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91. Die Welt

 

Die Welt dem flücht`gen Schatten gleicht,

Dem Gaste, der zur Nacht entweicht;

Sie gleicht dem schönen Traumgesichte,

Das uns verlässt beim Morgenlichte.

 

Schenk nicht dein Herz der jungen Braut,

Die dir so hold ins Auge schaut –

Sie ist noch niemand treu geblieben:

Gott sei dein Leben und dein Lieben!

 

Hoffmann von Fallersleben

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92. In Einem - Alles

 

Die höchste Weisheit: sich dem Herrn ergeben,

Der größte Reichtum: seiner Gnade Schein,

Das höchste Ziel: sein himmlisch selig Leben,

Der beste Wunsch: ewig bei ihm zu sein!

 

Der höchste Ruhm: für seine Ehre streiten,

Die größte Tat: nach seinem Willen tun,

Die höchste Ehre: seinetwillen leiden,

Das höchste Glück: in seiner Liebe ruhn!

 

Der schönste Tod: für ihn zum Tode gehen,

Der beste Trost: auf seine Gnade baun,

Die reichste Hoffnung: durch ihn auferstehen,

Die höchste Seligkeit: ihn ewig schaun!

 

Georg Christian Dieffenbach

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93. An Maria, die Zuflucht der Sünder

 

Öffne deinen Mutterarm,

O Maria, vielgetreue,

Unsern Schmerzen, unserm Harm!

Höre Jungfrau uns`re Reue;

Flehe Mutter zu dem Sohne,

Dass er gnädig uns verschone!

 

Die den Heiland nie verließ,

Stets im Herzen ihn getragen;

Mutter, die ein Schwert durchstieß,

Als sie ihn ans Kreuz geschlagen;

Mutter auf dem Himmelsthrone,

Bitt für uns zu deinem Sohne!

 

Du, der Sünder Hoffnungslicht,

Du, die Krone aller Frommen;

Mutter, ach verstoß uns nicht,

Die wir klagend zu dir kommen!

Lass uns weinen dir am Herzen,

Dir vertrauen uns`re Schmerzen!

 

Ach, wir haben freventlich

Lieb ihm oft versagt und Ehre;

Bitte ihn, wir bitten dich,

Dass sein Zorn uns nicht verzehre,

Wenn er kommt die Saat zu schneiden

Und die Frucht und Spreu zu scheiden!

 

Zieh die Sünder an dein Herz,

Lass in Liebe sie erwarmen!

Wahrer Reue bittrer Schmerz,

Deiner Liebe süß Erbarmen

Wird selbst Tote wieder wecken

Und mit Blüten neu bedecken.

 

Lockt der Sünde täuschend Lust,

Wolle du der Gnade Blüten,

Ruhend an der Mutter Brust,

O Maria, treu behüten:

Dass sie ewig blüh`n, die Frohen,

Die in deinen Schutz geflohen!

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94. Herz Mariä

 

Auf dem Erdenrunde

Nur ein Herz ich kenn,

Das mit freud`gem Munde

Jeder Zeit ich nenn.

 

Keines ist so milde,

Keines sanft wie dies;

Gottes heil`gem Bilde

Gleicht dies Herz gewiss.

 

Keins ist so gezieret

Mit der Demut Kleid,

Keines uns so führet

In der Seligkeit.

 

Keines ist so reine,

Gleich den Lilien weiß;

Keines, wenn ich weine,

So zu trösten weiß.

 

Keines liebt die Armen,

Wie dies reiche Herz,

Und hat so Erbarmen

Mit des Sünders Schmerz.

 

Soll dies Herz ich nennen,

Gottes höchste Freud?

Sollst dies Herz nicht kennen,

Kundbar weit und breit?

 

Mariä Herz ich meine,

Mariä Herz alleine,

Mariä Herz, das reine;

Kein and`res kann es sein!

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95. Königin der Engel

 

Salve, Königin der Engel,

Blick auf deine Kinderschar!

Salve, Lilie ohne Mängel,

Die den Heiland uns gebar!

Preist Maria, Cherubinen!

Lobt Maria, Seraphinen!

 

Flammt der Cherub auf dem Throne

In dem Strahlendiadem,

Trägst du eine schön`re Krone,

Holde Maid von Betlehem!

Preist Maria, Cherubinen!

Lobt Maria, Seraphinen!

 

Dir ist Gabriel erschienen;

„Ave!“ hat er süß gesagt.

Alle Himmelsfürsten dienen

Dir, der demutsvollen Magd.

Preist Maria, Cherubinen!

Lobt Maria, Seraphinen!

 

Gloria haben sie gesungen

Ob dem Stall in heil`ger Nacht,

Unzählbare Engelzungen,

Als beim Kindlein du gewacht.

Preist Maria, Cherubinen!

Lobt Maria, Seraphinen!

 

Engel haben dich begleitet

Hin zu Gottes höchstem Thron,

Wo dir ward ein Sitz bereitet

Neben dem geliebten Sohn.

Preist Maria, Cherubinen!

Lobt Maria, Seraphinen!

 

Voller Schönheit, ohne Mängel

Warst erwählt von Anbeginn;

Darum rufen tausend Engel:

Salve, uns`re Königin!

Preist Maria, Cherubinen!

Lobt Maria, Seraphinen!

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96. Ave maris stella!

 

(Maria Schnee)

 

Meerstern, ich dich grüße,

Gottesmutter süße,

Allzeit Jungfrau reine,

Himmelspfort` alleine!

 

Nimm die frohe Kunde

Aus des Engels Munde,

Frieden uns gewähre,

Evas Nam` umkehre!

 

Lös das Band der Sünden,

Bringe Licht den Blinden,

Fern halt alles Wehe,

Reiche Gnad` erflehe!

 

Dich als Mutter zeige,

Dass zu uns sich neige,

Der für uns auf Erden

Dein Sohn wollte werden!

 

Jungfrau auserkoren,

Mild und rein geboren,

Uns von Schuld befreie,

Keuschheit uns verleihe!

 

Gib ein reines Leben,

Mach den Weg uns eben,

Dass in Himmelshöhen

Froh wir Jesum sehen!

 

Vater! ich dich ehre,

Christi Lob ich mehre,

Beider Geist ich preise,

Drei auf gleiche Weise.

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97. Das heilige Scapulier

 

Von Maria ausgegeben,

Heil`ges Scapulier,

Ja, dich halten wir im Leben

Hoch als Sieg`spanier!

Weil sie selbst mit eig`nem Munde

Es verhieß der Welt:

„Keine Seele geht zugrunde,

Die mein Kleid behält.“

 

Kleid aus uns`rer Mutter Händen,

Ihrer Kinder Zier;

Niemals soll die Liebe enden

Zwischen uns und ihr!

Darum tragen wir als Zeichen

Dich bei Tag und Nacht

Von dem Bund, dem gnadenreichen,

Der mit ihr gemacht.

 

Doch, wie könntest würdig liegen

Du auf einer Brust,

Die da trinkt in vollen Zügen

Eitle Erdenlust?

Nein, du bist das Scheidungszeichen,

Das uns ewig trennt

Von der Welt und ihresgleichen,

Wo man Gott nicht kennt.

 

Darum müssen Herz und Leben

Stimmen zu dem Kleid,

Das Mariens Hand gegeben

Ihren Kindern heut`;

Denn nur denen ist verheißen,

Die da folgen ihr,

Dass der Hölle sie entreißen

Wird das Scapulier.

 

O Maria, unser Leben,

Uns`re Liebe du!

Hast du uns dein Kleid gegeben,

Schenkst uns auch dazu

Noch ein Herz, das gleich dem deinen

Dieser Erde fern,

Das im Großen wie im Kleinen

Treu` von dir nur lern`.

 

Kleide es mit deiner Milde,

Deiner Liebe Glanz,

Schmücke es nach deinem Bilde

Mit der Unschuld Kranz!

Deine Armut, dein Entsagen

Hülle ganz es ein;

Deine Demut mög` es tragen

Stets als Edelstein!

 

Lass uns ganz mit dir bekleidet

Geh`n zu dessen Thron,

Der da unter Lilien weidet,

Er, dein Gott und Sohn!

Ob die Menge uns`rer Sünden

Auch um Rache schreit, -

Herr, wir werden Gnaden finden

In der Mutter Kleid!

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98. Der glorreiche Rosenkranz

 

I. Geheimnis

 

Jericho- oder Auferstehungsrose

 

Ihr Frauen auf nächtlichen Pfaden.

Mit Spezereien beladen,

Ihr eilet zum Quell aller Gnaden!

 

Die Sonne geht auf und – o bebet –

Der Stein von dem Grabe sich hebet,

Und Gott, euer Jesus, er lebet!

 

Ihr wollet ihn einbalsamieren,

Um ihn noch im Tode zu zieren,

Nun sollt ihr ihn gänzlich verlieren;

 

Denn öde und leer ist die Stätte,

Wo er in dem felsigen Bette

Im Tode zu ruhen nun hätte.

 

Der Engel gibt euch davon Kunde,

Doch heilt nicht die schmerzliche Wunde

Die Nachricht aus englischem Munde.

 

Ihr möchtet ihn selbst gerne haben,

Den trauernd ihr hier einst begraben;

Nichts kann außer ihm euch ja laben.

 

Geduldet, er kommet, er kommet;

Er weiß, was das Warten euch frommet;

 

Er ruft euch zum ewigen Leben,

Wenn alle vom Grab` sich erheben!

 

II. Geheimnis

 

Sonnen- oder Goldrose

 

Seh`t, der Himmel sich nun öffnet,

Seinen König einzulassen!

Könnt` ich dich bei deinem Saume

Goldumkränzte Wolke fassen!

 

Seh`t, wie leuchten seine Wunden!

Alles Leid ist nun verschwunden,

Aufwärts geht`s der Heimat zu!

 

Drunten die Apostel stehen,

Traurig auf zum Himmel sehen,

Der des Ew`gen Sohn verbirgt.

 

Sonnenstadt, in deinen Toren

Hab` ich meinen Gott verloren!

Engel, sagt: Wo find ich ihn?

 

Hochverkläret ihr ihn kennet,

Der Mariä Sohn sich nennet,

Der in Fleisch und Blut erschien.

 

Bittet ihn im Sternenglanze,

Dass im heiligen Rosenkranze

Ich sein Beispiel treu verehr`,

Und wenn einst der Auffahrt Stunde

Schlägt, er ew`gen Lohn gewähr`!

 

III. Geheimnis

 

Pfingstrose

 

Ganz erglüht von heil`ger Liebe

Zieh` mich Geist mit starkem Arm`;

Dass ich folgend höherm Triebe

Wird` für Gottes Sache warm!

 

Preisen ihn mit neuen Zungen

Will ich stets als Gotteskind;

Will, von seiner Gnad` durchdrungen,

Fortan göttlich sein gesinnt!

 

Feurig mal` ich seine Taten

Durch mein Leben eifrig aus;

Sammle durch des Geistes Saaten

Reiche Ernte in mein Haus,

 

Dass, wo immer ich seh` darben,

Was der Seele Nahrung schafft,

Überall ich streu` die Garben,

In des heil`gen Geistes Kraft.

 

Gott geschenkt sei all mein Streben,

Ganz mein Dasein hingegeben,

Bis der Tod hinweg mich rafft!

 

IV. Geheimnis

 

Herbstrose

 

Man fand einst nur Lilien und Rosen,

Maria, wohl in deinem Sarg;

Doch du, du wardst nirgends gefunden! –

Was ist es, das dich uns verbarg?

 

Der Himmel ist`s, der dich verbirgt;

Dort thronst du in strahlender Pracht,

Dort wirst du von seligen Geistern

Mit Augen der Liebe bewacht;

 

Es dienen dir Engel voll Freude,

Nachdem du dem Tod obgesiegt.

Die Magd ist erhöht nun zum Lohne,

Die hier sich in Demut geschmiegt.

 

Du süße, du wonnige Rose,

Du zarte, du himmlische Braut!

