Der heilige Maximilian M. Kolbe und Maria:
Paul Löcher schreibt „Zur Spiritualität Maximilian Kolbes“:
„ . . . Kolbe freilich ist nicht denkbar ohne die glühende marianische Frömmigkeit, die sein Wesen und sein Wirken in unserer Welt des 20. Jahrhunderts so entscheidend bestimmte. Fast unübersehbar sind die Bekundungen seiner Marienliebe. Es gibt kaum einen Artikel, eine Predigt, einen Brief von ihm, in denen er nicht Maria als erhabenes Vorbild preist und als Mutter und Fürsprecherin vorstellt. Seine „Militia Immaculatae“ (in Deutschland „Kreuzzug der Unbefleckten“ genannt) gründete er bereits als Vierundzwanzigjähriger im Kriegsjahr 1917; sie ist heute über die ganze Erde verbreitet.
http://www.militia-immaculatae.info/pages/de/home.php
Als Zentrum moderner Apostolatstätigkeit schuf er die Kloster- und Pressestadt Niepokalanów bei Warschau, von der aus er unermüdlich in Millionen von Zeitschriftenexemplaren den Menschen aller Kontinente den Lobpreis Mariens kündete.
Maximilian Kolbes Mariologie mag manchem gläubigen Leser von heute fremd erscheinen, seine Marienbegeisterung exaltiert. Wenn sich Kolbe immer und immer wieder als Diener Mariens bezeichnet, wenn er die bedingungslose Hingabe an die Unbefleckte wie vom Willen Gottes selbst spricht, dann mag das manchen „aufgeklärten“ Christen von heute vielleicht schockieren. Bei näherem Zusehen wird er allerdings feststellen, dass Kolbes marianische Theologie auf sehr solidem Grund steht und nichts anderes darstellt als eine konsequente Interpretation der heilsgeschichtlichen Tatsachen. Sein Gedankengang ist einfach und durchaus logisch: Maria ist die Unbefleckte, sie war nie mit dem Makel der Erbsünde behaftet; so ist es katholischer Glaube. Weil sie aber frei von der Erbsünde ist, kann sie auch nicht sündigen. Weil sie nicht zur Sünde fähig ist, verkörpert sie das Ideal des Menschen, wie ihn Gott geschaffen hatte und wollte. Sie ist also das gottnächste aller Geschöpfe. Sie, die Sündenfreie, kann nur wollen, was Gott will; dass sie etwas anderes will, ist nicht möglich. Also spiegelt sich im Willen der Unbefleckten getreulich der Wille Gottes. Wenn jemand auf sie hört, ist es, als höre er auf Gott selbst. Man kann sich ihr also bedenkenlos ganz hingeben, ihrem Beispiel und ihren Offenbarungen folgen.
Die mariologischen Gedanken Kolbes sind nicht Außergewöhnliches, nichts Neues. Sie sind einerseits biblisch begründet, andererseits nicht ohne Vorbilder in Theologie und Frömmigkeitsgeschichte. In der Tradition des Franziskanerordens war der Gedanke von der Unbefleckten Empfängnis Mariens seit dem 13. Jahrhundert lebendig. Seine besondere Ausprägung fand er in der Theologie des Johannes Duns Scotus. Gewisse Formulierungen in Kolbes Schriften decken sich fast wortgetreu mit solchen des heiligen Ludwig Grignion von Montfort (1673-1716), der in der „Ganzhingabe an Maria“ ein Mittel zur Vervollkommnung des Menschen sah. Die Heiligen und das gläubige Volk haben diese „Ganzhingabe“, die „Weihe“ an Maria abertausendmal in ihren frommen Gebeten und Liedern bekannt und vollzogen. „Dein Kind will ich sein“ hieß es in dem vielgesungenen Lied „Maria zu liebe“, und das altvertraute Gebet „O meine Gebieterin, o meine Mutter“ drückt nichts anderes aus. Viele weitere Texte ähnlichen Inhalts ließen sich anführen.
