Inhalt:
1. IHS
2. Josefslitanei
3. Jungfrau der Armen
4. Judas Iskarioth
5. Jenseits
6. Judas Iskariot (2)
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1. IHS
Die drei bekannten Schriftzeichen I H S sind noch oft in unseren Kirchen, auf Friedhöfen oder auf frommen Bildern in unseren Wohnungen zu sehen. Manchmal ist über dem H noch ein Kreuz und unter ihm das heiligste Herz Jesu mit der Dornenkrone. Es sollte auch über unserem ganzen Leben, auf der „Tür unseres Herzens“ stehen. Dieses Namen-Jesus-Zeichen stammt übrigens vom heiligen Bernhardin von Siena, der die Andacht zum Namen Jesus mächtig gefördert hat. Oft wird die Abkürzung I H S mit „Jesus, Heiland, Seligmacher“ gedeutet. Aber man kann diese Schriftzeichen auf verschiedene Weise deuten. Jede Erklärung ist schön und hat einen guten Sinn:
Die erste Bedeutung ist: „In Hoc Signo, in diesem Zeichen“. Zu ergänzen ist: „wirst du siegen.“ Mit diesem Zeichen ist eben Jesus selbst gemeint und natürlich das heilige Kreuz, das Zeichen unserer Erlösung und das Zeichen der großen Liebe Gottes zu uns Menschen und zur ganzen Schöpfung.
Die zweite Bedeutung der drei Buchstaben ist die: „Iesum Habemus Socium, wir haben Jesus zum Verbündeten“. Das ist nicht nur tröstlich, das ist wunderbar! Denn wer Jesus an seiner Seite hat, der hat einen guten, mächtigen und zuverlässigen Freund bei sich. Er braucht sich auf dem Weg durch sein Leben nicht mehr zu fürchten. Möge dieses Wort an uns allen wahr werden und Jesus mit dem Segen seines Kreuzes und mit der Liebe seines Herzens uns auf Schritt und Tritt begleiten. Jesus soll unser Weg sein, dem wir sicher und ohne Ängstlichkeit folgen können, er soll die Wahrheit sein, die uns erleuchtet und allen Irrtum vertreibt, und er soll unser Leben sein, von dem Lust und Kraft zu allem Guten kommt. Aber auch wir sollten Jesus treu begleiten, wo immer er uns hinführt. Jeder Tag soll uns enger mit ihm verbinden und alles, was wir in diesem Jahr denken, tun und ertragen, soll zu seiner Ehre geschehen.
Die dritte Bedeutung der Buchstaben I H S heißt: „Iesus Hominum Salvator, Jesus, Erlöser der Menschen“ und die vierte: „In Hoc Salus, hierin (d.h. im Kreuz oder im Herzen Jesu) ist Heil“. Diese beiden Erklärungen sagen so ziemlich dasselbe, denn Jesus hat die Welt erlöst durch sein Kreuz und durch das Blut seines Herzens.
Keine Kirche, kein Bischof und kein Priester, ja niemand kann uns versprechen, dass wir ohne Kreuz und ohne Leid sein werden. Aber wir können dem Herrn in Freude und auch Leiden mutig nachgehen und den Trost dort suchen, wo er allein zu finden ist: bei unserem Herrn Jesus Christus, an seinem liebevollen Herzen! Die Jahre vergehen, eins nach dem anderen, so wie die Wellen im Meer, aber unveränderlich wie ein Fels mitten in den Wellen bleibt die Treue und die Liebe unseres „Verbündeten“, unseres Herrn Jesus Christus.
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2. Josefslitanei
Ein bedeutungsvoller Fortschritt in der Verehrung des heiligen Josef
Durch Dekret der heiligen Ritenkongregation vom 18. März 1909 hat der Heilige Vater Papst Pius X. die nachstehende Litanei vom heiligen Josef zum öffentlichen und privaten Gebrauch approbiert und mit einem Teilablass versehen, der einmal täglich zu gewinnen und den Armen Seelen zuwendbar ist. In dem betreffenden Erlass spricht er den Wunsch aus, „es möchten alle Christgläubigen, welchem Geschlecht, Stand und Beruf immer sie angehören, voll kindlichen und frommen Sinnes und voll festen, wohlbegründeten Vertrauens die herrlichen Tugenden des Ernährers und Beschützers der Heiligen Familie von Nazareth oft betrachten und eifrig nachahmen; ebenso seine mächtige Hilfe, deren wir in den gegenwärtigen Verhältnissen für die menschliche Familie und Gesellschaft so sehr bedürfen, durch wiederholte Anrufung erflehen.“
Herr, erbarme dich.