Du wirst jetzt im Reiche der Himmel

Von deinen Verehrern geschaut,

 

Die hier deinen Kranz sich erwählten

Zum täglichen Wonnegenuss,

Andächtig so oft dich begrüßten

Mit gnadenvoll englischem Gruß!

 

V. Geheimnis

 

Königsrose

 

Schönste Rose, Königin

Des geheimnisvollen Kranzes,

Nimm mein ganzes Herze hin!

Blume voll des Himmelsglanzes

 

Netze mich mit deinem Tau,

Hilf durch seinen Strahlenglanz

Mir die Seligkeit erwerben,

 

Dass er mir die Rettung schafft

In des Lebens Sturm und Wogen,

Dass mein Anker durch die Kraft

Dieser Kette werd` gezogen;

 

Dass der Kranz so perlenreich

Als geheimnisvolle Krone

Schmücke mich im Himmelreich,

Königin, vor deinem Throne!

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99. Magnificat

 

Hoch meine Seele dem Höchsten lobsingt,

Jubelnd Frohlocken im Herzen ihm klingt;

 

Auf die bescheidene Magd hold er schaut,

Alle Geschlechter nun preisen mich laut.

 

Wahrlich, an mir hat Gott Großes vollbracht,

Dess` heiliger Name erglänzet mit Macht.

 

Seine Barmherzigkeit immerfort währt

Jedem Geschlechte, das fürchtend ihn ehrt.

 

Mächtiges wirkte die kräftige Hand,

Da sie zerstreute, so stolz sie erfand,

 

Könige stieß vom erhabenem Thron`,

Niedriger Demut verlieh eine Kron`.

 

Überfluss reich er den Dürftigen schenkt,

Aber des Reichen mit nichten er denkt;

 

Israel kor er zum teuersten Kind,

Dem zugesagt die Erbarmungen sind:

 

Alles was treu er den Vätern versprach,

 

Abraham und den Geschlechtern danach.

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100. Bitte an das Mutterherz

 

O allerreinstes Mutterherz,

Wie bist du doch so treu!

Du teilst der Menschheit Glück und Schmerz,

Wie wenn`s dein eigen sei.

Kaum sprach zu dir des Engels Mund

Von deiner Base Heil,

So stehst du auf zur selben Stund`;

Die Lieb` drängt dich zur Eil`,

Leiht dir Flügel; über Hügel,

Berg und Tal dein Fuß nun geht,

Um zu grüßen mit dem süßen

Segensgruß – Elisabeth.

 

Kaum hat sie deinen Gruß gehört,

Hüpft auf das Kind in ihr;

Sie aber schaut – vom Geist belehrt –

Den ew`gen Gott in dir.

„Gesegnet“ – ruft sie freuderfüllt –

„Aus allen Frauen du;

Gesegnet, was dein Leib umhüllt;

Gesegnet seine Ruh`!

Welche Ehre, dass die hehre

Mutter meines Herrn mir naht!

Hab`s verspüret, wie gerühret

Froh mein liebes Kind sich hat!“

 

„Und selig du, weil du geglaubt;

Sieh`, alles wird erfüllt! –

Du aber neigst das reinste Haupt,

Und deinem Mund entquillt

Das herrliche Magnificat,

Das schönste Lobgebet,

Was je ein Mund gesungen hat,

So lang` die Erde steht.

Hoch in Weisen will ich preisen

Den, der Großes tat an mir.

Meine Seele, sie erzähle

Sein Erbarmen für und für!“

 

O allerreinstes Mutterherz,

Wie bist du doch so treu!

Wie stehst du uns in Freud und Schmerz

So gnadenliebreich bei!

Das tust du uns noch heut;

Nimmst teil an unser`s Lebens Bahn,

Geh` sie durch Lieb`, durch Leid!

Ja, du eilest, dass du teilest

Freud` und Leid – nach Mutterbrauch –

Mit uns allen, und dein Wallen

Bring der Welt des Segens Hauch!

 

O allerreinstes Mutterherz;

Komm` auch in unser Haus;

Bring` Gnaden mit, heil` sanft den Schmerz,

Treib Not und Sorge aus!

Sieh`, jedes Herz schlägt froh bewegt,

Ziehst du zum Hause ein,

Wie einst Johannes sich geregt

Beim Ton der Stimme dein!

Wir empfangen durch dein Nahen

Die Gewährung jeder Bitt`;

Wo du weilest, o da teilest

Allen du den Himmel mit.

 

O allerreinstes Mutterherz,

Such ` heim uns jederzeit,

Und leit` uns mild durch Freud und Schmerz

Zum Heim der Ewigkeit!

Wenn dort das Herz einst Wohnung hat,

Macht jubelnd unser Mund

Im ewigen Magnificat

Des Herrn Erbarmen kund.

Herz der Milde, zum Gefilde

Sel`gen Heil`s führ` du uns ein! –

Dich zu lieben, hier und drüben,

Das soll uns`re Wonne sein!

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101. Mariä Heimsuchung

 

Maria ging hinaus

Zu Zachariä Haus;

Sie ging in aller Eil

Berg auf und ab viel Meil,

Nach Hebron in die Stadt,

Wo sie ihr Bäslein hat.

 

Sie ging alleine nicht,

Es ging St. Josef mit,

Sie trug auch Gottes Sohn

In ihres Herzens Thron;

Dazu ein` Engelschar

Unsichtbar bei ihr war.

 

Als sie zum Haus ausging,

Sie das Gebet anfing;

Zu Gott all Uhr und Stund

Hub sie ihr Herz und Mund;

Von Gott sie viel betracht`,

Bis sie die Reis` vollbracht.

 

Da nun die Jungfrau tät

Erseh`n Elisabeth,

Sie sich demütig neigt

Und ihr hoch` Ehr erzeigt,

Und grüßt das Bäslein sehr

Mit Reverenz und Ehr.

 

Elisabeth behend

Die Mutter Gottes kennt,

Empfing die Jungfrau zart,

Zugleich gesegnet ward

Ihr Kind, ward gnadenvoll,

Im Haus ward allen wohl.

 

O Haus, o Himmelreich,

Dem wahren Himmel gleich,

Du Haus der Himmel bist,

Darin Gott selber ist

Und alle Heiligkeit,

Was heilig weit und breit!

 

Ach komm`, o Jungfrau rein,

Auch in mein Herz hinein;

Bring` mir das höchste Gut,

Gott Sohn in Fleisch und Blut;

Und segne Seel` und Leib

Und ewig bei uns bleib!

Amen.

 

(Altes Wallfahrerlied aus „Katholische Kirchengesänge“ 1631)

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102. Himmelwärts!

 

Stell` himmelwärts, stell` himmelwärts,

Wie eine Sonnenuhr dein Herz!

Denn wo das Herz nach Gott gestellt,

Da geht es mit dem Schlag, da hält

Es jede Prob` in dieser Zeit,

Und hält sie in der Ewigkeit;

Es geht nicht vor, es geht nicht nach,

Es schlägt nicht stark, es schlägt nicht schwach,

Es bleibt sich gleich, geht wohlgemut

Bis zu dem letzten Stündlein gut;

Und steht`s dann still in seinem Lauf,

Zieht`s unser lieber Herrgott auf.

 

Friedrich Lehr

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103. Ermutigung

 

Kannst du gleich der Sonne nicht

Tausenden den Pfad erhellen,

Willst du deshalb scheu dein Licht

Einem Scheffel unterstellen?

 

Sieh, dies Lämpchen, dessen Schein

Kaum erhellt dein Kämmerlein,

Hat vielleicht schon dann und wann

Froh ein müder Wandersmann,

Der den rechten Pfad verloren,

Sich zum Leitstern auserkoren.

 

Drum verberge nicht dein Licht!

Leuchten ist auch dein Beruf,

Wenn dich auch als Sonne nicht

Gott in seiner Welt erschuf.

 

Julius Sturm

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104. Der leuchtende Christ

 

Der Christenglaube birgt sich nicht.

Er ist ein aufgestelltes Licht;

Er scheint und leuchtet um sich her,

Ein Leuchtturm auf dem dunklen Meer.

 

Man sieht bei einem Christenmann

Von außen schon das Innre an,

Was für ein Geist sein Herz belebt,

Das Element, worin er schwebt.

 

Es strahlt aus seiner Augen Blick

Die Freundlichkeit des Herrn zurück;

In seinem Angesichte flammt

Die Weisheit, die von oben stammt.

 

Ein herzlich unverstellt Gemüt,

Erbarmen, Liebe, Treu` und Güt`,

Des Gottesmannes sanfter Sinn

Ist all sein Wesen immerhin.

 

Durchdrungen von dem Lebens-Geist,

Der sich in Wort und Tat erweist,

Zeigt er beständig, was er ist:

Nach Christi Bild ein wahrer Christ.

 

Wie eine schöne Stadt erhöht

Auf einer Bergeskuppe steht,

Die ihre Pracht und Herrlichkeit

Von ferne zeiget, weit und breit:

 

So lässt er seinen Glauben sehn,

So sieht man ihn erhaben stehn;

Er ist ein allerleuchtend Licht,

Nur er – er selber sieht sich nicht.

 

Markus Adam Nickel

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105. Das Leben

 

Beklage nicht, dass deinem Leben

Der Herr nur kurze Frist gegeben,

Dem Traume gleich dein Dasein ist;

Zu bösen Taten wie zu guten

Brauchst du nur wenige Minuten –

Wie lang ist deines Lebens Frist!

 

Wie bei dem Vater aller Seelen

Jahrtausende nur Jahre zählen,

Zählt jeder Tag Jahrtausend dir;

In einem Tage so viel Gutes

Kannst du vollbringen frommen Mutes,

Als wärst du ein Jahrtausend hier!

 

Ludwig Kossarski

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106. Maria hilf!

 

Maria hilf! – so ruft die Schar

Der Christen heut und immerdar

In gläubig frommem Flehen.

Maria hilf in jeder Not;

Im Leben Hilf und Hilf im Tod

Lass deine Kinder sehen!

Eile, heile uns, die – lange

Schon im Drange

Heißer Schmerzen –

Flieh`n zu deinem Mutterherzen!

 

Maria hilf! wenn uns die Lust

Der Sünde lockt in eig`ner Brust,

Wenn schwach das Fleisch wir merken.

Hilf! wenn der Feind von außen naht

Und uns versucht mit bösem Rat

Zu Gott verbot`nen Werken!

Neige, zeige dann voll Milde

Dich im Bilde

Unserm Herzen,

Dass wir nie das Heil verscherzen!

 

Maria hilf! wenn schwach und krank

Wir seufzen in der Schmerzen Drang

Vom Abend bis zum Morgen.

Hilf! wenn im Hause weilt die Not

Und wir mit Tränen für das Brot

Des Tages müssen sorgen.

Wende, ende dann die Leiden!

Lass mit Freuden

Es uns sehen,

Dass wir nicht vergebens flehen!

 

Maria hilf! in einer Zeit,

Wo tausend Feinde steh`n bereit,

Die Kirche zu berauben,

Wo man des Priesters Macht verkennt,

Die Schule von der Kirche trennt,

Der Jugend nimmt den Glauben.

Rühre, führe du die Seelen,

Dass sie wählen

Jene Krone,

Die dem Glauben wird zum Lohne!

 

Maria hilf! wenn es geschah,

Dass die uns steh`n in Liebe nah,

Geh`n auf verkehrten Pfaden;

Wenn sie, die Gott einst Treu` gelobt,

Den schlimmsten Schiffbruch schon erprobt,

Verloren Heil und Gnaden.

Gehe, flehe dann am Throne

Bei dem Sohne

Für die Armen,

Bis sein Herz sich muss erbarmen!

 

Maria hilf! ihm, der da führt

Den Hirtenstab, der treu regiert

Jetzt deines Sohnes Herde;

Hilf unser`m heil`gen Vater doch,

Dass für die blinde Welt er noch

Ein „Licht vom Himmel“ werde!

Stütze, schütze du sein Leben,

Wollst ihm geben

Sieg und Segen,

Bis kein Feind ihm mehr entgegen!

