Inhalt:

 

1. Napoleon und Pius VII.

2. Nikolaus von der Flüe und Europa

3. Neid

4. Nachfolge Christi

5. Nationalsozialismus

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Napoleon I. 

Pius VII. und Napoleon I. in Fontainebleau

Napoleon Bonaparte in einer Sonnengloriole

 

1. Napoleon und Pius VII.

 

Der Kreuzweg des Papstes Pius VII. im Juli 1809

 

Am 10. Juni 1809 verkündete Kanonendonner zu Rom das Ende des Kirchenstaates. Von der Engelsburg sank das päpstliche Wappen, stolz wehte dafür Frankreichs dreifarbige Fahne. So raubte Napoleon I. voll Übermut den mehr als tausendjährigen Besitz des Papstes. Was tat Pius VII. gegen diese Willkür und Gewalt? Sogleich ließ er die Bannbulle an Roms Hauptkirchen bekannt machen. Doch trotzig höhnte der Korse: „Deswegen fallen meinen Soldaten die Waffen nicht aus den Händen!“

 

Die Völkergeißel schwingt Napoleon:

„Vor meinem Tritt erzitt`re Petri Thron!

Was will gen mich der blöde Priestergreis?

Er fällt in Staub wie seine Locke weiß.

Und die Tiara? Die zerbricht mein Zorn;

Das Papstgewand zerreißen meine Spor`n!“

 

Welch düsteres Bild brachte aber erst der 6. Juli 1809 zu Rom! Nächtliches Dunkel umfängt noch den Quirinal, den päpstlichen Palast. Französische Truppen umzingeln ihn. Unheimliche Gestalten ersteigen auf Leitern die Gartenmauer, sie rennen mit Fackeln durch den Garten und zertrümmern mit Äxten die Türen. General Radet dringt ins Audienzzimmer des Papstes. Pius, rechtzeitig geweckt und angetan mit Mozetta und Stola, erklärt würdevoll, lieber alle Verfolgung zu leiden, als auf die Rechte des apostolischen Stuhles zu verzichten. Da muss er sogleich den im großen Hof bereitstehenden Wagen besteigen, nur von einem Kardinal begleitet, von Bartholomäus Pacca, der in seinen „Denkwürdigkeiten“ sich glücklich preist, der Simon von Cyrene des Statthalters Christi auf diesem Kreuzweg gewesen zu sein.

 

Im ersten Frührot schimmern die Zinnen der ewigen Stadt, als eilends der Wagen, von Gendarmen umringt, zum Tor hinausrollt. In Monterosi stehen viele Frauen an den Haustüren; sobald sie den Papst als Gefangenen behandelt sehen, erschallt herzzerreißendes Weinen und Wehklagen: „Sie führen uns den Heiligen Vater fort! Sie führen uns den Heiligen Vater fort!“ Pius gedenkt tief bewegt des Mitleids, das einst Jerusalems Töchter dem kreuztragenden Heiland selbst geweiht. – Nur in Viterbo ist ihm etwas Rast und Labung vergönnt, aber erst um 11 Uhr nachts, also nach 19 furchtbaren Leidensstunden, findet er Nachtherberge. Doch was für eine! Ein kleines Zimmer im elenden Posthaus zu Radicofani dient dem ehrwürdigen Greis als Schlafgemach. Wehmütig sieht Kardinal Pacca den leidenden Zustand des Heiligen Vaters und bewundert seine Seelenstärke. Lebhaft schwebt ihm das Evangelium dieses denkwürdigen Tages, der Oktav vom Fest der Apostelfürsten, vor der Seele: der göttliche Heiland wandelt über den stürmischen See Genezareth und bietet dem sinkenden Petrus mild die hilfreiche Hand.