Christus, erbarme dich.
Herr, erbarme dich.
Christus, höre uns.
Christus, erhöre uns.
Gott Vater vom Himmel, erbarme dich unser.
Gott Sohn, Erlöser der Welt, erbarme dich unser.
Gott, Heiliger Geist, erbarme dich unser.
Heilige Dreifaltigkeit, ein einiger Gott, erbarme dich unser.
Heilige Maria, bitte für uns.
Heiliger Josef, bitte für uns.
Du erlauchter Spross Davids, bitte für uns.
Du Leuchte unter den Patriarchen, bitte für uns.
Du Bräutigam der Gottesmutter, bitte für uns.
Du Beschützer der reinsten Jungfrau, bitte für uns.
Du Nährvater des Sohnes Gottes, bitte für uns.
Du sorgsamer Beschirmer Christi, bitte für uns.
Du Haupt der Heiligen Familie, bitte für uns.
Josef, du gerechter Mann, bitte für uns.
Josef, strahlend im Glanz der Keuschheit, bitte für uns.
Josef, du Muster der Klugheit, bitte für uns.
Josef, du starker Held, bitte für uns.
Josef, du Beispiel des Gehorsams, bitte für uns.
Josef, du Vorbild der Treue, bitte für uns.
Du Spiegel der Geduld, bitte für uns.
Du Freund der Armut, bitte für uns.
Du Vorbild der Arbeiter, bitte für uns.
Du Zierde des häuslichen Lebens, bitte für uns.
Du Beschützer der Jungfrauen, bitte für uns.
Du Stütze der Familie, bitte für uns.
Du Trost der Leidenden, bitte für uns.
Du Hoffnung der Kranken, bitte für uns.
Du Patron der Sterbenden, bitte für uns.
Du Schrecken der bösen Geister, bitte für uns.
Du Schutzherr der heiligen Kirche, bitte für uns.
Lamm Gottes, du nimmst hinweg die Sünde der Welt, verschone uns, o Herr.
Lamm Gottes, du nimmst hinweg die Sünde der Welt, erhöre uns, o Herr.
Lamm Gottes, du nimmst hinweg die Sünde der Welt, erbarme dich unser.
Er machte ihn zum Herrn seines Hauses.
Und zum Beherrscher seines ganzen Besitzes.
Lasset uns beten:
Gott, du hast den heiligen Josef in deiner unaussprechlichen Vorsehung huldvoll zum Bräutigam deiner heiligsten Gebärerin erwählt: wir bitten dich um die Gnade, dass wir ihn im Himmel als Fürsprecher zu haben verdienen, da wir ihn auf Erden als Beschützer verehren. Der du lebst und regierst von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.
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3. Jungfrau der Armen
Ein Titel, der uns tröstet
Jedes der zahlreichen marianischen Heiligtümer auf der Welt hat etwas Besonderes. Was mich beim ersten Mal, als ich von Banneux hörte, faszinierte, war der Name Jungfrau der Armen! Welch genialer Einfall hätte ich gesagt, wenn die Menschen ihn aufgebracht hätten. So selbstverständlich und notwendig und doch hier ganz neu. Wie aktuell in unserer Zeit und Situation. Die Jungfrau der Armen steht mitten unter uns. Keine Sterne, keine Strahlen, nicht einmal eine Königskrone, ohne die es bei ihr jahrhundertelang nicht ging. Mensch wie wir, ausgesetzt, getrieben, geängstigt, gequält . . . und doch in der Gnade Gottes stehend. Das ist eine unerhört wichtige Botschaft, die wir wohl bedenken müssen.
Es gibt natürlich auch in unserer Zeit des steigenden Lebensstandards, der totalen Versicherung, im Sozialstaat noch immer Arme. Die Armut wandelt die Form. Früher dachte man nur an Hunger, wenn man Armut sagte. Heute sehen wir, dass die Not versteckter und gefährlicher wird.
Armut ist vor allem ein innerer Zustand. Arm ist, wem etwas Notwendiges fehlt, es braucht nicht an Speise und Trank gedacht zu werden. Wie arm ist unsere Generation an geistigen Gütern! Man hat gesagt, dass die Menschen unserer Zeit die Mitte verloren hätten, damit ist gemeint der Glaube und die Gottverbundenheit. Der moderne Mensch lebt in einer schrecklichen Einsamkeit, über deren Not uns auch die Masse, in die wir hineingestellt sind, nicht hinweghilft. Die Einsamkeit ist nur erträglich, wenn man Gott bei sich hat . . . Die größte Not und Armut ist, wenn man Gott nicht hat.