 

Maria hilf! wenn still sich neigt

Der Tag und jene Nacht sich zeigt,

In der wir schlafen gehen.

O hilf, wenn unser Auge bricht

Und wir mit Kindeszuversicht

Zu deiner Milde flehen!

Schenke, senke dann den Frieden

Bangen Herzen;

Tröst` uns du in Todesschmerzen!

 

Maria hilf! So rufen wir

An jedem Tage auf zu dir.

Und wissen uns geborgen,

Weil deine Hilfe immer währt

Und deine Huld sich nimmer kehrt

Von uns in treuem Sorgen.

Droben loben Himmelschöre

Dich, und Ehre

Soll auf Erden,

O Maria hilf! dir werden!

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107. Der Maienkönigin

 

Nun huldigt alles dir, der Süßen,

Als wie im liebevollen Streit;

Die kleinen Knospen, die dich grüßen,

Sind schon im Keime dir geweiht.

Es dränget sich zu deinem Throne

Der Blütenschmuck von Feld und Au;

Es glänzt in deiner Himmelskrone

Der frühlingsfrische Morgentau,

Maienkönigin!

 

Die zarten Vogelkehlen singen

Dir schmetternd ihren frühen Gruß;

Die losgebund`nen Quellen springen

Und netzen zärtlich dir den Fuß.

Die Bäume streu`n dir Blüten nieder

Und senden Düfte himmelwärts.

Ich bring dir nichts als arme Lieder

Und nur ein kindlich armes Herz,

Maienkönigin!

 

Du bist für mich das Lenzentzücken

Wie Frühlingssonne bist du mild;

In alle Herzen möcht` ich drücken

Dein wundervolles Mutterbild.

Ich trage dieses Bild im Herzen,

Mit Wonne überflutet`s mich;

Bei dir vergess ich meine Schmerzen,

Ich lieb` dich,

Maienkönigin!

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108. Marien-Monat

 

Maiglöcklein! läut es hell hinaus,

Mit süßem Duft von Haus zu Haus

Trag hin die frohe Kunde:

„Lenz ward es in der Runde.“

Ihr Vöglein alle kommt zu Hauf`,

Ihr Blümlein alle, blühet auf;

Ihr Quellen und ihr Flüsse,

Eilt, bringt uns Lenzesgrüße!

Blick` Sonne von des Himmels Höhe

Hernieder, leuchtend, hell und schön,

Dass uns`re Welt, die arme,

An deinem Strahl erwarme! –

Wach auf du schlummernd Menschenherz!

Für dich auch kann`s trotz Leid und Schmerz

Auf dieser kalten Erden

Noch einmal Frühling werden.

Bleicht auch dein Haupt des Winters Schnee,

Erstarrte, wie im Frost, in Weh`

Dein Herz, in Nacht und Sünde,

Hör` an, was ich dir künde:

Mai ist es jetzt und fröhlich sind

Die Herzen alle. - - Menschenkind!

Sieh`, allwärts mag sich`s regen

Von reichem Frühlingssegen. –

Du weißt es ja und jeder weiß,

Zu wessen Ehre, Ruhm und Preis

Die Maienglöcklein läuten

Jetzt und zu allen Zeiten;

Wem sie wohl jubeln, fein und zart,

Die Vöglein all` nach ihrer Art;

Wem duftend sie erglühen

Die Blumen, die da blühen;

Wem heut sie leuchten, licht und schön,

Sonn`, Mond und Stern auf Himmelshöh`n,

Und wen` sie flüsternd grüßen

Die Wellen, die da fließen.

Weißt wem, so weit der Himmel blaut,

Man heute Prachtaltäre baut,

Wem tausend Kerzen brennen, –

Wen tausend Lippen nennen? –

Vom Dörfchen bis zum hohen Rom,

Vom Kirchlein bis zum stolzen Dom

In tausendfachen Weisen

Hörst du sie heute preisen:

Maria! Maienkönigin!

Der Welt und Engel Herrscherin,

Du Holde, Wundersüße,

Dir gelten uns`re Grüße!

Wohlan, was zögerst du so lang?

Was harrst, o Menschenherz, so bang,

Wo du schon ohn` Verweilen

Zu ihr doch solltest eilen?

Geh` hin und ruf` trotz Leid und Wahn

Vertraulich ihren Namen an;

Ihr kannst du alles sagen –

Dein Weh. Ihr kannst du`s klagen. –

Geh` hin, wirf dich in Lieb` und Reu`

Zu ihren Füßen heut aufs neu,

Bitt sie, dich rein zu baden

Im Wunderquell der Gnaden.

Dann öffne ihr das Herze weit

Der Königin der Herrlichkeit,

In Liebe sie zu schauen

Die Herrscherin der Frauen,

Die Bittende vor Gottes Thron,

Die Mittlerin bei ihrem Sohn,

Dass sie zu dir sich wende,

Dir ihren Segen spende.

O! dann wird froh in deiner Brust

Auch Lenzesodem, Lenzeslust –

Nach Frost und Nacht sich regen

Mit tausendfachem Segen.

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109. Wollen und Sollen

 

Ich will! das Wort ist mächtig;

Ich soll! das Wort wiegt schwer!

Das eine spricht der Diener,

Das andre spricht der Herr. –

Lass beide Eins dir werden

Im Herzen ohne Groll;

Es gibt kein Glück auf Erden

Als wollen, was man soll!

 

Friedrich Halm

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110. Treue

 

Was in dir wachsen soll, ist Treue.

Den Samen hat der Herr gestreut;

Und über ihm in milder Bläue

Die Sonne der Gerechtigkeit,

Und Lieb und Gnade und Erbarmen

Entfalten wunderbar den Kern:

So musst du werden, so erwarmen,

Was in dir ist, das ist des Herrn!

 

Ludwig Giesebrecht

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Heiliger Antonius, bitte für uns!

 

111. Pflichttreue

 

Sei treu in der Pflicht!

Dein Ziel nie zu verfehlen,

Musst du sie früh zur Führerin erwählen;

In Mitternacht strahlt sie wie Morgenlicht:

Sei treu in der Pflicht!

 

Sei treu in der Pflicht!

Sollst du ihr Opfer bringen,

So säume nicht, dich mutig zu bezwingen;

Verschmäh` den Preis, den dir die Welt verspricht:

Sei treu in der Pflicht!

 

Sei treu in der Pflicht!

Lass die Verleumdung zischen,

Und Wermut dir in deine Freude mischen;

Die Rattenbrut stört dein Bewusstsein nicht:

Sei treu in der Pflicht!

 

Sei treu in der Pflicht!

Wohl hat die Tugend Feinde;

Doch zählt sie auch noch viele edle Freunde,

Und Gottes Schutz bleibt ihre Zuversicht:

Sei treu in der Pflicht!

 

Sei treu in der Pflicht!

Schau zu den Himmelssternen!

Dort glänzt der Lohn in ungemessnen Fernen,

Wenn hier dein Herz bei ihrer Übung bricht:

Sei treu in der Pflicht!

 

Ch. Ch. Hohlfeld

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112. Wirkungen

 

Tugend lohnt, Großmut schont.

Hochmut wähnt, Trägheit gähnt.

Ehre stützt, Klugheit nützt.

Demut glaubt, Bosheit raubt.

Arbeit schenkt, Weisheit denkt.

Freundschaft herzt, Feindschaft schmerzt.

Frohsinn lacht, Argwohn wacht.

Güte gibt, Mitleid liebt.

Unschuld traut, Vorsicht schaut.

Reichtum scheint, Armut weint.

Freude küsst, Sehnsucht misst.

Ruhe träumt, Ordnung räumt.

Leichtsinn springt, Starrsinn zwingt.

Unmut zehrt, Sorge wehrt.

Kühnheit wagt, Feigheit zagt.

Ruhmsucht kämpft, Friede dämpft.

Treue währt, Liebe nährt.

Hoffnung spricht: „Lass mich nicht!“

 

Sophie Richard-Schilling

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113. Vor dem Bild „Maria vom guten Rat“

 

Wie irrt das Menschenkind im Leben

Gar oft so ratlos hin und her:

„Kann keiner guten Rat mir geben?

Mein Aug` ist trüb, mein Herz ist schwer!

Ich weiß den Ausweg nicht zu finden

In diesem Irrgang auf der Welt;

Das Rechte möchte ich gern ergründen

Und dass die Seele Licht erhält: -

Wo find ich Rat und guten Rat?“

 

Fragst du so, arme Menschenseele?

O such` da bei der Erde nicht!

Nein, lieber dir den Himmel wähle,

Denn nur vom Himmel kommt das Licht!

Sieh` dieses Antlitz lichtumflossen,

Frag diesen Mund, er rät dir gern!

Es ist die Mutter, der entsprossen:

Erkenntnis, Weisheit, Furcht des Herrn;

Maria ist`s vom guten Rat.

 

Sie trägt auf ihren Mutterarmen

Die ew`ge Weisheit, Gott das Wort,

Und dieses bietet voll Erbarmen

Sie allen Menschen fort und fort;

Nicht einen will sie ausgeschlossen,

Der selber nicht sein Herz verschließt;

Ja jedem hat sich Licht ergossen,

Der gläubig nur und kindlich grüßt

Maria stets vom guten Rat.

 

Wenn du in Not, - sie rät dir beten,

Und wenn im Glück – dir Demut an;

Auf ihren Rat wirst du betreten

Den rechten Weg, des Heiles Bahn.

Wirst du geschmäht, sie rät dir schweigen,

Wie sie, die stille Magd des Herrn; -

Sie rät dir unter`s Kreuz dich beugen

Sanft und geduldig, still und Gern;

O Seele, folg` dem guten Rat!

 

Wenn du in allen Lebenslagen

Zu dieser Mutter gehst um Rat,

So wirst du stets voll Freude sagen,

Wie recht sie es getroffen hat.

Frag` nicht dein Herz, - denn dieses möchte,

Dass bald es dich in Irrtum brächte

Durch Eigensinn und Eigenlieb`;

Maria frag um guten Rat!

 

Sie ist die Eine, - voll der Gnaden,

Ist Mutter, Mittlerin der Welt,

Sie ist von Gott auf dunklen Pfaden

Als lichter Stern für uns gestellt;

Der Leuchtturm, der im Lebensmeere

Uns armen Schiffern weist zum Port.

Nur diese frag`, auf diese höre,

Dann fährst du wohl; - für hier und dort

Maria nur hat guten Rat!

 

O Mutter mit dem Himmelskinde,

Zu deinen Füßen sieh` mich hier;

Weil nirgends rechten Rat ich finde,

So such` ich einzig ihn bei dir!

Rat` mir im Leben wie im Sterben,

In Lieb und Leid, in Glück und Schmerz,

So wird` ich einst den Himmel erben,

Wo ewig preisen soll mein Herz

Maria dich vom guten Rat!

 

Cordula Wöhler

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114. Osterlied zu Maria

 

Freu` dich, du Himmelskönigin!

Freu` dich, das Leid ist alles hin,

 

O trockne nun die Tränen ab;

Dein Sohn besiegte Tod und Grab.

 

Den du, o Mutter, sehr beklagt,

Erstand, wie er hat vorgesagt.

 

Für alle Schmach und bittres Leid

Ist Freude jetzt und Süßigkeit.

 

Dein Sohn im Garten schwitzte Blut;

Sein Blut ist Balsam, köstlich` Gut.

 

Sein Leib zerschlagen und entehrt

Ist jetzt im Himmelsglanz verklärt.

 

Sein blutig Haupt und Angesicht

Erglänzt jetzt wie der Sonne Licht.

 

Die Dörner, Rohr und Purpurkleid

Jetzt Perlen, Gold und Herrlichkeit;

 

Das Kreuz, der Speer, das Marterzeug,

Jetzt Krone, Palm` und Ehrenzweig.

 

Der Trank, der Essig und die Gall,

Wie sind sie süß jetzt allzumal!

 

Drum freu` dich, Himmelskönigin,

Bei Gott sei uns`re Mittlerin!

