Inhalt:

 

1. Französische Revolution

2. Franziskus von Assisi

3. Fegfeuer

4. Fahnenwahl

5. Friede des Herzens

6. Freude des Bekehrten

7. Fastenzeit

8. Fronleichnam im KZ

9. Frieden

10. Fastengebot

11. Kardinal Faulhaber

12. Fasten-Verordnung

13. Fels Petri

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1. Französische Revolution

 

Die Schwester des Blutmannes

 

Eine Episode aus den Tagen der französischen Schreckensherrschaft.

 

Luzien Bourdon war eines der gefürchtetsten Häupter der französischen Schreckensherrschaft. Seine Grausamkeit, seine Blutgier flößten oft sogar den anderen Gewalthabern, denen ein menschliches Leben doch auch nicht viel galt, Entsetzen und Widerwillen ein.

 

Luzien Bourdon hasste alle Menschen, besonders den Adel. Warum ihm eigentlich der Adel so zuwider war, dafür fehlte ihm die Erklärung. Es hatte ihm noch kein Edelmann etwas zuleide getan, ja, einer adeligen Dame, der Gräfin von Saint Etienne, hatte seine Familie die Rettung vom Untergang und die Begründung ihres Wohlstandes zu danken. Aber mochte Luzien dies vergessen haben oder mochte ihn sonst ein Grund dabei leiten, die Tatsache blieb bestehen: er hasste die Adeligen und es gewährte ihm eine diabolische Freude, möglichst viele von ihnen der Guillotine zuzuführen.

 

Wenn es vorhin hieß, Luzien Bourdon hasse alle Menschen, so ist dies nicht ganz richtig. Ein Wesen gab es, das er nicht hasste, das er sogar mit aller Zärtlichkeit liebte, deren sein verhärtetes Herz noch fähig war und dieses Wesen war seine jüngste, kaum den Kinderschuhen entwachsene Schwester Yvonne.

 

Yvonnes Gemüt hatte das Gift der Jakobiner noch nicht eingesogen, es war noch ebenso gut und rein, als es aus den Händen ihrer verstorbenen Mutter und ihrer Erzieherinnen, der Schwestern von Notre Dame, hervorgegangen war. Sie huldigte nicht der Göttin der Vernunft, sondern betete noch immer in den verwüsteten Kirchen; sie weinte bitterlich, als ihr Beichtvater und väterlicher Freund, der Abbé Gounod, ins Ausland fliehen musste, und als man ihre geliebten Lehrerinnen zum Schafott führte, begleitete sie diese mutig und betend bis zu den Stufen des furchtbaren Mordwerkzeuges. Ihren Bruder liebte die Kleine zärtlich, aber sie war nicht imstande, seinen harten Sinn zu mildern. Sie konnte nur für die Rettung seiner Seele beten und das tat sie täglich zu ungezählten Malen.

 

Eines Morgens, beim Frühstück, legte Yvonne Bourdon mit einer Bewegung des Schreckens die Liste der Verdächtigen aus der Hand.

 

„Luzien, hier steht ja auch die Gräfin Hortense von Saint Etienne?“

 

„Ich weiß es. Ich habe sie selbst auf die Liste setzen lassen“, entgegnete der Bruder kalt.

 

„Luzien, du willst sie in das Gefängnis schleppen lassen?“

 

„Sie befindet sich bereits dort.“

 

„Du willst die Gräfin der Guillotine überantworten?“

 

„Der Guillotine wird ihr Kopf allerdings verfallen.“

 

Yvonne brach in Tränen aus. „Die alte, ehrwürdige Dame! Luzien, ist dir denn das Gefühl der Dankbarkeit ganz abhandengekommen? Oder hast du vergessen, dass es die Gräfin war, welche die Schuld unseres Vaters tilgte, als ihn der hartherzige Gläubiger in den Kerker werfen lassen wollte? Dass sie es war, die ihm, dem tüchtigen, aber armen und darum beschäftigungslosen Goldschmied, Kunden in ihren Kreisen warb, so dass er zu Wohlstand gelangen konnte? Das Vermögen, von dem wir heute noch zehren, verdanken wir nur ihr.“

 

„Du irrst, Kind! Dieses Vermögen ist schon längst verzehnfacht durch die Güter des Adels“, entgegnete Bourdon ebenso kalt wie zuvor.

 

„Du hasst die Gräfin, weil dich ihre Nichte abwies, als du ihr deine Liebe gestanden hast. Was kann aber die alte Frau dafür? Sie war uns immer wohl gesinnt. Und war es denn Hochmut, der Luise bewog, deine Hand abzulehnen? Sie musste es tun. Sie hatte sich bereits einem Höheren angelobt, war die Braut des Heilandes.“

 

„Lass uns davon schweigen, Yvonne!“

 

„Gib die Gräfin frei, Bruder, ich flehe dich an!“

 

„Unmöglich!“

 

„Ich beschwöre dich bei dem Andenken unserer Eltern!“

 

„Ich kann nicht. Und wenn ich auch wollte, es ist mir nicht möglich, jetzt noch den Lauf des Schicksals zu hemmen. Die Bürgerin Hortense ist dem Henker verfallen.“ Mit harten, dröhnenden Schritten verließ der unerbittliche Mann das Zimmer.

 

Yvonne hob die gefalteten Hände empor. Ein todesmutiger Entschluss strahlte aus ihren schönen Augen. „Die Wohltäterin meines Vaters soll nicht dem Henkerbeil verfallen“, flüsterte sie. „Ich werde sie retten.“

 

Am Abend desselben Tages verließ die Gräfin von Saint Etienne als Yvonne Bourdon das Gefängnis und floh aus Frankreich. Das junge Mädchen nahm an ihrer Stelle die Kerkerhaft auf sich.

 

Es war der Schwester des gefürchteten Schreckensmannes nicht schwer geworden, Einlass in das Gefängnis zu erhalten und niemand hatte Verdacht geschöpft, als die Edeldame in ihren Kleidern dasselbe verließ. Die Zellen waren überfüllt und täglich kamen neue Gefangene. Wie konnten da die Kerkermeister im Gedächtnis behalten, welche Gestalt und Züge gerade die Bürgerin Etienne gehabt? Die Frauen aber, die mit Yvonne den Kerker teilten, schwiegen.

 

Zwei Wochen später, als die Gräfin längst außer Landes war, rief man sie vor das Revolutionstribunal. Wie erschrak aber Bourdon, der den Vorsitz führte, als statt der gehassten Edeldame seine seit vierzehn Tagen spurlos verschwundene Schwester vor ihm erschien!

 

„Ich habe der Gräfin zur Flucht verholfen“, bekannte sie offen, „und ich freue mich, dass ich es getan habe.“

 

„So stirb auch an ihrer Stelle“, schrie Luzien, aufflammend in wilder Wut, und Yvonne Bourdon wurde zum Tod verurteilt.

 

Ruhig hörte sie das Urteil an . . . .

 

Am anderen Morgen führte man sie zum Tode. Der Wagen, auf dem sie neben elf Leidensgefährtinnen saß, rollte an ihrem Vaterhaus vorüber und sie grüßte es zum letzten Mal mit ihren Blicken.

 

Luzien hatte den Wagen gehört. Er presste die geballten Fäuste an seine Schläfen. Jetzt führte man seine einst so innig geliebte Schwester zum Blutgerüst, zu dem er sie selbst verurteilt hatte.

 

Und mit einem Mal wachten die Erinnerungen in ihm auf, die er bislang sorglich in Schlummer gehalten hatte: die Erinnerung an seine Kindheit, an seine fromme Mutter, seinen gerechten, menschenfreundlichen Vater; die Erinnerung an die Zeit, in der er neben beiden gekniet und die kleinen, noch nicht mit Blut befleckten Hände zum Gebet gefaltet hatte. Und neben ihm kniete seine unschuldsvolle Schwester, dieselbe, die heute die Schuld der Undankbarkeit sühnte, die er auf sich geladen hatte.

 

Ein heiserer Schrei entfuhr seinen Lippen und barhaupt, ohne Mantel, stürzte er die Treppe hinab und den Weg entlang, den der Karren genommen hatte. Vielleicht war es noch nicht zu spät, vielleicht konnte er sie noch retten! Dem Wort des gefürchteten Machthabers beugten sich ja alle, es musste auch das Beil des Henkers hemmen.

 

Als er bei dem Blutgerüst anlangte, zeigte der Scharfrichter eben ein blutbeflecktes Haupt der johlenden Menge. Bourdon erkannte die reinen, noch im Tod schönen Züge seiner Schwester und kraftlos brach er in die Knie.

 

Eine hohe, in ein dunkles Gewand gekleidete Frauengestalt, an deren Gürtel ein Kreuz funkelte, beugte sich zu ihm nieder und richtete ihn auf.

 

„Ihr kommt zu spät, Luzien Bourdon, Eure Schwester kann Euch kein Lebewohl mehr sagen“, sprach sie mit ernster Stimme. „Aber ihr letzter Gedanke galt Euch, ihr letztes Wort war ein Gebet für Euch. Lasst es nicht vergebens gesprochen sein; Luzien, kehrt um!“

 

Schon riss man die Nonne hinweg. Eine Minute später zeigte der Henker den jubelnden Hyänen der Guillotine ein zweites Frauenhaupt . . . .

 

Bourdon schauerte zusammen. Das war Luise von Saint Etienne gewesen, die Geliebte seiner Jugend. Ob auch ihr letztes Wort ein Gebet für ihn, ihren Mörder, gewesen war?

 

Lautlos brach der starke Mann neben dem Blutgerüst zusammen.

 

Einige Tage später erzählte man sich im Klub der Jakobiner, dass der Bürger Bourdon Frankreich verlassen habe. Er sei nach Rom geflohen, ein Abtrünniger an dem großen Gedanken der Freiheit . . . .

 

Viele Jahre später, als die Schreckensherrschaft in Frankreich längst gebrochen, Napoleons Siegeszug durch Europe bereits zu Ende war und sich um den französischen Thron wieder die goldenen Lilien schlangen, starb in einem italienischen Trappistenkloster ein Mönch eines heiligmäßigen Todes. In tiefer Erbauung knieten die Brüder neben seiner Leiche. Die Annalen des Klosters hatten noch keinen solchen Büßer verzeichnet.

 

Der Mönch war Luzien Bourbon, der Blutmann von Paris. Yvonnes Gebet war nicht vergebens gesprochen worden.

 

Die seligen Karmeliterinnen von Compiégne

 

Unter den blutigen Tagen der französischen Revolution, die gegen Ende des 18. Jahrhunderts Frankreich durchtobte, wird der 17. Juli 1794 stets in besonderer Erinnerung bleiben. Es ist der Todestag der 16 Karmeliterinnen, deren Namen am 27. Mai 1906 von Papst Pius X. dem Verzeichnis der Seligen hinzugefügt wurden. Man darf sie die Blumen der französischen Revolution nennen; sie starben als mutige Bekennerinnen des Glaubens und werden in der katholischen Kirche nun für immer als Märtyrerinnen verehrt werden. Ihre Namen sind folgende: Mutter Theresia vom heiligen Augustin, Priorin, dann die Schwestern Maria Anna vom Kreuze, Charlotte von der Auferstehung, Maria Anna vom heiligen Ludwig, Maria Antoinette vom Herzen Jesu, Euphrosia von der Unbefleckten Empfängnis, Theresia vom heiligen Ignatius, Franziska Gabrielle von Croissy (Henriette von Jesus), eine Großnichte Colberts, des ersten Ministers Louis XIV., Rosa Christine de la Neuville, Anna Pelras (Henriette), Maria Johanna Meunier (Konstanze), Novizin, Antoinette Roussel (vom Heiligen Geist), Maria Donfous (Martha), Julia Berolat vom heiligen Franziskus, die beiden Schwestern Katharina und Theresia Soiron.

 

Das Karmeliterinnen-Kloster zu Compiégne wurde im Jahr 1647 gegründet. Es stand unter dem besonderen Schutz des Königs und der Königin von Frankreich und war berühmt durch seine klösterliche Zucht, Frömmigkeit und Ordnung. Vor Ausbruch der Revolution zählte das Kloster 16 Chornonnen, 3 Laienschwestern (Konverse) und 1 Novizin, sowie 2 weltliche Dienerinnen. Der Sturm gegen die Klöster nahm seinen Anfang im Jahr 1790. Am 5. August dieses Jahres unterdrückte die konstituierende Nationalversammlung die Konvente, indem sie die religiösen Gelübde für null und nichtig erklärte und den Ordensleuten nahelegte, von ihrer Freiheit Gebrauch zu machen und aus den Klöstern hinauszugehen. Da aber hiermit keine direkte Schließung der Klöster verfügt war, blieben die Karmeliterinnen an ihrer gottgeweihten Stätte und erfüllten dort nach wie vor mit heiligem Eifer ihre religiösen Pflichten. Doch ihre Ruhe sollte nicht lange dauern. Am 14. September 1792, dem Fest Kreuz-Erhöhung, wurden sie von Compiégne ausgewiesen und gezwungen, ihr Kloster zu verlassen. Mehrere der Schwestern waren damals schon über 80 Jahre alt. Man ließ sie nicht ruhig sterben an dem Ort, an dem sie dem lieben Gott so lange gedient hatten; in ihren alten Tagen mussten sie die Stätte, die sie in langen Jahren liebgewonnen hatten, verlassen.

 

Die Klosterfrauen bezogen nun drei Privatwohnungen. Dort lebten sie ebenso zurückgezogen wie in ihrem Kloster. Sie gingen nie aus, außer um zum gemeinschaftlichen Gebet zusammen zu kommen. So war ihr Leben auch jetzt noch das Leben der Bräute Christi, die der Welt entsagt haben und nur für Gott leben.

 

Die Vertreibung aus dem Kloster war für die Karmeliterinnen gewiss hart gewesen. Doch sie sollten bald noch mehr zu dulden haben; sie sollten nicht umsonst Schülerinnen Dessen sein, der für uns das schwere Kreuz getragen hat, der für uns am Kreuz gestorben ist. Das revolutionäre Überwachungs-Komitee beschuldigte die Karmeliterinnen des Versteckthabens von Waffen in ihren Wohnungen und eines Komplotts gegen den Staat. In dem diesbezüglichen Schriftstück heißt es: „Das Überwachungs-Komitee wurde aufmerksam gemacht, dass die ehemaligen Karmeliterinnen, die sich in drei oder vier Abteilungen dieser Stadt (Compiégne) verteilt haben, sich jeden Abend heimlich vereinen. Da sich in Registern nun schon eine Anzeige befindet, dass die genannten Frauen noch nach dem fanatischen Regime ihres Klosters leben; ferner in Erwägung, dass zwischen ihnen und den Fanatikern von Paris ein verbrecherischer Briefwechsel stattfinden kann, dass man also genügend Grund hat, über diese vom Fanatismus eingegebenen Vereinigungen in ihren Häusern, den Verdacht eines Komplottes zu haben, beschließt das Komitee, dass von seinen Mitgliedern in den verschiedenen Wohnungen der genannten Frauen eine Hausdurchsuchung stattfinde und dass jede von ihren Abteilungen von einer genügenden Anzahl Dragoner eskortiert werde.“

 

Die Hausdurchsuchung fand statt. Man fand nicht viel, einige wenige Briefe, die an die Oberin und an zwei andere Schwestern gerichtet waren und einige andere Dinge ohne Belang. Doch das reichte den Glaubenshassern hin, die Schwestern als Gefangene nach Paris zu schicken, damit sie wie als Verbrecherinnen abgeurteilt würden. Nach einer beschwerlichen Reise, welche die Klosterfrauen mit kreuzweise auf den Rücken gebundenen Händen, auf einem elenden Karren sitzend, hatten zurücklegen müssen, langten sie am Morgen des 13. Juli 1794 in der Hauptstadt an. Hier wurden sie einige Tage in das Gefängnis geworfen und sodann vor eine sogenannte „Gerichtssitzung“ geführt. Vorsitzender derselben war ein gewisser Scellier, Sohn eines Tuchhändlers aus Compiégne. Das Urteil über die ehrwürdigen Klosterfrauen war schon bestimmt, noch ehe die Verhandlung stattfand.