Dass Maria, die Mutter aller Menschen, da Erbarmen hat und eingreifen will, verwundert uns nicht. Uns verwundert auch nicht, dass Maria in einer ihrer letzten Erscheinungen geweint hat.
Wir Gläubige sind machtlos geworden und vielfach auch ratlos . . . Wir sind arm, weil wir keinen Einfluss auf die großen Weltereignisse haben . . . Was uns aber noch mehr lähmt und unsere ganze Not zeigt, ist der Mangel an großer und tiefer Frömmigkeit. Wie reich waren andere Zeiten an führenden Gottesmännern, wie arm sind wir daran!
Und wie fragwürdig ist unser ganzes Leben. Über kleine Ansätze kommen wir nicht hinaus. Wir werden hin- und hergeworfen und beherrschen die Situation in keiner Weise. Wir haben nicht das Format, das Christen in einer so entscheidungsvollen Zeit haben müssten. Wir sind Versager.
In dieser Not, in dieser Armut auf allen Bereichen strecken wir die Hände nach einem Wesen aus, das in einer größeren Fülle lebt und das uns helfen könnte. Wir wenden uns zu unserer himmlischen Mutter Maria. Sie ermuntert uns, zu ihr zu kommen. Sie ist da für uns, versteht uns und will uns helfen. Sie gibt sich selbst einen Titel, der uns tröstet: sie lässt sich Jungfrau und Mutter der Armen nennen. Sie war auf der Erde arm, sie ist im Himmel reich geworden. Sie kann auch unsere Not wenden und in der Wüste unserer Zeit die ewigen Quellen wecken und sprudeln lassen.
Jungfrau der Armen, bitte für uns!
F. Jantsch in: „Jungfrau der Armen“, Nr. 3/1956
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4. Judas Iskarioth
Das Rätsel des Judas Iskarioth
Die rätselhafte Gestalt des Judas hat zu allen Zeiten Probleme der Theologie und Psychologie aufgeworfen. Judas war ein freiwilliges Mitglied der kleinen Schar um Jesus gewesen, ein Mann mit geschäftlichen Talenten, ein Jude aus Kerioth (daher sein Name Iskarioth, d.h. Mann aus Kerioth), einem Ort südlich der Stadt Hebron. Die anderen elf Jünger dagegen waren Galiläer, stammten also aus dem nördlichen Teil Palästinas. Judas war von unserem Herrn oder, was wahrscheinlicher ist, von den übrigen Aposteln zum Geldverwalter der kleinen Schar ernannt worden.
Es ist überraschend, dass nicht Matthäus, der Zöllner gewesen war, diesen Posten erhielt. Vielleicht lehnte dieser ab, weil er glaubte, diese Aufgabe gleiche zu sehr seinem früheren Beruf. Vielleicht dachte man auch, dass Judas sich noch mehr dafür eignete. Wie dem auch sei, Judas hatte jedenfalls die Möglichkeit, seine geschäftlichen Talente zu verwenden. Das war eine Aufgabe, die sicherlich auch häufig Besprechungen mit dem Meister notwendig machte, für den er wohl bei manchen Wohltätigkeitsaufträgen eine Art Privatsekretär war.
Da ging nun in Judas eine geheimnisvolle Änderung vor sich. Wir lesen, wie Petrus bei manchen Anlässen aufbrauste, und erfahren von dem Ehrgeiz des Jakobus und Johannes. Die übrigen Apostel sprachen offen von ihren irdischen Erwartungen, aber Judas scheint seine Gesinnung nie verraten zu haben. Selbst als er einmal gegen die „Verschwendung“ Marias protestierte, tarnte er seinen wahren Beweggrund mit dem Mantel der Nächstenliebe. Bis zum Schluss hegten seine Mitapostel keinen Verdacht gegen ihn, nicht einmal beim letzten Abendmahl. Erst nach der Tragödie auf dem Kalvarienberg kamen sie dahinter, dass er Geld veruntreut hatte. Aber sicherlich gab es nicht viel zu veruntreuen. Es waren nur kleine Beträge, die er nach und nach an sich brachte. Er selbst hat diese Beträge vielleicht als eine ihm zustehende Vergütung für seine wertvollen Dienste betrachtet. Wahrscheinlicher ist, dass er sich nur eine Summe für Tage der Not, die er kommen sah, beiseitelegen wollte.