Noch viele Qualen bringt die Weiterfahrt am 7. Und 8. Juli. In Toskanas Gefilden hat der Wagen sogar einen Unfall. Eine Menge Volkes sieht es und eilt voll Mitleid heran, zu helfen. Die Gendarmen, totenblass im Gesicht, versuchen mit Säbeln das Volk zurückzuweisen, aber es umringt kindlich den Heiligen Vater, ehrfürchtig seine Hände zu küssen, ja schätzt sich glücklich, seine Kleider zu berühren. Mit lächelndem Mund dankt der Papst für die liebevolle Teilnahme und erteilt freundlich allen den Segen. Noch manche Toskaner bitten am Weg stehend innig um den Segen des Papstes, bis schließlich am Abend des 8. Juli die Kuppeln und Türme von Florenz winken. Hier im Kloster der Kartäuser hofft Pius, ganz ermüdet und kraftlos, doch etwas mehr Ruhe zu finden. Aber schon frühmorgens – es ist Sonntag – muss er, ohne den Trost des heiligen Messopfers genossen zu haben, weiter wandern, weit fort, über die Alpen nach Valence und das nur, um bald wieder zurückgeschleppt zu werden bis Savona, wo er in höchster Dürftigkeit ankam und selbst Kleider als Almosen anzunehmen gezwungen war. Mit zwei Mark pro Tag wurde er auf Hungerkost gesetzt und sogar sein Brevier wurde ihm genommen. Wahrlich ein Kreuzweg voll Schmach und Schmerz, der Anfang langer Gefangenschaft!

 

Gegen Ende des Jahres 1811 befahl Napoleon, seinen hohen Gefangenen wiederum nach Frankreich zu verbringen. Obwohl der Papst schwer erkrankt war, so dass er mit den heiligen Sterbesakramenten versehen werden musste, schleppte man ihn doch Tag und Nacht weiter, und wenn man anhielt, um zu speisen, durfte er den Wagen nicht verlassen, sondern man schob ihn in eine Remise, wo Pius seine dürftige Nahrung zu sich nahm. So kam er nach Fontainebleau. Dort traf er endlich mit Napoleon selbst zusammen, aber ohne von seiner Festigkeit im Kampf für die Sache der Kirche und von seiner Geduld zu lassen. Von Napoleon hart bedrängt, ja sogar mit Absetzung bedroht, ahmte Pius in unüberwindlicher Milde die Sanftmut und Geduld des göttlichen Herzens nach und erwiderte ruhig: „Ich will die Drohungen zu den Füßen des Gekreuzigten niederlegen und es ihm überlassen, meine Sache zu rächen, denn sie ist seine eigene.“ Er hoffte nicht vergeblich. Der göttliche Heiland half der Kirche, seiner heiligen Braut, mächtig auch in diesen Stürmen und Kämpfen und gab ihr endlich die glorreiche Siegeskrone.

 

Noch während der Statthalter Christi in Fontainebleau gefangen saß, bereitete Gott seine ernsten Strafgerichte gegen dessen Henker vor, um ihn die Folgen des Kirchenbannes, den er verlacht hatte, fühlen zu lassen. Mit einer halben Million Krieger und 1500 Kanonen, der stärksten Armee, die Europa je gesehen hatte, zog Napoleon zum großen Feldzug gegen Russland aus. Doch Gottes Zorn erreichte ihn in Gestalt eines überaus strengen Winters, der sein Heer auf den Eisfeldern von Russland aufrieb, und die Flammen von Moskau raubten ihm auch noch die letzte Zufluchtsstätte.

 

Gründlich gedemütigt, ließ der Korse Pius VII. endlich nach Savona zurückkehren und bald darauf in Freiheit setzen. Am 24. Mai 1814 konnte der edle Dulder, mit unendlichem Jubel als Papst-König begrüßt, wieder seinen Einzug halten ins ewige Rom. 60 junge Männer zogen den Triumphwagen durch die reichgeschmückten Straßen. Alles eilte in den Petersdom, um dem zu danken, der den Demütigen erhöht und den Stolzen in den Staub geworfen hatte. Napoleon selbst musste in demselben Schloss, in dem er in seinem Übermut den Papst gefangen gehalten hatte, seine Abdankung unterzeichnen. In der Einsamkeit in St. Helena konnte er dann lange genug nachdenken über die Verheißung, die Christus uns gegeben hat: „Ich bin bei euch alle Tage, bis ans Ende der Welt.“

Für die katholische Kirche aber blühten von neuem Freiheit und Friede:

 

Aus dem Blut hervorgegangen,

Das vom Kreuze niederfloss,

Von der Purpurflut umfangen,

Die sich Meeresgleich ergoss,

Hat sie höchsten Sieg errungen

Und die Macht der Welt bezwungen.

 

An den felsenfesten Türmen

Brachen List sich und Gewalt;

Herrlicher aus allen Stürmen

Trat hervor die Lichtgestalt,

Tragend an der Stirn das Zeichen,

Dem der Hölle Pforten weichen.