Kolbe verweist in seinen Schriften immer wieder auf die Rolle Mariens im Erlösungswerk Christi, wodurch ja ihre einzigartige Stellung in der Menschheits- und Heilsgeschichte begründet ist. Und er rühmt sie als die Mittlerin aller Gnaden. Damit bewegt er sich ebenfalls auf gesichertem Boden, wenn auch die Dogmatisierung einzelner mariologischer Sätze (noch) nicht vollzogen ist. Es darf etwa daran erinnert werden, dass sich Kardinal Frings in einem Hirtenbrief zum Abschluss des Marianischen Jahres 1954 ausdrücklich zu Maria als „Gehilfin beim Erlösungswerk und Mittlerin aller Gnaden“ bekannte Und Papst Paul VI. in seiner Ansprache aus Anlass der Seligsprechung Kolbes am 17. Oktober 1971 gerade diese Ausprägung der Marienverehrung vor möglichen Verdächtigungen in Schutz nahm, als er erklärte: „Der Selige und mit ihm die Kirche verdienen daher wegen ihrer Begeisterung in der Verehrung der allerseligsten Jungfrau keinen Vorwurf. In Anbetracht des Segens, der auf ihr ruht, kann diese Verehrung nie groß genug sein.“
Pater Kolbe wird man einmal zu den ganz großen Marienverehrern in der Kirchengeschichte zählen dürfen. Seine Liebe zur Muttergottes nimmt mitunter Formen an, die der Marienminne der Mystiker verwandt sind, und manchmal gleitet seine Sprache unversehens ins Hymnische über, wenn er von Maria spricht.
Während Kolbes Marienverehrung in der bisher erschienenen biographischen Literatur begreiflicherweise meist im Vordergrund steht, stellt die vorliegende Auswahl von Texten seine Mariologie nicht unbedingt in den Mittelpunkt. Dies bedeutet keineswegs eine Geringschätzung der marianisch orientierten Frömmigkeit des Seligen, die eine bedeutsame Komponente seines Denkens und wesentlicher Motor seiner apostolischen Aktivitäten ist. Die Auswahl will vielmehr vor allem deutlich machen, dass diese Mariologie nicht isoliert steht, sondern eingebettet ist in ein die ganze kirchliche Lehre umfassendes, ganz und gar dogmatisch abgesichertes Glaubensbewusstsein. Nur aus der innigsten Gottbezogenheit und Christusverbundenheit wächst Kolbes Marienfrömmigkeit.“
Maximilian Kolbe
Jedem ist der Weg gewiesen
Texte eines Martyrers
Schwabenverlag 1977
Texte Maximilian Kolbes über Maria
Ein Wunderwerk des Schöpfers
Die Unbefleckte ist nur ein Werk Gottes und so wie jedes Werk ganz und gar abhängig von ihrem Schöpfer. Aber sie ist zugleich das vollkommenste und erhabenste Werk Gottes. Der heilige Bonaventura sagt: „Gott kann noch eine größere und vollkommenere Welt erschaffen, aber er kann keinem Geschöpf eine höhere Würde verleihen als Maria.“ Die Unbefleckte ist die äußerste Grenze zwischen Gott und dem Geschöpf. Sie ist der treue Spiegel göttlicher Vollkommenheit und Heiligkeit.
Gipfel der Vollkommenheit
In der Unbefleckten erreicht die Schöpfung den Gipfel ihrer Vollkommenheit. Die Mutter Gottes ist das gottähnlichste aller Geschöpfe. Das Ziel des Menschen ist es, seinem Schöpfer immer ähnlicher zu werden. Wie gut, tugendhaft, wie heilig Menschen sein mögen – keiner ist ohne Unvollkommenheiten. Einzig und allein die Unbefleckte kennt vom ersten Augenblick ihres Daseins an keine, auch nicht die leichteste Sünde. Nur wenn wir sie nachahmen, ihr immer näherkommen, ihr Eigentum werden, können wir den Gipfel menschlicher Vollkommenheit erreichen. Wer immer die Unbefleckte liebt, sehnt sich danach, ihr eigen zu sein. Ihr Diener zu sein, ihr Kind, ihr Sklave – das war für viele Richtpunkt ihres Lebens, und sie drückten es in Worten aus, die wir nicht mehr mit unserem Verstand allein begreifen können, zu denen vielmehr nur die Liebe fähig ist. Mit anderen Worten: Ihr ganz zu gehören – das war für viele die Sonne ihres Herzens und Lebens.
