Die Vermählung mit Jesus Christus

 

Wie die allerseligste Jungfrau Maria bereits bei ihrer Opferung im Tempel den Stand der ewigen Jungfräulichkeit erwählte und Gott sich verlobte und vermählte, und dieses ihr Gelöbnis unverletzt beobachtete: in ähnlicher Weise erwählen im Christentum fromme Jungfrauen (und auch Jünglinge) den Stand der keuschesten Jungfräulichkeit, und verloben sich Jesus Christus, dem Gottheiland und Seligmacher, der ja selbst im Stand der heiligsten Jungfräulichkeit gelebt hat, und vermählen sich mit ihm, als ihrem Seelen-Bräutigam, und gehören mit Leib und Seele ihm einzig und allein an und dienen ihm bis zum letzten Atemzug.

 

Sie beherzigen dabei das Wort des Herrn selbst in der Parabel von den zehn Jungfrauen (Mt 25,1-14) und in der vom klugen Kaufmann, wo es heißt: "Das Himmelreich ist ähnlich einem Kaufmann, der gute Perlen sucht. Wenn er eine kostbare Perle gefunden hat, so geht er hin, verkauft, was er hat, und kauft sie." (Mt 13,45)

 

Sie beherzigen den Rat des Apostels Paulus: "Eine unverheiratete Frau und eine Jungfrau ist auf das bedacht, was des Herrn ist, damit sie an Geist und Leib heilig sei in Christus Jesus unserem Herrn." (1 Kor 7,34)

 

Sie beherzigen unaufhörlich den Jubelruf des Psalmisten: "Glückselig, die in Unschuld dahin gehen, die da wandeln im Gesetz des Herrn!" (Psalm 119,1-2)

 

Und von der Gnade Gottes gezogen und von der Liebe und der Frömmigkeit und Weltentsagung gedrängt, begaben sie sich in einen von der Kirche approbierten Orden. Sie schlugen im Geist ihre Wohnstätte unter dem heiligen Kreuz auf.

 

(Den Gegnern des jungfräulichen Ordensstandes hat schon seiner Zeit St. Ambrosius erwidert: "Wollten eure Töchter einen Menschen lieben, so könnten sie nach den Gesetzen wählen, wen sie wollten. Da es ihnen nun erlaubt ist, einen Menschen zu wählen: sollte es ihnen denn nicht auch erlaubt sein, Gott zu wählen?"

 

Von diesen Gottesbräuten gibt der heilige Franziskus von Sales das herrliche Zeugnis:

 

"Sie sind lebendige Brandopfer, köstliche Schlachtopfer eines immerwährenden Opfers, die sie auf dem Altar auf Golgatha Gott darbringen, um unaufhörlich Jesu Christi dem Gekreuzigten, ihrem einzigen Bräutigam, zu dienen. Sie nehmen Anteil an dem Geist seines Kreuzes, widmen sich der Betrachtung seiner heiligen Vorbereitungen zum Martyrertod, um zu lernen, jeden Augenblick sich selbst zu kreuzigen. Sie entsagen jeder Herzensbewegung, die nicht Antrieb zur Liebe ihres Bräutigam ist; ihre Zunge gebrauchen sie nur, ihren Bräutigam zu loben; ihre Gedanken sind stets darauf gerichtet, ihn anzubeten und seine Majestät zu bewundern. Ihre Hände sind nur rührig, um am Fuß des Kreuzes die Tugenden der Demut und Sanftmut und der Einfalt zu sammeln, die dort wachsen, mit dem Blut ihres Vielgeliebten besprengt, der in ihrem Herzen am Kreuz hängt. Ihr Geist beschäftigt sich nur einzig und allein mit der Erlernung und Erfassung der göttlichen Lehre, sich selbst zu verleugnen, sein Kreuz zu tragen und dem gekreuzigten Heiland, dem Lamm Gottes, nachzufolgen: in Verlassenheit und Mangel, bei Unbilden und Schmach, bei allen übrigen Leiden und im Todeskampf; dabei sind sie bemüht, sich durch die schönen Tugenden des Gleichmutes, der Ruhe, des Gehorsams, der Armut und der Liebe zu heiligen, die allein in der großen, auf dem Kalvarienberg gegebenen Lehre begriffen sind.