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115. Regina coeli laetare!

 

Halbverfallen die Capelle

Einsam dort am Wege steht,

An den moosergrauten Mauern

Lispelnd es durch Efeu weht.

 

Horch! so leise dringen Klänge

Aus dem stillen Raum hervor;

Lauter klingt`s in sanfter Rührung,

Wie ein Lied vom Geisterchor:

 

„Freu` dich, o Himmelskönigin! Alleluja!

Den du zu tragen, o Maria,

Verdienet hier auf Erden hast, Alleluja!

Der ist erstanden, o Maria,

Vom Tode aus des Grabes Rast, Alleluja!

O bitt` für uns, Vermittlerin!

Frohlocke Himmelskönigin!

Ihn drückt nicht mehr des Todes Last! Alleluja!“

 

Himmlisch drang es durch die Seele,

Als dem Ort man näher war;

Aus dem Muttergotteskirchlein –

Betend zog die Wallerschar.

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116. Stabat mater dolorosa

 

Christi Mutter stand mit Schmerzen

Bei dem Kreuz und weint von Herzen,

Als ihr lieber Sohn da hing.

Durch die Seele voller Trauer,

Seufzend unter Todesschauer,

Jetzt das Schwert des Leidens ging.

 

Welch ein Schmerz der Auserkor`nen,

Da sie sah den Eingebornen,

Wie er mit dem Tode rang!

Angst und Trauer, Qual und Bangen,

Alles Leid hielt sie umfangen,

Das nur je ein Herz durchdrang.

 

Ist der Mensch auf dieser Erden,

Der nicht muss erschüttert werden,

Wenn er Christi Mutter denkt:

Wie sie ganz von Weh zerschlagen

Da steht bleich, ohn` alles klagen,

Nur ins Leid des Sohn`s versenkt?

 

Ach, für seiner Brüder Schulden

Sah sie ihn die Marter dulden:

Geißeln, Dornen, Spott und Hohn;

Sah ihn trostlos und verlassen,

An dem blut`gen Kreuz erblassen

Ihren lieben, einz`gen Sohn!

 

O du Mutter, Quell` der Liebe,

Mich erfüll` mit gleichem Triebe,

Dass ich fühl` die Schmerzen dein;

Dass in Leid mein Herz entzündet,

Sich mit deiner Lieb` verbindet,

Um zu lieben Gott allein!

 

Drücke deines Sohnes Wunden,

So wie du sie selbst empfunden,

Heil`ge Mutter, in mein Herz:

Dass ich weiß, was ich verschuldet,

Was dein Sohn für mich erduldet;

Gib mir Teil an seinem Schmerz!

 

Lass mich wahrhaft mit dir weinen,

Ganz mit Christi Leid vereinen,

Ja, so lang mein Leben währt!

An dem Kreuz mit dir zu stehen,

Unverwandt hinauf zu sehen,

Ist, wonach mein Herz begehrt.

 

O du Jungfrau der Jungfrauen,

Wollst in Liebe mich anschauen,

Dass ich teile deinen Schmerz;

Dass ich Christi Tod und Leiden,

Marter, Angst und bitt`res Scheiden

Fühle, wie dein Mutterherz!

 

Lass mich mit ihm geißeln, schlagen,

Spott und Kreuz und Wunden tragen,

Ihm in allem folgen nach;

Dass durch deine Lieb` und Treue

Er mir ewig Gnad` verleihe

An dem schweren Richtertag!

 

Mach, dass mich sein Kreuz bewache,

Dass sein Tod mich lebend mache,

Mich erwärm` sein Gnadenlicht;

Dass die Seele frei mög` fahren

Zu den lichten Himmelsscharen,

Wann mein sterbend Auge bricht!

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117. Ja und Nein

 

Ein kräftig Ja, ein freundlich Nein

Wird stets, o Mensch! dir heilsam sein;

Ein kräftig Ja, ein freundlich Nein

Macht dich beliebt bei Groß und Klein,

Weil kräftig Ja und freundlich Nein

Nur der spricht, dessen Herz ist rein,

Und kräftig Ja und freundlich Nein

Dem braven Mann stärkt Mark und Bein.

Ein kräftig Ja, ein freundlich Nein

So Mann als Weibe stehet fein.

Spricht kräftig Ja und freundlich Nein

Der Mann, so will ich prophezein:

Sein kräftig Ja, sein freundlich Nein

Muss Feinde noch wie Freund` erfreun;

Denn kräftig Ja und freundlich Nein

Den Mann zum Manne weihet ein,

Und kräftig Ja und freundlich Nein

Macht Treu` und Glauben allgemein.

Geht kräftig Ja und freundlich Nein

Dem Weibe über Tändelei`n;

Ist kräftig Ja und freundlich Nein

Ihr Wort, und hasst sie, was den Schein

Von kräftig Ja und freundlich Nein

Nicht hat: so schwind`t des Mannes Pein

Vor kräftig Ja und freundlich Nein

Hinweg wie Nacht vor Sonnenschein.

Ein kräftig Ja, ein freundlich Nein

Vom alten Mann ist alter Wein;

Ein kräftig Ja, ein freundlich Nein

Die Jugend ziert wie Edelstein.

Ein kräftig Ja, ein freundlich Nein

Lass` deinem Freund oft angedeihn!

Und kräftig Ja nur, freundlich Nein

Sprich du, wenn Böse nach dir spei`n!

Ein kräftig Ja und freundlich Nein

Empfahl auch Er, der uns allein

Durch kräftig Ja und freundlich Nein

Zu Wahrheitsfreunden wollte weihn.

Kurz, kräftig Ja und freundlich Nein

Wird dir und mir stets heilsam sein!

 

Ulrich Hegner

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118. Maria auf Golgatha

 

Es schweigt die Nacht auf Golgatha,

Schwarz zieht die Wolkenschar vorüber;

Natur erzählt, was hier geschah,

Der Himmel wölkt sich trüb und trüber.

Dort von des Schmerzes Schwert durchbohrt,

Schmiegt an das Kreuz Maria sich;

Dort oben starb der Menschheit Hort,

Das schönste Licht der Welt verblich!

 

Was wogt in ihrer treuen Brust,

Was senkt die tiefbetrübten Blicke?

Vorbei ist ihres Lebens Lust,

Und trauernd schaut sie jetzt zurücke.

Sie sieht den Knaben zart und jung,

In Bethlehem, so hold und lieb;

Wie süß zwar solch Erinnerung,

Von oben schwebt, was von ihm blieb.

 

Sie hört ihn in der Davidstadt

Judäas Söhne mild belehren;

Sieht, wie durch seine Liebestat

Sich Tausende zu Gott bekehren.

Sie schaut des Lebens Leid verweht,

Durch seines Wortes Ruf geheilt;

Doch jetzt sie unterm Kreuze steht,

Indes  zum Vater er geeilt.

 

Sie schaut ihn von der Heidenschar

Gelästert, ausgespottet, dulden.

Wie durch sein blutgetränktes Haar

Die Krone dringt – für unsre Schulden!

Sie sieht auf seinen Schultern dann

Des Kreuzes Last. – Ein jeder Schritt

Ist Todesqual dem Gottesmann,

Der dort für alle, alle litt.

 

Doch jetzt! Sie hebt ihr Auge nun

Zu ihm empor wohl ohne Klagen;

Wie jetzt auf ihm die Blicke ruh`n!

Fast möchten sie vom Glücke sagen.

Sie sieht ihn an des Vaters Thron

Für alle Erdenkinder fleh`n;

Fleht selbst zu ihm: „O lass, mein Sohn,

Gerettet all` einst aufersteh`n!“

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119. Marienklage

 

(Nach dem Lateinischen von K. Simrock)

 

In wie bittern

Qualen zittern

Muss der Mutter Herz voll Huld,

Da den süßen

Sohn sie büßen

Sieht am Kreuz der Menschen Schuld!

 

O das lichte

Angesichte,

Wie so bleich ist jetzt sein Schein!

Sie zerbrachen,

Sie durchstachen,

Sohn, dein blutend Fleisch und Bein.

 

Wie viel schwerer

Marter, Hehrer,

Dir zerriss den schönen Leib,

So viel herbe

Schmerzen erbe

Von dem Sohn ich armes Weib.

 

Sprachlos stand sie,

Hände wand sie,

Seufzt und ächzt in heißer Qual;

Schmerz durchwühlte,

Liebe fühlte

Die erhab`ne Frau zumal.

 

Werft euch nieder

Gläub`ge Brüder,

Klaget mit mir um den Sohn;

Seht, entflohen

Ist des Hohen,

Des Gesalbten Leben schon!

 

Seht, als bleiche,

Kalte Leiche

Liegt er in das Grab gesenkt,

Der das Leben

Uns gegeben,

Der uns Kraft und Wärme schenkt.

 

Himmel fließe,

Erd` ergieße

Zährenbäche um mein Kind!

Mir versiegen,

Trocken liegen

Mir die Augen tränenblind.

 

Ach, mir schwellen,

Meereswellen

Gleich, die Qualen Tag für Tag;

Denn sie haben,

Kind, begraben

Dich in diesem wilden Hag.

 

Wascht die Glieder,

Augenlider,

Ihm mit heißen Tränen rein;

Senkt den teuren,

Senket euren

Gott dann in die Herzen ein!

 

Nicht im Grabe,

Nein, er habe

Seinen Sitz in Erdens Lust:

In den Herzen

Mitleidsschmerzen

Danket ihm aus frommer Brust!

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120. Die sieben Schmerzen der hl. Jungfrau

 

Christi Leiden hast du vorgelitten,

Als dein lieberfülltes Mutterherz

Simeon mit scharfem Schwert durchschnitten,

Dir verkündend seinen Todesschmerz:

Lasse meine Schuld mich tief beklagen,

Die so schwere Wunden dir geschlagen!

 

Musstest aus der lieben Heimat fliehen

In die Fremde, in Ägypterland,

Mit Sanct Josef, mit dem Kindlein ziehen

Einsam durch der Wüste heißen Sand:

Lass mich gehen, o Mutter, dir zu Seiten,

Wolle du durchs Leben mich geleiten!

 

Deinen Sohn verlorst du ohne Schulden;

Deine Liebe suchte ihn so lang,

Musste harren, musste schmerzlich dulden,

Schmachten ohne Trost drei Tage lang:

Sei, Maria, mir zum Stern erkoren,

Hab` ich ihn durch meine Schuld verloren.

 

Mit der Dornenkrone hart geschlagen

Sahst du ihn zur Leidensstätte geh`n,

Sahst das schwere Kreuz ihn blutend tragen

Und die Feinde höhnend ihn umsteh`n:

Wolle, Jungfrau, du mein Herz erquicken,

Will die Last der Leiden mich erdrücken!

 

Schmerzensreiche, die das Kreuz umfangen,

Deren Herz der schärfste Dolch durchschnitt,

Als die Hammerschläge dumpf erklangen,

Als sein heilig Blut herniederglitt:

Lass mich mit Johannes bei dir weilen,

Lass als Sohn mich deine Liebe teilen!

 

Deines Heilands, deines Sohnes Leiche

Wund, zerrissen, blutend, kalt und bloß,

Nahmen sie vom Kreuz; o Jammerreiche,

Du, o Jungfrau, nahmst ihn auf den Schoß

Habe meiner vor dem Tod Erbarmen,

Lass mich ihn im Sakrament umarmen!

 

Die getrauert, ach! so tief im Herzen,

Eine Rose, von dem Sturm entlaubt,

Als das Grab die Mutter voll der Schmerzen

Ihres höchsten Gutes, ach! beraubt:

Keine Sünde soll mir ihn entreißen,

Ewig will ich dich im Himmel preisen!

 

Guido Görres

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121. Mariä Verkündigung

 

Was künden heut die Glocken doch

So hell in alle Weite?

Nie klang ihr Ton so fröhlich noch,

So festlich voll wie heute!

Dem Himmel und dem Weltenall

Erzählen sie mit Jubelschall

Die Botschaft, reich an Ehren,

Die einst der Engel der gebracht,

Die sollte durch des Geistes Macht –

Empfangen und gebären.