Immer Gott gehorsam
Der Unbefleckten haftete niemals auch nur der geringste Makel an. Ihrer Liebe konnte sich nichts in den Weg stellen. Sie liebte Gott mit ihrem ganzen Wesen und vom ersten Augenblick ihres Daseins an brachte sie diese Liebe so sehr in Einklang mit dem Willen Gottes, dass ihr der Engel am Tag der Verkündigung sagen konnte: „Du bist voll der Gnaden. Der Herr ist mit dir.“ Sie ist also zugleich Geschöpf Gottes, Ebenbild Gottes und das vollkommenste aller menschlichen Wesen. Und sie ist ein Werkzeug Gottes, denn sie überließ sich ganz bewusst und vorbehaltlos seiner Führung. Sie vereinigte ihren Willen mit dem seinen, sie verlangte nur, was er will; sie handelte voll und ganz nach seinem Willen, ohne auch nur im Geringsten durch eine Regung ihres eigenen Willens von dem Gottes abzuschweifen. Alle Fähigkeiten und Vorrechte, die ihr geschenkt waren, nutzte sie in vollkommener Weise, um stets und allein den Willen Gottes zu erfüllen.
Mutter Gottes
Menschliche Worte vermögen nicht zu sagen, wer jene ist, die da wahrhaft Mutter Gottes wurde. Gewiss, sie ist nur ein Geschöpf; aber aus der Sicht Gottes ist sie ein so erhabenes Wesen, dass man sich vergegenwärtigen muss, wer Gott ist, um zu begreifen, wer die Mutter Gottes ist. Dass sie wahrhaft Mutter Gottes ist, lehrt uns der Glaube. Man kann aber nicht Mutter nur eines Teiles eines Kindes sein. Maria ist die Mutter des ganzen Jesus, des Gott-Menschen. Also ist sie Mutter-Gottes. Obgleich die Würde ihrer Gottes-Mutterschaft die Ursache aller ihrer Vorrechte ist, erhielt sie von Gott doch als erste Gnade ihre unbefleckte Empfängnis, das heißt das Freisein von jeglichem Makel, sogar von dem Makel der Erbsünde, vom ersten Augenblick ihres Lebens an.
Das Geheimnis der Menschwerdung Gottes
Keinen Augenblick hat sich der Wille der Unbefleckten vom Willen Gottes entfernt. Sie wusste sich stets aus freien Stücken Gott zugehörig, und in ihr vollzieht sich das Wunder der Vereinigung Gottes mit der Schöpfung. Der Vater gibt ihr – wie seiner Braut – den Sohn. Der Sohn steigt hinab in ihren jungfräulichen Schoß und wird ihr Kind. Der Heilige Geist formt in ihr auf wunderbare Weise den Leib Jesu, er wohnt in ihrer Seele, durchdringt sie auf so unaussprechliche Weise, dass der Name „Braut des Heiligen Geistes“ nur eine sehr vage Bezeichnung für das Wirken des Heiligen Geistes in ihr und durch sie ist. In der einen göttlichen Person Jesu sind zwei Naturen, die göttliche und die menschliche. Im Heiligen Geist und in der Unbefleckten sind zwei Naturen in zwei Personen. Die Vereinigung der Gottheit mit der Menschheit übersteigt jegliches Begriffsvermögen. Die Frucht der Liebe Gottes und der Unbefleckten ist Jesus, der Sohn Gottes und Menschensohn, Gott-Mensch und Mittler zwischen Gott und Menschen.