 

Tag und Nacht stellen sie Betrachtungen an über das heilige Kreuz, dieses Buch der göttlichen Vorsehung, auf dessen erstem Blatt geschrieben steht: Ich will deinen Willen tun, und dein Gesetz soll in der Mitte meines Herzens sein! Die Liebe treibt sie an, dieses köstliche Buch zu nehmen und zu verschlingen, um damit Geist und Herz zu nähren. Sie haben die darin verschlossenen Geheimnisse immer vor ihren Augen, um dieselben zu betrachten, und die darin enthaltenen Grundsätze in ihren Händen, um sie in Ausübung zu bringen, während ihr Inneres Gottes Erhabenheit unaufhörlich lobt und preist. - Ein liebenswürdiges Buch - welches freilich ihrem Innern wohl etwas Bitterkeit bereitet, indem es sie zur vollkommenen Abtötung der Eigenliebe anhält, das aber auch weit süßer als Honig dem Mund ist, indem es einen Trost ohne Gleichen gewährt, die Eigenliebe abzutöten, und an ihrer Statt die Liebe desjenigen herrschen zu lassen, der aus Liebe für uns gestorben ist!

 

Und so ist denn ihre große Bitterkeit auf dem heiligen Berg Golgatha in die Süßigkeit eines überschwänglichen Friedens verwandelt, welcher sie mit wahren Gütern überhäuft und in den Schmerzen der Wunden ihres Bräutigams stärkt, wo sie einen Abgrund von Gnade finden, der sie in ihren edelmütigen Unternehmungen durch die Nähe ihres gekreuzigten Königs kräftigt, sie unwandelhaft nach der Vereinigung mit ihm antreibt, und sie die glückliche Erfahrung machen lässt: dass eine Stunde in dieser heiligen Zurückgezogenheit besser ist, als tausend und tausend Tage in den Palästen der Fürsten, indem er da das Herz entzückt. - Ach, wenn dieser Heiland so viel für uns getan hat, was sollten wir nicht für ihn tun? Wenn er sein Leben für uns hingegeben, warum sollten wir nicht das unsrige gänzlich seinem Dienst und seiner Ehre widmen?"

 

Von der Festigkeit, mit der fromme Jungfrauen sich für die Vermählung mit Jesus Christus entschieden, mögen hier einige Beispiele folgen: 

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Die Wahl der Jungfräulichkeit

 

(Aus: Die Pilgerreise von P. J. N. Stöger)

 

Ein junges, durch schöne Gestalt und günstige Lebensverhältnisse ausgezeichnetes Fräulein hatte einen Mann kennen gelernt, dessen Verbindung ihr die Hoffnung zu gründen schien: in dem Stand der heiligen Ehe jenes Glück zu finden, das gewöhnlich als Ideal eines stillen Familienlebens, oder eines geräuschvollen Weltlebens den vorzüglichsten Gegenstand jugendlicher Wünsche bildet; ein Ideal, wovon das Herz der Jungfrauen meistenteils erfüllt ist, und worauf dem Geist der Welt gemäß sowohl Mütter als Töchter ihre Bemühungen zur Zeit der Erziehung und des jugendlichen Alters hinzulenken pflegen. 