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2. Nikolaus von der Flüe und Europa

 

Nikolaus von der Flüe, Schweizer Einsiedler, + 21.3.1487 – Fest: 25. September

 

Ein Jubiläum

 

Die katholische Schweiz feiert im Jahr 2017 ein Fest, das wie kein anderes für unsere Zeit sich eignet. Am 21. März 2017 waren es nämlich 600 Jahre, dass der heilige Friedensstifter Nikolaus von der Flüe geboren wurde.

 

Die Heimat des Heiligen ist der kleine Ort Flüe im Ländchen Obwalden, das südlich des wunderschönen Vierwaldstätter Sees liegt. Schon früh trat in dem Jungen eine außergewöhnliche Neigung zu einem ganz innerlichen Leben zutage, und der kleine Nikolaus hatte keinen sehnlicheren Wunsch, als ein Einsiedler zu werden. Doch erkannte er bald, dass ihn der Wille Gottes zunächst zu etwas anderem, nämlich zum tätigen Leben und zum Wirken in der Welt, bestimmt habe. So widmete sich denn Nikolaus dem Beruf eines Landwirtes, und er trat auch, dem Wunsch seiner Eltern entsprechend, in den Ehestand, in dem ihm der Herr zehn Kinder schenkte, die er mit seiner gottesfürchtigen Gemahlin Dorothea aufs sorgfältigste und gewissenhafteste erzog. Der tüchtige junge Mann lenkte aber bald die Aufmerksamkeit seiner Mitbürger auf sich, die ihm die höchsten Ehrenstellen des Landes anvertraut hätten, wenn Nikolaus sie nicht in seiner Demut abgelehnt hätte. Wir erfahren jedoch aus der Geschichte, dass Nikolaus im Krieg seinen Landsleuten als Hauptmann voran zog und seinem Land als Richter diente.

 

So erreichte Nikolaus sein fünfzigstes Lebensjahr. Nun aber empfand und erkannte er, dass die Zeit gekommen sei, dem nie in seinem Inneren erstorbenen Drang nach der Einsamkeit und der ausschließlichen Hingabe an Gott zu folgen. Schweren aber doch starken Herzens nahm er Abschied von seiner zärtlich geliebten Familie und führte von da an in einem engen und tiefen Waldtal in einem kleinen Häuschen ein Leben möglichster Zurückgezogenheit von Menschen und des vertrautesten Umganges mit Gott. Vollständig von den Menschen sich zu trennen, war ihm freilich nicht möglich, denn die Bekümmerten und Leidtragenden des ganzen Landes fanden den Weg zu seiner Zelle, von der sie nie ohne ein Wort des Trostes und der Belehrung schieden.

 

Welch großes Ansehen der Einsiedler Nikolaus in der ganzen Schweiz genoss, bezeugt der Umstand, dass er in einem gefährlichen Streit, in dem der Schweizerbund in die Brüche zu gehen drohte, von beiden streitenden Parteien als Vermittler gerufen wurde und dass diese sich auch seiner Entscheidung fügten. Und wie hoch der demütige Einsiedler bei Gott dem Herrn in Ehren stand, bezeugt die weitere, aufs Beste beglaubigte Tatsache, dass Nikolaus nahezu zwanzig Jahre lang sich nur vom Himmelsbrot ernährte, also keiner leiblichen Nahrung bedurfte.

 

Das ganze Leben des Heiligen lässt sich wohl am kürzesten und schönsten zusammenfassen in dem Gebetchen, das er täglich verrichtete und das da lautet:

 

O Herr, nimm alles von mir,

Was mich hindert zu dir!

 

O Herr, gib alles mir,

Was mich fördert zu dir!

 

O Herr, nimm mich mir

Und gib mich ganz zu eigen dir!

 

Nikolaus schied aus diesem Leben an seinem 70. Geburtstag, am 21. März 1487. Möge die Fürbitte des Heiligen auch das sich einigende Europa Gott, dem christlichen Glauben und dem Schutz des Lebens näher bringen, und möchte er so auch für uns heute ein Friedensstifter werden!

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3. Neid

 

Fragen wir nach der Ursache, aus der so mancher Mörder einen Mitmenschen tötet, so werden wir denselben Beweggrund finden, der den ersten Mörder, Kain, zum Brudermord veranlasste, nämlich den Neid. Betrachten wir die Bosheit und die Strafe des Neides.