 

Der öffentliche Ankläger beschuldigte die Schwestern, dass sie, obgleich ihre Wohnungen getrennt lagen, doch zusammengekommen seien, wohl zu keinem anderen Zweck, als um gegen die Revolution zu arbeiten und das französische Volk wieder den Händen der Tyrannen und der blutdürstigen Priester auszuliefern. „Zu diesem Zweck“, behauptete er weiter, „hatten diese Frauen Waffen in ihrem Haus verborgen.“

 

Da zeigte die Oberin ein Kruzifix und sagte: „Hier, Bürger, dieses ist die einzige Waffe, die wir, das gebe ich zu, immer in unserm Haus hatten.“

 

Der Ankläger fuhr fort und sprach von fanatischen Korrespondenzen, welche besonders die Oberin, sowie die Schwestern Thouret (Schwester Charlotte von der Auferstehung, 79 Jahre alt) und Dufono (Schwester Martha, 83 Jahre alt) unterhalten hätten.

 

Da nahm die Oberin wieder das Wort und fragte: „Bürger, wollen Sie uns sagen, was Sie unter dem Wort fanatisch verstehen?“

 

Der Ankläger suchte dieser Frage auszuweichen und die Oberin musste ihre Frage noch einmal wiederholen, indem sie zugleich aufmerksam machte, dass es Pflicht der Richter sei, auf die sachlichen Fragen eines Angeklagten zu antworten. Da entgegnete der Ankläger: „Unter fanatisch verstehe ich Eure Anhänglichkeit an einen kindischen Glauben, Eure dummen Religionsübungen.“

 

„Werden wir also deswegen gerichtet?“

 

„Ja, deswegen.“

 

Da wandte sich eine der Schwestern an die Oberin und rief mit lauter Stimme: „Liebe Mutter, liebe Mitschwestern, Ihr habt gehört, wie der Ankläger erklärt, dass wir verurteilt werden wegen unserer Anhänglichkeit an unseren heiligen Glauben. Können wir uns ein schöneres Lebensende wünschen? Lasst uns daher herzinnigst Demjenigen danken, welcher uns als Erster den Weg zum Kalvarienberg gezeigt hat. O, welche Glückseligkeit, zu sterben für unseren Gott!“

 

Die Schwestern wurden ohne jede weitere Verteidigung zum Tode verurteilt. Das Urteil sollte sofort vollstreckt werden. Die Schwestern erschraken nicht. Sie erneuerten ihre Gelübde und stimmten dann auf dem Weg zum Richtplatz das Veni Creator und nach dessen Beendigung das Salve Regina an. Wohl nie mag dieses Bittgebet so innig und mit solcher Andacht zum Thron der Himmelskönigin, der Helferin in aller Not, emporgestiegen sein, wie es hier geschah. „Sei gegrüßt, o Königin, Mutter der Barmherzigkeit; unser Leben, unsre Wonne und unsre Hoffnung, sei gegrüßt! Zu dir rufen wir, verbannte Kinder Evas; zu dir seufzen wir trauernd und weinend in diesem Tal der Tränen. Wohlan denn, unsere Fürsprecherin, wende deine barmherzigen Augen uns zu, und nach diesem Elend zeige uns Jesus, die gebenedeite Frucht deines Leibes. O gütige, o milde, o süße Jungfrau Maria.“ Da war der Henkerkarren am Richtplatz angekommen. Schwester Konstanze, die 28 Jahre zählte und die jüngste der Schwestern war, bat die Oberin, zuerst sterben zu dürfen. Sie ließ sich segnen und beugte dann ihr Haupt zum Todesstreich. Schwester um Schwester stieg die Stufen des Schafotts hinan und bot als treue Bekennerin des Glaubens ihr Haupt dem Henkerbeil. Die Oberin musste der Hinrichtung aller Schwestern zusehen und wurde dann als letzte enthauptet.

 

Die Leiber der Märtyrerinnen wurden mit den übrigen Opfern der Revolution auf dem Friedhof beigesetzt. Im Jahre 1898 errichtete man ihnen dortselbst ein Denkmal mit der Inschrift: „Dem Andenken der 16 Karmeliterinnen von Compiégne, gestorben für den Glauben am 17. Juli 1794.“ Am 23. Februar 1896 begann der Kardinal-Erzbischof von Paris den Ordinariatsprozess für die Seligsprechung der Karmeliterinnen. Am 16. Dezember 1902 erließ Papst Leo XIII. ein Dekret, mittels dessen die Märtyrerinnen für verehrungswürdig erklärt wurden; am 22. Juni 1903 begann der apostolische Prozess, welcher am 27. Januar 1904 beendet wurde. Am 24. Juni 1905 erließ der Heilige Vater Papst Pius X. das Dekret, in welchem die 16 Karmeliterinnen als Märtyrerinnen anerkannt wurden und die Erlaubnis zur Seligsprechung gegeben wurde, die dann am 27. Mai 1906 in feierlicher Weise stattfand.

 

Die Seligsprechung der seligen Karmeliterinnen von Compiégne fällt nach Gottes weiser Vorsehung gerade in eine Zeit, in welcher die Kirche in Frankreich neuen Verfolgungen ausgesetzt ist, in welcher man an vielen Orten sucht, durch modernen Unglauben die Treue im christlichen Glauben wankend zu machen. Es ist, als wolle der liebe Gott uns in der Zeit, wo das Bekenntnis des Glaubens so vielen Schwierigkeiten begegnet, ein leuchtendes Beispiel vor Augen stellen, welches uns zeigen soll, wie wir im Bekenntnis des einen wahren Glaubens treu und fest bleiben sollen, bereit, lieber alles zu opfern, als den Glauben zu verlieren. Das Gebet aber, das die seligen Märtyrerinnen auf ihrem Todesgang zum Thron der lieben Gottesmutter emporsandten, um ihre Fürbitte für die Todesstunde anzurufen, das „Sei gegrüßt, o Königin“, soll auch eines unserer Lieblingsgebete sein, mit dem wir uns in allen Anliegen des Leibes und der Seele an die glorreiche Himmelskönigin wenden. Die seligen Märtyrerinnen von Compiégne aber, diese leuchtenden Bekennerinnen, wollen wir anrufen, dass sie uns die Kraft erflehen, unseren Glauben immer und überall treu zu bekennen und nach demselben zu leben bis zum Tod.

 

Ein goldenes Kruzifix

 

Es ist bekannt, dass in der Französischen Revolution in den Neunzigerjahren des 18. Jahrhunderts das Volk einmal nach Versailles zog, wo sich der königliche Hof aufhielt, in das Schloss drang und Taten verübte, die man nicht gern erzählt. Damals wurde gestohlen und geraubt, und mancher, der dabei war, hat sich später geschämt und ist seines Raubes nicht froh geworden, wie denn unrecht Gut nicht gedeiht, weil es den Fluch Gottes in sich trägt.

 

Einer, der auch dabei war, hatte unter anderen Dingen ein in den Kot getretenes Kruzifix aufgerafft und mitgenommen. Er hatte gemeint, er hätte etwas Rechtes erwischt, aber es schien ihm nichts wert, und er warf es, wütend, dass er sich damit geplagt, in eine Ecke unter altes Gerümpel. Dort lag es bis zum Jahr 1834, in welchem jener Mann, der ein Gewürzkrämer geworden, starb. Frau und Kinder hatte er nicht; daher ließen seine Anverwandten Hab und Gut durch einen Notar versteigern. Die Leute aus der Vorstadt kamen zusammen und die Versteigerung begann.

 

In dieser Vorstadt wohnte ein junger Maler, dem es gar hart ging. Er war zwar sehr geschickt, aber er hatte kein Geld; er hatte auch keine vornehmen Freunde, die ihn empfehlen konnten und so saß er brotlos in seinem engen Dachkämmerlein und verzweifelte fast. Erst in der letzten Zeit hatte ein Wirt seinen Saal ausmalen lassen und da er fast am Verhungern war, so dünkte ihm diese Arbeit nicht zu gering. Eine fromme Mutter hatte ihn früh beten gelehrt, und die Not, die er litt, setzte das gute Werk in ihm fort. Er war fromm und bewahrte ein reines, gottesfürchtiges Herz. Das war in Paris eine Seltenheit! Zwar spotteten seine Bekannten über ihn, dass er den Sonntag heiligte, regelmäßig zu den heiligen Sakramenten ging, dass er Gottes Wort las, dass er den Rosenkranz nicht nur bei sich trug, sondern auch betete; aber das machte ihn nicht irre. Er blieb dem heiligen Zug seines Herzens treu. Er hatte bis jetzt jede Nacht auf einem Strohsack ohne Leintuch geschlafen, weil seine Armut es nicht anders zuließ. Nun hatte er bei dem Ausmalen des Saales Geld verdient und wollte es nützlich anwenden. Er hörte von der Versteigerung in seiner Nachbarschaft, erkundigte sich vernahm, der Gewürzkrämer sei ein sehr reinlicher Mann gewesen, habe noch ein neues gutes Bett und auch Leintücher dazu, die er wohlfeil würde ersteigern können. Der junge Mann hatte an dem Saal 300 Franken verdient, dafür hatte er sich Kleider, Hemden, Schuhe und Stiefel gekauft. Nun waren noch 100 Franken übrig.

 

„Wirst du dafür ein Bett bekommen?“ fragte er sich mit schweren Sorgen und Ängsten. – Auf solchen Versteigerungen geht`s manchmal seltsam zu. Sind viele Liebhaber da, so wird das alte Gerümpel teuer; fehlt es daran, so kommt das Gute um ein Geringes an den Mann. So war es bei der Versteigerung im Haus des alten Gewürzkrämers auch. Unser Maler ersteigerte das gute Bett nebst dazu gehörigem Weißzeug für das Wenige von 75 Franken. Sein Herz jubelte. Sogleich zahlte er aus und ließ sich alles in seine Wohnung tragen. Kein König war reicher und glücklicher als er! Nun blieben ihm noch 25 Franken. „Geh` noch einmal auf die Versteigerung“, sagte er zu sich selbst, „vielleicht kannst du noch etwas, was du gebrauchen kannst, wohlfeil kaufen.“ Gedacht, getan.

 

Er geht wieder hin; aber die Versteigerung ist beinahe zu Ende. Nur noch das alte Gerümpel, das in der Ecke des Speichers liegt, wird unter Spotten und Lachen ausgeboten. Da kommt auch ein Kruzifix, das mit Staub und dickem Schmutz bedeckt ist, an die Reihe. Es geht von Hand zu Hand. „Es ist von Blei!“ ruft einer; „ich gebe einen halben Franken dafür!“ – „Einen Franken!“ ruft ein anderer. Den Maler durchrieselte es eiskalt. „Entziehe der Rohheit das Bild des Heilandes, das Zeichen des Kreuzes!“ dachte er, und bot laut: „Fünf Franken!“ Der Notar überreicht ihm das Kreuz mit einer spöttischen Verbeugung; aber der Maler zahlt sein Geld, nimmt unter allgemeinem Lachen das Kruzifix in Empfang und verlässt das Lokal, voll Scham und Ärger über die Rohheit dieser Menschen und kehrt in seine Wohnung zurück. Er stellt das Kruzifix auf einen Ecktisch und macht noch einen Spaziergang, legt sich dann beizeiten nieder und schläft wie ein König.

 

Als er am anderen Morgen erwacht, fällt sein Blick auf das schmutzbedeckte Kruzifix. Er denkt: „Reinige es einmal!“ Nun nimmt er eine Bürste und beginnt von dem Fuß desselben den Kot zu entfernen. Da sieht er Buchstaben – es ist der Name: Benvenuto Cellini, den er mit großem Erstaunen liest. Dieser Benvenuto Cellini war in Florenz geboren und ein hochgeehrter Künstler, der meist nur für Fürsten und Könige arbeitete; seine Arbeiten wurden ungemein teuer bezahlt. Dieses Kruzifix war durch eine Königin von Frankreich nach Paris und dann in das Schloss von Versailles gekommen. Wäre es auch nur von Kupfer gewesen, so hätte es als eine Arbeit des berühmten Benvenuto Cellini einen hohen Wert gehabt. Der arme Maler wusste aber, dass der hochangesehene Benvenuto Cellini nur in Gold und Silber gearbeitet hatte, und dachte gleich: „Hier steckt etwas dahinter!“

 

Er macht sich, vor Freude zitternd, daran, das Kruzifix zu reinigen, und bald glänzt ihm ein herrliches Kunstwerk aus gediegenem Gold entgegen! Wer beschreibt seinen freudigen Schrecken. Ihm gegenüber wohnt ein Goldschmied. Zu dem geht er und zeigt ihm sein Kruzifix. „Herr“, ruft der, „Sie haben einen doppelten Schatz! Denn einmal ist es ein Kunstwerk von außerordentlicher Schönheit und dann ist es ein gediegenes, reines Gold! Lasst es uns einmal Wägen!“ Mit freudigem Schreck sah alsbald der Maler, dass es 20 Pfund wog. „Sie sind ein reicher Mann“, hub darauf der Goldschmied wieder an; „denn der alleinige Wert des Goldes ist etwa 50 000 Franken. Die will ich Ihnen noch heute dafür bezahlen. Wird Ihnen auch der Kunstwert bezahlt, so mögen Sie ohne Zweifel auf 60 000 Franken rechnen und selbst noch mehr, je nachdem der Liebhaber ist. Ich habe mancherlei Verbindungen am Hof und will Ihnen behilflich sein.“

 

Das nahm der Maler dankbar an, und schon am Nachmittag wurde er zum König beschieden. Als der König das Kruzifix sah, war er außer sich vor Bewunderung und kaufte es sogleich für 60 000 Franken. So war es wieder in die Hände des ursprünglichen Eigentümers zurückgelangt. Nun aber musste ihm der Maler erzählen, wie er dazu gekommen, was er offen und ehrlich tat. Mit großer Teilnahme hörte der König zu, freute sich über seinen frommen Sinn und merkte bald, dass er es mit einem wohl unterrichteten jungen Mann zu tun habe. Endlich sagte der König: „Sie können Morgen wieder kommen und mein Bild malen.“ Das galt dem Maler noch mehr als die 60 000 Franken; denn nun konnte er einmal seine Kunst zeigen und an den Mann bringen. Genügte er dem König, so brauchte er nicht mehr um Arbeit zu sorgen. Er kam und vollendete das Bild zu des Königs größter Zufriedenheit. Dies wurde bekannt und bald war der Name des Malers in aller Leute Mund. Er bekam Bestellungen auf Bilder, und Gott segnete ihn sichtlich.