 

Das gedachte Fräulein war zwar in der Lehre des Glaubens wohl unterrichtet, sie hatte mehr als einmal von der Verschiedenheit und dem höheren und niederen Wert irdischer Lebensverhältnisse und wie sie in die Ewigkeit hinübergreifen, sprechen gehört; sie wusste, dass es auch im Himmel verschiedene Grade der Seligkeit gebe und dass jeder und jede sich selbst seine Himmelskrone bereite und nach dem Maß der Liebe, der Opfer und Leiden einst seinen Lohn aus der Hand der ewigen Liebe zu erwarten habe. Solche Gedanken treten aber in den Hintergrund, wenn natürliche Gefühle angeregt sind, wenn menschliche Neigungen das Herz ergriffen haben, wenn es sich um etwas handelt, was uns bisher als das höchste Ziel langjähriger Wünsche vorgeschwebt hat.

 

Die Stunde war gekommen, wo der junge Mann seine Bitte um die Hand des Fräuleins laut und bestimmt aussprach. Die Eltern waren einverstanden, schoben jedoch die Antwort für eine kurze Zeit auf.

 

Endlich wurde ein Tag bestimmt, wo das Jawort gegeben, das Verlöbnis gefeiert, das Eheversprechen besiegelt werden soll.

 

Am Vorabend dieses Tages war das Herz der künftigen Braut auf ungewöhnliche Weise bewegt. - Das Versprechen des Ehestandes ist der erste Schritt zu einem ganz neuen Lebensverhältnis. Ist diese Brücke einmal betreten, so kann man mit Ehren nicht mehr zurück, wenn sie gleich hinter uns nicht abgebrochen ist, was erst beim wirklichen Eintritt in den Ehestand geschieht. Ein Bündnis schließen, das nur der Tod scheidet, sich der Oberherrschaft eines Menschen unterwerfen, der, wie jeder, seine Fehler und Schattenseiten hat, der seine Neigungen oft sehr schnell wechselt, und dessen längerer Umgang nur gar zu leicht die prosaische Seite dieses Erdenlebens zu enthüllen droht: solche Gedanken machen diesen Schritt immer zu einem ernsten, und es ist mehr als einmal geschehen, dass man den Tag und die Stunde zu verwünschen versucht war, wo der erste Ring befestigt wurde, an den sich die lange Kette eines unglücklichen Ehestandes unauflöslich angeschlossen hat.

 

Alle diese Bedenken waren jedoch bald beseitigt und es stand in dem Gemüt dieser Jungfrau fest, am kommenden Tag ihr Jawort zu geben. - Doch plötzlich erhebt sich ein Sturm ganz anderer Art. Der Schlaf flieht von ihren Augen. Das Christentum und seine erhabene Lehre macht ihr mit Tageshelle klar, dass es in diesem Leben so manche Adelsstufen in der Nachfolge Jesu und Mariä gebe, deren Folgen hinübergreifen in die lange Ewigkeit. Die Wahrheit von den evangelischen Räten tritt ihr als Gegensatz zu dem gewöhnlichen Christenleben, wie ein schreckendes Geisterbild vor die Augen der Seele. "Jungfräulichkeit, edle Jungfräulichkeit, dir muss ich entsagen, wenn ich die Lilie mit dem Hochzeitskranz vertausche! Ich weiß wohl, wie heilig das Bündnis der Ehe ist; es soll ein Abglanz sein des Bundes der Liebe zwischen Christus und seiner Kirche. Aber die christliche Jungfräulichkeit ist höher noch als die christliche Mutterschaft. So weit der Himmel über die Erde erhaben ist, weiter noch und höher steht die jungfräuliche Würde über den gewöhnlichen Lebensverhältnissen!" - Und von solchen Gedanken gleich einem Schifflein auf sturmbewegter See geschaukelt, konnte sie die ganze Nacht kein Auge schließen, und immerdar hörte sie im innersten Grund ihrer Seele jene geheimnisvollen Worte der Apokalypse: "Die Jungfrauen werden zunächst beim Lamm sein; sie werden dem Lamm folgen, wo es immer hingeht!" - Und diese Stimme ruhte nicht, die ganze Nacht hindurch ihr armes Herz gleichsam zu bestürmen, bis sie beim einbrechenden Morgen zum Entschluss gelangte: "Jungfräulichkeit, ich entsage dir nicht; wenn ich dir ein Mal entsage, dann wäre kein Widerruf möglich; ich entsage dir nicht, edle, heilige, himmlische Jungfräulichkeit!"