Der Geiz allein erklärt seinen Sturz nicht. Hätte er seinen Glauben und sein Vertrauen in den Meister behalten, dann hätte er zwar vielleicht seine Unterschlagungen fortgesetzt, aber er hätte den Meister nie verkauft und verraten. Wie für jeden Menschen, lag auch für ihn die Hauptversuchung gerade in seinen Talenten. Als Kassier kam er sich wichtig vor. Er wusste, dass er in geschäftlichen Dingen gewandter war als die galiläischen Fischer und Bauern. Er war auch der Ansicht, dass das Geschäftsgebaren der kleinen Gruppe schlecht war: zu viel Verschwendung und nicht genug Sparen und gewinnbringendes Geldanlegen. Immer mehr kam er dazu, die Abhebungen als sein eigenes Geld zu betrachten. Die wachsende Geldgier aber vergiftete seine Seele. Der Gedanke, dass er manches verbergen musste, raubte ihm das Gleichgewicht und ließ ihn sich innerlich gegen den Meister auflehnen. Die Anspielungen und Verwarnungen Jesu verhärteten ihn noch mehr.
Das Unirdische, Außerweltliche des Auftretens Jesu fing an, ihn abzustoßen. Der Meister schlug die Gelegenheit, sich von der Menge zum König machen zu lassen, aus. Bald fing er auch an, von seinem Tod wie von dem eines Verbrechers zu sprechen. Anstatt der Führer der Nation zu werden, zog er mit einer kleinen Schar unbedeutender Männer umher.
Der Widerstand der jüdischen Behörden nahm zu, und Judas fragte sich, ob er nicht einen Fehler begangen habe. Wenn es schwerfällt, uns in seine Lage zu versetzen, müssen wir uns nur daran erinnern, dass er im Gegensatz zu uns das Ende der Geschichte noch nicht kannte. Vom Standpunkt eines rein irdischen gesunden Menschenverstandes lässt sich eine Menge Gründe für die Zweifel des Judas vorbringen.
So war er bereits durch seinen Ehrgeiz und seine Unzufriedenheit erschüttert, ein kleiner Anlass genügte, um ihn zum Ungläubigen zu machen. An der Verschwendung des kostbaren Salböls nahm er großes Ärgernis und wunderte sich darüber, dass der Herr ein solches Verhalten noch verteidigte. Auch ärgerte ihn das Gefühl, dass man Misstrauen gegen ihn hegte, oder wenigstens, dass er das Vertrauen des Meisters verloren hatte.
Wie andere, erfand auch er einen Vorwand zur Selbsttäuschung und hielt seine Tat vermutlich für eine Pflicht gegenüber den jüdischen Führern, die seinen Meister praktisch ausgeschlossen und einen Befehl herausgegeben hatten, Material gegen ihn zu liefern, vermutlich gegen eine ausgesetzte Belohnung. So verließ Judas das sinkende Schiff und sicherte sich gegen den kommenden Zusammenbruch.
Er verriet dem Sanhedrin, dem jüdischen Rat, wo und wie man den Nazarener in aller Stille gefangen nehmen könne, ohne die Aufmerksamkeit der zahlreichen Pilger aus Galiläa, die zum Osterfest gekommen waren, zu erregen. Er selbst trat fast gar nicht in Erscheinung, wie er es mit den Feinden Jesu ausgehandelt hatte. Er führte sie lediglich zum Garten Gethsemane und zeigte ihnen Jesus. Mehr tat er nicht. Offensichtlich lehnte er es ab, die Hauptfigur und den Hauptzeugen zu machen. Später lungerte er in der Nähe der Gerichtsstätte herum.
Was mögen seine Gedanken in dieser Zeit gewesen sein. Er hatte wohl erwartet, sich darüber erleichtert zu fühlen, dass er sich noch rechtzeitig in Sicherheit gebracht hatte. Aber weit gefehlt! Ein Mann, der so lange der Gefährte Jesu gewesen war, kann niemals wieder einfach der sein, der er vorher war. Im Herzen des Judas brannte eine schmerzende Lehre, ein merkwürdiges Gefühl des Verlorenseins.
Er erfuhr von einigen Dienern, dass man Christus verurteilt habe und ihn nun dem römischen Statthalter zur Hinrichtung ausliefere. Da erst erkannte er die ganze Ungeheuerlichkeit seines Verbrechens. Er eilte zum Tempel und schrie den anwesenden Priestern zu: „Ich habe gesündigt, indem ich unschuldiges Blut verriet!“ Welch eine Anerkennung und aus welcher Quelle! Hätte er auch nur eine schwache Seite in seinem Meister entdeckt, er hätte sie benutzt, um sein Gewissen rein zu waschen. Aber seine Sünde stand vor ihm, der Meister war unschuldig.