 

Ave Maria, sei froh uns gegrüßt,

Jungfräulich Herz, draus der Heiland und sprießt!

Du voll der Gnaden, wie keine allhier, -

Himmel und Erde, sie huldigen dir!

 

Er schwebt ins stille Kämmerlein

Mit strahlend goldnen Schwingen:

„Dir – gnadenvoll, wie keine rein, -“

Soll Gottes Gruß ich bringen!

Gott ist mit dir! – gebenedeit

Bist du aus allen weit und breit; -

Drum fürchte nicht, du Hehre, -

Empfangen wirst du einen Sohn;

Sein ist das Reich und sein der Thron,

Ein König er der Ehre!“

 

Ave Maria, sei froh uns gegrüßt,

Jungfräulich Herz, draus der Segen uns fließt! –

Engel und Menschen, - was atmet und lebt, -

Alles mit Freuden die Jungfrau erhebt.

 

Und als Maria bang gefragt:

„Wie mag denn das geschehen,

Da doch ich jedem Mann entsagt?“ –

Da sprach von Himmelshöhen

Der Bote: „Sieh, des Höchsten Kraft,

Der heilge Geist, dies Wunder schafft;

Er wird dich ganz umhüllen!

Drum ist dein Kind auch Gottes Sohn;

Gott, der da herrscht auf höchstem Thron,

Kann alles leicht erfüllen!“

 

Ave Maria, sei froh uns gegrüßt,

Jungfräulich Herz, das uns alles versüßt!

Du, unsre Wonne im Weh dieser Welt,

Du, unsre Sonne, die alles erhält!

 

„Wohlan, ich bin des Höchsten Magd,

Geschehen mög sein Wille!“

So hat die Jungfrau fromm gesagt

Aus ihres Herzens Fülle.

Und sieh, das Wunder war vollbracht!

Denn nieder aus des Himmels Pracht

Stieg Gott auf diese Erde. –

Mariens Herz – als güldner Schrein –

Neun Monde schloss es still ihn ein,

Bis Fleisch das Wort dann werde.

 

Ave Maria, sei froh uns gegrüßt,

Jungfräulich Herz, das den Himmel umschließt!

Dir, - deinem reinsten, jungfräulichen Blut

Dankt ja die Welt ihr hochheiligstes Gut!

 

Dies künden noch Tag aus, Tag ein

Die Glocken rings auf Erden;

Beim Engelsgruß spricht Groß und Klein:

„Das Wort kam Fleisch zu werden!“

Und dankbar senkt sich jedes Knie,

Und jedes Herz grüßt freudig sie,

Die heut das Wort empfangen, -

Die es gebar zur heilgen Nacht

Und so der ganzen Welt gebracht

Der Völker heiß Verlangen.

 

Ave Maria, sei froh uns gegrüßt,

Jungfräulich Herz, das den Einen umschließt,

Der uns erkauft durch sein heiligstes Blut,

Das er vergoss uns Sündern zu gut!

 

Du hohe und vieledle Frau,

Du Lilie ohne gleichen;

Du Rose hold auf Sarons Au, -

Wer kann dein Lob erreichen? –

So oft der Glocke Ton erschallt,

So oft das Blut im Herzen wallt,

Soll unser Mund dich grüßen;

Und dieser Gruß zu deiner Ehr,

Er soll verstummen nimmermehr,

Soll erst im Tode schließen!

 

Ave Maria! im Himmelreich dort

Setzen den Gruß dann der Liebe wir fort;

Jungfräulich Herz, lass es mildreich geschehn,

Dass wir mit Freuden dein Antlitz dann sehn!

Ave Maria!

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122. Mariä Reinigung

 

Sie, die einzig rein aus allen,

Unberührt vom Sündenhauch,

Sieht man heut zum Tempel wallen,

Folgend des Gesetzes Brauch.

 

Bringt die herrlichste der Spenden

Jetzt dem ew`gen Vater dar:

Auf Mariens reinen Händen

Ruht der Sohn, den sie gebar.

 

Treu der Väter heil`gem Glauben,

Löst sie das geliebte Kind

Wieder ein für zarte Tauben,

So der Armen Opfer sind.

 

Simeon, dem frommen Greise,

Ist das Herz in Lieb entbrannt,

Und auf wunderbare Weise

Hat die Zukunft er erkannt.

 

Und im Tempel laut verkündet

Er das Heil, das ew`ge Licht,

Das die Guten neu entzündet,

Dem die Bosheit widerspricht.

 

Vielen Bösen wird`s zum Falle,

Bleibt verhärtet ihr Gemüt;

Auferstehen werden alle,

Die des Lichtes Kraft durchglüht.

 

Mutter, die das Heil geboren,

Der im Arm das Kindlein ruht,

Flehe, dass wir nicht verloren

Gehen durch der Hölle Wut!

 

Nicht zum Falle, nein, zum Leben,

Das im Tode neu erwacht,

Sei uns jener, den soeben

Du zum Tempel hast gebracht!

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123. Mariä Vermählung

 

Wohl mancher warb um die Jungfrau rein,

Der Perlen Perle im lichten Schein.

 

Da rief es im Tempel gar wunderbar

Aus dem Allerheiligsten laut und klar:

 

„Wer nennt entsprossen aus Juda sich,

Der tret` zum Altare demütiglich;

 

Der opfer` ein Zweiglein dürr und entlaubt:

Des Erwählten Reis dort schön sich belaubt!“

 

Wohl brachten da viele ihr Reislein hin

Und hofften harrend; doch ward es nicht grün.

 

„Und wäre denn keiner des Volkes wert,

Zu führen die Jungfrau zum stillen Herd?“

 

Da tönte von neuem die Stimme des Herrn:

„Noch Josef weilet in Bethlehem fern!“

 

Wohl hat er die Zarte, die Keusche geminnt;

Doch mied er den Tempel gar schüchtern gesinnt.

 

Nun trug er schaudernd den dürren Zweig. –

Doch sieh, er trieb Blätter und Blüten so reich!

 

Aus des Tempels Höhen auch senket sich klar

Eine schneeige Taube auf Josefs Haar;

 

Im Volk aber wurd` eine Stimme laut:

„Er ist`s, der da wert ist der holden Braut!“

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124. Warnung

 

Sinkt die Sonn` am Abend nieder,

Hebt sie sich am Morgen wieder,

So wie heut`;

Wirft der Herbst die Blätter nieder,

Frühling hat sie immer wieder

Uns erneut.

 

Doch legt Zeit den Menschen nieder,

Hat die Erde nimmer wieder

Ihn erfreut. –

Beugt drum keinen Menschen nieder:

Seht ihn morgen wohl nicht wieder,

Wenn`s euch reu`t!

 

Friedrich Wilhelm Gubitz

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 125. Dem Feinde

 

Wirft dich dein Feind ergrimmt mit einem Steine,

Um eine Herzenswunde dir zu schlagen:

Dann musst du seine Wut geduldig tragen,

Und gegen ihn drum hege selber keine!

 

Heb` auf den Stein, verwahr` ihn wohl im Schreine,

Vielleicht bereut er schon in wenig Tagen,

Fühlt seine Schuld recht tief im Herzen nagen;

Wenn nicht, so bleibe du der Edle, Reine! –

 

Doch will er sich ein Häuschen einst erbauen,

Und sucht nach Steinen rings in Tal und Auen:

Leg` den verwahrten auf den Platz ihm hin;

 

Die Liebesrache wird er tiefer fühlen,

Als hättest du, den ersten Zorn zu kühlen,

Den Stein geschleudert früher gegen ihn!

 

Rudolph Hirsch

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126. O lieb`, so lang` du lieben kannst!

 

O lieb`, so lang` du lieben kannst,

O lieb`, so lang` du lieben magst.

Die Stunde kommt, die Stunde kommt,

Wo du an Gräbern stehst und klagst!

 

Und sorge, dass dein Herze glüht

Und Liebe hegt und Liebe trägt,

So lang` ihm noch ein andres Herz

In Liebe warm entgegen schlägt.

 

Und wer dir seine Brust erschließt,

O tu` ihm, was du kannst, zu Lieb,

Und mach` ihm jede Stunde froh,

Und mach` ihm keine Stunde trüb.

 

Und hüte deine Zunge wohl,

Bald ist ein böses Wort gesagt:

O Gott! es war nicht bös gemeint, -

Der andre aber geht und klagt.

 

O lieb`, so lang` du lieben kannst,

O lieb`, so lang` du lieben magst,

Die Sunde kommt, die Stunde kommt,

Wo du an Gräbern stehst und klagst!

 

Dann kniest du nieder an der Gruft –

Und birgst die Augen trüb und nass

- Sie sehn den andern nimmermehr –

In`s lange, feuchte Kirchhofgras.

 

Und sprichst: „O schau` auf mich herab,

Der hier an deinem Grabe weint;

Vergib, dass ich gekränkt dich hab`,

O Gott, es war nicht bös gemeint!“

 

Er aber sieht und hört dich nicht,

Kommt nicht, dass du ihn froh empfängst;

Der Mund, der oft dich grüßte, spricht

Nie wieder: „Ich vergab dir längst!“

 

Er tat`s, vergab dir lange schon,

Doch manche heiße Träne fiel

Und dich und um dein herbes Wort –

Doch still – er ruht, er ist am Ziel!

 

O lieb`, so lang` du lieben kannst,

O lieb`, so lang` du lieben magst,

Die Stunde kommt, die Stunde kommt,

Wo du an Gräbern stehst und klagst!

 

Ferdinand Freiligrath

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127. Stabat Mater speciosa

 

An der Kripp` in Mutterwonne

Stand der Jungfrau`n schönste Sonne,

Als das holde Kindlein schlief;

Und durch ihre freudetrunk`ne,

Ganz in Liebesglut versunk`ne

Seele drang der Jubel tief.

O wie ströhmt die Freudenquelle

Durch die unbefleckte Seele

Dieser Jungfrau-Mutter hin!

Welch ein himmlisches Entzücken

Strahlt aus allen ihren Blicken

Auf das Gotteskindlein hin!

Wer vermag wohl ohn` Entzücken

Christi Mutter anzublicken

In so süßem Himmelstrost?

Wer bleibt ohne Wonneträne,

Schaut er an die Freudenszene,

Wie ihr Kindlein sie liebkost?

Ob der Menschheit tiefem Falle

Sieht sie Jesum hier im Stalle,

In des Frostes scharfer Pein;

Aber trotz der Kindheit Wimmern,

In zerfall`nen Stallestrümmern

Dennoch angebetet sein.

Gottes Engel steigen nieder,

Singen frohe Jubellieder

Ob dem Stalle in der Nacht;

Greis und Jungfrau stehen schweigend,

Mit dem Herzen niedersteigend

In des Wunders tiefen Schacht.

Mutter, Quell der heil`gen Liebe,

Senke deiner Inbrunst Triebe

Tief, recht tief, mir in das Herz!

Fülle es mit Liebesgluten

Und lenk alle seine Fluten

Gottgefällig himmelwärts!

Dies ist mir die liebste Gabe:

In mein Herz, o Mutter, grabe

Tiefe Liebeswunden ein,

Und mit deinem Himmelssohne,

Der die Streu gewählt zum Throne,

Lass mich teilen alle Pein!

Deine Freud` ich nur verlange,

Dass ich an dem Kindlein hange

Meine Lebenstage all`.

Lass mich liebend dir zu Füßen

Stets voll Freud` dein Knäblein grüßen

Hier im öden Jammertal!

Mach, dass jeder so sich sehne,

Und dass ganz mein Herz gewöhne

Diese heil`ge Sehnsuchtsqual!

Hohe Jungfrau der Jungfrauen,

Wehr` mich nicht, dein Kind zu schauen;

Lass mich`s drücken fest an mich!

Lass mich`s tragen dieses Kindlein,

Das den Tod besiegt in Windlein,

Da es sterben will für mich!