Marienverehrung
Manchmal las oder hörte ich, man wundere sich darüber, dass wir Katholiken Maria, die Mutter Jesu, verehrten. In einem Brief, den ich erhielt, stand sogar, wir verehren Maria wie Gott. Der Briefschreiber wusste sicher nicht, dass die katholische Kirche keine Heiligen so wie Gott verehrt, , sondern als treue Diener und Freunde Gottes. Wenn sie Maria darüber hinaus noch als Mutter Gottes verehrt, dann doch nicht deshalb, weil Maria etwa Jesus die Gottheit gegeben hätte. Sie hat ihm nur den menschlichen Leib gegeben, aber Gott, der in ihrem Schoß Mensch wurde, hat wirklich in ihr gewohnt, und so hat sie wahrhaft den Gott-Menschen geboren.
Das muss unser ganzes Bestreben sein: Gott dem Herrn die höchste Ehre zu erweisen. Wir müssen darum bemüht sein, Jesus so zu lieben, wie ihn seine heilige Mutter geliebt hat.
Durch Maria zu Gott
Grenzenlose Liebe zur Unbefleckten – was bedeutet das? Die Unbefleckte ist in Liebe mit Gott verbunden, so dass sie über alle Heiligen, über die Engel, die Erzengel, die Cherubim und die Seraphim erhoben ist. Also führt uns die grenzenlose Liebe zu ihr auch über alle anderen hinaus. Was bedeutet die unbegrenzte Liebe zur Unbefleckten? Sie steht Gott am nächsten. Und wir? Wenn wir uns hier nähern, nähern wir uns damit Gott selbst.
Von Maria führen lassen
Lassen wir uns doch von Maria führen, damit wir durch sie Jesus ähnlicher werden. Das ist der sicherste und vollkommenste Weg. Weihe dich ganz unserer himmlischen Mutter und siegreich wirst du alle Schwierigkeiten im Leben überwinden und du selbst wirst heilig, ein großer Heiliger werden, was ich dir aus vollem Herzen wünsche. Alle Heiligen – das kann man wirklich sagen – sind ein Werk der heiligen Jungfrau Maria, und die besondere Andacht zu ihr ist das gemeinsame Merkmal der Heiligen.
Den Willen der Unbefleckten erfüllen
Du kannst ruhig so sprechen: „Ich will den Willen der Unbefleckten erfüllen. Der Wille der Unbefleckten soll geschehen. Die Unbefleckte hat es so gewollt, denn sie will ja nur das, was Jesus will, und Jesus, was der Vater will. Also unterscheidet sich ihr Wille nicht von dem des Sohnes und des Vaters.“ Wenn wir uns uneingeschränkt auf ihren Willen berufen, bekennen wir uns also zugleich zum Willen Gottes. So erweisen wir auch Gott dem Vater und dem Sohn die Ehre dafür, dass er ein so vollkommenes Geschöpf erschuf und zu seiner Mutter erwählte.
Vorbild ist die Unbefleckte
Wir müssen viel beten, um immer besser den Sinn dessen zu verstehen, was die Unbefleckte in der Stunde der Verkündigung sagte: „Ich bin die Magd des Herrn. Mir geschehe nach deinem Wort.“ Wie Gott es will, so soll es geschehen. In diesen Worten ist die ganze Glückseligkeit, aber auch unsere Aufgabe hier auf Erden eingeschlossen. Gott hat uns erschaffen, dass wir seine Werkzeuge seien. Deshalb zieht er uns durch die Liebe an sich und unterstützt unser Bemühen mit Belohnung und Strafe. Die Seele soll vollkommener, soll Gott ähnlicher werden, deshalb beschenkt er sie mit Gnaden. Aber die Seele muss mit diesen Gnaden mitwirken. Sie muss sich führen lassen. Bitten wir die heilige Mutter, dass sie uns lehrt, wie die Seele einer Magd des Herrn beschaffen sein soll. Gott erschien der Muttergottes nicht selbst, sondern nur durch einen Boten. Auch wir haben solche Boten; es sind unsere Vorgesetzten. Beten wir, dass wir jedem dieser Boten sagen können: Es geschehe nach dem Willen Gottes. Das ist alles, und so haben wir es auch der Welt zu lehren: Dass der Wille aller eins sei mit dem Willen Gottes – durch die Unbefleckte.