Und nun erwartete ihn eine neue Enttäuschung. Die Männer des Sanhedrin, denen er vertraut hatte, lachten zynisch über sein Schuldbekenntnis. Verzweiflung umkrallte das Herz des Judas. Er war allein, verhöhnt vom Sanhedrin, verachtet von den Jüngern. Was hatte er schließlich gewonnen? Geld? Die Münzen brannten in seiner Hand, sie hatten keine Bedeutung mehr für ihn. In einem Wutanfall schleuderte er sie in den Hof der Priester. Wenigstens dieses Blutgeld war dahin.
Der elende Mann irrte fern von der Stadt, in der sich die große Tragödie zugetragen hatte, zwischen den Gräbern im Hinnon-Tal in tiefster Einsamkeit umher. Diese Stunden seiner Verzweiflung und Gewissensbisse hatten keinen Zeugen. Hatte er keinen Blick mehr für die unendliche Barmherzigkeit des Erlösers? Kam ihm keine Bitte um Vergebung in seinen verstörten Geist? War sein „Ich habe gesündigt“ seine letzte klare Äußerung, bevor er in den Irrsinn sank und im Selbstmord endete?
(Zusammengefasst aus „Standard“, Pearse St., Dublin/Irland, 24.2.1950, von Alfred O´Rahilly)
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5. Jenseits
1. Auch eine Antwort auf die Jenseitsfrage.
Zwei große französische Zeitungen richteten einmal an eine Reihe von Gelehrten und Dichtern eine Rundfrage, ob sie an ein Jenseits glaubten. Die Zeitungen hatten allerdings nur solche Männer ausgesucht, von denen sie eine ihrer Geistesrichtung entsprechende Antwort erwarten konnten: Leute, die an keinen persönlichen Gott glaubten. Die Antworten waren auch danach. So schrieb der ungläubige spanische Dichter Blasco Ibáñez: Ich kann nicht an das Leben nach dem Tod glauben. Leben, immer leben, eine ganze Ewigkeit hindurch umgeben von Leuten, die mich schon auf der Erde zu Tode gelangweilt haben, ein größeres Malheur könnte ich mir gar nicht vorstellen. Ich ziehe den traumlosen Schlaf vor, das große Nichts des Todes. Ich gestehe jedoch offen, dass mich die Frage gar nicht interessiert. Gibt es ein Leben nach dem Tod, dann werden wir es schon rechtzeitig (?) erfahren.“ Die eigenartigste Antwort aber gab der französische Professor Charles Richet: „Manchmal glaube ich daran, manchmal nicht . . . Freilich ist diese Antwort alles eher als befriedigend. Indem ich jedoch beide Möglichkeiten offen lasse, glaube ich wenigstens die Genugtuung zu haben, nur einen halben Irrtum zu begehen.“
2. Es gibt eine andere Welt.
C.F. Gauß (1777-1855), bekanntlich einer der größten Mathematiker aller Zeiten, schreibt einmal: „Es gibt in dieser Welt einen Genuss des Herzens, der hauptsächlich darin besteht, dass die Menschen einander die Mühsale, die Beschwerden des Lebens sich gegenseitig erleichtern. Ist das aber die Aufgabe des höchsten Wesens, auf gesonderten Kugeln Geschöpfe zu erschaffen und sie, um ihnen solchen Genuss zu bereiten, achtzig oder neunzig Jahre existieren zu lassen, so wäre das ein erbärmlicher Plan. Ob die Seele achtzig Jahre oder achtzig Millionen Jahre lebt, wenn sie einmal untergehen soll, so ist dieser Zeitraum doch nur eine Galgenfrist: endlich würde es vorbei sein müssen. Man wird daher zu der Ansicht gedrängt, für die ohne eine streng wissenschaftliche Begründung so viel anderes spricht: dass neben dieser materiellen Welt noch eine rein geistige Weltordnung existiert, mit ebenso viel Mannigfaltigkeiten als die, in der wir leben; ihrer sollen wir teilhaftig werden.“
