Die heilige Mutter Anna
Betrachtungen
für alle Dienstage des Jahres
1. Annas Voreltern
2. Annas Heimat
3. Annas Eltern
4. Die Geburt Annas
5. Der Name Annas
6. Die Gestalt Annas
7. Anna im Tempel
8. Der Gatte Annas
9. Ihr Familienleben
10. Die Prüfung
11. Anna als Mutter
12. Der Name Maria
13. Die Reinigung
14. Das Opfer
15. Aufenthalt in Jerusalem
16. Das Haus
17. Des Vaters Tod
18. Am Sterbebett der Mutter
19. Annas Grab
20. Ihre Kirchen
21. Ihre Wunder
22. Ihre Wunder
23. Ihre Reliquien
24. Ihr Fest
25. Ihre Bruderschaften
26. Ihre Gnadenorte
27. Ihre Verehrer: Maria
28. Der heilige Augustin
29. Der heilige Johannes von Damaskus
30. Der heilige Thomas von Aquin
31. Der gottselige Abt Trithemius
32. Die heilige Theresia
33. Die heilige Koleta
34. Die heilige Brigitta
35. Die heilige Kirche
36. Kaiser, Könige und Fürsten
37. Länder und Städte
38. Orden und Innungen
39. Annas Kleidung
40. Verschiedene Anna
41. Anna, Patronin der Bergleute
42. Patronin der Armen
43. Patronin der Betrübten
44. Patronin der Kranken
45. Patronin der Kinderlosen
46. Patronin der Ehefrauen
47. Die hellrote Nelke
48. Die dunkelrote Nelke
49. Die gelbe Nelke
50. Die weiße Nelke
51. Die bunte Nelke
52. Die Paradiesnelke
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1. Annas Voreltern
Die Voreltern der heiligen Anna, wie die gottselige Katharina Emmerich berichtet, waren Essener. Diese wunderbar frommen Leute stammten von jenen Priestern her, welche in den Tagen des Mose und Aaron die Bundeslade trugen. Sie erhielten zur Zeit des Propheten Jesaja und Jeremia eine eigene bestimmte Lebensordnung. Sie wohnten hauptsächlich am Berg Horeb und Karmel. Auf dem Berg Horeb hatten sie ihre Zellen und an eine größere war ein großer Versammlungssaal angebaut. Sie trieben Ackerbau, Viehzucht und Gartenbau. Der Berg Horeb war zwischen ihren Hütten voll von Gärten und Obstbäumen. Die übrige Zeit verwendeten sie auf flechten, weben und sticken von Priesterkleidern.
Zur Zeit der Großeltern Annas war ihr Oberhaupt ein Prophet namens Archos. Er hatte Gesichte in der Höhle des Elias auf Horeb, welche sich auf die Ankunft des Messias bezogen. Er wusste um das Geschlecht, aus dem der Messias kommen würde; und wenn Archos den Voreltern Annas über ihre Nachkommen weissagte, sah er auch, wie die Zeit sich nahte.
Der Großvater Annas, ein Essener, hieß vor seiner Vermählung Stolanus. Durch seine Frau und deren Güter erhielt er den Namen Garescha. Die Großmutter Annas war von Mara in der Wüste und hieß Moruni oder Emorum, das heißt: Erhabene Mutter. Sie vermählte sich mit Stolanus auf Geheiß des Propheten Archos, welcher gegen neunzig Jahre das Oberhaupt der Essener und ein sehr heiliger Mann war, bei dem sie vor der Vermählung sich immer berieten, um nach seinen Weisungen ihre Wahl zu treffen. Wunderbarer Weise weissagten jene prophetischen Oberhäupter immer auf weibliche Nachkommenschaft, wie auch die Voreltern Anna und Anna selbst immer Töchter hatten. Es war, als sei ihrem heiligen Dienst die religiöse Heranbildung jener reinen Gefäße obgelegen, welche heilige Kinder empfangen sollten: Den Vorläufer Johannes, Christus selbst, Apostel und Jünger.
Archos schaute in einem Gesicht wie aus Emorum ein Rosenstock mit drei Zweigen hervorwachse und er erklärte ihr, dass sie heiraten soll und dass sie ein auserwähltes Kind gebären werde, das ein Gefäß der herannahenden Verheißung sein werde.
Gebet
O heilige Mutter Anna, Deine Geburt wurde lange und auf wunderbare Weise vorbereitet. Du gleichst hierin der Sonne, welche lange zuvor schon durch die Morgenröte ihr Erscheinen verkündet. Heilig war Dein Ursprung und dieser Glanz der Herrlichkeit erschien schon in Deinen Voreltern sichtbar und ging durch Deine getreue Mitwirkung auch auf Dich über. Welch ein Grund für mich, Dich hochzuverehren und mich an den Strahlen der Gottesfurcht und Frömmigkeit, welche schon Deine Ahnen umleuchteten, zu erfreuen. Doch diese Freude soll auch in mir eine fruchtbringende werden und meiner Seele zum Heil gereichen. Wenn auch meine Eltern und Voreltern nicht so heilig waren, wie die Deinigen, so hatten sie doch viel Gutes an sich und gar manche Tugend glänzte in ihrem Leben. Wenn Du mir beistehst, heilige Mutter Anna, werde ich im Stande sein, meinen guten Eltern nicht unähnlich zu werden, sondern in allem Guten ihnen nachzufolgen. Ich rufe daher zu dieser Nachfolge Deine mächtige Hilfe an und hoffe zuversichtlich, dass, während ich für meine Eltern mein tägliches Gebet verrichte, ich durch Dich auch aufgemuntert werde, ihre Tugenden nachzuahmen. Durch Deine Fürbitte werde ich auch die nötige Kraft erlangen und jenen Eifer, welcher rastlos fortschreitet, und jene Beharrlichkeit, welche auf dem Weg der Tugend nicht müde wird, sondern ausharret bis an das Ende. Amen.