 

Alsbald eilte sie zur Mutter, erklärte ihr, sie könne nicht heiraten, es sei ihr nicht möglich. - Das Verlöbnis unterbleibt, und nicht lange danach trat sie in die Ordensgemeinschaft der Frauen vom guten Hirten und erwählte für dieses kurze Erdenleben: eine jungfräuliche Braut des jungfräulichen Bräutigams Jesus Christus zu sein. -

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"Ich nehme nur einen Königssohn!"

 

In längst vergangenen Zeiten blühte, einer Frühlingsblume gleich, die junge Herzogin von Sandoval. Vom höchsten Adel, geschmückt mit allen Gaben der Schönheit und des Geistes, die reiche Erbin ihres hochgestellten Vaters, war sie die Gefeierte am Hof. Bei solchen Eigenschaften war es erklärlich, dass viele, auch aus den höchsten Ständen, um ihre Hand sich bewarben. Indes, die junge Herzogin blieb im Bewusstsein ihrer Vorzüge von übermäßigem Stolz eingenommen. Nur einem Königsohn ihre Hand zu geben, dies bezeichnete sie als ihren festen Entschluss. Alle anderen Lebensverhältnisse schienen ihr zu niedrig und zu schlecht.

 

Ein junger Herr, der nichts unversucht ließ, die Gunst der schönen und reichen Dame zu gewinnen, wendete sich an ihre Kammerfrau mit der Bitte, ihre Fürsprache in dieser Beziehung geltend zu machen.

 

Als nun diese Kammerfrau eines Tages im Gespräch mit der Herzogin die edlen Eigenschaften des gedachten jungen Mannes anpries und empfahl, ging sie ganz stolz im Zimmer auf und ab, wies jeden Gedanken an eine solche Verbindung zurück, und wiederholte immer wieder die Worte: "Niemand anderen nehme ich, als einen Königssohn, als einen Königssohn!" - Während sie im stolzen Selbstgefühl im Saal auf- und niederging, fiel ihr Blick auf das Bild des Gekreuzigten, das an der Wand hing, und in diesem Augenblick hörte sie ganz deutlich, wie eine laute, innere Stimme zu ihr die Worte sprach: "Nimm mich, ich bin der Sohn eines großen Königs!" - So wie das Feuer des Blitzes plötzlich eine dunkle Nacht erhellt, so durchzuckte dieses Wort die Seele der jungen Herzogin. "Ja, fürwahr," rief sie bei sich selber aus, indem sie ihr Auge vom Bild des Erlösers nicht abwandte, "ja, fürwahr, du bist ein Königssohn; du bist selber ein König, und zwar der König der ewigen Glorie, der König der Unsterblichkeit, dessen Reiches kein Ende sein wird!" - Und nach kurzem Überlegen rief sie mit Begeisterung aus: "Ich nehme dich, so wie du bist!"

 

Von diesem Augenblick an entsagte die junge Herzogin den täuschenden und vergänglichen Freuden der Welt, weihte ihr Herz, ihre Güter und ihr Leben der Liebe und dem Dienst des gekreuzigten Jesus und wurde eine glückliche Ordensbraut im Klosterstand.

 

Ich liebe einen Königssohn

Ich lieb` ihn ganz allein;

Er trägt die allerhöchste Kron`

Von rotem Edelstein.

 

Ihn schmückt ein silberweiß Gewand,

Ein Purpurmantel weht;

Er hält zwei Rosen in der Hand,

Sein Fuß auf Rosen steht.

 

Ihm blüht ein Strauß an seiner Brust,

Von Rosen weiß und rot;

Ihn lieben, das ist meine Lust,

Ihn lassen, wär` mein Tod.