3. Warum es ein Fortleben nach dem Tod geben muss.
Der berühmte Prediger Monsabré sagt einmal: Gäbe es irgendwo in der trostlosen Welt nur einen glücklichen Sünder: seine gegenwärtige Straflosigkeit würde die Notwendigkeit einer künftigen Strafe mit voller Kraft beweisen. Gäbe es inmitten der frohlockenden Bösen nur einen unglücklichen Gerechten: die Notwendigkeit einer künftigen Belohnung würde mit der ganzen Kraft seines unverdienten Unglücks dargetan . . . Über das Leben des Gerechten wie des Gottlosen hat Gott ein Wort geschrieben, das mit Flammenschrift die Verheißung sowohl als die Drohung seiner Gerechtigkeit enthält, das Wort: Unsterblichkeit. – Rousseau schreibt im vierten Buch des „Emile“: „Ist die Seele unkörperlich, so kann sie den Leib überleben, und überlebt sie ihn, so ist die göttliche Vorsehung gerechtfertigt. Hätte ich auch keinen anderen Beweis als den Triumph des Bösen und die Unterdrückung der Gerechten in dieser Welt, so würde er allein mich gegen den Zweifel schützen. Ein so störender Misston in der allgemeinen Harmonie würde mich antreiben, dessen Auflösung zu suchen. Ich würde mir sagen: es ist nicht alles mit dem Leben zu Ende für uns, alles kommt nach dem Tod wieder in Ordnung.“
4. Ein Bekenntnis aus dem antiken Heidentum.
In Ciceros Schrift „Vom Alter“ tritt der ältere Cato der Annahme, dass mit dem Tod alles aus sei, mit folgenden schönen Worten entgegen: „Ich fühle mich gehoben durch die Sehnsucht, eure Väter, die ich schätzte und Liebte, einst wiederzusehen. Und wollte mir ein Gott die Gnade erzeigen, mich aus dem Greisenalter wieder in die Kindheit zu versetzen, so würde ich gar sehr mich weigern. Ich mag zwar das Leben nicht bejammern, wie es schon viele und selbst gelehrte Männer getan haben. Auch ist es mir nicht leid, gelebt zu haben, denn ich habe so gelebt, dass ich glaube, nicht umsonst geboren zu sein. Ich scheide aus dem Leben wie aus einer Gastherberge, nicht wie aus einem eigentlichen Wohnhaus. Denn nach der Bestimmung der Natur sollen wir hienieden nur eine Zeitlang Einkehr halten, nicht aber eine bleibende Wohnstätte haben.“ „O des herrlichen Tages“, fährt Cato fort, „an dem ich aus diesem Gewühl und Schlamm der Welt scheiden und in jene göttliche Gesellschaft der Geister übergehen werde! Denn ich komme dann nicht allein zu den Männern, die ich einst geachtet und geliebt, sondern auch zu meinem teuersten, zu früh verstorbenen Sohn. Sein Geist ist in jene Gefilde gewandert, wohin auch ich zu kommen hoffe. Wenn ich seinen Tod standhaft zu ertragen schien, so geschah es nicht so sehr aus eigentlicher Gelassenheit, sondern ich tröstete mich mit dem Glauben, dass diese Trennung nicht von langer Dauer sein werde.“
5. Der Schrei des Unglaubens.
Der ungläubige französische Schriftsteller Anatole France (+1923) hatte auch den Glauben an ein Wiedersehen nach dem Tod längst über Bord geworfen. Als der Sensenmann schon an seinem Lager stand, nahm er Abschied von seiner Frau mit den Worten: „Ich werde dich nie wiedersehen . . . Ich werde dich nie mehr sehen!“ Und doch, als es zum Letzten kam, hörte man von seinen sterbenden Lippen den klagenden Ruf der Sehnsucht: „Mutter, Mutter!“
6. Das Wort des Glaubens.
Bei dem großen Alsdorfer Grubenunglück wurde ein junger Bergmann tot aufgefunden, der im Angesicht des Todes folgende Worte an die Wand seines Kohlenwagens gekritzelt hatte: „20. Oktober 1930. Wenn ich hier nicht mehr lebend herauskomme, dann grüßt mir den lieben Vater, die Geschwister und auch meine lieben Verwandten und Bekannten. Ich gehe zur Mutter! Lebt wohl!“
(Aus: Homiletisches Handbuch, Anton Koch, 1950, Band 11, Seite 443)
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6. Judas Iskariot (2)
Nun höret eine wilde Märe,
Wer Judas der Verräter wäre!
Es lebte zu Jerusalem
Aus dem Stamme Issachar vordem
Ein reicher Mann, der Ruben hieß.
Ein höllentstammer Dämon blies
Seinem Weibe Cyborea ein
Einen Traum voll Schreck und Pein:
Ihr werde noch ein Sohn geboren,
Durch dessen Schuld ginge verloren
All ihr Geschlecht und Volk und Land.