 

1. Der Neid ist eine Ausgeburt der Hölle. Der Teufel ist der Vater des Neides. Durch den Neid des Teufels ist die Sünde in die Welt gekommen. Daraus lässt sich die Bosheit des Neides leicht erkennen. Der Neider empört sich gegen Gottes Macht und Güte. Gott gibt jedem Menschen Dasein, Kräfte, Fähigkeiten und Güter wie es ihm gefällt. Niemand kann sich beklagen, dass er zu wenig empfangen habe. Denn worauf könnte der Mensch Anspruch erheben? Wer will Gott Vorschriften machen, wie er seine Güter verteilen soll? Hat er nicht das Recht, Reichtum, Ehre und Ansehen nach Belieben auszuteilen? „Ist dein Auge darum schalkhaft, weil ich gut bin? Ist es mir nicht erlaubt, zu tun, was ich will?“ – Der Neidische handelt aber noch schändlicher gegen Gott, der nicht bloß mit unbegrenzter Macht, sondern auch mit unendlicher Liebe seine Gaben austeilt. Gott will alle seine Geschöpfe glücklich sehen, der Neid will, dass sie trauern und weinen. Gott will, dass alle Menschen heilig und ewig selig werden, der Neid missgönnt die Gnaden und Freuden anderen, er trauert über das Glück und freut sich über das Unglück seiner Mitmenschen. Heißt das nicht, alle Liebe aus der Welt verbannen? Was für einen Gott mag der Neider wünschen, da ihm der Gott der Liebe verhasst ist? – Der Neid ist ein Feind aller Menschen, weil er ihr Glück und ihre Tugend vernichten will und nur in ihrem Unglück seine Freude findet. Kain beneidete seinen Bruder Abel um der Gnade Gottes willen und ruhte nicht eher, bis er ihn getötet hatte. Jakobs Söhne beneideten ihren Bruder Joseph, weil der Vater ihn wegen seiner Tugenden besonders liebte, sie strebten ihm nach dem Leben, verkauften ihn in die Sklaverei und freuten sich über sein Elend. Die Pharisäer missgönnten dem göttlichen Heiland die Liebe des Volkes und verschworen sich gegen sein Leben. Der Neidische mordet schon mit der Zunge und sucht durch Tadel und üble Nachrede die Ehre des Nächsten zu vertilgen. Er tut selbst nichts Gutes und kann nicht dulden, dass andere etwas Gutes tun. O Geheimnis der Bosheit! – Der Neid ist das vollkommene Ebenbild des Teufels. Er brachte die ersten Menschen um das Glück des Paradieses, obgleich er selbst durch das Unglück der Menschen nicht glücklich wurde. So zerstört der Neider alles Glück und alle Tugend in anderen. Wird er dadurch selbst glücklich?

 

2. Ach, der Neider straft sich selbst am härtesten. Er ist unglücklich, weil andere glücklich sind. Er ist betrübt, weil andere fröhlich sind. Er ist krank, weil andere gesund sind. Die Glückseligkeit anderer verursacht ihm Pein, die Tugend anderer nur Qual. O Elend des Neides! Welch grausame Schmerzen zerreißen das Herz des Neidischen! Er verzehrt sich selbst in Hass und Ingrimm. Der Neidische hat keinen Anteil an den guten Werken und Verdiensten der Gerechten. Wie arm und elend ist er also! „Daran will ich erkennen, dass ihr meine Jünger seid, wenn ihr euch einander liebt“, spricht der göttliche Heiland. Dagegen spricht Satan: „Daran will ich erkennen, dass ihr die Meinigen seid, wenn ihr euch einander hasst.“ – Bin ich nicht auch vom Laster des Neides angesteckt? Betrübe ich mich nicht über das Glück meiner Mitmenschen? Erfreue ich mich nicht über sein Unglück? Missgönne ich ihm nicht seine Glücksgüter? Vielleicht beneide ich den Mitmenschen wegen seiner Glücksgüter, wegen seiner Kenntnisse und Geschicklichkeit! Missgönne ich ihm wohl gar die übernatürlichen Güter, die Gnade, die Tugend, die Vollkommenheit, durch die er mich übertrifft? O abscheuliches Laster! „Der Neid ist jene Motte, die das Ehrenkleid der Tugend benagt, der Rost, der an dem Glanz des fremden Verdienstes sich anzusetzen sucht, die Heuschrecke, die alles Grün der Hoffnung auf fremdem Feld verzehren möchte.“ Der Neid ist der Mörder und Totengräber der Nächstenliebe. Er versenkt sie in das Grab der Vergessenheit und setzt den Stein des Grolls darauf. Verabscheuen wir den Neid, der die Mutter so vieler Süden und so vielen Kummers ist! Amen.