 

Doch ist noch viel zu kalt mein Herz,

Mit Wehmut klag ich`s Dir;

Ach, Jesu! zieh` mich himmelwärts,

Gib Liebe, Liebe mir!

 

Gib Liebe, Liebe bis zum Tod,

Gib Eifer mir und Mut;

Mit Dir zieh` ich durch Feind und Not,

Mit Dir durch Flamm` und Glut!

 

Mit Dir - wie klingt das Wort so schön,

Mit Dir - o Seligkeit!

Kann froh zum letzten Kampf ich gehn,

Du stehst mir bei im Streit!

 

(Melchior von Diepenbrock)

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Die vernünftige Wahl

 

Johanna, die Tochter des Königs Alphons V. von Portugal, war eine Jungfrau gleich ausgezeichnet durch ihre körperlichen Vorzüge, wie durch die Tugenden ihres Geistes. Darum warben auch die vornehmsten Fürsten der ganzen Christenheit damals um ihre Hand. Unter diesen befand sich Ludwig IX., König von Frankreich, für seinen Sohn Carl VIII., Maximilian, Erzherzog von Österreich, später römischer Kaiser, und Richard III., König von England.

 

Ihr königlicher Vater ließ es ihr gar wohl merken, wie gern er es sähe, wenn sie einen von diesen drei mächtigsten Werbern sich zum Gemahl erküren würde.

 

Und Johanna benützte eines Tages die günstige Gelegenheit und trat mit Ehrfurcht und kindlicher Zuversicht vor ihren teuren Vater hin - - mit den Worten: "Innigst geliebter Vater, edler König und Herr! Mächtige Herrscher werben um meine Hand und verlangen mich zur Gemahlin. Unermesslich sind die Schätze, die meiner warten, und herrlich die Hoffnungen, welche sie mir bieten; ich weiß es, ich kann Königin, ich kann sogar Kaiserin werden. Allein, was hilft mir Gold und Silber, was Ehre und ein stolzer Titel? Das ist ein Klang nur und ein schnell verwehender Schimmer, den das Leben gewährt und der Tod hinwegnimmt! Deshalb überlegte ich diese Sache ernstlich bei mir. - Ich durchlas heute alle Namen der großen Fürsten, die mir die Hand zum heiligen, unzertrennlichen Bund der Ehe bieten wollen; und wie ich nun so las, da stellte ich an jeden die Frage: "Wie, wirst Du nie mein Herz betrüben?" Und es dünkte mir, als ob ein jeder mir zur Antwort gab: "Im Leben nicht; wohl aber da, wo der Tod, der grausam unerbittliche, uns trennen wird; in dieser düsteren Stunde wird dein Herz bluten und dein Auge weinen, und wertlos werden mit dem Tod all die Schätze, die wir zum Brautgeschenk dir mitbringen!" - Eine furchtbar düstere Sprache war das für mein ernstgestimmtes Herz. - In diesem Augenblick meldet sich aber plötzlich ein neuer Werber an und spricht zu mir: "Prinzessin! wähle klug! Auch ich biete dir meine Hand, die da Königreiche trägt auf ihren Fingern und Kronen gibt den Königen und Fürsten der ganzen Erde! Ich allein bin es, der nicht stirbt, und ewig dauert meine Herrschaft, die ich führe, ewig sind die Schätze, die ich zum Brautgeschenk dir darbiete!" . Sprachs und verschwand. - Sag denn an, Vater! welche Wahl soll deine Tochter nunmehr treffen? Sag es nur frei heraus aus deinem Herzen, wie es dir die Vaterpflicht gebeut!"

 

Und Alphons erwiderte, ohne lange sich zu bedenken: "Johanna, teures Kind! wohlan, nimm zum Gemahl diesen letzten unter den Werbern, denjenigen der Könige, der da ewig ist, und dessen Schätze ewig währen!"