Die Mittlerin (Aus einem Brief)
Du schreibst: „Es verträgt sich nicht in meiner Seele, gleichzeitig Jesus und Maria zu lieben.“ Aber dein Vater und deine Mutter und dazu noch deine Brüder und Schwestern kannst du gleichzeitig lieben? Freilich ist unser Ziel Gott, die heiligste Dreifaltigkeit. Das hindert uns aber doch nicht, Gott Vater als Gott Vater zu lieben, Gott Sohn als Gott Sohn und den Heiligen Geist eben als den Heiligen Geist; dazu Jesus als unseren Herrn, die Muttergottes als Muttergottes, Vater, Mutter, Verwandte, Engel, Heilige und alle Menschen. Selbstverständlich lieben wir sie alle nicht nacheinander, sondern miteinander. Nur können wir nicht gleichzeitig an alle denken. Aber das hindert keineswegs die wirkliche und gleichzeitige Liebe zu allen.
Du schreibst: „Ich gehe vor den Tabernakel, spreche mit Jesus usw.“ und fragst: „Wo ist diese Maria, ohne die man sich Jesus so schwer nähern kann?“ Ich muss da gleich sagen, dass man sich Jesus ohne Maria nicht nur schwer, sondern unmöglich nähern kann. Weshalb? Lassen wir einmal die Tatsache beiseite, dass sie uns Jesus geboren und ihn erzogen hat. Dann bleibt die Annäherung an Jesus aber doch eine Gnade, und alle Gnaden kommen durch sie zu uns, so wie der Herr Jesus selbst durch sie gekommen ist.
Du wirst hier vielleicht einwenden: „Darf ich nicht geradewegs mit Jesus sprechen, ohne an Maria zu denken?“ Mein Lieber, hier geht es nicht darum, ob du fühlst und denkst, sondern allein um die Tatsache, dass dem so ist, auch wenn dir dies gar nicht zu Bewusstsein kommt. Wenn du den Herrn Jesus wirklich lieb hast, dann verlangst du, vor allem seinen Willen zu erfüllen, also auch Gnaden auf die Weise zu erhalten, wie er es bestimmt hat. Mit dieser Einstellung kannst und sollst du dich völlig ungezwungen an das Heiligste Herz Jesu wenden, wobei du gewiss sein darfst, alles zu erhalten.
Wenn nun aber einer sagen würde: „Ich brauche keine Mittlerschaft, ich brauche keine Muttergottes, ich kann das heiligste Herz Jesu selbst verehren, loben und mir Gnaden erbitten“, würde da Jesus einen solchen nicht mit Recht wegen seines unerträglichen Stolzes abweisen?