Lass mit dir mich Wonne tauschen,

In dem Kindlein mich berauschen

Jubelnd in Begeisterung!

Vor der Liebe Glutempfinden

Fühl` ich alle Sinne schwinden

Ob solcher Vereinigung.

Lass das Kindlein mich bewachen,

Seine Gottheit stark mich machen,

Fest mich in der Gnade steh`n!

Und wenn einst der Leib verweset,

Lass die Seele dann erlöset

Deines Sohnes Antlitz seh`n!

 

P. N.

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128. Ein bekanntes Haus

 

Nichts ist so traurig, als ein Haus zu sehen,

Das wir einst sahn von Freundesnäh` verschönt,

Wenn in das Haus nun fremde Menschen gehen,

Und fremder Stimmen Schall drin wiedertönt!

 

Von außen ist`s dasselbe, ganz so heiter,

So heimisch schaun uns noch die Fenster an; -

Doch geht gesenkten Blicks man trübe weiter,

Weil man den alten Gruß nicht finden kann!

 

Versucht man auch den Wahn noch festzuhalten,

Zu täuschen sich im stillen Sehnsuchtsflug –

So stören fremd unheimliche Gestalten

Nur allzuschnell den tröstenden Betrug:

 

Es ist, - als wollt` das Haus uns peinlich quälen

Mit seines Äußern fröhlich-schmuckem Schein; -

Denn da, wo alte, gute Freunde fehlen,

Sollt` auch das alte Haus in Trauer sein!

 

 

Julie Gräfin von Oldofredi-Hager

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129. Krippenlied

 

Was ist das doch ein holdes Kind,

Das man hier in der Krippe find`t?

Ach, solch ein süßes Kindelein,

Das muss gewiss vom Himmel sein!

 

Die Frau, die bei der Krippe kniet

Und selig auf das Kindlein sieht,

Das ist Maria fromm und rein;

Ihr mag recht froh im Herzen sein.

 

Der Mann, der zu der Seite steht

Und still hinauf zum Himmel fleht,

Das muss der fromme Josef sein;

Der tut sich auch des Kindleins freu`n.

 

Und was dort in der Ecke liegt

Und nach dem Kindlein schaut vergnügt,

Ein Öchslein und ein Eselein,

Das mögen gute Tierlein sein.

 

Und was den Stall so helle macht,

Und was so lieblich singt und lacht,

Das sind die lichten Engelein,

Die schau`n zu Tür und Fenster ein.

 

Sei hochgelobt, du dunkle Zell!

Durch dich die ganze Welt wird hell;

Klein Kindlein in Mariens Schoß,

Wie bist du so unendlich groß!

 

Luise Hensel

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130. Christkinds Freuden

 

Wohl magst, Jungfrau, du mit zarten

Küssen deinen Sohn bedecken

Und die treuen Mutterarme

Um das holde Kindlein strecken;

Aber wisse: seiner warten

And`re Küss und and`re Arme,

Die ihm wohl noch süßer schmecken.

 

Süßer noch, als deine reine

Lipp`, ist ihm der Friedenskuss,

Den er einem Sünder bietet,

Und es gibt ihm höh`re Lust,

Wenn man seine Arm` und Beine

An das harte Kreuzholz nietet,

 

Als zu ruh`n an deiner Brust.

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Heilige Elisabeth, bitte für uns!

  

131. Das Blümlein Vergiss

 

Es blüht ein Blümlein im finstern Hain,

Nicht viele sind, die es brechen;

Ganz einsam will es gesuchet sein,

Und Dornen hat es, die stechen!

Tief wird es mit Tränen eingesät,

Und langsam keimt es und blühet spät,

Doch Ruh` hat, wer es gebrochen.

 

Das Blümlein, wie Reif so weiß und zart,

Im Mondschein wächst es alleine;

Das Sonnenlicht scheint ihm zu stark und hart,

Der Quellen ernähret es keine.

In schaurigen Nächten keimt`s empor,

Die Schwermut schirmt`s mit dem Trauerflor

Und nährt es mit tröpfelnden Tränen.

 

Gemieden wird es von Groß und Klein,

Doch heilt es die blutenden Herzen;

Die lächelnde Jugend verschmähet sein

Und scheut die verschwisterten Schmerzen.

O, wer`s nicht sucht, der die Ruh` verlor,

Und bitteren Schmerz er sich auserkor

Und gehet irr` bis zum Grabe.

 

Entsagen muss er der Freud` und dem Glück,

Der Freundschaft, der Lieb` und der Treue.

Oft senkst du den schwimmenden Blick zurück,

Ob der Jugendtraum sich erneue?

Gesät ist nun die bittere Saat,

Die von der Welt dich entfesselt hat,

Und nie entsprosst sie hienieden.

 

Doch tief im Hain, wo der West verhallt,

Und Tannen schauerlich schwanken,

Da wandelt die ernste Grabgestalt,

Die hohe Stirn voll Gedanken.

Sie hält das Blümlein so totenweiß,

Wie Nordlicht scheint`s und ist kalt wie Eis –

Sie reicht`s: „Vergiss und entbehre!“

 

Friederike Brun, geb. Münter

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132. Der Himmel der Erinnerung

 

Ob auch trüb dein Leben hingeflossen,

Ob auch oft, so Tag und Nacht

Durchgeängstigt, durchgewacht,

Sich der Tränen Strom ergossen:

Einmal doch in deiner Jahre Lauf

Tut gewiss sich dir der Himmel auf;

Einmal doch mit Geist und Herz im Bunde

Kam dir eine Himmelsstunde!

 

Ob der Kindheit froher Mut sie schenkte,

Ob der Jugend Morgenrot

Sie dem Herzen liebend bot,

Ob sie sich herniedersenkte

In des ernsten Strebens regem Fleiß:

Einmal trat sie in des Lebens Kreis,

Einmal, einmal in des Lebens Tagen

Hat die Hehre dir geschlagen!

 

O, wenn alles später dir erbleichet,

Sich der Grabesstille naht,

Keine Ähre aus der Saat

Der Vergeltung Korn dir reichet:

Rufe dir der schönen Stunde Glück

Ins Gedächtnis freudig nur zurück,

Und der Himmel, den sie dir gegeben,

Leuchtet wieder in dein Leben!

 

Denn der ew`ge Herr der vollen Garben

Lässet keinen, der das Feld

Dieses Lebens treu bestellt,

Bei der reichen Ernte darben:

Einen Himmel in die Menschenbrust

Goss er aus in der Erinn`rung Lust,

Und ein Himmel jenseits jener Sterne

Glänzt der Hoffnung aus der Ferne!

 

Theodor Hell

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133. Beruhigung

 

Ein Abend ist dem Edlen einst beschieden,

Von der Erinn`rung Rosenlicht verschönt;

Im Schatten ruhn nach langem Pfad der Müden,

Vom lauten Ruf des Lebens nicht umtönt;

In ihrer Brust wohnt Seligkeit und Frieden,

Nie welkt der Kranz, der ihre Stirne krönt;

Wer so, wie sie, des Tages Last getragen,

Hört ohne Grau`n die Vesperglocke schlagen.

 

Nur wähne nicht des Abends sich zu freuen,

Wem ungenützt der Strahl des Mittags glüht;

Wie fleißig hier des Guten Samen streuen,

Seh`n hoffnungsvoll, wie ihre Ernte blüht.

Es reift die Frucht des Himmels dem Getreuen,

Der rastlos sich, sie wohl zu pflegen, müht:

Ermatten wird er nie im edlen Streben,

Der Abend kommt, ihm reichen Lohn zu geben.

 

Und wenn sich auch die Knospe spät entfaltet,

Der Treue wankt in seiner Hoffnung nicht;

Wie drohend sich der Himmel rings gestaltet,

Ihm strahlt der Stern der frohen Zuversicht;

Der Herr der Saat, der auch im Sturme waltet,

Durchschauet ihn, und hält, was er verspricht.

Mag dem Verdienst des Glückes Schimmer weichen,

Der Abend naht, um alles auszugleichen.

 

Verstumme denn des Kummers feige Klage!

Mit Heldenmut bewaffne sich das Herz,

Gemessen ist die Spanne seiner Tage,

Gewogen hat die Vorsicht Lust und Schmerz.

Welch stiller Gram an seiner Ruhe nage,

Der Edle blickt vertrauend himmelwärts.

Sucht er am Tag der Mühen Preis vergebens:

Er glänzt ihm mild im Abendrot des Lebens!

 

Christoph Christian Hohlfeld

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134. Wirbel

 

Mächtig zieht der weite breite

Silberstrom dahin, dahin;

Was vermöcht` ihn aufzuhalten,

Was zu ändern seinen Sinn?

 

Siehe, hier am Felsenvorsprung

Kreist ein Flutgedräng` zurück,

Kreist und weilet, flieht und eilet

In den Zauberkreis zurück.

 

Wirbel wächst und schwillt und sprudelt,

Wirbel sich zum Trichter senkt,

Rauscht und lauscht und sprudelt, spiegelt,

Spielt von neuem umgelenkt;

 

Wächst von oben, wie er unten

Fort sich in den Strom verliert,

Während bleibend unerschöpflich

Neu sich die Gestalt gebiert. –

 

Mensch, von welchem starken Vorsprung,

Welcher Strömung treu und gut

Kommt des Lebens stets gewährte,

Stets verzehrte Wirbelflut?

 

Immer bist du dir derselbe,

Immer doch ein anderer,

Und zerrinnend wie gewinnend

Durch und durch ein – Wanderer!

 

Carl Schimper

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135. Nimmer genug!

 

Ruhloser Erdensohn, der in den Sternen forscht,

Sich in die Tiefen senkt, wo still die Perle reift,

Im schwankgebundenen Kahn wandernde Wolken teilt,

Nimmer wird dir genug!

 

Willig zu deinem Dienst ward dir des Feuers Kraft,

Kühn aus der Berge Schoß holst du das rote Gold,

Schlingst um den Scheitel dir schimmernder Kronen Reif,

Nimmer wird dir genug!

 

Meere durchschwimmt dein Kiel, Wüsten durchfliegt dein Ross,

Schwindelnder Klippen Rand streifet dein kecker Fuß

Über dem Donner hoch, wo selbst die Gämse bebt,

Nimmer wird dir genug!

 

Kündend von Pol zu Pol trägt dir der leichte Draht

Schnell den Gedanken hin; dir auf dem Eisenpfad

Schleppet das Riesentier brausend die Räderlast,

Nimmer wird dir genug!

 

Ach, und ein schlicht Gewand, das kaum die Glieder deckt,

Ein unbesonnter Raum, wenige Schritte lang,

Und etwas Erde nur, die sich zum Hügel formt,

Sind dir doch einst genug!

  

Feodor Löwe

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136. Dem lieben Christkind

 

Gegrüßt im gold`nen Sternenscheine

Sei wieder mir, du heil`ge Nacht!

Die Lieb` zu uns ist`s, die alleine

Gott hat zur Welt herabgebracht.

 

Da liegst du in der Krippe drinnen

So arm, du göttlich süßes Kind;

Die Glieder, eingehüllt in Linnen,

Sind kaum geschützt vor Winterwind.

 

Du frierst, indes an deinem Herzen

Die ganze Menschheit sich erwärmt;

An Leib und Seele fühlst du Schmerzen,

Auf dass uns keine Not mehr härmt.

 

Du kamst ja nicht in uns`re Mitte

Vom Glanz der Erde reich geschmückt,

Du wählst dir die zerfall`ne Hütte,

Wo dich nur Not und Mangel drückt.

 

Auch hast du schon in frühen Stunden,

Ja in der ersten Erdennacht,

Viel bitt`re Leiden still empfunden,

Die uns`re Sünden dir gebracht.

 

D`rum diese kleinen Händchen strecken

Sich nach den Sündern flehend aus

Und wollen alle Schuld bedecken

Und ziehen uns ins Vaterhaus.

 

O hätt` ich heute dir zu schenken

Was deiner Gottesliebe wert! –

Doch kann ich nur die Blicke senken,

Weil meiner Seel` des Schmuck`s entbehrt.