Mit unsäglicher Angst empfand
Die Mutter eines Kindes Leben.
Sollte sie den Tod ihm geben?
Sollte sie zu ihrer Schande
Aufziehen solchen Fluch dem Lande?
Die Eltern wählten in der Frist
Notgedrungen jene List,
Die an dem Kind Moses geschah.
Man bereitete ein Fässlein da,
Drein man das Kind verschloss
Und auf das Meer hintrug. Es floss
Dahin über die weite See.
Dem Kindelein tat es kein Weh.
Die Woge ließ es zur Woge wandern.
Eine gab es der andern;
Die letzte warf das kleine Boot
An die Insel Kariot.
Die Königin des Landes stand
Auf ihrem Schlosse an dem Strand
Und sah hertreiben gar gelinde
Das Fässelein mitsamt dem Kinde.
Nun ward es stets von ihr beklagt,
Dass ihr ein Sprössling war versagt.
"Ach," rief die edle Königin,
Als sie das Kind im Fässlein drin
Erschaute, "würde mir zu teil
Doch solch ein Kind zu meinem Heil!"
Jedoch ihr kluger Sinn erdachte
Eine List, die sie vollbrachte.
Sie ließ das Kind heimlich aufziehn;
Und als die rechte Zeit gediehn,
Da gab sie vor, ihr wäre geboren
Der Sohn, zum Erben des Reiches erkoren.
Er ward Judas genannt. Doch sieh,
Nicht lange Zeit vergeht allhie,
So wird dem königlichen Geschlecht
Ein Sohn geboren edel und echt.
Man sah nun, wie bei jeder Frucht,
Den Unterschied von edler Zucht
Und schlechter. Für sein bös Betragen
Ward unser Judas oft geschlagen
Von der, die nicht die Mutter war.
Es wurde allhier offenbar,
Dass der seine Mühe hat verloren,
Der einen Raben, niedrig geboren,
Erziehen will zum Falkenflug
Gegen der Naturen Zug,
Oder wer durch ein Löwenfell
Den Esel kühn machen will und schnell.
Der echte Sohn ward kühn und stark,
Doch Judas ungetreu und arg.
Bald kam ans Licht die rechte Märe,
Dass Judas nur ein Findling wäre.
Als er dies hörte, war`s ihm leid.
Aus seines falschen Herzens Neid
Beging er ein gar übles Ding:
Des Königs Sohn, der mit ihm ging,
Den edlen, schlug er heimlich tot.
Doch floh er feig in dieser Not
Heimlich aus dem Land. Ihn trug
Ein Schiff hinweg, das bald genug
Den Anker warf am jüdischen Land.
So kam denn Judas allzuhand
In seine Heimat, ohne zu wissen,
Woher er wäre, von Leid zerrissen.
Er trat in des Pilatus Dienst;
Das deuchte ihn ein Hochgewinnst.
Auch dieser nahm ihn gerne an,
Dieweil ein jegelicher Mann,
Er sei nun böse oder gut,
Sich gern zu seinesgleichen tut.
Pilatus machte dem jungen Mann
Sein ganz Hauswesen untertan,
Dass er all seinen Knechten
Geböte dort nach Rechten.
Des Judas Eltern lebten beide
Damals mit großem Herzeleide
Noch in Jerusalem. Es hatte
Ruben, Cyboreas Gatte,
Ein Haus und einen Garten da;
Der war gelegen also nah
An des Pilatus Schlosseszinnen,
Dass man von hier sah, was darinnen
Von schönem Obst und Blumen stand.
Einst sah Pilatus unverwandt
Hinüber und erblickte dort
So schöne Äpfel an dem Ort,
Dass ihn darnach gelüstete.
Der arge Judas rüstete
Sich gleich, über die Mauer zu dringen
Und seinem Herrn Äpfel zu bringen.
Nun sehet, wie der Tugend bar
Doch dieser, so wie jener war!
Wäre ein Bote hinüber gegangen
Mit freundlichem Verlangen,
Ihnen wäre sicher geworden genug.
Doch gegen alles Recht und Fug
Judas in den Garten kam.
Er schüttelte die Bäume und nahm
In rechter Diebesweise
Die Äpfel still und leise.
Da kam Ruben aus seiner Tür
In den Baumgarten herfür
Und sah alldort den Bösewicht.
Dass es sein Sohn war, wusste er nicht.
So war auch dem Judas unbekannt,
Dass ihm nun drohte des Vaters Hand.