 

Wer wollte den Finger Gottes darin verkennen? O, der ist in so viel tausend Begebenheiten sichtbar, wenn wir Ihn nur sehen wollen. Wer sich offen zu dem gekreuzigten Heiland bekennt, zu dem bekennt auch Er Sich. Wer vor allem nach dem Himmlischen trachtet, dem fällt auch vom Irdischen das Nötige zu.

 

Aufwärts, Herz:

Schau` himmelwärts!

Sei`s am Abend, sei`s am Morgen,

Sei´s in Freuden, sei`s in Sorgen,

Sei`s in bitt`rer Leidensstund`,

Immer sprich mit Herz und Mund:

Aufwärts, Herz!

Schau` himmelwärts!

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2. Franziskus von Assisi

 

Blütenkranz des heiligen Franziskus von Assisi

       

Wie das Paradies blüht sonnig und wonnig die Landschaft Umbrien, reich an Weingärten und Ölbäumen. Auf sanfter Anhöhe schimmert freundlich Assisi, das alte Städtchen. Am Fuß des Berghanges liegt das Heiligtum Portiunkula, geweiht der lieben Mutter Gottes, der Königin aller Engel. Hier vernahm Franz am 24. Februar 1209 im Evangelium das Wort des göttlichen Heilandes an die Jünger: „Ihr sollt weder Gold noch Silber tragen.“ Vom himmlischen Licht erleuchtet, sprach er fröhlich: „Das ist`s, was ich lange schon gesucht habe!“ So berief ihn Gott, den Orden der heiligen Armut zu stiften. Bald fanden sich elf Gefährten; mit ihnen pilgerte Franz nach Rom, voll Ehrfurcht vor der Kirche, der heiligen Mutter.

 

Innozenz III. regierte damals. In ihm erreichte das Ansehen des Papstes den höchsten Glanz. Eben in diesem Jahr 1209 gab er dem deutschen König Otto IV. feierlich die Kaiserkrone. Wer gewann aber größeres Glück – der Kaiser mit all seinem Gold und seinen Edelsteinen oder der Arme von Assisi? Franz schätzte sich überglücklich, als ihm der Statthalter Christi gütig den Segen gab für den Orden der heiligen Armut. Er meinte das tröstliche Wort Christi selbst zu hören: „Selig sind die Armen im Geist, denn ihrer ist das Himmelreich!“ Frei von zeitlichen Sorgen, reich an Frieden und Freude Gottes, jubelte sein reines Herz:

 

So hehr ist jener Preis, nach dem ich trachte,

Dass ich darum das Irdische verachte.

 

Der Bruder Immerfroh! Durch Dörfer und Städte wanderte er eifrig und beginnt seine Predigt gern mit dem freundlichen Gruß: „Der Herr gebe euch Frieden!“

 

Wie vom Frieden des Paradieses umweht, wirkt Franz so segensreich. Viele folgen seinem Beispiel. Schon im Jahr 1219 sieht er fünftausend Mitbrüder in Assisi versammelt. Allen empfiehlt er, fröhlich dem Herrn zu dienen: „Freudig im Herrn, heiter und liebenswürdig sollen sie sich zeigen.“ Im Jahr 1223 pilgert Franz wieder nach Rom, auch von Honorius III. den Segen für seinen Orden zu gewinnen. Noch eine Bitte stellt er an den Heiligen Vater: Weihnachten im Freien feiern zu dürfen, nicht weit von Rom, im Wald von Greccio. Dort feiert Franz wirklich die Christnacht im Kreis der armen Hirten.

 

Wie festlich flammt erst über Greccio der Sternenhimmel, der heitere Himmel des milden Südens. Am Altar der Krippe funkelt reicher Lichterglanz: die Brüder alle halten Kerzen in den Händen, die Hirten aber Windlichter – welch klares Glasten und Glänzen, als erscheine wieder die Lichtgestalt des Engels. Fromm und froh beginnt zu Mitternacht Liederklang und Flötenspiel; die Sänger und Musikanten wollen fast mit den seligen Engelchören wetteifern, sobald der Priester am Altar das Gloria anstimmt. Franziskus selbst waltet als Diakon beim Hochamt und singt feierlich das freudenreiche Evangelium. Nach dem Evangelium hält er die Predigt; mit Worten voller Freude redet er von dem armen König, der in dieser Nacht geboren ist, und frohlockt immer von neuem: „Lieben wir das Kindlein von Bethlehem!“

Wie schön blüht die Krippenfreude des heiligen Franziskus fort und fort durch alle Jahrhunderte bis heute!

 

Warum St. Franzisko alle nachfolgen

 

Einstmals weilte St. Franziskus in dem Kloster der Portiunkula mit Bruder Masseo von Marignano, der sehr heilig war und schön, und verständig von Gott zu reden wusste; darum liebte ihn St. Franziskus sehr. Eines Tages nun kehrte St. Franziskus aus dem Wald zurück, wo er gebetet hatte, und da kam ihm Bruder Masseo entgegen; dieser wünschte nämlich, zu erkunden, wie groß Sankt Franzisci Demut war, und darum sprach er: „Warum dir, warum dir, warum dir?“ St. Franziskus entgegnete: „Was willst du denn eigentlich sagen?“ Bruder Masseo erwiderte: „Ich frage, warum alle Welt dir nachläuft, und warum jedermann dich sehen will und auf dich horchen und dir gehorchen? Du bist kein schöner Mann; du bist nicht sehr gelehrt; du bist nicht edel. Was ist es denn, dass alle Welt dir nachläuft?“ Wie das Sankt Franziskus hörte, wurde er sehr froh im Gemüt; und er hob sein Antlitz gen Himmel und blieb lange unbeweglich stehen; denn sein Geist war zu Gott erhoben. Als er aber wieder zu sich kam, warf er sich auf die Knie, pries und dankte Gott und wandte sich dann voller Inbrunst zu Bruder Masseo und sprach: „Willst du wissen, warum mir? Willst du wissen, warum mir? Willst du wissen, warum mir? Warum mir alle nachfolgen? Das hat mir der Blick des allmächtigen Gottes ersehen, der allerorten auf Guten und Bösen weilt. Denn seine heiligen Augen sahen unter den Sündern keinen, der elender war, denn ich, keinen, der untüchtiger war, denn ich, keinen, der ein größerer Sünder war, denn ich; und, um das wunderbare Werk zu vollbringen, das er sich vorgenommen, fand er kein Geschöpf auf Erden, das armseliger war; darum hat er mich auserwählt, um die Welt zu beschämen mit ihrem Adel und ihrem Stolz und ihrer Stärke und ihrer Schönheit und ihrer Weisheit; auf dass da kund werde, dass alle Kraft und alles Gute von ihm ausgeht und nicht von der Kreatur, und niemand sich vor seinem Angesicht rühme; wer sich aber rühmt, rühme sich in dem Herrn, dessen alle Ehre ist und alle Herrlichkeit in Ewigkeit.“

 

Da erschrak Bruder Masseo über diese Antwort, die so demütig war und mit so viel Inbrunst gesprochen wurde.. Und nun erkannte er gewiss, dass St. Franziskus unerschütterlich in Demut war.

 

Lob des Ordenskleides

 

Ein Jüngling, der recht zart und edel war, trat in den Orden des heiligen Franziskus, und nach einigen Tagen begann er, vom Teufel verleitet, das Gewand, das er trug, so zu verabscheuen, dass es ihm deuchte, er sei mit einem elenden Sack bekleidet; es ekelte ihn vor seinen Ärmeln, und er verabscheute die Kapuze, und die Länge und Rauheit des Kleides schien ihm eine unerträgliche Last. Und da sein Widerwillen gegen den Orden nur zunahm, beschloss er endlich, das Mönchsgewand abzulegen und in die Welt zurückzukehren. Schon hatte er aber die Gewohnheit angenommen, jederzeit, wenn er am Altar des Klosters vorbeikam, wo der Leib Christi aufbewahrt wurde, höchst ehrerbietig niederzuknien, die Kapuze hinunterzuschieben und sich mit gekreuzten Armen zu verbeugen, wie es ihn sein Meister gelehrt hatte.

 

Da geschah es, dass er in der Nacht, da er davongehen und den Orden verlassen wollte, am Altar des Klosters vorüber musste; und, als er vorbeikam, kniete er, wie er es gewohnt war, nieder und verneigte sich. Da wurde er auf der Stelle im Geist entzückt, und Gott zeigte ihm ein wunderbares Gesicht also, dass er vor sich eine schier endlose Zahl von Heiligen sah in der Art einer Prozession, zu zweien und zweien in herrlichen und köstlichen Gewändern, und ihr Antlitz und ihre Hände glänzten in der Sonne, und sie zogen dahin mit Gesang und Spiel von Engeln. Unter den Heiligen waren aber zwei, die edler gekleidet und reicher geschmückt waren wie alle anderen, und von solcher Klarheit umgeben, dass sie dem, der sie sah, gewaltig staunen machten; und fast am Ende des Zuges gewahrte er jemand, der mit solcher Herrlichkeit geziert war, dass er ihm gleich einem erschien, der eben den Ritterschlag empfangen und höher geehrt wurde wie die anderen.

 

Als der Jüngling diese Erscheinung sah, wunderte er sich und wusste nicht, was dieser Zug bedeuten sollte; er wagte aber nicht, danach zu fragen und er war starr vor lauter Staunen. Doch als der ganze Zug vorübergegangen war, fasste er Mut, läuft hinter den letzten her und fragt sie mit großer Scheu und spricht: „Liebe Herren, ich bitte euch, dass ihr mir sagen möget, wer jene wunderbaren Männer sind, die in so würdiger Prozession einherziehen?“ Und sie antworteten: „Wisse, lieber Sohn, dass wir alle Ordensbrüder sind, die wir eben aus der Herrlichkeit des Paradieses kommen.“ Er aber fragte nun also: „Wer sind jene beiden, die strahlender sind, als die anderen?“ Sie antworteten: „Das sind St. Franziskus und St. Antonius, und jener zuletzt, den du so hochgeehrt siehst, ist ein heiliger Bruder, der unlängst gestorben ist. Und, da er gegen alle Versuchungen mannhaft gestritten hat und dies bis an sein Ende ausharrte, führen wir ihn im Triumph zur Herrlichkeit des Paradieses. Und diese wunderbare Seide, die wir tragen, hat uns Gott für die rauen Kutten gegeben, die wir geduldig in dem Orden getragen haben, und die herrliche Klarheit, die du an uns siehst, gab uns Gott für unsere Geduld und Demut und für die heilige Armut, den Gehorsam und die Keuschheit, der wir bis an das Ende gepflogen haben. Darum, lieber Sohn, lass es dich nicht hart dünken, das grobe Ordenskleid zu tragen, das solchen Lohn bringt; denn wirst du mit St. Francisci grobem Gewand um Christi willen die Welt verachten und das Fleisch töten und mannhaft gegen den Teufel kämpfen, so wirst du mit uns ein gleiches Gewand und gleiche Herrlichkeit und Glanz empfangen.“

 

Nach diesen Worten kehrte der Jüngling in sich und, durch das Gesicht ermutigt, verscheuchte er jegliche Anfechtung und bekannte seine Schuld vor dem Guardian und den Brüdern.

 

Seit dem trachtete er bloß nach der Rauheit der Buße und des Mönchsgewandes und beschloss in großer Heiligkeit sein Leben in dem Orden.

 

Das Lächeln des Narren

 

In den Tagen und in der Stadt des heiligen Franziskus von Assisi lebte ein Mann, der gestörten Geistes war, und den die Leute deshalb „il pazzo“ das ist „den Narren“ nannten. Er war aber nicht wild und ungebärdig, wie sonst wohl Narren zu sein pflegen; sein Gemüt war traurig und wie von dunklen Wolken umdüstert. Und obwohl er sprechen konnte, hatte man selten ein Wort von seinen Lippen gehört, und nie hatte man ihn lachen gesehen. Er ging alleine seine seltsamen Wege, sprach wohl auch nach der Narren Art im Gehen halb laut mit sich selbst, sobald er aber Menschen erblickte, wurde sein Gesicht scheu und hilflos, und er wich ihnen aus, wo er konnte. Im Volk aber ging das Wort: Wenn der Narr einmal lachen könnte, wäre er geheilt. Keiner jedoch kümmerte sich viel um ihn, und da er niemand ein Leid tat, ließ man ihn ruhig seiner Wege ziehen und achtete nicht groß auf sein Wesen. Geschah es aber, dass ein Gesunder ihn unversehens in der Einsamkeit antraf, so eilte er, schnell von dem Narren wegzukommen, und in seinen Augen stand jener Ausdruck, mit dem die Menschen gemeiniglich die sogenannten „Verrückten“ betrachten: halb Neugier und halb lähmende Furcht.

 

Und doch war der Narr nicht ganz verlassen. Denn seine dumpfe Seele barg eine zärtliche und scheue Liebe zu Kindern und zu Tieren, und diese liebten ihn wiederum, wie man ja weiß, dass Kinder und Tiere die Liebe schneller spüren, woher sie auch kommen mag und sie mit gleicher Liebe vergelten. So konnte man den Narren zuweilen inmitten einer Schar Kinder sitzen sehen, die ihm Baumrinde brachten, damit er ihnen allerhand Spielzeug, zumeist aber kleine Schifflein daraus schnitze. Und der Narr war hurtig bei der Hand, schnitzte und klebte und feilte, und ehe die Kinder es sich versahen, schwamm eine stattliche Flotte, mit Segelwerk aus Schilf und grünen Blättern, auf dem kleinen Bach. Und die Kinder jubelten und lärmten, fassten den Narren an den Händen oder an seinen Kleidern und zogen ihn an den Bach, damit er die Herrlichkeit bewundere und bestaune. Aber inmitten des Gelächters und des fröhlichen Bellens der Hunde, die ihre kleinen Herren begleiteten, blieb der Narr stumm. Kein Lächeln bewegte sein Antlitz und es schien, als habe eine dunkle Hand es verriegelt und in Trauer festgebannt. Und wenn eins der mitleidigen Herzlein ihn am Rock zupfte und fragte: „Warum bist du denn immer traurig, Giovanni?“ dann schaute der Narr das Kind mit erloschenen Augen an und schüttelte den Kopf und wusste nichts zu sagen. Kam aber der Abend und läuteten die Glocken von den Türmen der Stadt, dann nahmen die Kinder eilig ihre kostbaren Schifflein auf die Arme und liefen davon wie ein Bienenschwarm, und die Hunde umbellten sie in der sinkenden Dämmerung. Und der Narr stand allein; er schaute ihnen nach, bis das Lärmen und Bellen verklungen war, schüttelte wieder den Kopf, als wüsste er keinen Rat, und kauerte sich auf der Wiese nieder. Er sah über das weite, umbrische Land, über die Felder, Hügel, Bäche, die im Dämmer lagen wie in einer mächtigen Schale, und niemand weiß, was seine arme Seele dabei dachte.