Du schreibst: „Sie soll doch von mir etwas erhalten, ich soll mich ihr schenken, über sie nachdenken – aber Jesus ist doch die Quelle der Gnade und Liebe. Er bittet mich zu sich. Er schenkt sich mir in der heiligen Kommunion. Die heilige Maria hilft mir ja nur.“
Gewiss ist es so, dass Gott der Vater die Quelle alles Guten, jeder Ordnung – der natürlichen wie der übernatürlichen – ist, der durch den Sohn und den Heiligen Geist immer wirkt. Man kann auch sagen, dass die Heiligste Dreifaltigkeit diese Quelle ist. Es ist wahr, dass der einzige Mittler zum Vater der eingeborene Sohn Jesus Christus ist, Gott und Mensch zugleich, durch den aus unseren menschlichen Huldigungen, die wir dem Vater darbringen, göttliche werden und aus unseren endlichen solche von unendlichem Wert und so der Majestät des Vaters auch würdig. Es ist richtig, dass wir im Sohn, in Jesus Christus, den Vater lieben. Ihm müssen wir unsere ganze Liebe übergeben, damit der Vater in ihm und durch ihn unsere Liebe annimmt. Aber auch dies ist nicht weniger wahr, dass unsere Handlungen – auch die erhabensten – nicht ohne Makel sind. Wenn wir sie Jesus ganz rein und unbefleckt opfern wollen, müssen wir sie direkt der Unbefleckten als ihr Eigentum übergeben, damit sie diese als ihr Eigentum dem Sohn schenkt. Dann werden unsere Gaben makellos, ohne Fehler sein. Sie erhalten dann durch die Gottheit Jesu einen unendlichen Wert und werden so Gott in angemessener Weise zur Ehre gereichen.
So kehrt auch die Antwort auf die Gnaden, die durch den Sohn und den Heiligen Geist auf das Geschöpf herabgeflossen sind, auf dem gleichen Weg zu Gott zurück.
Und wie kann das geschehen? Mein Lieber, du brauchst ja von diesen schönen Wahrheiten überhaupt nichts zu wissen, brauchst sie gar nicht zu verstehen, brauchst an sie nicht zu denken und mit deinem endlichen Verstand und deiner endlichen Vorstellungskraft gar keine Mühe darauf zu verwenden, dir das alles menschlich vorzustellen. Wenn du nur immer den Willen Gottes erfüllen willst – oder eben den Willen Jesu und den der Unbefleckten -, dann kannst du ganz beliebig jede Andacht wählen, zu der du dich hingezogen fühlst. Alle Andachten haben nur das eine Ziel, uns bei der Erfüllung des göttlichen Willens zu helfen.
Du schreibst weiter: „Wenn man sich dem Vater nicht ohne die Vermittlung Jesu nähern kann, kann man sich Jesus nicht ohne Maria nahen. Also kann man mit Jesus nicht immer von Herz zu Herz sprechen.“ Man kann es. Nur vergiss nicht Maria!
„Aber ich kann mich doch nicht zweiteilen!“ Aus dem Vorhergegangenen erhältst du die Antwort: Du kannst ruhig vergessen und brauchst dich nicht für mehrere zerteilen, denn Gott allein kann zugleich an alles denken. Es ist auch nicht falsch, wenn du dich unmittelbar an den Vater wendest, sofern du Jesus angehörst, und an Jesus, sofern du der Unbefleckten angehörst. Aber es ist gar nicht nötig, dass du daran denkst; es genügt, dass sich die Dinge einfach so verhalten.
Du schreibst: „Ich möchte nur einen lieben und in ihm versinken.“ Das ist klar, dass unser Vater im Himmel der ist, in dem wir versinken sollen. Aber wir können das nicht ohne den Sohn und ohne die Mutter, weil wir Sünder sind.
„Das sind schwierige Gedanken“, schreibst du. Mein Lieber, das sind erhabene Dinge, und wir werden sie mit unserem menschlichen Verstand und mit unserer Vorstellungskraft nicht verstehen. Aber deshalb brauchen wir nicht die Ruhe zu verlieren. Denn Gott ist ein Gott des Friedens, und die Verwirrung kommt nicht von Gott.
Deine Schwierigkeiten kommen daher, dass du das Gefühl, das Gedächtnis und den Verstand mit dem Willen verwechselst. Wenn unser Wille es will, dass alles nach dem Willen Gottes geschieht, dann ist es so, selbst wenn wir es nicht verstehen können, nicht daran denken würden und es auch nicht fühlen können. Denn im Augenblick können wir immer nur an eine Sache denken. Gib dich also ganz ungezwungen der Andacht hin, zu der es dich im jeweiligen Augenblick hinzieht. Aber denke daran, dass das Wesen der Liebe zu Gott allein und ausschließlich in der ständigen Erfüllung seines Willens besteht. Je schwieriger es ist, ihn zu erfüllen, desto mehr Widerwille und Abneigung; je mehr Widerwille und Abneigung, desto größer ist der Beweis der Liebe. Doch gehören diese Schwierigkeiten keineswegs zum Wesen der Liebe; diese kann ohne sie gleich stark sein. Die Schwierigkeiten dienen nur dazu, die Liebe zu beweisen.