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4. Nachfolge Christi

       

Das ganze Leben, Dichten und Trachten der Heiligen ging darauf aus, dem göttlichen Heiland möglichst ähnlich zu werden und an seinem Leiden den innigsten Anteil zu nehmen. Uns allen aber gilt das Wort des Herrn: „Kommt und folgt mir nach!“ Die Nachfolge Christi ist für jeden eine unabweisbare Pflicht, deren Erfüllung er uns durch sein Beispiel lehrt.

 

1. Das Christentum legt als unabweisbare Pflicht die treue Nachfolge seines göttlichen Stifters auf. Die Geheimnisse nehmen die Einsicht unseres Geistes gefangen, die Sittenlehre regelt die Neigungen unseres Herzens, die Ausübung der Tugenden aber muss die Seele unseres ganzen Lebens werden. Damit niemand in Zweifel gerate, was er zu tun habe und wie er das ewige Heil gewinnen könne, stellte sich Christus als Vorbild dar und ruft uns allen zu: „Ich habe euch ein Beispiel gegeben, damit auch ihr tut, wie ich getan habe.“ (Joh 13,15) Alle Heiligen haben sich Christus zum Muster genommen. Diese Nachfolge Jesu ist eine so unerlässliche Pflicht, dass in ihr das ganze Wesen des Christentums besteht. Nur insofern sind wir wahre Christen, als wir treue Nachfolger Jesu sind und sein Bild in unserem Leben ausprägen. Nur in der Nachfolge Jesu können wir zur himmlischen Seligkeit gelangen. Niemals dürfen wir hoffen, Teil an seinem Reich zu nehmen, wenn wir nicht dem Stifter unserer Religion ähnlich werden. Nur seinen treuen Jüngern, „gab er Macht, Kinder Gottes zu werden.“ (Joh 1,12) Kann es aber einen schöneren Trost, ein größeres Glück für uns geben, als in Freundschaft und Liebe mit dem himmlischen Vater vereinigt zu sein? Welch eine Ehre, welch eine Seligkeit für uns, wenn Christus zu uns sagt: „Ich nenne euch nun nicht mehr Knechte, sondern meine Freunde.“ (Joh 15,15) Durch die Nachfolge Christi nehmen wir Teil an allen seinen Verdiensten und werden ihm immer gleichförmiger. Aus diesen kostbaren Vorteilen ergibt sich die unerlässliche Pflicht der Nachfolge Christi.

 

2. Auf welche Weise sollen wir denn Christus nachfolgen? Das lehrt er uns selbst mit den Worten: „Wer mir nachfolgen will, verleugne dich selbst, nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach.“ (Mt 16,24) In diesem Ausspruch sind drei wesentliche Punkte enthalten, die wir erfüllen müssen. Der Jünger Christi „verleugne sich selbst“. Er muss fortwährend die sündhaften Leidenschaften bekämpfen, sein Fleisch kreuzigen, den sinnlichen Gelüsten absterben und, wenn es der Herr verlangt, selbst das leibliche Leben hingeben, um das Leben der Seele zu retten. – „Er nehme sein Kreuz auf sich.“ Kein Stand in dieser Welt ist von jedem Kreuz frei. Mancher trägt ein schwereres Kreuz, aber ohne Kreuz bleibt niemand. Wollen wir nun Verdienste von unserem Kreuz haben, so müssen wir bedenken, dass unser Kreuz nur ein Partikelchen vom Kreuz unseres Erlösers ist. Dann wird uns kein Leid zu groß, kein Schmerz zu empfindlich, und wir werden nicht mehr klagen, da uns die Gnade Gottes tragen hilft. – „Er folge mir nach!“ Es genügt noch lange nicht, bloß den alten Adam auszuziehen, wir müssen auch den geistigen, himmlischen Menschen, der nach dem Vorbild des Gottmenschen geschaffen ist, anziehen. Wir müssen in die Fußstapfen Christi treten, seine Gesinnungen annehmen, seinem heiligen Willen uns ohne Rückhalt hingeben, nach seinem Leben unser Leben einrichten. Alle unsere Gedanken und Urteile, unsere Neigungen und Wünsche, all unser Handeln und Ringen müssen das eine Ziel verfolgen, Christus möglichst ähnlich zu werden. Das ist freilich ein großes Werk, aber mit Gottes Gnade wird es leicht. Sollte uns das Beispiel unseres Erlösers nicht anziehen? Sollte uns der reiche Lohn nicht locken? Nehmen wir freudig aus Gottes Hand alles entgegen. Alles wird uns leicht in der Nachfolge Jesu. Je länger wir Ausdauer haben, desto vollkommener werden wir den Ausspruch des göttlichen Meisters verstehen: „Mein Joch ist süß und meine Bürde leicht.“ Amen. 