 

Der Heilige nun, dessen Herz der Spiegel und das Echo aller Dinge war, kannte den Narren wohl und liebte ihn sehr. Aber nie wollte es ihm gelingen, ihn allein zu finden, und alle Listen seiner gütigen Seele reichten nicht aus, ihm den Narren nahe zu bringen. Denn sobald dieser ihn von weitem erblickte, wich er aus, und es schien dem Heiligen, als ob er vor ihm schneller flüchte als vor allen anderen. Dies betrübte ihn sehr, und er überlegte lange Zeit hin und her, wie er es wohl anstellen möchte, dass der Narr ihm standhielte. Aber da sein Herz zuweilen gar einfältig war, und seine Listen so unerfahren und durchsichtig wie die List eines Kindes, das da meint, wenn es mit geschlossenen Augen sitze, könne es auch von keinem Menschen mehr gesehen werden, so kam er nie ans Ziel.

 

Der Heiland aber, der gute Held, sah die Not des Heiligen und half ihm, den Narren finden. Und als der Heilige eines Tages auf der großen Wiese sich erging, da sah er nicht weit entfernt den Narren auf den Knien liegen, den Kopf der Erde zugeneigt. Und er hörte ihn schwer ächzen und atmen, so wie ein Mensch tut, der eine schwere Last heben will. Der Heilige trat leise herzu und schaute dem Knienden über die Schulter. Und da sah er, dass der Narr vor einem Wasserloch kniete, vollgefüllt mit Schlamm und Unrat, und sich gar sehr mühte, einen schweren Feldstein zu heben, der in dem Schlamm begraben lag. Der helle Schweiß stand ihm auf der Stirn, und seine Glieder zitterten vor wilder Mühe und Arbeit. So oft er aber den Stein halb aus dem Wasser gezogen hatte, so oft auch erlahmte seine Kraft, und der Stein fiel in den trüben Schlamm zurück. Aber kein Wort und kein unwilliger Ausruf kam über seine Lippen. Er biss die Zähne zusammen, dass sie knirschten, und begann aufs neue zu heben und zu ächzen. Da ergriff des Heiligen Herz ein tiefes Mitleid mit der wunderlichen Mühe des Narren, er berührte leicht seine Schulter und fragte: „Was treibst du, Giovanni?“ Aber der Narr fuhr auf, als habe ihn ein glühender Bolz getroffen und nicht des Heiligen leichte Hand; er starrte den Heiligen an mit seinen toten Augen, und seine Lippen bebten und hoben sich bebend, wie die Lefzen eines bissigen Hundes. Doch der Heilige ließ seine Augen nicht von des Narren Antlitz und seine Hand nicht von des Narren Schulter und er fragte zum zweitenmal: „Warum hassest du mich, Giovanni? Siehe, ich liebe dich sehr!“ Da schielte der Narr den Heiligen lange Zeit aus den Augenwinkeln an und sprach, und es klang wie ein raues Bellen: „Du sollst mich nichts fragen. Die Menschen sind Narren, und der, den sie Bruder Franziskus nennen, ist der größte unter ihnen.“ Der Heilige aber erschrak sehr, als er dies hörte, denn er wusste wohl, dass in den Worten der Menschen, und seien es auch Narrenworte, noch ein anderer, geheimnisvoller Sinn verborgen ist, als der, den die Redenden meinen, und dass die unsichtbare Kraft der Rede größer ist als die Kraft der Dinge. Seine Hand, die auf des Narren Schulter lag, wurde schwer wie Blei und seine Stimme zitterte leise, als er fragte: „Sage mir, Giovanni, warum nennst du mich einen Narren?“ Der Narr deutete auf den Stein, schüttelte mürrisch den Kopf, als wollte er nicht weiter reden, gab aber gleichwohl Antwort und sprach: „Jeden Tag gehst du hier vorüber und jeden Tag siehst du den Armen hier im Schlamm und Unrat liegen. Meinst du nicht, dass ihm wohler wäre, er läge in der Sonne? Die Menschen nennen dich den Guten, und du lässt es dir gefallen und bist stolz darauf. Aber den da lässt du verkommen im Elend, wie alle anderen auch. Wo ist deine Güte, du Narr?“

 

Da presste der Heilige die Hand aufs Herz, in großem Weh, denn er sah die Seele des Narren vor sich ausgebreitet liegen in namenloser Schönheit, er sah ihren wundervollen Willen zum Guten und ihre überschwängliche Liebe, und seine eigene Seele kam ihm hart und beschmutzt vor wie der Stein, der im Unrat lag. Er kniete an der Seite des Narren nieder und sagte leise: „Du sprichst die Wahrheit, Giovanni, ich will dir helfen und den Stein heben.“ Und des Heiligen reine Hände griffen in die trübe Flut und fassten den Stein, der Narr aber packte ihn am anderen Ende, sie zerrten und hoben mit großer Gewalt, und endlich lag der Stein im Gras zu ihren Füßen. Der Narr aber reinigte ihn und murmelte unverständliche Worte. Und zu dem Heiligen sprach er: „Geh jetzt deiner Wege, ich brauche dich nicht mehr.“ Aber der Heilige blieb regungslos stehen und wappnete seine Seele mit Barmherzigkeit und sprach: „Ich bitte dich, Giovanni, dass du mich bei dir lässt für eine kurze Weile.“ Und als der Narr keine Antwort gab, ließ sich Bruder Franziskus an seiner Seite nieder, und sein gequältes Herz schrie zu Gott: „Herr, lehre mich, wie ich seine Bande lösen kann! Siehe, er liebt dich sehr, und er ehrt dich noch im toten Stein. Herr, hilf ihm! Und wie er saß, fiel ihm das Wort ein, das im Volk ging: wenn der Narr einmal lachen könnte, wäre er geheilt. Und der Heilige sann hin und her, und suchte alle Kammern seines Geistes ab, dass er vielleicht eine schalkhafte Geschichte finden könnte, um den Narren zu erheitern. Aber wie er auch dachte und grübelte, alles schien ihm armselig und schal und ohne Glanz. Sein Haupt sank mutlos auf die Brust und ihm war gar trüb zumute.

Unterdessen kam ein Hündlein des Weges, schnupperte auf der Erde herum, als hätte es etwas verloren, hob die Nase in die Luft, als wollte es das Wetter prüfen, legte sich endlich auf den Rücken ins Gras und wälzte sich im Übermut auf der Wiese herum. Vom Wald her kam lautes Krächzen an des Heiligen Ohr, und als er die Augen hob, sah er einen kohlschwarzen Raben von einem Baum auffliegen und quer über die Wiese streichen. Hinter ihm her aber flog eine kleine weiße Taube, und es sah gar lieblich aus, als segle ein flinkes, weißes Segelschifflein im Schatten und Kielwasser einer hohen schwarzen Barke. Und das Hündlein, das im Gras lag, sprang erschreckt auf die Beine, denn der Schatten des Raben mochte ihm wohl über die Nase gefahren sein, und es jagte in großen Sätzen hinter den Schatten her und bellte zornig und wollte die Schatten fressen.

 

Der Heilige aber, der dies alles sah, lachte leise auf und lachte noch einmal und lachte zum drittenmal. Und so fröhlich war sein Lachen und klang so wunderbar von seinem Mund, als wenn man mit dem Finger leise an eine Glocke stößt. Der Narr aber schaute ihn verwundert und mürrisch von der Seite an und fragte: „Was hast du zu lachen?“ Da deutete der Heilige auf die Vögel, die schon weit weg waren und auf den Hund, der hinter ihnen her bellte, und rief: „Siehst du es nicht, Giovanni?“ Der Narr jedoch sah nicht, was der Heilige sah, und schüttelte den Kopf. Aber des Heiligen Augen glänzten vor Freude, denn er fühlte, dass Gott bei ihm stand in dieser Stunde, und dass des Narren Seele in seine Hand gegeben war. Er rückte an den Narren heran und sprach und seine Stirn leuchtete und die Worte überstürzten sich, als er sprach: „Giovanni, mein Freund, ich muss dir eine Geschichte erzählen. Höre mir gut zu, Lieber, und unterbrich mich nicht.“ Und des Heiligen gute Hand lag auf des Narren Arm.

Wie das Paradies blüht sonnig und wonnig die Landschaft Umbrien, reich an Weingärten und Ölbäumen. Auf sanfter Anhöhe schimmert freundlich Assisi, das alte Städtchen. Am Fuß des Berghanges liegt das Heiligtum Portiunkula, geweiht der lieben Mutter Gottes, der Königin aller Engel. Hier vernahm Franz am 24. Februar 1209 im Evangelium das Wort des göttlichen Heilandes an die Jünger: „Ihr sollt weder Gold noch Silber tragen.“ Vom himmlischen Licht erleuchtet, sprach er fröhlich: „Das ist`s, was ich lange schon gesucht habe!“ So berief ihn Gott, den Orden der heiligen Armut zu stiften. Bald fanden sich elf Gefährten; mit ihnen pilgerte Franz nach Rom, voll Ehrfurcht vor der Kirche, der heiligen Mutter.

 

Innozenz III. regierte damals. In ihm erreichte das Ansehen des Papstes den höchsten Glanz. Eben in diesem Jahr 1209 gab er dem deutschen König Otto IV. feierlich die Kaiserkrone. Wer gewann aber größeres Glück – der Kaiser mit all seinem Gold und seinen Edelsteinen oder der Arme von Assisi? Franz schätzte sich überglücklich, als ihm der Statthalter Christi gütig den Segen gab für den Orden der heiligen Armut. Er meinte das tröstliche Wort Christi selbst zu hören: „Selig sind die Armen im Geist, denn ihrer ist das Himmelreich!“ Frei von zeitlichen Sorgen, reich an Frieden und Freude Gottes, jubelte sein reines Herz:

 

So hehr ist jener Preis, nach dem ich trachte,

Dass ich darum das Irdische verachte.

 

Der Bruder Immerfroh! Durch Dörfer und Städte wanderte er eifrig und beginnt seine Predigt gern mit dem freundlichen Gruß: „Der Herr gebe euch Frieden!“

 

Wie vom Frieden des Paradieses umweht, wirkt Franz so segensreich. Viele folgen seinem Beispiel. Schon im Jahr 1219 sieht er fünftausend Mitbrüder in Assisi versammelt. Allen empfiehlt er, fröhlich dem Herrn zu dienen: „Freudig im Herrn, heiter und liebenswürdig sollen sie sich zeigen.“ Im Jahr 1223 pilgert Franz wieder nach Rom, auch von Honorius III. den Segen für seinen Orden zu gewinnen. Noch eine Bitte stellt er an den Heiligen Vater: Weihnachten im Freien feiern zu dürfen, nicht weit von Rom, im Wald von Greccio. Dort feiert Franz wirklich die Christnacht im Kreis der armen Hirten.

 

Wie festlich flammt erst über Greccio der Sternenhimmel, der heitere Himmel des milden Südens. Am Altar der Krippe funkelt reicher Lichterglanz: die Brüder alle halten Kerzen in den Händen, die Hirten aber Windlichter – welch klares Glasten und Glänzen, als erscheine wieder die Lichtgestalt des Engels. Fromm und froh beginnt zu Mitternacht Liederklang und Flötenspiel; die Sänger und Musikanten wollen fast mit den seligen Engelchören wetteifern, sobald der Priester am Altar das Gloria anstimmt. Franziskus selbst waltet als Diakon beim Hochamt und singt feierlich das freudenreiche Evangelium. Nach dem Evangelium hält er die Predigt; mit Worten voller Freude redet er von dem armen König, der in dieser Nacht geboren ist, und frohlockt immer von neuem: „Lieben wir das Kindlein von Bethlehem!“

Wie schön blüht die Krippenfreude des heiligen Franziskus fort und fort durch alle Jahrhunderte bis heute!

 

Warum St. Franzisko alle nachfolgen

 

Einstmals weilte St. Franziskus in dem Kloster der Portiunkula mit Bruder Masseo von Marignano, der sehr heilig war und schön, und verständig von Gott zu reden wusste; darum liebte ihn St. Franziskus sehr. Eines Tages nun kehrte St. Franziskus aus dem Wald zurück, wo er gebetet hatte, und da kam ihm Bruder Masseo entgegen; dieser wünschte nämlich, zu erkunden, wie groß Sankt Franzisci Demut war, und darum sprach er: „Warum dir, warum dir, warum dir?“ St. Franziskus entgegnete: „Was willst du denn eigentlich sagen?“ Bruder Masseo erwiderte: „Ich frage, warum alle Welt dir nachläuft, und warum jedermann dich sehen will und auf dich horchen und dir gehorchen? Du bist kein schöner Mann; du bist nicht sehr gelehrt; du bist nicht edel. Was ist es denn, dass alle Welt dir nachläuft?“ Wie das Sankt Franziskus hörte, wurde er sehr froh im Gemüt; und er hob sein Antlitz gen Himmel und blieb lange unbeweglich stehen; denn sein Geist war zu Gott erhoben. Als er aber wieder zu sich kam, warf er sich auf die Knie, pries und dankte Gott und wandte sich dann voller Inbrunst zu Bruder Masseo und sprach: „Willst du wissen, warum mir? Willst du wissen, warum mir? Willst du wissen, warum mir? Warum mir alle nachfolgen? Das hat mir der Blick des allmächtigen Gottes ersehen, der allerorten auf Guten und Bösen weilt. Denn seine heiligen Augen sahen unter den Sündern keinen, der elender war, denn ich, keinen, der untüchtiger war, denn ich, keinen, der ein größerer Sünder war, denn ich; und, um das wunderbare Werk zu vollbringen, das er sich vorgenommen, fand er kein Geschöpf auf Erden, das armseliger war; darum hat er mich auserwählt, um die Welt zu beschämen mit ihrem Adel und ihrem Stolz und ihrer Stärke und ihrer Schönheit und ihrer Weisheit; auf dass da kund werde, dass alle Kraft und alles Gute von ihm ausgeht und nicht von der Kreatur, und niemand sich vor seinem Angesicht rühme; wer sich aber rühmt, rühme sich in dem Herrn, dessen alle Ehre ist und alle Herrlichkeit in Ewigkeit.“

 

Da erschrak Bruder Masseo über diese Antwort, die so demütig war und mit so viel Inbrunst gesprochen wurde.. Und nun erkannte er gewiss, dass St. Franziskus unerschütterlich in Demut war.

 

Lob des Ordenskleides

 

Ein Jüngling, der recht zart und edel war, trat in den Orden des heiligen Franziskus, und nach einigen Tagen begann er, vom Teufel verleitet, das Gewand, das er trug, so zu verabscheuen, dass es ihm deuchte, er sei mit einem elenden Sack bekleidet; es ekelte ihn vor seinen Ärmeln, und er verabscheute die Kapuze, und die Länge und Rauheit des Kleides schien ihm eine unerträgliche Last. Und da sein Widerwillen gegen den Orden nur zunahm, beschloss er endlich, das Mönchsgewand abzulegen und in die Welt zurückzukehren. Schon hatte er aber die Gewohnheit angenommen, jederzeit, wenn er am Altar des Klosters vorbeikam, wo der Leib Christi aufbewahrt wurde, höchst ehrerbietig niederzuknien, die Kapuze hinunterzuschieben und sich mit gekreuzten Armen zu verbeugen, wie es ihn sein Meister gelehrt hatte.