Eine andere Sache ist es, wenn einer sich ganz und bedingungslos der Unbefleckten geschenkt hat und weiß, dass er ihr gehört, auch wenn er nicht daran denkt. Wenn er nun zu Jesus im heiligsten Sakrament geht und seine Besuchung ausdrücklich der Unbefleckten anheimgibt – etwa durch ein Ave Maria –, dann weiß er, dass er damit Jesus die größte Freude bereitet, dass sie in ihm und durch ihn diese Besuchung macht und er in ihr und durch sie.
Ebenso gibt es keine bessere Vorbereitung auf die heilige Kommunion, als wenn man die ganze Sache der Unbefleckten übergibt, sofern man nur auch selbst alles tut, was man kann. Sie weiß am besten, wie unser Herz zu bereiten ist. Wir können sicher sein, dass wir so Jesus die größtmögliche Freude bereiten, dass wir ihm dann die größte Liebe erweisen. Und so ist es mit vielen anderen Tätigkeiten.
Noch etwas: Jesus hat gesagt, dass wir den Baum an seinen Früchten erkennen. Wenn dir also etwas Unruhe bereitet und wenn das auch noch der Grund für ein Sichgehenlassen war, dann kommt das sicher nicht von Gott. Eine solche Unruhe ist also verdächtig, und man muss sich ehrlich darum bemühen, den Willen Gottes auch in den kleinsten Dingen zu erfüllen. Wenn dich also etwas unter irgendeinem Vorwand – selbst unter dem einer besseren Andacht – von der Muttergottes wegführen wollte, dann betrachte dies als ein verdächtiges Unternehmen. In ihr und durch sie kommen wir sicher zum Herzen Jesu, und ohne sie ist in dem oben erwähnten Sinn alles nur Täuschung des Satans, der auf die Vernichtung der Seele ausgeht.
Dass auch andere sie lieben
Wer die Unbefleckte uneigennützig liebt, also nicht um seiner selbst willen, sondern ihretwegen, der wird sich nicht mit der eigenen Liebe zu ihr begnügen, sondern sich Mühe geben, dass auch andere sie lieben und ihr in jeder Hinsicht so gehören, wie er selbst ihr gehört.
Liebet sie und betet!
Ich wünsche euch, dass ihr täglich, jeden Augenblick der Unbefleckten näherkommt, dass ihr sie mehr kennenlernt und sie immer mehr liebt; dass ihr euch immer mehr von ihren Gedanken, Absichten und Gefühlen durchdringen lasst; dass ihr euch von ihrer Liebe zu Jesus in der Krippe und im Haus Nazaret und unter dem Kreuz und in der heiligen Eucharistie durchdringen lasst. Mit einem Wort: dass die Flecken der Sünden und der Unvollkommenheit immer kleiner und seltener werden. Liebt sie, soviel ihr nur imstande seid! Schaut auf zu ihr und betet, besonders den kurzen Stoßseufzer „Maria!“, oder in anderer Weise, indem ihr dabei eure Sorgen, Leiden, den Kummer, die Demütigungen und Schwierigkeiten ihr anvertraut.