Lied
Einen Rosenstock sah man entsteigen
Der Großmutter heiligem Schoß;
Gott wollte dadurch ihr zeigen,
Wie ihr Kind einst würde so groß!
O heilige Anna, nicht prangten
Deine Ahnen durch Wunder allein,
Dahin sie durch Tugend gelangten
Und wollten Dein Vorbild sein!
Und Ihnen ganz nachzustreben,
Dies war Deiner Tage Bemüh'n,
Erfleh' mir die Gnade: zu leben
Für Gott, für die Tugend erglühn!
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2. Annas Heimat
Die Heimat der heiligen Mutter Anna war Betlehem. Der erste Anblick eines Ortes, wie Betlehem, macht einen seltsamen Eindruck auf die Seele; es ist, wie wenn plötzlich das Bild, das schon in der Kindheit der Seele vorgestellt und eingeprägt wurde, aus der innerlichen Vorstellung heraustrete und nun zu einer äußerlichen Wirklichkeit sich verwandelte - es kommt einem vor wie eine alte Heimat, ja wie ein wirklich Stein gewordener Teil der eigenen Seele; und sie fliegt grüßend mit dem Blick dem Ort entgegen, dem Ort, der dadurch noch unendlich lieber uns wird, weil er die Heimat derjenigen ist, die wir so innig verehren, der heiligen Anna.
Betlehem liegt zwischen zwei Hügeln auf einem Abhang, der sich in ein tiefes Tal hinabsenkt und mit Öl-, Feigen- und Mandelbäumchen reich bedeckt ist. Der kräftige Boden trägt üppige Feldfrucht und hie und da kleine winzige Wiesenstellen, frisch und zart wie grüner Samt. Die Vögel singen um Betlehem; das ist selten in Palästina. Die ganze Landschaft ist anmutig, frühlingsmäßig, ohne Glut und Glanz, unbeschreiblich passend für die liebliche Geschichte der Ruth, die sich hier zutrug; für die Kinderspiele des Hirtenknaben David, der hier seine Kindheit zugebracht hat; für die Wiegenstätte des göttlichen Kindes, für die Heimat der heiligen Anna. Ach, wie sind uns diese Hügel und Täler, diese Wiesen und Fluren so lieb und teuer, weil sie Zeuge waren ihrer Kindheit! - Sie sahen ihre frohen Spiele, sie vernahmen ihre Gebete und Gesänge, sie waren und blieben für Anna süße Erinnerungen, als sie nicht mehr in Betlehem verweilte und Tage schwerer Prüfungen und bitterer Trennungen über sie kamen.
Gebet
O heilige Anna, Du liebtest Deine Heimat und der Ort, wo Du das Licht der Welt erblickt und Deine Jugendjahre zugebracht, blieb Deinem Herzen ewig teuer. Doch Du lebtest im Glauben; alles Irdische hatte nur in Beziehung auf das Himmlische für Dich einen Wert; alle Dinge dieser Erde schautest Du nur im Licht des Glaubens. Aus diesem Grund war auch Deine Liebe zur Heimat nur der Wiederschein einer höheren Liebe, die Dein Inneres durchdrang und beseelte. Du hingst an Deinem Vaterland, weil es Dich an das ewige Vaterland mahnte; Du liebtest Deine Heimat, weil sie Dich an Deine himmlische Heimat erinnerte. Nach dem Himmel sehnte sich Dein Herz, dorthin ging all sein Verlangen und immer kehrten die Gedanken Deiner Seele wieder: Wenn mein irdisches Vaterland schon so schön ist, wie schön wird erst mein ewiges sein? Wenn ich meine Heimat hienieden schon so sehr liebe, wie soll, wie muss ich erst meine himmlische Heimat lieben und mich danach sehnen! - Diese höhere Liebe wurde Dir aber auch belohnt, diese geistige Sehnsucht vollkommen gestillt; Du weilst nun im Himmel. O erfülle, ich bitte Dich, auch meine Seele mit diesem heiligen Verlangen nach der ewigen Heimat und erflehe mir die Kraft und Gnade, dass ich hienieden fromm und tugendhaft lebe, um einst in den Himmel zu kommen, der die Heimat meiner Seele ist. Amen.
Lied
O Bethlehem, du Städtchen,
Wo Anna's Wiege stand,
Wo sie als Kind und Mädchen
Die Lust der Jugend fand.
Sie hatte lieb und gerne
Den trauten Heimatort,
Und war ihr Leib ihm ferne,
Blieb doch die Seele dort!
Von höherem Verlangen
War dies der Widerschein,
Den Himmel zu erlangen,
Dies wollte sie allein!
Vom irdischen Vaterlande
Zieh, Anna, himmelwärts
Mit Deiner Liebe Bande
Im Sturme unser Herz!
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