 

Lass d`rum bescheiden mich versammeln

Zu deinen Hirten auf dem Feld;

Ich will, wie sie, dir Grüße stammeln,

Weil dir das Niedrige gefällt.

 

Ich will dich liebend an mich drücken

Als meinen holden Weihnachtsgast,

Und fühle sie mit Hochentzücken

Am Herzen, diese süße Last.

 

Ich lege still und selbstvergessen

Mein Herz auf dieses harte Stroh;

Ich gebe dir, was ich besessen,

Und werde wieder gottesfroh.

 

Dann sag ich dir in heil`ger Stille,

Was dir Maria einst gesagt:

„An mir, o Herr, gescheh` dein Wille,

Mein Jesus, ich bin deine Magd!“

 

Und wenn mir deine Hand zum Feste

Auch nur das Kreuz bescheren will,

So weiß ich ja, du gibst das Beste,

Und halte dir in Demut still.

 

So leg` ich heute meine Sorgen

Und all mein tiefgeheimes Leid

In deine Krippe, still verborgen;

Dann sind sie, Herr, von dir geweiht.

 

Ergeben will ich weiter tragen

Mit dir, geliebtes Jesuskind,

Was du mir sendest, ohne Klagen,

Dass wir im Kreuz vereinigt sind.

 

Gar süß die Weihnachtsglocken klingen

Hell schallend durch die Dunkelheit,

Und lichte Engelscharen bringen

Uns Kunde von glücksel`ger Zeit.

 

Es öffnen sich die Himmelspforten,

Die Kirche singt ihr Gloria, -

Das ew`ge Wort ist Fleisch geworden,

Das Kind von Betlehem ist da!

 

Gegrüßt, du seligste der Nächte,

Die den Erlöser uns gebracht;

Ja von Geschlechte zu Geschlechte

Seist du gegrüßt, o heil`ge Nacht!

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137. Corde natus ex parentis

 

Du aus Vaters Herz entsprossen

Vor der Welt seit Ewigkeit!

Du der Anfang und das Ende,

Quell und Zielpunkt aller Zeit!

Herr der Gegenwart und Zukunft,

Herr du der Vergangenheit!

 

O du seliger Geburtstag,

Als die Jungfrau Mutter war,

Als sie, die vom Geist empfangen,

Unser Heil zur Welt gebar,

Als das Jesuskind sein heilig

Antlitz stellt den Menschen dar!

 

Singet laut, ihr Himmelshöhen;

Singt dem Herrn ihr Engel all`!

Was nur immer Kraft hat, stimme

Mächtig ein zum Jubelhall!

Keine Zunge möge schweigen;

Alles sei ein Lob und Schall!

 

Er, auf den in alten Zeiten

Längst die Seher wiesen hin;

Er, von dem auch der Propheten

Schriften sprechen – er erschien;

Der Verheiß`ne ist gekommen,

Alle Welt lobpreise ihn!

 

Komm, o Jugend! Kommt, o Greise!

Komm du munt`rer Knabenchor!

Mütter ihr und Jungfrau`n kommet!

Komm, der frommen Mägdlein Flor!

Singet wie aus einem Munde

Heil`ges Lied zu Gott empor!

 

Dir, o Christe, nebst dem Vater

Und dem heil`gen Geist, geweiht

Sei der Preis und frohes Loblied

Und der Dank in Ewigkeit!

Ehre, Kraft, Triumph und Stärke,

Herrlichkeit zu jeder Zeit! Amen.

 

Emmeran H.

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138. Mariä Herbergsuchen

 

Die Mutter Gottes geht umher,

Ihr Aug` ist nass, ihr Herz ist schwer.

Ach, denkt sie, - ob ich nirgends find`

Wohl Herberg für mein liebes Kind?

 

Zu Betlehem weist man mich fort,

Sie achten nicht mein bittend Wort,

Sie haben nirgend einen Platz

Für Gottes Sohn, des Himmels Schatz!

 

So such ich bei den Christen nun

Ein Herz, das auf sich möchte tun,

Und laden voller Liebe ein

Die Mutter und das Kindelein.

 

So geh` ich denn Tag ein, Tag aus,

Jetzt im Advent von Haus zu Haus

Und klopf an jedes Herzens Tür:

Wer lässt mich ein? Wer öffnet mir?

 

Ich klopf nicht laut, ich red` nicht lang,

Still ist mein Fleh`n und still mein Gang;

Ein Herz, das sünd- und weltbetört,

Wohl leicht mein Bitten überhört.

 

Doch wo man liebend ein uns lässt,

Da bring ich mit zum Weihnachtsfest

So helles Licht, so große Freud`,

Wie diese Welt sie niemals beut.

 

Solch Herz wird dann zum Krippelein,

Da bett` ich gern mein Kind hinein,

Und wer dies Kindlein hat und hält,

Hat schon den Himmel auf der Welt.

 

O liebe Mutter, zart und rein,

Kehr doch in unserm Herzen ein;

Wir haben`s liebend dir gericht`

Und bitten dich, verschmäh` es nicht!

 

Und was wir leiden, was wir tun,

Ein Liebesopfer sei es nun,

Das wie ein Lichtlein im Advent

Zur Ehre deines Herzens brennt!

 

Dies Herz, so makellos und rein,

Schließt ja den Herrn des Himmels ein

Und bringt uns in der heil`gen Nacht,

Was diese Welt zum Himmel macht!

 

Cordula Wöhler

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139. Zum Fest Mariä Erwartung

 

Eine Maiblum` ist entsprungen

Aus der Wurzel Jesse zart,

- Wie Propheten einst gesungen -

Von der allerschönsten Art.

 

Sieh! die Wurzel, die ich meine,

Ist aus König Davids Stamm;

Jesus ist die Blum` alleine,

Reiner Seelen Bräutigam.

 

Doch wie heißt der Wundergarten,

Wo dies Blümlein duftend steht,

Das die Engel freudig warten,

Dem des Edens Hauch entgeht?

 

Sieh! Maria ist`s die süße,

Der mein Loblied nimmer schweigt,

Die im Morgenstrahl ich grüße,

Und wenn sich die Sonne neigt.

 

Zarte Blume! Wurzel Jesse!

Wer doch stillt die Sehnsucht mein,

Dass ich euer nie vergesse,

Und euch trag` im Herzensschrein!

 

Wenig Nutz und wenig Frommen

Gibt mir and`rer Blumen Reiz;

Kaum ist ihre Pracht erglommen,

So verwelken sie bereits.

 

Ihr allein gebt mir im Leiden

Süßen Trost und Herzensruh`.

D`rum soll nichts von euch mich scheiden,

Bis einst deckt das Grab mich zu.

 

Jesu mein, und liebe Fraue;

Euch nur sei mein Herz geschenkt!

Macht, dass ich euch einstens schaue,

In der Freuden Meer versenkt.

 

(Nach P. Procopius OCM 1667)

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140. An Maria, die unbefleckt Empfangene

 

O Salem`s schönste Tochter, Gottgeweihte,

Sei uns gegrüßt im reinen Mutterschoß!

O Kind, in dem die Menschheit sich erneute,

Schon heut` vor allen Engeln reich und groß:

Wo in der Schöpfung ew`gem Wunderreich

Ist eine Schönheit deiner Schönheit gleich?

 

Die Erde schmückt sich bräutlich hold im Lenze,

Sie windet Rosen in ihr duftend Haar,

Sie lächelt; - doch die schönsten ihrer Kränze,

Sie bieten oft ein welkes Blatt uns dar:

Im reichsten Kranze prangest du allein,

O Jungfrau, ewig schön und ewig rein!

 

Die Morgenröte hellt des Himmels Höhen

Wie Opferglut in immer neuer Pracht,

Und doch, wie oft umgraut in Sturmeswehen

Auf einmal sie der Wolken traur`ge Nacht?

Als Wundermorgen prangest du allein,

Maria, ewig schön und ewig rein!

 

O gieße heut` aus deines Lichtes Glanze

Nur einen Strahl auf deiner Lieben Schar!

O reiche heut` aus deinem Lilienkranze

Der Lilien Eine nur den Deinen dar!

Mach` unser aller Herzen engelrein,

Wie könnten sonst wir deine Kinder sein?

 

(Verkürzt nach P. Schleininger SJ)

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141. Warum?

 

Warum, wenn milde Weste kosen,

Des Sturmes Drohn im Hintergrund?

Warum an allen Erdenlosen

Die Freude nur mit Schmerz im Bund?

Darum von Ahnung nur ein Schauer,

Von Wonne nur ein Silberblick?

Treu bleibt dem Herzen seine Trauer,

Und treulos flieht sein Glück zurück.

 

 

Errötend tritt ins Frühlingsleben

Der Rose süße Huldgestalt,

Von Träumen, die ihr Engel weben,

Von Liebesmelodien umwallt;

Doch kaum kann sie sich recht besinnen

Mit ihrer Seele, dornumhegt,

Ihr Traum und Seele schon von hinnen

Der Todesengel Fittig trägt.

 

Warum so kurzes Rosenleben?

So lang des Unglücks Seufzerbahn?

Beschwingt sieht man die Luft entschweben,

Der Jammer schleicht den Berg hinan.

Warum der flücht`ge Tag gegattet

Mit einer langen Winternacht?

Warum das Auge gramumschattet,

Das eben Seligkeit gelacht?

 

„Warum?“ – Warum des Undanks Frage?

Sie spricht der höchsten Güte Hohn.

Willst du an deinem Läut`rungstage

Die schlackenlose Freude schon?

Warum? so lass mich lieber fragen,

Willst du nicht, gottdurchglüht und still,

Das Ziel erstrebend, würdig tragen,

Was deines Schöpfers Meinung will?

 

Nimm mit Vertraun, was dir beschieden.

Und ringe mutig im Orkan;

Die schrecklichste Gefahr hienieden

Droht auf des Zweifels Ocean.

Nur in des Glaubens goldnem Kahne

Bist vor Versinken du geschützt,

Nicht in dem töricht-stolzen Wahne,

Der sich auf eigne Weisheit stützt.

 

Du darfst ja nur ein wenig warten,

Bis höhres Wirken dich beglückt,

Wie es, im hochgebauten Garten,

Als höhres Sein die Seele pflückt:

Dort in der Heimat unsrer Träume,

Die vorwärts winket und hinauf,

Blüht dir am heiligsten der Bäume

Auch aller Fragen Lösung auf!

 

Henriette Ottenheimer

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142. Die unbefleckte Empfängnis

 

Ganz schön bist du, und nicht die kleinste,

Geringste Makel ist an dir!

Du, meine Taube, bist die Reinste,

Des ganzen Weltalls Ruhm und Zier;

Ganz schön bist du! – schön wie die Sonne

Und lieblich wie des Mondes Licht;

Dein Anblick schafft dem Aug` nur Wonne,

Dein Wort so tief zum Herzen spricht!

 

Chor:

Preis und Ehre sei, o hehre,

Unbefleckte Jungfrau dir; -

Dir, der Einen Sündenreinen,

Huldigen voll Ehrfurcht wir!

 

Ganz schön bist du! – Schon, als gefallen

Im Paradies das Elternpaar, -

Da stellte Gott dich – ihm und allen

Als Frührot der Erlösung dar:

„Sieh`, Feindschaft setz` ich zwischen beiden,

Der Schlange Haupt zertritt der Fuß

Des Weibes!“ – und so bracht` mit Freuden

Schon Adam dir den ersten Gruß.

 

Chor:

Ja voll Sehnen und in Tränen

Rief das erste Elternpaar

Nach der Einen, die erscheinen

Sollte, aller Sünden bar.

 

Ganz schön bist du! – Schon die Propheten,

Sie schauten wie geblendet hin

Auf dich, die in der Menschheit Nöten

Erscheinen sollt` als Trösterin!

„Die Jungfrau, sieh`! – wird schwanger werden.“

- Rief Isaias laut ins Land, -

„Und einen Sohn schenkt sie der Erden,

Emanuel wird er genannt.“

 

Chor:

Alle neigten sich, bezeigten

Dieser Jungfrau Preis und Ruhm;

Alle sahen sehnend nahen

Sie, der Menschheit schönste Blum`.