 

Da geschah es, dass er in der Nacht, da er davongehen und den Orden verlassen wollte, am Altar des Klosters vorüber musste; und, als er vorbeikam, kniete er, wie er es gewohnt war, nieder und verneigte sich. Da wurde er auf der Stelle im Geist entzückt, und Gott zeigte ihm ein wunderbares Gesicht also, dass er vor sich eine schier endlose Zahl von Heiligen sah in der Art einer Prozession, zu zweien und zweien in herrlichen und köstlichen Gewändern, und ihr Antlitz und ihre Hände glänzten in der Sonne, und sie zogen dahin mit Gesang und Spiel von Engeln. Unter den Heiligen waren aber zwei, die edler gekleidet und reicher geschmückt waren wie alle anderen, und von solcher Klarheit umgeben, dass sie dem, der sie sah, gewaltig staunen machten; und fast am Ende des Zuges gewahrte er jemand, der mit solcher Herrlichkeit geziert war, dass er ihm gleich einem erschien, der eben den Ritterschlag empfangen und höher geehrt wurde wie die anderen.

 

Als der Jüngling diese Erscheinung sah, wunderte er sich und wusste nicht, was dieser Zug bedeuten sollte; er wagte aber nicht, danach zu fragen und er war starr vor lauter Staunen. Doch als der ganze Zug vorübergegangen war, fasste er Mut, läuft hinter den letzten her und fragt sie mit großer Scheu und spricht: „Liebe Herren, ich bitte euch, dass ihr mir sagen möget, wer jene wunderbaren Männer sind, die in so würdiger Prozession einherziehen?“ Und sie antworteten: „Wisse, lieber Sohn, dass wir alle Ordensbrüder sind, die wir eben aus der Herrlichkeit des Paradieses kommen.“ Er aber fragte nun also: „Wer sind jene beiden, die strahlender sind, als die anderen?“ Sie antworteten: „Das sind St. Franziskus und St. Antonius, und jener zuletzt, den du so hochgeehrt siehst, ist ein heiliger Bruder, der unlängst gestorben ist. Und, da er gegen alle Versuchungen mannhaft gestritten hat und dies bis an sein Ende ausharrte, führen wir ihn im Triumph zur Herrlichkeit des Paradieses. Und diese wunderbare Seide, die wir tragen, hat uns Gott für die rauen Kutten gegeben, die wir geduldig in dem Orden getragen haben, und die herrliche Klarheit, die du an uns siehst, gab uns Gott für unsere Geduld und Demut und für die heilige Armut, den Gehorsam und die Keuschheit, der wir bis an das Ende gepflogen haben. Darum, lieber Sohn, lass es dich nicht hart dünken, das grobe Ordenskleid zu tragen, das solchen Lohn bringt; denn wirst du mit St. Francisci grobem Gewand um Christi willen die Welt verachten und das Fleisch töten und mannhaft gegen den Teufel kämpfen, so wirst du mit uns ein gleiches Gewand und gleiche Herrlichkeit und Glanz empfangen.“

 

Nach diesen Worten kehrte der Jüngling in sich und, durch das Gesicht ermutigt, verscheuchte er jegliche Anfechtung und bekannte seine Schuld vor dem Guardian und den Brüdern.

 

Seit dem trachtete er bloß nach der Rauheit der Buße und des Mönchsgewandes und beschloss in großer Heiligkeit sein Leben in dem Orden.

 

Das Lächeln des Narren

 

In den Tagen und in der Stadt des heiligen Franziskus von Assisi lebte ein Mann, der gestörten Geistes war, und den die Leute deshalb „il pazzo“ das ist „den Narren“ nannten. Er war aber nicht wild und ungebärdig, wie sonst wohl Narren zu sein pflegen; sein Gemüt war traurig und wie von dunklen Wolken umdüstert. Und obwohl er sprechen konnte, hatte man selten ein Wort von seinen Lippen gehört, und nie hatte man ihn lachen gesehen. Er ging alleine seine seltsamen Wege, sprach wohl auch nach der Narren Art im Gehen halb laut mit sich selbst, sobald er aber Menschen erblickte, wurde sein Gesicht scheu und hilflos, und er wich ihnen aus, wo er konnte. Im Volk aber ging das Wort: Wenn der Narr einmal lachen könnte, wäre er geheilt. Keiner jedoch kümmerte sich viel um ihn, und da er niemand ein Leid tat, ließ man ihn ruhig seiner Wege ziehen und achtete nicht groß auf sein Wesen. Geschah es aber, dass ein Gesunder ihn unversehens in der Einsamkeit antraf, so eilte er, schnell von dem Narren wegzukommen, und in seinen Augen stand jener Ausdruck, mit dem die Menschen gemeiniglich die sogenannten „Verrückten“ betrachten: halb Neugier und halb lähmende Furcht.

 

Und doch war der Narr nicht ganz verlassen. Denn seine dumpfe Seele barg eine zärtliche und scheue Liebe zu Kindern und zu Tieren, und diese liebten ihn wiederum, wie man ja weiß, dass Kinder und Tiere die Liebe schneller spüren, woher sie auch kommen mag und sie mit gleicher Liebe vergelten. So konnte man den Narren zuweilen inmitten einer Schar Kinder sitzen sehen, die ihm Baumrinde brachten, damit er ihnen allerhand Spielzeug, zumeist aber kleine Schifflein daraus schnitze. Und der Narr war hurtig bei der Hand, schnitzte und klebte und feilte, und ehe die Kinder es sich versahen, schwamm eine stattliche Flotte, mit Segelwerk aus Schilf und grünen Blättern, auf dem kleinen Bach. Und die Kinder jubelten und lärmten, fassten den Narren an den Händen oder an seinen Kleidern und zogen ihn an den Bach, damit er die Herrlichkeit bewundere und bestaune. Aber inmitten des Gelächters und des fröhlichen Bellens der Hunde, die ihre kleinen Herren begleiteten, blieb der Narr stumm. Kein Lächeln bewegte sein Antlitz und es schien, als habe eine dunkle Hand es verriegelt und in Trauer festgebannt. Und wenn eins der mitleidigen Herzlein ihn am Rock zupfte und fragte: „Warum bist du denn immer traurig, Giovanni?“ dann schaute der Narr das Kind mit erloschenen Augen an und schüttelte den Kopf und wusste nichts zu sagen. Kam aber der Abend und läuteten die Glocken von den Türmen der Stadt, dann nahmen die Kinder eilig ihre kostbaren Schifflein auf die Arme und liefen davon wie ein Bienenschwarm, und die Hunde umbellten sie in der sinkenden Dämmerung. Und der Narr stand allein; er schaute ihnen nach, bis das Lärmen und Bellen verklungen war, schüttelte wieder den Kopf, als wüsste er keinen Rat, und kauerte sich auf der Wiese nieder. Er sah über das weite, umbrische Land, über die Felder, Hügel, Bäche, die im Dämmer lagen wie in einer mächtigen Schale, und niemand weiß, was seine arme Seele dabei dachte.

 

Der Heilige nun, dessen Herz der Spiegel und das Echo aller Dinge war, kannte den Narren wohl und liebte ihn sehr. Aber nie wollte es ihm gelingen, ihn allein zu finden, und alle Listen seiner gütigen Seele reichten nicht aus, ihm den Narren nahe zu bringen. Denn sobald dieser ihn von weitem erblickte, wich er aus, und es schien dem Heiligen, als ob er vor ihm schneller flüchte als vor allen anderen. Dies betrübte ihn sehr, und er überlegte lange Zeit hin und her, wie er es wohl anstellen möchte, dass der Narr ihm standhielte. Aber da sein Herz zuweilen gar einfältig war, und seine Listen so unerfahren und durchsichtig wie die List eines Kindes, das da meint, wenn es mit geschlossenen Augen sitze, könne es auch von keinem Menschen mehr gesehen werden, so kam er nie ans Ziel.

 

Der Heiland aber, der gute Held, sah die Not des Heiligen und half ihm, den Narren finden. Und als der Heilige eines Tages auf der großen Wiese sich erging, da sah er nicht weit entfernt den Narren auf den Knien liegen, den Kopf der Erde zugeneigt. Und er hörte ihn schwer ächzen und atmen, so wie ein Mensch tut, der eine schwere Last heben will. Der Heilige trat leise herzu und schaute dem Knienden über die Schulter. Und da sah er, dass der Narr vor einem Wasserloch kniete, vollgefüllt mit Schlamm und Unrat, und sich gar sehr mühte, einen schweren Feldstein zu heben, der in dem Schlamm begraben lag. Der helle Schweiß stand ihm auf der Stirn, und seine Glieder zitterten vor wilder Mühe und Arbeit. So oft er aber den Stein halb aus dem Wasser gezogen hatte, so oft auch erlahmte seine Kraft, und der Stein fiel in den trüben Schlamm zurück. Aber kein Wort und kein unwilliger Ausruf kam über seine Lippen. Er biss die Zähne zusammen, dass sie knirschten, und begann aufs neue zu heben und zu ächzen. Da ergriff des Heiligen Herz ein tiefes Mitleid mit der wunderlichen Mühe des Narren, er berührte leicht seine Schulter und fragte: „Was treibst du, Giovanni?“ Aber der Narr fuhr auf, als habe ihn ein glühender Bolz getroffen und nicht des Heiligen leichte Hand; er starrte den Heiligen an mit seinen toten Augen, und seine Lippen bebten und hoben sich bebend, wie die Lefzen eines bissigen Hundes. Doch der Heilige ließ seine Augen nicht von des Narren Antlitz und seine Hand nicht von des Narren Schulter und er fragte zum zweitenmal: „Warum hassest du mich, Giovanni? Siehe, ich liebe dich sehr!“ Da schielte der Narr den Heiligen lange Zeit aus den Augenwinkeln an und sprach, und es klang wie ein raues Bellen: „Du sollst mich nichts fragen. Die Menschen sind Narren, und der, den sie Bruder Franziskus nennen, ist der größte unter ihnen.“ Der Heilige aber erschrak sehr, als er dies hörte, denn er wusste wohl, dass in den Worten der Menschen, und seien es auch Narrenworte, noch ein anderer, geheimnisvoller Sinn verborgen ist, als der, den die Redenden meinen, und dass die unsichtbare Kraft der Rede größer ist als die Kraft der Dinge. Seine Hand, die auf des Narren Schulter lag, wurde schwer wie Blei und seine Stimme zitterte leise, als er fragte: „Sage mir, Giovanni, warum nennst du mich einen Narren?“ Der Narr deutete auf den Stein, schüttelte mürrisch den Kopf, als wollte er nicht weiter reden, gab aber gleichwohl Antwort und sprach: „Jeden Tag gehst du hier vorüber und jeden Tag siehst du den Armen hier im Schlamm und Unrat liegen. Meinst du nicht, dass ihm wohler wäre, er läge in der Sonne? Die Menschen nennen dich den Guten, und du lässt es dir gefallen und bist stolz darauf. Aber den da lässt du verkommen im Elend, wie alle anderen auch. Wo ist deine Güte, du Narr?“

 

Da presste der Heilige die Hand aufs Herz, in großem Weh, denn er sah die Seele des Narren vor sich ausgebreitet liegen in namenloser Schönheit, er sah ihren wundervollen Willen zum Guten und ihre überschwängliche Liebe, und seine eigene Seele kam ihm hart und beschmutzt vor wie der Stein, der im Unrat lag. Er kniete an der Seite des Narren nieder und sagte leise: „Du sprichst die Wahrheit, Giovanni, ich will dir helfen und den Stein heben.“ Und des Heiligen reine Hände griffen in die trübe Flut und fassten den Stein, der Narr aber packte ihn am anderen Ende, sie zerrten und hoben mit großer Gewalt, und endlich lag der Stein im Gras zu ihren Füßen. Der Narr aber reinigte ihn und murmelte unverständliche Worte. Und zu dem Heiligen sprach er: „Geh jetzt deiner Wege, ich brauche dich nicht mehr.“ Aber der Heilige blieb regungslos stehen und wappnete seine Seele mit Barmherzigkeit und sprach: „Ich bitte dich, Giovanni, dass du mich bei dir lässt für eine kurze Weile.“ Und als der Narr keine Antwort gab, ließ sich Bruder Franziskus an seiner Seite nieder, und sein gequältes Herz schrie zu Gott: „Herr, lehre mich, wie ich seine Bande lösen kann! Siehe, er liebt dich sehr, und er ehrt dich noch im toten Stein. Herr, hilf ihm! Und wie er saß, fiel ihm das Wort ein, das im Volk ging: wenn der Narr einmal lachen könnte, wäre er geheilt. Und der Heilige sann hin und her, und suchte alle Kammern seines Geistes ab, dass er vielleicht eine schalkhafte Geschichte finden könnte, um den Narren zu erheitern. Aber wie er auch dachte und grübelte, alles schien ihm armselig und schal und ohne Glanz. Sein Haupt sank mutlos auf die Brust und ihm war gar trüb zumute.

 

Unterdessen kam ein Hündlein des Weges, schnupperte auf der Erde herum, als hätte es etwas verloren, hob die Nase in die Luft, als wollte es das Wetter prüfen, legte sich endlich auf den Rücken ins Gras und wälzte sich im Übermut auf der Wiese herum. Vom Wald her kam lautes Krächzen an des Heiligen Ohr, und als er die Augen hob, sah er einen kohlschwarzen Raben von einem Baum auffliegen und quer über die Wiese streichen. Hinter ihm her aber flog eine kleine weiße Taube, und es sah gar lieblich aus, als segle ein flinkes, weißes Segelschifflein im Schatten und Kielwasser einer hohen schwarzen Barke. Und das Hündlein, das im Gras lag, sprang erschreckt auf die Beine, denn der Schatten des Raben mochte ihm wohl über die Nase gefahren sein, und es jagte in großen Sätzen hinter den Schatten her und bellte zornig und wollte die Schatten fressen.

 

Der Heilige aber, der dies alles sah, lachte leise auf und lachte noch einmal und lachte zum drittenmal. Und so fröhlich war sein Lachen und klang so wunderbar von seinem Mund, als wenn man mit dem Finger leise an eine Glocke stößt. Der Narr aber schaute ihn verwundert und mürrisch von der Seite an und fragte: „Was hast du zu lachen?“ Da deutete der Heilige auf die Vögel, die schon weit weg waren und auf den Hund, der hinter ihnen her bellte, und rief: „Siehst du es nicht, Giovanni?“ Der Narr jedoch sah nicht, was der Heilige sah, und schüttelte den Kopf. Aber des Heiligen Augen glänzten vor Freude, denn er fühlte, dass Gott bei ihm stand in dieser Stunde, und dass des Narren Seele in seine Hand gegeben war. Er rückte an den Narren heran und sprach und seine Stirn leuchtete und die Worte überstürzten sich, als er sprach: „Giovanni, mein Freund, ich muss dir eine Geschichte erzählen. Höre mir gut zu, Lieber, und unterbrich mich nicht.“ Und des Heiligen gute Hand lag auf des Narren Arm, und sein gebenedeiter Mund, aus dem Segen auf Segen floss zu jeder Stunde, lag dicht an des Narren Ohr. Und der Heilige erzählte dem Narren eine Geschichte von einem kohlschwarzen Raben, einer schneeweißen Taube und einem Hündlein, das ihren Schatten fressen will...