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5. Nationalsozialismus

  

Beilage zum Amtsblatt Bayerns Nr. 4 vom 10. Februar 1931

 

Nationalsozialismus und Seelsorge

 

(Aus den Reihen der Seelsorger kamen in den letzten Monaten wiederholt Anfragen an die oberhirtliche Stelle, wie sie sich bei Gesuchen um einen Gottesdienst seitens nationalsozialistischer Gruppen zu verhalten hätten. Da der Klerus ein Recht hat, in allen pastoralen Fragen von seinen Bischöfen Richtlinien zu erhalten, lassen die Oberhirten der acht bayerischen Diözesen die nachstehende gemeinsame Anweisung an den Klerus ergehen. Die Anweisung erfolgt in einem längeren zeitlichen Abstand von der Wahlbewegung, um auch auf diese Weise den unpolitischen, rein seelsorglichen Charakter deutlich hervortreten zu lassen.)

 

Pastorale Anweisung, für den Klerus bestimmt.

 

1. Der Nationalsozialismus enthält in seinem kulturpolitischen Programm Irrlehren, weil er darin wesentliche Lehrpunkte des katholischen Glaubens ablehnt oder doch schief auffasst und weil er nach der Erklärung seiner Führer eine neue Weltanschauung an die Stelle des christlichen Glaubens setzen will. Es liegt uns ferne, uns mit den staatspolitischen Zielen des Nationalsozialismus zu befassen; wir fragen uns nur, was für eine Stellung er zum katholischen Christentum einnimmt.

Führende Vertreter des Nationalsozialismus stellen die Rasse höher als die Religion. Sie lehnen die Offenbarungen des Alten Testamentes und sogar das mosaische Zehngebot ab. Sie lassen den Primat des Papstes in Rom nicht gelten, weil er eine außerdeutsche Stelle sei, und spielen mit dem Gedanken einer dogmenlosen deutschen Nationalkirche. In § 24 des Programms soll das ewig gültige christliche Sittengesetz an dem Moralgefühl der germanischen Rasse nachgeprüft werden. Auffassungen vom Recht der Revolution, die von Erfolg begleitet wird, und vom Vorrecht der Macht vor dem Recht, stehen im Widerspruch mit der christlichen Gesellschaftslehre. Aus bisherigen Kundgebungen der Partei oder der Parteiführer lässt sich feststellen: Was der Nationalsozialismus Christentum nennt, ist nicht mehr das Christentum Christi. Die Bischöfe müssen also als Wächter der kirchlichen Glaubens- und Sittenlehre vor dem Nationalsozialismus warnen, solange und soweit er kulturpolitisch Auffassungen kundgibt, die mit der katholischen Lehre nicht vereinbar sind.

 

2. Dem katholischen Geistlichen ist es streng verboten, an der nationalsozialistischen Bewegung in irgendeiner Form mitzuarbeiten. Dem katholischen Geistlichen, der kraft seiner theologischen Bildung Dogma und Irrlehre zu unterscheiden fähig ist, können die christentumsfeindlichen und kirchenfeindlichen Grundsätze und Tatsachen dieser Bewegung nicht unbekannt sein, wie die Ablehnung jeglichen Konkordates, die Forderung der Simultanschule, der Radikalismus des nationalen Gedankens, der Widerstand gegen den Schutz des keimenden Lebens. Ein schuldlos irriges Gewissen kann beim Priester nicht angenommen werden. Aus dem gleichen Grund hat der Seelsorger die Pflicht, in ruhig sachlichem Ton das Volk darüber aufzuklären, dass der Nationalsozialismus, von Haus aus eine gegen den Marxismus gerichtete staatspolitische Bewegung, im Laufe der letzten Jahre mehr und mehr auf das kulturpolitische Gebiet abschwenkte und dabei in eine Kulturkampfstellung gegen die Kirche und ihre Bischöfe geriet. In der führenden Presse dieser Partei wurden gegen katholische Kundgebungen, sogar gegen den Aufruf des Hl. Vaters zur Abwehr des Bolschewismus, Töne angeschlagen, die jegliche Sachkenntnis in religionswissenschaftlichen Fragen und jegliche Ehrfurcht vermissen lassen.