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Bekehrt durch eine Marienmedaille
Aus dem Jesu-Heim in Girlan (südwestlich von Bozen) wird im Jahr 1911 folgendes geschrieben:
„Heute haben wir etwas Freudiges zu berichten, etwas was so recht zur lebendigen Marienfrömmigkeit passt. Am 20. Oktober 1910 brachte man uns einen schwerkranken 70jährigen Mann aus dem Pustertal. Sein Magenleiden, das ihm große Schmerzen verursachte, war unheilbar, aber auch unheilbar krank schien seine arme Seele. 40 Jahre lang hatte er nicht mehr gebeichtet. Alle Bemühungen des eifrigen Pfarrers seiner Gemeinde waren fruchtlos geblieben. Er betete wohl, verlangte abends selbst das Weihwasser, machte man jedoch die geringste Andeutung vom Beichten, dann fluchte und lästerte er auf die entsetzlichste Weise und erklärte mit einem schrecklichen Schwur, dass er niemals beichten werde. Gleich am ersten Tag seines Hierseins begaben sich alle Bewohner des Jesuheimes in das Gebet, die Kranken opferten ihre Schmerzen, die Schwestern ihre Mühen und Leiden nebst kleinen Bußwerken für die arme verirrte Seele auf. Der arme Leidende wurde mit der größten Liebe behandelt und wir trachteten ihm jeden vernünftigen Wunsch zu erfüllen. Er erkannte das auch dankbar an, aber den heißen Wunsch, der uns alle beseelte, erfüllte er nicht.
Die hochw. Pfarrgeistlichkeit von Girlan besuchte den armen Kranken sehr häufig, besonders gab sich der hochw. Herr Kooperator alle erdenkliche Mühe, ebenso ein hochw. Pater Kapuziner aus Eppan, aber alles schien umsonst, bei der leisesten Anspielung zog der Kranke die Decke über den Kopf und gab keine Antwort mehr. So kam der 27. November, der Tag der Erscheinung der wundertätigen Medaille. Der Kranke wurde schwächer und schwächer, unsere Angst und Sorge immer größer. Um 15.30 Uhr besuchten ihn die hochw. Herren Pfarrer und Kooperator abwechselnd, sie wollten noch einen letzten Versuch machen, wurden jedoch in der schroffsten Weise abgewiesen.
Es ist zu bemerken, dass Valentin gleich bei seiner Ankunft die wunderbare Medaille angenommen hatte und auch trug, doch war sie ihm noch nicht vom Priester umgelegt worden. Hochw. Herr Pfarrer nahm nun die Weihe der Medaillen vor und legte sie allen Kranken um den Hals, die noch keine erhalten hatten. Auch unser Kranker ließ es geschehen und wir verdoppelten unsere Gebete. Darauf schien er zu schlafen und die Schwester, die ihn pflegte, blieb bei ihm. Mittlerweile war es 17.30 Uhr geworden, als er erwachte reichte ihm die Schwester die Medaille zum Kuss, er führte sie mit großer Andacht an die Lippen und sprach auch das Gebetlein nach: O Maria, ohne Sünde empfangen, bitte für uns, die wir zu dir unsere Zuflucht nehmen. Dadurch ermutigt fragte sie ihn, ob er beichten wolle und er antwortete laut und deutlich: Ja. Ob man den Herrn Kooperator rufen dürfe? Ja. Außer sich vor Freude und doch voll Zagen kam der Kooperator in aller Eile, der Kranke beichtete, empfing die heilige Kommunion und die heilige Ölung mit großer Andacht. Nachdem die heilige Handlung vorüber war, fragte ihn die Schwester ob er nun glücklich sei und er antwortete mit inniger Überzeugung: „Sell moan i woll!“ Eine Stunde darauf trat schon äußerste Schwäche ein. Er konnte nicht mehr schlucken und wäre auch nicht mehr imstande gewesen zu beichten. Die Freude, die im ganzen Haus herrschte, lässt sich nicht beschreiben und unser großes, schönes Fest wurde mit ganz besonderem Dankesjubel gefeiert. Der Kranke brachte den ganzen Tag in größter Geistessammlung zu, man konnte ihm nicht genug vorbeten und am 29. zu Mittag während dem Angelus-Läuten verschied er ganz sanft. Sein Grabkreuz ziert die wunderbare Medaille zur Erinnerung an dieses Gnadenwunder."
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