 

Es ist uns aber nicht gesagt, welcher Art das Geschichtlein gewesen ist, und seine Worte sind uns nicht bewahrt. Und wenn wir sie auch wüssten, was wäre das? Wir würden sie nicht weiter erzählen und wir könnten es nicht. Es ist keiner unter uns, der es vermöchte; denn sind Worte nicht taub und blind ohne den, der sie spricht? Und wer wollte sich zutrauen, das Geschichtlein so zu erzählen, wie der Beste der Menschen es tat? Ist einer unter uns, dessen Herz in Gottes Händen ruht zu aller Zeit, dessen Hände mit Kraft gesegnet sind vom stärksten der großen Engel, in dessen Mund die Güte nicht erstirbt und in dessen Augen ein Leuchten steht, gewaltig, wie das Leuchten des jüngsten Tages? Ist einer, der in die Sonne blicken darf, wenn sie hoch im Mittag steht und zu ihr sagen: liebe Schwester? Wo ist der, dem die Vögel des Himmels auf die Schultern fliegen und in ihren Kehlen Worte des Geheimnisses bringen; dessen Augen und Ohren entsiegelt sind für die zarten Wunder von Busch und Kraut, um dessen Lippen ein Lächeln liegt, wie es um die Lippen des Heiligen lag? Lebt einer, dem dies alles gegeben ist, wohl, so weiß er, was der Heilige sprach, fehlt ihm aber eines von diesen Dingen, so weiß er es nicht und wird es nie erfahren... Uns aber ist wenig Kraft verliehen, unsere Worte sind klein und gebrechlich, und wir können nichts tun, als das Lob des Heiligen stammeln, auf dass sein Pries nicht erstirbt unter den Menschen.

 

Der Heilige erzählte und der Narr hörte ihm zu. Die Hand aber, die auf des Narren Arm lag, bewegte sich im Steigen und Fallen der Rede, wie eine Hand, die ein köstliches Saitenspiel rührt. Der Mund an des Narren Ohr formte süßen Wohllaut der Rede, und der Heilige ergötzte sich an der Lieblichkeit seines eigenen Geistes. Und ihm war, und er spürte es in seiner Seele tiefstem Kern, dass eine andere Stimme aus ihm sprach, so als läge sie verborgen an der Wurzel seiner Zunge und spräche durch seinen Mund als durch ein williges Werkzeug.

 

Es muss aber eine gewaltige und wunderbare Geschichte gewesen sein und alle Kraft der Gnade muss in ihr gewirkt haben und alle Heiterkeit des Himmels in ihr gespiegelt gewesen sein, denn jedes Wort fiel in des Narren Seele, und jeder Laut zerschlug ein Glied der Kette, die um des Narren Geist geschlungen war und ihn in Fesseln hielt. Und es war, als fielen Masken von des Narren Antlitz, als würde sein Antlitz umgeschmiedet im Feuer eines neuen Geistes. Und der Narr sah, wie viele Schleier sich vor ihm hoben, wie das Angesicht der Erde vor ihm aufstieg, klarer und immer klarer, und wie ein neues, liebliches und unerhörtes Licht über alles Dasein strömte. Seine fest geschlossenen Lippen öffneten sich leicht, als tränken sie Licht, und sein Mund lächelte, das erste Lächeln eines Kindes.

 

Da fiel er zu Füßen des Heiligen nieder und barg sein Antlitz an der Erde wie ein Blindgeborener tut, den das Glück des ersten Strahles überwältigt, und seine Lippen stammelten: „Herr, Herr!“ Der Heilige aber verwunderte sich sehr, als er dies sah, und ein großes Staunen war in ihm ob der Macht seines Mundes. Er hob den Narren auf und zog ihn an seine Brust, und als er dessen Augen sah, weinte er und sprach: „Bruder, dich hat Gott geheilt.“ Aber der Narr neigte sich tief und sprach: „Herr, sie nennen dich den Guten, und sie sagen die Wahrheit. Davon will ich zeugen, so lange ich lebe. Lege die Hände auf mich und segne mich.“ Da schüttelte der Heilige das Haupt und sprach leise: „Wie könnte ich dich segnen, Giovanni? Bist du nicht neugeboren in diesem Augenblick, und ist dein Herz nicht rein wie eines Kindes Herz? So bitte ich dich, wenn es dir gefällt, du mögest mich segnen.“

 

Der Narr legte die Hände auf des Heiligen Haupt und segnete ihn im Namen des Herrn.

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3. Fegfeuer

 

Allerheiligen

 

Seele, wallfahre in den Himmel! Heute ist Allerheiligentag! Erfreue dein Herz und deine Beschauung mit der festen Zuversicht, dass auch du in diesen Himmel eingehen wirst, indem du heute die Heiligen leuchten und triumphieren siehst. Jeder trägt die durch das Kreuz und Leiden seines Lebens erworbene Krone, die Krone, die der himmlische Vater von Ewigkeit her für ihn vorausbestimmte, weil er von Ewigkeit sah und wusste, dass er sie erringen werde. Wie, o Seele? Freust du dich nicht? Erschauerst du nicht in seliger Freude bei der Gewissheit, dass auch deine Krone schon dort hinterlegt, für dich bestimmt ist, deiner wartet? Juble, juble, dann aber wallfahre schnell im Geist hinab ins Fegfeuer und siehe dort, wie viele Kronberechtigte, Krongewisse dort leiden und schmachten, warten und sich sehnen. Weshalb? Nicht in schwerer Sünde sind sie gestorben, nicht verscherzt haben sie ihr Himmelsrecht. Aber lässliche Makeln haften ihnen an, wie sie Gekrönte nicht verunstalten, wie sie Selige nicht besudeln dürfen. Wie rasch und leicht hätten sie auf Erden sich mit dem versöhnenden, reinigenden Mittel der Buße himmelbereit machen können. Wie schwer und langsam geht es jetzt, wo nur andere sie heilen und säubern können, wo sie wie Kranke lahm und gesundheitssehnsüchtig ihren Schmerzen preisgegeben sind. Seele, eile, eile, hilf! Betrachte nicht länger, bete, faste, schenke, arbeite, - verhilf ihnen zur Krone.

 

Zum ewigen Halleluja

Da sollen alle Frommen,

Die sich der Heiland ausersah,

Bei Ihm zusammenkommen!

 

Da tragen sie das weiße Kleid

Von Ihm geschenkter Heiligkeit,

Da rauschen schöne Friedenspalmen,

Da reifen güld`ne Erntehalmen;

 

Und wonnesam erklingen Lieder

Vom Wiedersehn getrennter Glieder,

Die Jesus hier als Haupt verband

Und dort vereinet Seine Hand!

 

Zum ewigen Halleluja

Da sollen alle Frommen,

Die sich der Heiland ausersah,

Bei Ihm zusammenkommen!

 

Allerseelen

 

Die Armen Seelen besitzen die volle Erkenntnis dessen, was die Sünde ist. Sie sehen alle die Sünden ihres Lebens in ihrer ganzen Abscheulichkeit. Daher erfüllt sie die vollkommenste Reue. Sie beklagen ihre Taten, ihre Worte und Gedanken, ihre Unterlassungen. Sie beweinen jeden Augenblick der irdischen Zeit, den sie nicht der Liebe Gottes gewidmet, jeden Atemzug und jeden Schritt ihres irdischen Daseins, den sie nicht dem Dienst Gottes geschenkt haben. Denn eine heilige Liebe brennt in ihnen. Die Selbstliebe ist tot. Sie schauen und fühlen nur Gott, sie beten an und betrachten seine heiligsten Eigenschaften und aus ihnen schöpfen sie mitten in der Qual die Wonne der Leiden. Sie wollen was Gott will, sie wollen heilig werden, sie wollen die Reinigung erdulden, um in den Besitz ihrer Liebe zu erlangen, um der Anschauung Gottes teilhaftig zu werden. O Sehnsucht nach Gott, wer vermag die Glut deines Schmerzes zu schildern, die Züchtigung zu ermessen, die in dir verborgen liegt. Gott lieben, Gott erkennen und von Gott fern sein, nach Gott hungern und dürsten und ungesättigt bleiben. Seele, Seele, kannst du es fassen, die du auf Erden als Sünderin deinen Gott als Speise und Trank empfängst, ihm dich erschließt, ihn festhältst und, ach! so oft wieder verlierst. Stürze dich jetzt, so lange du noch im Leib lebst, in die vierfache Qual der Armen Seelen:

Erkenne deine Sünden, - Bereue deine Sünden!

Liebe den, den du beleidigt hast, - Sehne dich nach ihm!

Ihr lieben Armen Seelen, bittet für mich!

 

Totenvers:

 

Ja, selig sind die Toten nun,

Die da im Herrn verschieden,

Von aller Arbeit aus sie ruh`n

In ewig süßem Frieden!

Die Werke, die sie hier getan

Dem Herrn zu Preis und Ehren,

Sie folgen ihnen himmelan,

Um dort ihr Glück zu mehren!

 

Weil du, o Herr, erstanden bist,

Wahrhaftig auferstanden,

Selbst bei der tiefsten Trauer ist

Noch süßer Trost vorhanden!

Von längst vergess`nen Gräbern seh`n

Wir auf zum ewgen Lichte,

Denn alle werden aufersteh`n

Beim großen Weltgerichte.

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4. Fahnenwahl

 

Kaum war der Ruf der göttlichen Gnade an so manche heilige Männer und Frauen ergangen, so verließen sie freudig die Welt, um in stiller Einsiedelei ihrem höchsten Herrn allein zu dienen. Auch wir müssen wählen zwischen Christus und der Welt. Damit unser Entschluss glücklich und richtig ausfalle, betrachten wir die Fahne der Welt und die Fahne des Herrn.

 

1. Die Welt entrollt ihr lockendes Banner, auf dem geschrieben steht: Freiheit, Licht und Lust. Der Mensch dürstet nach Freiheit. Deshalb ruft die Welt: Zerreißt die Banden der Autorität! Weg mit dem Gewissenszwang! Weg mit Zepter und Kronen! Jeder glaube, was er will, jeder lebe, wie er will, jeder sei König und Herr im goldenen Tempel der Freiheit. Der Mensch dürstet nach Licht. Deshalb ruft die Welt: Kommt zu mir! Ich will euch aus der dunklen Grabesnacht in die strahlende Morgensonne führen. Weg mit allem mittelalterlichen Kirchenkram! Weg mit Wundern und Geheimnissen! Weg mit dem Evangelium! Jeder sei sich selbst Licht und Sonne! Der Mensch dürstet nach Seligkeit. Daher ruft die Welt: Kommt zu mir! Ich will euch die Paradiespforten erschließen. Weg mit dem Einsiedlerleben! Weg mit Anstand und Rechtschaffenheit! Pflückt die Rosen, ehe sie verblühen! Trinkt aus dem Born der Lust in Überfülle! – Wie verlockend weht das Banner der Welt und doch wie verderblich! Die Güter dieser Welt sind einem Sodomsapfel gleich, außen eine lachende Schale, innen ein bitterer Aschenknäuel. „Die Welt vergeht mit ihrer Lust.“ Schau die Kinder der Welt! Sie tragen die Sklavenkette der Sünde und des bösen Gewissens und diese drücken sehr schwer. Die Weisheit der Welt ist Finsternis, blindes Umhertappen ohne festen Grund und helles Ziel. Die Honigtropfen, die die Welt bietet, wandeln sich in eine Flut von Galle. Die Genüsse enden mit Siechtum und Elend, und welche Aussicht in die Zukunft ist es, wo Qual und Verdammnis die Kinder der Welt erwartet.

 

2. Auf der anderen Seite entrollt der Herr sein Banner, auf dem die abschreckenden Worte stehen: Glaube, dulde, entsage! Glaube an Christus und sein Evangelium, auch dann, wenn deine Hand den Schleier nicht lüften kann, der über vielen Geheimnissen liegt! Dieses Opfer des Verstandes fordert der Herr von dir. Dulde in der Prüfung und trinke den Wermutbecher, den dir Gott darreicht! So bringst du Gott das Opfer deines Willens. Entsage allem, was dich von Gott entfernen kann, auch wenn dieses Opfer des Herzens deiner Selbstsucht auch noch so schwer fällt. – So schwer auch diese Opfer erscheinen, so werden sie doch reichlich von Gott vergolten: hier mit einem Frieden, der alle Erdengüter weit aufwiegt, und dort im Himmel mit überschwänglichen und ewigen Freuden.

 

Welches Banner willst du wählen? Das Banner der Welt oder das Banner des Herrn? Zweifelst du noch, so wirf einen Blick zur Hölle und einen Blick zum Himmel! In der Hölle siehst du alle, die der Fahne der Welt folgten, im Himmel siehst du alle, die der Fahne Christi folgten. In der Hölle Jammer, Nacht und Qual, im Himmel Jubel, Licht und Seligkeit. Aus der Hölle tönt der Ruf: „Wehe uns, dass wir dem Banner der Welt folgten!“ Vom Himmel tönt der Ruf: „Wohl uns, dass wir dem Banner des Herrn gefolgt sind!“ Trägst du noch Bedenken, welches Banner du ergreifen willst? Wähle das Banner Christi! Amen.

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5. Der Friede des Herzens

       

Glücklich die Seele, die weder durch Traurigkeiten und Verfolgungen, noch durch Mühseligkeiten und Gefahren in ihrem inneren Frieden gestört wird! Wenn es eine gläubige Seele durch mancherlei Kämpfe und Siege dahin gebracht hat, dass die Leidenschaften schweigen, die Sinne gehorchen, wenn sie sich lange in der Geistessammlung, in der Treue gegenüber der Gnade, in der Lossagung von allen menschlichen Dingen und in der Gleichförmigkeit mit dem Willen Gottes geübt hat, so wird der Friede im Triumph in diese Seele einziehen und seinen Wohnsitz dort nehmen. Alle Feinde liegen ihr zu Füßen und der Friede thront inmitten aller Tugenden.

 

1. Dieser Friede bringt unaussprechliche Güter in das Herz. Eine solche gefriedete Seele steht hoch über allen Unruhen und Aufregungen dieser Welt. Zwar vernimmt auch sie das Rauschen der Stürme, aber diese berühren sie nicht. Der Friede der Seele gibt himmlisches Licht, um der Versuchung zuvorzukommen, oder göttliche Kraft, um sie zu überwinden. Umsonst greift der Geist der Finsternis eine Seele an, die ihre Zuflucht zum Herzen des himmlischen Friedensfürsten genommen hat. – Sie ist erhaben über alle Bedrängnisse dieses Lebens. Was kümmert es den Weisen, wenn sein Glücksstern untergeht, seine Gesundheit darniederliegt, seine Pläne vereitelt werden, seine Hoffnungen schwinden, wenn nur der Friede seiner Seele über allen Trümmern der vergänglichen Dinge unangefochten bleibt? – Sie ist erhaben selbst über die Schrecken des Todes. Ruhig sieht sie dem Ende des beschwerlichen Lebens entgegen, um ein Leben der Ruhe und des dauernden Glücks zu beginnen. Der Friede des Herzens gewinnt alle Gnaden des Himmels, unterhält eine dauernde Freundschaft mit Gott, und bereitet die Seele zu allen Übungen der Frömmigkeit. Wer möchte alle die herrlichen Früchte aufzählen, die auf dem Boden einer solchen Seele sprossen und gedeihen? In dem Frieden des Herzens finden wir den Gleichmut unserer Seele, die Ruhe des Gewissens, das Vertrauen auf Gott, die Ergebung in seinen Willen, eine freudige Zuversicht auf die himmlische Seligkeit und eine lebhafte Sehnsucht nach der glorreichen Unsterblichkeit. Ja, der Friede ist das größte Gut, das wir jemals empfangen können, er ist die größte Gnade, die Gott uns hienieden erteilen kann, er ist der wahre Schatz, der in des Herzens Tiefe verborgen liegt, er ist das köstlichste Manna, das man in der Wüste dieses Lebens sammelt.