Es kam zu Worten scharf genug,
Die keiner dem anderen vertrug.
Von Schelten ging es bis zu Schlägen;
Da war bald Ruben unterlegen.
Er fiel zu Boden. Mit einem Streiche
Erschlug ihn Judas. Die Leiche
Ließ er dort liegen. Darauf trug
Er zu Pilatus der Aepfel genug
Und sagte ihm die Märe,
Wie es ergangen wäre.
Da sprach Pilatus: "Das ist gut.
Hab` darum nur nicht bangen Mut,
Dieweil es ja doch niemand sah!"
Der Abend kam, und es geschah,
Dass Ruben tot gefunden ward.
Das klagte seine Gattin hart.
Doch weil sich keine Wunde bot,
So meinte sie, der jähe Tod
Hab` ihn getroffen. Aber hört,
Was nun, vom bösen Geist betört,
Pilatus weiter tat: er zwang
Die Witwe ohne ihren Dank,
Dass sie mit allem Gut und Golde
Des Judas Gattin werden sollte.
Cyborea, die Fraue gut,
Hatte leidigen Mut
Um ihr vieles böses Glücke,
Das ihr auflud des Schicksals Tücke.
Sie seufzte oft darob gar schwer.
Da fragte sie einst, was ihr wär`,
Judas, ihr Mann, und sprach:
"Sag an, durch welches Ungemach
Bist du so sehr betrübt allzeit?"
Sie sprach: "Mich drückt dreifältig Leid:
Ich hatte ein Kind; doch in die Flut
Musst ich es werfen aus argem Mut.
Das zweite Ungemach ist mir
Geschehn an meinem Manne schier,
Der so schnell ward in den Tod gegeben.
Den größten Jammer in meinem Leben
Hat mir aber Pilatus getan,
Da er mir gab einen Mann
Gegen meinen Willen gar.
Ich wollte in Ruhe immerdar
Lieber als eine Witwe leben."
Als Judas hörte, was sich begeben
Mit dem ausgesetzten Kind,
Da ward ihm gar geschwind
All seine Freude ganz verschlagen.
Er bat sie weiter, ihm zu sagen,
Wo denn dies Kindlein wäre hin.
Und da begriff er ganz den Sinn,
Wie er dasselbe Kind gewesen,
Das in dem Wasser sei genesen,
Und wie er seinen Vater schlug,
Und wie er gegen Recht und Fug
Nun seine Mutter hätte gefreit.
Das schuf den beiden das größte Leid,
Und ohne Ende war ihr Klagen.
Nun war dies in denselben Tagen
Und in der hochgelobten Frist,
Da unser Herre Jesus Christ
Predigte in Judäa.
Da sprach Frau Cyborea:
"Geh," sprach sie, "zum guten Mann,
Nimm seinen Rat darüber an,
Denn er ist wohl gerecht!"
Da ging der arme Knecht
Zu Christus, dem guten Herrn,
Und blieb bei ihm gar gern.
Und unser Heiland war so gut,
Wie er noch immer ist gemut:
Wer seine Sünde bessern will,
Dem gibt er auch ein Gnadenziel
Und will ihrer nicht mehr gedenken.
So nahm er, ohne ihn zu kränken,
Den reuigen Judas gerne an.
In der Zwölfboten Heeresbann
Ward er erwählt und eingereiht.
Er predigte auch weit und breit
In dem Lande Gottes Wort
Und besserte manchen hier und dort.
Der Herr ihn zu seinem Schaffner nahm,
Dass er den Beutel bekam,
Die Speise zu kaufen und zu holen.
Doch was man wische an den Kohlen,
Sie werden schwarz verbleiben.
So ließ auch Judas nicht sein Treiben.
Ihm war zu lieb das schnöde Gut;
Drum tadelte er ungemut,
Dass Magdalena die Salbe goss
Auf Jesu Haupt. Drob war so groß
Sein Zorn, dass er den Herrn verriet.
Erfasst von Reue, überschritt
Er doch auch hier den rechten Pfad.
Statt dass er um Vergebung bat,
Erhing er sich; da barst entzwei
Sein Leib. Die Seele wollte frei
Nicht werden durch den Mund,
Den noch vor kurzer Stund`
Jesus hatte geküsst, sein Meister.
Sie ward Geselle der üblen Geister,
Da sie nicht, wie sie sollte,
Mit Gott vereint sein wollte.
(Aus: "Goldene Legende der Heiligen"
von Joachim und Anna bis auf Constantin den Großen
neu erzählt, geordnet und gedichtet von
Richard von Kralik, 1902)
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