 

3. Die Teilnahme von Nationalsozialisten an gottesdienstlichen Veranstaltungen in geschlossenen Kolonnen mit Uniform und Fahne ist und bleibt verboten, weil eine solche Kirchenparade das Volk auf den Gedanken bringen müsste, die Kirche habe sich mit dem Nationalsozialismus abgefunden. Wenn der einzelne Nationalsozialist mit den Abzeichen seiner Partei in der Kirche erscheint, kann das nur dann unbeanstandet bleiben, wenn dabei in keiner Weise eine Demonstration beabsichtigt wird und eine Störung der hl. Handlung in keiner Weise zu fürchten ist.

 

4. Zu der Frage, ob ein Nationalsozialist zu den hl. Sakramenten der Buße und des Altares zugelassen werden kann, ist von Fall zu Fall zu prüfen, ob der Betreffende nur ein Mitläufer der Bewegung ist, der über die religiösen und kulturpolitischen Ziele der Bewegung sich keine Rechenschaft gibt, oder ob er als Abgeordneter, als Schriftleiter, als Agent für die gesamten Ziele seiner Partei sich einsetzt, also auch für jene Punkte, die mit dem Wesen des Christentums und mit der Glaubenslehre der Kirche nicht im Einklang stehen. Unter den Massen, die bei der letzten Wahl nationalsozialistisch gewählt haben, gibt es ohne Zweifel eine große Zahl, die nur die vaterländischen Ziele des Nationalsozialismus (z.B. Überprüfung des Friedensvertrages) oder die volkswirtschaftlichen Ziele (z.B. Besserung der wirtschaftlichen Lage der Arbeiterschaft, höhere Aufwertung) mitmachen, dagegen die kulturpolitischen Gegensätze gegen Christentum und Kirche gar nicht kennen oder wenigstens für ihre Person nicht wollen und so subjektiv in gutem Glauben leben. In solchen Fällen muss der Beichtvater sich ein Urteil bilden, ob die Zugehörigkeit zum Nationalsozialismus eine nächste Gelegenheit zur Sünde bedeutet oder nicht. Wie weit hier für den Beichtvater eine Frage- und Belehrungspflicht vorliegt, ergibt sich aus den allgemeinen Regeln der Pastoral.

 

5. Die pastoralen Grundsätze gegenüber dem Nationalsozialismus bleiben die gleichen, die gegenüber dem Liberalismus der alten Zeit und gegenüber dem Sozialismus noch in den letzten Jahren von berufener Seite aufgestellt wurden. Auch unter den Anhängern dieser Irrlehren gab und gibt es solche, die persönlich an ihrem Firmungsgelöbnis nicht rütteln und an ihrer Kirche nicht zu Verrätern werden wollen. Bei der Frage, ob im Einzelfall ein Anhänger des Nationalsozialismus oder Sozialismus, der ohne die heiligen Sakramente plötzlich starb, das kirchliche Begräbnis erhalten kann, ist nach dem Gesagten die Vorfrage zu stellen, ob der Betreffende am kirchlichen Leben sich beteiligte, seine Osterpflicht erfüllte und überhaupt in Frieden mit der Kirche lebte.

 

6. Sollte sich, was wir nicht hoffen, der Nationalsozialismus zu den Methoden des Bolschewismus entwickeln, dann könnte allerdings bei den Einzelnen eine bona fides (der gute Glaube) nicht mehr angenommen werden. Im Übrigen gelten hier die Richtlinien, die von den Bischofskonferenzen in Fulda und Freising für die Seelsorge gegenüber glaubensfeindlichen Vereinigungen aufgestellt wurden.

 

Die Erzbischöfe und Bischöfe von Bayern

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