 

2. Wie sollen wir den Frieden des Herzens bewahren? Hüte dich vor Stolz, Leidenschaft, vor Treulosigkeit und freiwilligen Fehltritten, denn sie sind die erklärten Feinde des Friedens. Wahre die göttliche Gnade, höre auf die Stimme des göttlichen Geistes, sei redlich in der Gesinnung, rein in deinen Absichten, misstrauisch gegen dich selbst, ergeben in Gottes Willen, aufrichtig in deinem himmlischen Streben! Hoffe den vollkommenen Frieden erst dort oben! Selbst die Seele des Gerechten kann und wird oft Leiden, Verwirrung und Schmerz empfinden, denn das ist das Los des Sterblichen an diesem Ort der Verbannung, und Gott prüft zur Läuterung und Vervollkommnung. Hienieden ist die Zeit des Kampfes, der Prüfung und Läuterung, dort oben können wir erst den vollkommenen Frieden erwarten. Es mag uns genügen, in dem Frieden des Herzens den Vorgeschmack des unwandelbaren Friedens im Land der Lebendigen zu genießen. Wahren wir den Frieden des Herzens durch treue Freundschaft mit Gott, so werden wir auch dereinst im Schoß des ewigen Friedens ruhen. Amen. 

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6. Freude des Bekehrten

       

„Über einen Sünder, der Buße tut, ist im Himmel mehr Freude, als über neunundneunzig Gerechte, die der Buße nicht bedürfen.“ So versichert der Mund des Herrn, der Mund der ewigen Wahrheit. Manch ein Heiliger hatte sich verirrt in seinem Leben, aber sobald die Bekehrung erfolgte und der Irrtum erkannt wurde, taten sie ernste und strenge Buße und sühnten durch ihre edlen Tugenden, was sie gefehlt hatten. Möchten wir ihnen in der Buße folgen, wenn auch wir gesündigt haben. So würde über die Bekehrung Freude sein im Himmel und auf Erden.

 

1. Wenn der göttliche Heiland behauptet, es sei im Himmel über einen Sünder, der Buße tut, mehr Freude, als über neunundneunzig Gerechte, die der Buße nicht bedürfen, so will er damit nicht sagen, er sehe es lieber, dass die Menschen erst sündigten und dann sich wieder bekehrten. Nein. Gott sieht nichts lieber, als wenn die Menschen ihm immer treu bleiben, und es ist ihm nichts so verhasst, wie Sünden und Laster. Der Heiland will nur seine Freude darüber ausdrücken, wenn sich ein Sünder aufrichtig bekehrt, eben weil es so schwer gelingt, dass ein Verirrter wieder auf den rechten Weg kommt. Freuen wir uns doch auch über eine wiedergefundene Sache mehr, als über jene, die wir im sicheren Besitz haben. – Auf mannigfaltige Weise ruft der gute Hirt das verlorene Schäflein: bald sucht er den Sünder durch Wohltaten an sich zu ziehen, bald durch Prüfungen und Leiden zu erschüttern, bald durch gute Freunde oder erbauliche Bücher auf den Weg des Heils zurückzuführen. In einer großen Stadt führte ein junger Mensch ein höchst ausschweifendes Leben. Als er einst wieder die ganze Nacht durchschwärmt hatte und morgens um drei heimkehrte, hörte er einen Nachtwächter folgende Strophe singen:

 

Wach auf, o Mensch, vom Sündenschlaf!

Ermuntre dich, verirrtes Schaf

Und bessre bald dein Leben!

Wach auf! jetzt ist es hohe Zeit!

Es rückt heran die Ewigkeit,

Dir deinen Lohn zu geben.

 

Der junge Mensch verstand den Mahnruf der Gnade, fing von Stund an, sich zu bessern, und führte seinen Entschluss treu und mutig aus.

 

2. Wie im Himmel Freude herrscht über den bekehrten Sünder, so hat der Sünder selbst eine namenlose Freude über seine Bekehrung. Er ist versöhnt mit seinem Richter, der Friede zieht in seine Seele, er fühlt einen Vorgeschmack des Himmels, die Freude im Heiligen Geist versüßt ihm alle Tage. Doppelt glücklich, wenn er durch sein Beispiel noch andere Sünder aus ihrem geistigen Todesschlaf erweckt und dem Verderben entreißt. Ein bekehrtes, ein gebessertes Leben ist nicht so traurig, wie sich viele einbilden. Ich nehme diejenigen zu Zeugen, die ihre Sünden reumütig und aufrichtig gebeichtet und ernstlich gebessert haben. Gebt Gott die Ehre, ihr gebesserten Christen! War nicht die Stunde, in der ihr aus der Wüste in den Vaterschoß Gottes zurückkehrtet, die glücklichste Stunde eures Lebens? Fühltet ihr irgendwo eine zärtlichere Liebe, als an dem Herzen eures Vaters, den ihr eine Zeitlang verlassen und geschmäht habt, um die Treber der Säue zu essen? Ein jeder Sünder, der sich aufrichtig gebessert hat, wird in Freude aufjubeln und ausrufen: O wie ist es mir so wohl, als wäre ich schon im Himmel. Ja, du bist im Himmel, solange du am Herzen Gottes ruhst. Bleibe bei ihm und verlass ihn nie wieder, er wird auch dich nicht verlassen. Amen.

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7. Fastenzeit

 

In den Großstädten wird viel über Religion geredet. Das Thema ist interessant, aber das reicht nicht! Es reicht nicht, in die Vorträge berühmter Redner zu gehen. An die Schwelle der Fastenzeit stellt die Kirche die überragende Epistel aus dem zweiten Korintherbrief: „Wir ermahnen euch, dass ihr nicht vergeblich getauft seid.“ Es gilt praktisches Christentum. Dazu soll die Fastenzeit Besinnung schaffen. Ist das nicht unerhört, dass die katholische Kirche auch in Großstädten den Mut hat, mit breiten Armen die Fluten des Geschäfts, die Not des Kleinkrams, der Oberflächlichkeit, aufzureißen und ihr Aschermittwochwort in die Welt zu rufen! Ihr Missionskreuz aufzurichten, darauf geschrieben steht: „Rette deine Seele!“ Des Katholiken charakteristisches Zeichen soll sein, dass er die Religion lebt. Nicht, dass er von ihr redet.

Carl Sonnenschein

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8. Fronleichnam im KZ

 

Gefangene Priester werden zu Hunderten vom Lager Dachau zur Arbeit getrieben auf den SS-Gutshof „Liebhof“, auch am Sonntag, und gerade am Sonntag, auch die sonst in der Plantage zur Sklavenarbeit eingesetzten Priester. Auch am Fronleichnamstag 1942. Um 5.30 Uhr früh wird der etwa eineinhalbstündige Marsch angetreten zwischen den Gewehren und Wachhunden der SS-Posten. Auf halbem Weg geht’s an einem Feldkreuz vorbei. Die Priesterhäftlinge ziehen scheu, aber ergriffen ihre Häftlingsmütze. Eine Schimpf- und Spottkanonade der SS-Posten prasselt da jedes Mal los, manchmal auch Kolbenstöße. Die Priester teilen an dieser Stelle des Heilands Los. Stünde das Wegkreuz nicht auf Privatgrund, so hätte die SS es schon längst „umgelegt“. Auf dem Hof werden die Häftlinge auf die Felder verteilt zum Unkrautjäten. Unsere Hundertschaft, in der Mehrzahl Priester, kommt auf ein Basilikumfeld zum Jäten. Die Pflänzleinreihen sind vielfach noch kaum aufgegangen, man muss sehr genau schauen. Gejätet wird mit der Hand, ohne Werkzeug, auf einem Knie kniend. Wer es anders macht, hat Fußtritte der Kapos oder Zivilaufsichtspersonen zu gewärtigen. Still oder, wenn keine Aufsicht in der Nähe ist, halblaut beten Priestergruppen zu sechs, acht oder zehn den Rosenkranz. Da läuten von der Vorortskuratie die Glocken zum Fronleichnamsgottesdienst – zum Greifen nahe, kaum fünf Minuten von uns! Hunderte von Priestern knien auf dem Feld und opfern, diesmal nicht das Fronleichnamsmessopfer, sie selbst sind Opfergabe. Jeder dritte wird in den kommenden Monaten sterben. Da verkündet das prachtvolle Geläute der Stadtpfarrkirche – ihre Glocken sind bis jetzt nicht abgeliefert – den Beginn der Prozession. Hunderte von Priesterherzen ziehen mit. Der Leib ist von Gewehren gebannt, im Ornat des Häftlingskleides, auf dem Boden. Da und dort summt einer einen Fronleichnamshymnus. Pater Kentenich, in anderen Gruppen andere begabte Mitbrüder, bieten während des Jätens halblaut eine Priesterbetrachtung. Und wie das schöne Geläute zum Schluss der Prozession ansetzt, singen Hunderte von Priesterherzen – nur ganz gedämpft – das „Großer Gott, wir loben dich!“ trotz KZ und Hunger und Lebensbedrohung.

J. Hopper

aus „Passauer Bistumsblatt“

1. Juni 1947

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9. Frieden

 

Das Friedenswerk des Papstes

 

(Aus der Weihnachtsbotschaft Papst Pius´ XII. vom 23.12.1950)

 

Durchforscht die stürmischen zwölf Jahre Unseres Pontifikats, prüft jedes über Unsere Lippen gekommene Wort, jeden von Unserer Feder geschriebenen Satz – ihr werdet dort nichts finden als Aufforderungen zum Frieden.

 

Erinnert euch im Besonderen des unheilvollen August 1939, als Wir, während die Angst vor einem blutigen Weltkonflikt immer beklemmender wurde, von den Ufern des Albanersees Unsere Stimme erhoben und im Namen Gottes Regierende und Völker beschworen, ihre Zwistigkeiten in gemeinsamer und ehrlicher Verständigung beizulegen. Nichts ist verloren mit dem Frieden – riefen Wir aus –, alles kann mit dem Krieg verloren sein.

 

Versucht das alles unbefangen und geraden Sinnes zu erwägen, und ihr werdet anerkennen müssen: Wenn es in dieser von widerstreitenden Interessen zerrissenen Welt noch einen sicheren Hafen gibt, wo die Friedenstaube ruhig ihren Fuß aufsetzen kann, so ist es hier, auf diesem vom Blut des Apostels und der Märtyrer geweihten Boden, wo der Statthalter Christi keine heiligere Pflicht und willkommenere Sendung kennt als die, unermüdlicher Vorkämpfer für den Frieden zu sein.

 

Das sind Wir in der Vergangenheit gewesen. Das werden Wir in Zukunft sein, solange es dem göttlichen Stifter der Kirche gefällt, auf Unseren schwachen Schultern die Würde und Last des Obersten Hirten zu belassen.

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10. Das Fastengebot – Gedanken zur Fastenzeit 

 

Das Fastengebot gehört zu den kirchlichen Vorschriften, die von Christen am häufigsten und am unbedenklichsten übertreten werden. Dabei wurde uns das Fastengebot von der Kirche noch nie so knapp bemessen und abgespeckt vorgesetzt wie in unseren Tagen. Warum das Fasten dem Menschen so wenig weh tun soll, erschließt sich mir nicht. Der Verzicht berührt uns kaum mehr wirklich, es sei denn aus Gründen der Mode oder der Gesundheit. Wenn wir dagegen die Fastenvorschriften von früher oder gar die strenge Fastendisziplin der alten Christen ansehen und mit unseren heutigen vergleichen, sollten wir uns vor Scham ganz still verhalten. Die Kirche ist bezüglich des Fastens der menschlichen Schwäche außerordentlich weit entgegengekommen. Soll man angesichts der laschen kirchlichen Vorschriften heute überhaupt noch von einem Fastengebot reden? Will die Kirche vor lauter Rücksichtnahme auf diese altehrwürdige und höchst bedeutungsvolle Einrichtung bald gänzlich verzichten?

 

Das Fasten ist wahrhaft ein altehrwürdiger Brauch. Schon im Alten Testament wurde es eifrig geübt und Christus selber hat den Brauch durch sein Beispiel geheiligt. Schon das allein müsste schon genügen, um das Fasten auch uns zu empfehlen und wertvoll zu machen. Mit Recht sagt der heilige Bernhard: „Es ist nichts Großes, wenn der mit Christus fastet, der mit ihm am Tisch des Vaters sitzen wird. Es ist nichts Großes, wenn ein Glied mit dem Haupt leidet, mit dem es auch verherrlicht werden soll. Glückseliges Glied, das sich jetzt in allen Stücken an dieses Haupt anschließt. Es wird ihm einst auch folgen, wohin es immer geht.“

 

Und so haben auch die Heilige, die ja Jesus am rückhaltlosesten nachgefolgt sind, auch das Fasten stets besonders geschätzt und besonders eifrig geübt. Auch ist es in den Klöstern, wo die Nachfolge Christi besonders geübt werden soll, in größerem Umfang vorgeschrieben als dem Katholiken in der Welt. Ja, auch außerhalb des Christentums begegnet uns das Fasten bei allen ernsten Religionen. Hier können wir uns Christen ein Beispiel nehmen. Es steht also fest: Das Fasten gründet sich auf uralte Menschheitserfahrungen und hat einen ungewöhnlichen Wert.

 

Der Wert des Fastens besteht auch darin, dass es gesund ist, sogar sehr gesund. Natürlich kann man es damit auch übertreiben und manche Asketen unter den Heiligen haben es auch übertrieben. Aber was macht man nicht alles aus Liebe! Aber diese Gefahr ist bei uns nicht sehr groß, und was die Kirche von uns verlangt, ist hier schon gar nicht relevant. Wir könnten viel, viel mehr tun, als sie von uns fordert, und es würde uns außerordentlich gut bekommen.

 

Doch wenden wir uns dem eigentlich religiösen Gebiet zu. Da finden wir seit den ältesten Zeiten das Fasten vor allem als Bußmittel vor. Mose, Nehemia, Judith und Esther fasteten, um sich zu reinigen und so auf ihre Berufung vorzubereiten. Der König Josaphat schrieb ein allgemeines Fasten vor, bevor er den Moabitern und Ammonitern entgegen zog. Zum Fasten und Bußetun ermahnten immer und immer wieder die Propheten und auch die Kirche ordnete dies vor allem in den Bußzeiten an, im Advent, vor Ostern, an den Quatembertagen usw. Mit Recht sagt der heilige Bernhard, wenn wir uns des Erlaubten enthalten, wird uns nachgelassen, was wir früher Unerlaubtes begangen haben. Und wenn wir durch zeitliches Fasten unsere Sünden tilgen, kaufen wir uns dadurch vom ewigen Fasten los.