 

Ganz schön bist du! – Als nun gekommen

Die von dem Herrn bestimmte Stund`,

Ward einem Paar, - aus allen frommen

Das frommste, - Gottes Botschaft kund`.

Joachim und St. Anna – beiden

Erschien ein Engel von dem Herrn,

Verkündend, dass nach langen Leiden

Die Freudenstunde nicht mehr fern.

 

Chor:

Aus dem Herzen floh`n die Schmerzen,

Da St. Anna nun empfing;

An dem Kinde, frei von Sünde,

Göttliche Verheißung hing.

 

Ganz schön bist du, - o Makellose!

Und nichts hienieden ist dir gleich,

Die du als unentweihte Rose

Entspringst dem reinsten Erdenreich`!

O Kind, da heut` du trittst ins Leben,

Bringst Segen du der ganzen Welt!

Nichts Größ`res konnte Gott uns geben

Als dich, die alles Heil enthält.

 

Chor:

Glück und Gnaden – deinen Pfaden

Gehen reichlich sie voraus;

Trost und Segen willst du legen

In ein jedes Herz und Haus!

 

Ganz schön bist du – im Morgenschoße,

Im reinsten – noch verborgen jetzt;

Ist doch durch dich die Tat, die große,

Des Heiles schon ins Werk gesetzt!

Die Mutter des Erlösers – heute

Ihr hehres Dasein sie beginnt,

Und Engel schweben still zur Seite

St. Anna`s makellosem Kind!

 

Chor:

Lilienblüte, Gottes Güte

Hat dir solchen Duft verlieh`n,

Dass alleine du, o Reine,

Kannst den Sohn vom Himmel zieh`n!

 

Ganz schön bist du! – Vor deinem Bilde,

O Unbefleckte, knien wir nun,

Dir, die so reich an Macht wie Milde –

Soll unser Herz zu Füßen ruh`n!

Auch soll das liebste deiner Feste

Uns stets das der Empfängnis sein,

Bis wir dereinst als Himmelsgäste

Es feiern in der Sel`gen Reih`n!

 

Chor:

Makellose Himmelsrose

Sei gegrüßt mit frommem Sinn!

Führ` uns milde ins Gefilde

Ewig sel`ger Freuden hin!

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143. Advent

 

Advent! du bringst das erste Fest,

Das wonnigste ins Jahr!

O, was sich nimmer fassen lässt,

Es wird nun dennoch wahr!

In früher, stiller Dämmerzeit

Geht auf des Himmels Tor;

Aus einer Jungfrau, hochgeweiht,

Sprosst Gottes Wort hervor.

 

So ist aus Schnee und Eisesschicht

Die Rosensaat erwacht,

Das allersegenvollste Licht

Wohl aus der längsten Nacht.

Maria ist das Morgenrot,

Davor das Dunkel sinkt;

Wir werden schauen unsern Gott,

Die Weihnachtsglocke klingt.

 

Ich grüße dich, du Himmelsstrahl,

Du Feierglockenklang!

Ich grüße dich viel tausendmal

In sel`gem Liebesdrang.

Und du in Windeln eingehüllt,

Du Lamm, sei mir gegrüßt,

Das unser aller Schmerzen stillt

Und uns`re Schulden büßt!

 

O führ` uns an die Krippe hin

Du Königin der Welt,

Und gib uns jenen Kindersinn

Der deinem Sohn gefällt!

Maria! mach` den Geist uns frei,

Die Herzen rein von Sünd`,

Dass jedes eine Ruh`statt sei

Für dein geliebtes Kind!

 

O du, die ihren Morgenstern

Die ganze Menschheit nennt,

Erfleh` uns Liebe zu dem Herrn

Und Treue bis ans End`!

Dann klingt uns noch im Sterben fort

Der Weihnachtsglocke Ton,

Und du, Maria! führst uns dort

Zu Jesus, deinem Sohn.

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144. Ave Maria!

 

Hernieder vom Turme tönt`s kräftig und laut,

Es klinget so freundlich, so lieblich, so traut:

Ave Maria!

 

Dann still in der Hütte es lispelt ganz leis

Und tönt so innig der Jungfrau zum Preis:

Ave Maria!

 

So grüßet der Unschuld jungfräuliches Herz,

Und bittet der Sünder, still weinend vor Schmerz:

Ave Maria!

 

So betet der Mann noch in blühender Kraft,

Und hauchet der Greis, vor der Tod ihn errafft:

Ave Maria!

 

Im Leide erstrahlet gleich himmlischem Licht,

Wie jubelnd aus freudigem Herzen es bricht:

Ave Maria!

 

Soweit drum die Sonne den Erdplan umkreist,

Erschallet das Wort, das zum Himmel uns weist:

Ave Maria!

 

Ja! Ave Maria! so tönt es fort

Von Stunde zu Stunde, von Ort auch zu Ort!

Es klinge in süßer Harmonie,

Es klinge immer, verhalle nie!

Ave Maria!

 

Ave Maria! so bete ich still,

Wenn ich zur Ruhe mich legen will.

 

Ave Maria! spreche ich laut,

Wenn Morgensonne durch`s Fenster schaut.

 

Ave Maria! ruf` ich geschwind,

Wenn heiß und schwer meine Pflichten sind.

 

Ave Maria! flehe ich gleich,

Wenn ängstliches Zagen mich dann beschleicht.

 

Ave Maria! ist stets mein Gebet,

Wenn gut es mir oder wenn`s übel ergeht.

 

Ave Maria! dies ist mein Trost,

Wenn grause Sturmeswut mich umtost.

 

Ave Maria! mein Dankgebet ist,

Wenn Freude und Wonne mich sanft umfließt.

 

Ave Maria! zu jeder Stund`

Ich schick` es zum Himmel mit Herz und Mund.

 

Ave Maria! sei noch mein Gebet,

Wenn dann einst mit mir es zum Sterben geht.

 

Ave Maria! wills rufen im Tod,

Es wird mir helfen in größter Not.

 

Ave Maria! soll`s tönen auch fort,

Wenn wohnen ich darf bei den Engeln dort.

 

Ave Maria! in Ewigkeit

Will jubeln ich einstens voll Seligkeit.

 

Ave Maria!

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145. Vergeistigung

 

Halt am Glauben: Alles werde

Wieder, was es war zuvor!

Erdenstoff, vergeh` zur Erde,

Lichtgeist, steig` zum Licht empor!

 

Immer fester wird vereinigt,

Was hier geistig blieb verwandt,

Nur verwandelt, nur gereinigt,

Wenn die Schlacken ausgebrannt.

 

Eitles Forschen hemmt und blendet,

Bist du selbst nicht rein gestimmt;

Wo das Irdische sich endet,

Erst das Himmlische beginnt.

 

Sieh dort siebenfarbig schweben

Bundesbotschaft! Bis zu ihr,

Höher selbst kannst du dich heben,

Sie herab nicht ziehn zu dir.

 

Drum soll auf dein Blick sich richten!

In Beständigkeit bewährt,

Werd` in deines Innern lichten

Taborhöhen rein verklärt!

 

Stille Heilsgesichte zeigen

Frommer Patriarchen Schaar,

Und die Engel Gottes steigen

Auf- und abwärts wunderbar.

 

Eine Himmelspforte werde

Dir des grünen Friedhofs Tor;

Erde, sink herab zur Erde,

Lichtgeist, steig zum Licht empor!

 

Arthur von Nordstern

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146. Fragen und Antwort

 

Was ist dem Gotteskind das Leben? –

Ein Pfand zum ew`gen Heil gegeben.

 

Was ist dem Gotteskind das Glück? –

Aus ew`gem Schatz ein Kleinodsstück.

 

Was ist dem Gotteskind der Schmerz? –

Ein Vaterruf: „Flücht` an mein Herz!“

 

Was ist dem Gotteskind der Tod? –

In Schiffbruchsnot ein Rettungsboot.

 

Halt` nicht den Tod für bittres Muss:

Er ist ein sel`ger Engelskuss!

 

Friedrich de la Motte Fouque

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147. Höhe und Tiefe

 

Über uns die goldne Sonne,

Unter uns der Erde Schoß.

In der Höhe – Himmelswonne,

In der Tiefe – stilles Los.

 

Oben – Leben, unten – Schlummer,

Gruß hinab und Gruß hinauf!

Unten bleibt der Erdenkummer,

Nach der Höhe geht der Lauf.

 

Ludwig Würkert

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148. Maria zu lieben

 

Maria zu lieben, ist allzeit mein Sinn;

In Freuden und Leiden ihr Diener ich bin.

Mein Herz, o Maria, brennt ewig zu dir

In Liebe und Freude, o himmlische Zier!

 

Maria, du milde, du süße Jungfrau,

Nimm auf meine Liebe, so wie ich vertrau!

Du bist ja die Mutter, dein Kind will ich sein

Im Leben und Sterben dir einzig allein.

 

Gib, dass ich von Herzen dich liebe und preis`;

Gib, dass ich viel Zeichen der Liebe erweis`;

Gib, dass mich nichts scheide, nicht Unglück noch Leid,

Um treu dir zu dienen in Glück und in Freud`!

 

Ach, hätt` ich der Herzen nur tausendmal mehr!

Dir tausend zu geben, das ist mein Begehr;

So oft mein Herz klopfet, befehl ich es dir,

So oft ich nur atme, verbind ich mich dir.

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149. O unbefleckt empfang`nes Herz!

 

O unbefleckt empfang`nes Herz, Herz Mariä!

Bliebst makellos in Freud` und Schmerz, Herz Mariä!

 Nimm mein Herz,

Dein soll es sein;

Schließ` in deine Lieb` es ein,

Teil` mit ihm stets Freud`` und Schmerz!

Mächt`ges Herz, güt`ges Herz,

Bitte für mein armes Herz!

 

O der Verirrten sich`res Licht, Herz Mariä!

Der Sünder Zuflucht, Zuversicht, Herz Mariä!

 Nimm mein Herz,

Dein soll es sein;

Schließ` in deine Lieb` es ein,

Teil` mit ihm stets Freud`` und Schmerz!

Mächt`ges Herz, güt`ges Herz,

Bitte für mein armes Herz!

 

O aller Herzen Schmuck und Freud`, Herz Mariä!

O süßer Trost im Herzeleid, Herz Mariä!

 Nimm mein Herz,

Dein soll es sein;

Schließ` in deine Lieb` es ein,

Teil` mit ihm stets Freud`` und Schmerz!

Mächt`ges Herz, güt`ges Herz,

Bitte für mein armes Herz!

 

Gekröntes Herz im Himmelsglanz, Herz Mariä!

Dir winden wir den Rosenkranz, Herz Mariä!

 Nimm mein Herz,

Dein soll es sein;

Schließ` in deine Lieb` es ein,

Teil` mit ihm stets Freud`` und Schmerz!

Mächt`ges Herz, güt`ges Herz,

 

Bitte für mein armes Herz!

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150. Gegrüßet seist du Königin!

 

Gegrüßet seist du Königin, o Maria!

Der ganzen Welt Beschützerin! Alleluja!

Freut euch ihr Cherubim,

Singet stets ihr Seraphim:

Salve, salve, salve Regina!

 

Du Mutter der Barmherzigkeit, o Maria!

Durch die uns Gnade Gott verleiht. Alleluja!

Freut euch ihr Cherubim,

Singet stets ihr Seraphim:

Salve, salve, salve Regina!

 

Du bist des Lebens Süßigkeit, o Maria!

Und unser Trost in Ewigkeit! Alleluja!

Freut euch ihr Cherubim,

Singet stets ihr Seraphim:

Salve, salve, salve Regina!

 

Du uns`re Hoffnung sei gegrüßt, o Maria!

Die auch den Sünder nicht ausschließt. Alleluja!

Freut euch ihr Cherubim,

Singet stets ihr Seraphim:

Salve, salve, salve Regina!

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