 

Mit Freuden vernahm Johanna den schönen väterlichen Rat, der so gänzlich der Sehnsucht entsprach, die sie schon längstens in ihrem Herzen genährt. Sie begab sich in den Orden der Dominikanerinnen, um da auf ewig die Braut dessen zu sein, der selbst ewig ist, und ewig lebt und ewig bleibt, und mit ewigen Gütern lohnt, und ewig beseligt alle diejenigen, die innigst ihn lieben und treu ihm dienen, wie Johanna, die fromme, die ehemalige Fürstenbraut.

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Der verheißene Bräutigam

 

Der heilige Hilarius, Bischof von Poitiers, war früher verehelicht, als er Priester und Bischof wurde. - Er hatte eine Tochter. - Als er von den Verfolgern der Kirche wegen seiner Standhaftigkeit im Bekenntnis des Glaubens nach Asien verwiesen wurde, ließ er sein Töchterlein, das sich noch in den Kinderjahren befand, bei einer christlichen Familie zurück zur Erziehung.

 

Nach einigen Jahren warb ein Jüngling von gutem Stand und Vermögen um die Hand dieser mit allen Vorzügen der Natur geschmückten Jungfrau, und wünschte sie zur Ehe zu nehmen.

 

Die Jungfrau, eingedenk des vierten Gebotes, wollte aber nicht früher ihre Einwilligung geben, als bis sie die Zustimmung und den Segen ihres abwesenden lieben Vaters erhalten habe. Sie schrieb ihm also an den Ort seines Exils.

 

Der alte Hilarius gab ihr darauf zur Antwort: "Der Bräutigam, der sich um deine Hand bewirbt, ist für dich viel zu geringen Standes, er ist für dich nicht schön genug, er ist nicht reich genug, er ist nicht weise genug, er ist nicht liebenswürdig genug. Dein Herz ist zu edel, als dass du eine so niedrige Verbindung eingehen solltest. Ich habe dir einen anderen Bräutigam ausgesucht, er ist ein Königssohn, und seine Schönheit und seine Güte, sein Reichtum, seine Macht übertrifft alle deine Vorstellung. Ich bin gewiss, du wirst ihn lieben, wenn du ihn kennenlernst, und durch seine Liebe wirst du glücklich sein. Wenn ich bald heimkehre, wie ich hoffe, so bringe ich dir sein Bildnis mit, bis er selbst kommen wird, um sich mit dir zu vermählen. Wenn du also dem Rat deines Vaters folgen willst, so weise den Jüngling zurück, der um deine Hand freit, und habe etwas Geduld, bis der Bräutigam kommt, der deiner Liebe würdig ist!"

 

Die Jungfrau folgte dem Rat ihres Vaters, und als Hilarius wieder nach Frankreich zurückkam, so zeigte er seiner Tochter das Bild des gekreuzigten Gottesheilandes Jesus Christus, des himmlischen Bräutigams reiner Seelen. Und sie war mit dieser Wahl zufrieden, und entschloss sich, ihr Herz gänzlich und ausschließlich der Liebe Jesu zu weihen.

 

Nicht lange danach lag diese Jungfrau in der schönsten Blüte ihrer Jugend auf dem Sterbebett. Hilarius stand seiner sterbenden Tochter mit dem Trost des Evangeliums bei. Und als er ihr Jesus im allerheiligsten Sakrament als Wegzehrung brachte, und ihr das Lamm Gottes zeigte, bevor sie es in ihr Herz aufnahm, da sprach er mit Rührung und  gläubiger Freude: "Siehe, meine Tochter, der Bräutigam kommt! Das ist der Königssohn, mit dem ich dich verlobt und vermählt habe, dem du dein Herz und deine Liebe geschenkt hast! Gehe ein in die Freuden des Herrn, ziehe hin zu dem himmlischen Hochzeitsfest, und sei glücklich auf ewig durch das Bündnis der göttlichen Liebe!"

 

"Selig diejenigen, die zur Hochzeitsfeier des Lammes geladen sind!" (Offb 19,9)

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