 

Durch das Fasten werden wir zudem noch am ehesten Herr über unsere Sinne, über unser Triebleben. Der Wille übt und stärkt sich, und wenn er einmal so weit ist, der Gaumenlust zu gebieten, wird er auch anderen Gelüsten eher gewachsen sein. Es gibt mehr als einen Dämon, von dem das Wort des Herrn gilt: „Diese Art kann nur durch Beten und Fasten ausgetrieben werden.“ Und auch unser Herr selber war durch sein vierzigtägiges Fasten ganz besonders darauf vorbereitet, den Versuchungen des Satans siegreich zu widerstehen. Schließlich wird auf diesem Weg unser Leib aus einem Werkzeug der Sünde zu einem Werkzeug der Gnade verherrlicht und dient Gott auf seine eigene, ihm allein angemessene Weise und, was noch wichtiger ist, statt die Seele in den Staub zu ziehen, statt das geistige Leben zu hemmen, beschwingt und vertieft er es in ungeahntem Ausmaß. Der Geist dringt um so tiefer in die Geheimnisse Gottes ein, hat um so mehr Interesse an hohen und ewigen Dingen, erhebt sich mit um so hinreißenderem Schwung zu übernatürlicher Liebe und Begeisterung, je mehr er sich von körperlichen Bedürfnissen unabhängig und von sinnlichen Genüssen freizumachen vermag. Das ist ja das Geheimnis der Heiligen, der großen Gottesgelehrten und Wundertäter, die sich gerade durch ihre Abtötungen und durch ihr Fasten zu solchen Großtaten im Reich des Geistes fähig machten.

 

So können wir schon zufrieden sein, wenn wir wenigstens den durchschnittlichen Grad christlicher Gerechtigkeit erreichen. Aber dafür werden uns ja keine ungewöhnlichen Kasteiungen zugemutet. Aber ganz ohne Abtötung, ohne Fasten geht es auch bei uns nicht, wenn wir auf dem Mittelweg der Nachfolge des Herrn bleiben wollen. Die Macht des Fleisches ist über uns schwache Menschen so groß, dass wir sie nur mit Gewalt zurückzudrängen vermögen. Die Kirche verfügt hier über eine Jahrtausende alte Erfahrung und wenn sie auch heute noch Fastengebote gibt, so weiß sie genau, was sie tut. Wir wirken daher nur unser eigenes Heil, wenn wir uns ihrer Weisheit und ihrer Autorität demütig unterwerfen, wenn wir auf sie hören und ihr ohnehin so leicht gewordenes Fastengebot gewissenhaft einhalten.

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11. Kardinal Faulhaber

 

(aus: "Commonweal", Georg N. Shuster, New York 1952)

 

Die beste Gelegenheit, Kardinal Faulhaber zu sehen, war am Fronleichnamstag. Die Prozession zog durch München, und in ihr schritt der furchtlose Kirchenfürst. Als er zum letzten Mal mit ihr ging, war er schon über 80 Jahre alt, aber noch entschlossen, jeden Schritt mitzugehen. 

 

Fronleichnam spielte überhaupt eine hervorragende Rolle im Leben des Kardinals, und er starb, als gerade die Prozession im Jahr 1952 auszog. Ich erinnere mich noch an das Jahr 1933, das Jahr der Machtergreifung der Nazis. Die Teilnehmer der Prozession wurden angegriffen und von SA-Leuten geschlagen. Es gab eine Reihe von Verletzten. 

 

Die Prozession von 1945 sah ich nur im Film, vielleicht der ergreifendste Kulturfilm, der je gedreht wurde. Er zeigte die Stadt München in Ruinen mit vier Altären, die vorsichtig auf Schutthügeln aufgebaut waren. Die Teilnehmer der Prozession hatten sich aus ihren Kellern heraus, in denen sie lebten, zusammengefunden. Man sieht den Kardinal, wie er die Monstranz über die Menschen erhebt, die im Staub inmitten der Trümmer knien. Sein Blick zeigt jene friedliche Ergebung, die so charakteristisch ist für die Jahre nach dem Krieg. 

 

Der Leichenzug des Kardinals war vielleicht der größte in der Geschichte des Landes. Schon in der Nacht waren lange Reihen von Menschen an seiner Bahre in der Theatinerkirche vorbeizogen. Am Morgen standen die Menschen kilometerlang an. Ein Augenzeuge schrieb mir, dass der Trauerzug erhabener und größer war als der von König Georg V. von England.

 

Manchmal meine ich, der Kardinal hätte dies vorausgesehen. Er schrieb einen Hirtenbrief, der nach seinem Tod verlesen werden sollte. Es war keiner seiner großen oder gelehrten Hirtenbriefe. Er war vielmehr voll jener schlichten Dankbarkeit dafür, dass er glauben durfte, so wie er geglaubt hatte, und durchdrungen von jener großen Hoffnung, dass der Herr ihm das Geheimnis jener Wohnungen enthüllen werde, in denen die Gläubigen wohnen werden.

 

Worin liegt die tiefste Bedeutung dieses Kardinals? In seiner prophetischen Voraussicht der Zukunft nach dem Ersten Weltkrieg. Er war Armeegeistlicher gewesen, und seine Feldpredigten wurden in einem dicken Band herausgegeben. Kurz nach der Unterzeichnung des Friedensvertrages veröffentlichte er eine Erklärung, die zu jener Zeit neuartig und sogar merkwürdig erschien. Er sagte darin, dass man sich wegen der modernen Waffen keinen "gerechten" Krieg im theologischen Sinn mehr vorstellen könne, und fügte hinzu, dass, wer immer schuldig befunden würde, einen solchen Krieg zu entfesseln, ein Verbrecher sei. 

 

Auch nach 1933 hielt er an seiner Überzeugung fest. Der Grund, weshalb die Nazis ihn so hassten, lag weniger in seinem Bestehen darauf, dass der Antisemitismus ein Angriff auf die Wurzeln des christlichen Glaubens sei, noch in seiner Verteidigung der christlichen Erziehung, sondern vor allem in seiner Erkenntnis, dass Nazismus Krieg bedeutet.

 

Ich erinnere mich an die Audienzen, die ich zu jener Zeit bei ihm hatte. Der Kardinal war einer der wenigen Deutschen, die das Ende voraussahen. Die Nazis hassten ihn. Er war das Ziel ihrer Angriffe, die sie oft wiederholten.

 

Wie ein Wirbelsturm raste der Krieg über das Land. Das jahrhundertealte Wahrzeichen Münchens, die Frauenkirche, stand bald nackt und leer. Die Michaelskirche, die er so sehr liebte und in der er viele seiner mutigen Predigten gehalten hatte, bestand nur noch aus vier Außenwänden. Jedem, der die Stadt vorher gekannt hatte, und nun die Verwüstung sah, lief es unwillkürlich kalt über den Rücken.

 

Später zog man ein neues Dach über die Ruinen des Domes und setzte die Fenster wieder ein. Am Weihnachtsabend gingen wir zur heiligen Messe. Der kalte Wind drang durch tausend Spalten ein, und wir zitterten vor Kälte. Aber der alte Kardinal saß während des Gottesdienstes bewegungslos in seinem roten Gewand und schritt am Ende aufrecht wie immer durch die dichtgedrängte Menschenschar.

 

Als ich nach Hause kam, setzte ich mich für eine Stunde in den Sessel vor dem Kamin. Ich dachte daran, wie wohltuend es ist, dass es überall auf der Erde Menschen gibt, die unbeirrt an dem Glauben festhalten, dass die Sanftmütigen und Demütigen und die diejenigen, die Verfolgung leiden, den besonderen Segen des Himmels erhalten.

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12. Fasten-Verordnung für die Diözese Paderborn

vom 25. Januar 1910

 

Kraft der vom heiligen Apostolischen Stuhle Uns erteilten Vollmacht bestimmen Wir für die Zeit von Aschermittwoch 1911 bis zu dem gleichen Tage im Jahre 1912 folgendes:

 

I. Fasttage mit gänzlicher Abstinenz sind:

1. Der Aschermittwoch, die Freitage der 40tägigen Fastenzeit und die drei letzten Tage der Karwoche,

2.die Quatember-Freitage,

3. die Vigilien vor dem hl. Pfingst- und Weihnachtsfeste.

 

II. Fasttage, an denen der einmalige Genuss von Fleischspeisen, nicht aber der gleichzeitige Genuss von Fisch- und Fleischspeisen gestattet ist, sind:

1. Die vorhin nicht genannten Wochentage der 40tägigen Fastenzeit,

2. die Mittwochen und Samstage der drei Quatemberzeiten außerhalb der Fastenzeit,

3. die Vigilien vor den Festen Peter und Paul, Mariä Himmelfahrt und Allerheiligen. 

 

III. Abstinenztage, an denen der Genuss von Fleischspeisen untersagt ist, sind alle Freitage des Jahres. 

 

IV. Abstinenztage, an denen bloß der gleichzeitige Genuss von Fisch- und Fleischspeisen untersagt ist, sind:

1. Die Sonntage der 40tägigen Fastenzeit,

2. die Feiertage, die außerhalb der 40tägigen Fastenzeit auf einen Freitag fallen.

 

V. Fleischbrühe, geschmolzenes Fett und dessen Überbleibsel dürfen an allen Tagen des Jahres, mit Ausnahme der drei letzten Tage der Karwoche - Margarine ohne jede Ausnahme -, genossen werden.

 

VI. Erlassen wird die Abstinenz für alle Tage des Jahres, nur nicht für Karfreitag:

1. den Reisenden und allen Personen, die in Gast- oder Kosthäusern speisen oder aus einem solchen Haus ihre Kost beziehen;

2. den Gast- und Speisewirten, Kostgebern und deren Hausgenossen, wenn sie nicht gut einen eigenen, von dem der Gäste verschiedenen Tisch führen können;

3. den Personen, die im Dienst nichtkatholischer Herrschaften stehen und von ihnen beköstigt werden;

4. den Mitgliedern und Hausgenossen konfessionell gemischter Familien, wenn eine doppelte Tischführung schwierig ist;

5. den Haushaltungen, in denen Militär einquartiert ist und speist;

6. dem Fahrpersonal der Post, der Eisenbahn und der elektrischen Bahnen;

7. allen, die besonders schwere Arbeiten zu verrichten haben;

8. den von Almosen lebenden Armen.

 

VII. Für alle Vorgenannten bleibt aber das Verbot des Genusses von Fleisch- und Fischspeisen bei derselben Mahlzeit an den Fasttagen und an den Sonntagen der 40tägigen Fastenzeit in Kraft und darf nur bei außergewöhnlichen Anlässen oder aus ganz triftigen Gründen außer acht gelassen werden.

 

VIII. Wir erteilen allen Pfarrern für ihre Pfarrkinder und den Beichtvätern für ihre Beichtkinder die Befugnis, aus triftigem Grunde auch über die vorstehenden Milderungen hinaus zu dispensieren. Solche, die aus irgendeinem Grunde vom Fasten dispensiert sind, bleiben kraft der in hiesiger Diözese geltenden Gewohnheit zur Beobachtung der Abstinenz verbunden, wofern sie nicht auch hiervon rechtmäßig dispensiert sind. Kranke und Schwache dürfen sich bei einem etwaigen Rate ihres Arztes völlig beruhigen.

 

IX. Mit Rücksicht auf die bedeutenden Milderungen, welche die allgemeinen Fastengebote im Laufe der Zeit in unserer Diözese erfahren haben, sollen alle Gläubigen bis zum Schlusse der österlichen Zeit ein ihren Vermögensverhältnissen irgendwie entsprechendes Fastenalmosen entrichten. Für dessen Aufnahme ist in allen Kirchen ein mit der Aufschrift: "Fastenalmosen" versehener Opferstock aufzustellen. Diese Gaben sollen für die geistlichen Erziehungsanstalten unserer Diözese verwendet und am Schlusse der österlichen Zeit auf dem vorschriftsmäßigen Wege an Unser General-Vikariat eingesendet werden.

 

X. Die geschlossene Zeit,

in der Hochzeiten nicht stattfinden sollen, dauert vom Aschermittwoch bis zum Weißen Sonntage und vom ersten Adventssonntage bis zum Feste der Erscheinung des Herrn einschließlich. Während der Fasten- und Adventszeit sollen sich die Gläubigen auch öffentlicher Lustbarkeiten, insbesondere der Tanzbelustigungen enthalten.

 

XI. Die österliche Zeit:

Für den Empfang der allen Gläubigen vorgeschriebenen hl. Osterkommunion soll vom Passionssonntage bis zum Feste der Himmelfahrt des Herrn einschließlich dauern. Für die Diözesanen polnischer Zunge beginnt die österliche Zeit bereits am 1. Februar.

 

Paderborn, den 25. Januar 1910.

Der Bischof

+ Karl Joseph

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13. Vom Felsen Petri

 

Vom heiligen Apostel Petrus, dem ersten Papst der heiligen katholischen Kirche,

bis zu Papst Pius XII.

 

"....auf diesen Felsen will ich meine Kirche bauen,

und die Pforten der Hölle werden sie nicht überwältigen!"

 

B. Paul SVD

Aus "Catholic Digest", Saint Paul, Minnesota, 1955

 

Heiligkeit war das hervorstechendste Merkmal der langen Reihe von Männern, die Christus auf Erden bisher vertreten haben. Bis 1955 wurden 78 Päpste heilig- und 8 seliggesprochen. Insgesamt werden also 86 (d.h. ein Drittel aller Päpste) wegen ihrer Heiligkeit verehrt. Neben den rechtmäßigen Nachfolgern des hl. Petrus gab es bis 1449 nicht weniger als 36 Gegenpäpste, und der erste von ihnen, Hippolitus, wurde ebenfalls unter die Zahl der Heiligen aufgenommen. 

 

Die meisten der heute als Heilige verehrten Päpste lebten in den ersten Jahrhunderten: von den 52 Päpsten in den ersten 500 Jahren der Kirche wurden nur zwei nicht heiliggesprochen, während von den 156 in den darauffolgenden Jahren seit dem (858 gewählten) hl. Nikolaus d. Gr. nur 7 heiliggesprochen wurden.

 

Die Geschichte der Männer, die das erhabenste Amt der Welt in den letzten 2000 Jahren bekleideten, ist hochinteressant. Ludwig von Pastor, ehemaliger österreichischer Botschafter beim Hl. Stuhl, verbrachte nahezu 50 Jahre damit, seine "Geschichte der Päpste" in 29 Bänden zu schreiben. Wenn man dieses Monumentalwerk gelesen hat, wird man sicher nicht mehr um die zahlreichen Legenden von Päpsten, die nie existierten, oder um die Fabel von der "Päpstin Johanna", die angeblich von 855-858 regiert haben soll, kümmern.

 

Als der erste Papst von Christus selbst in Cäsarea Philippi ernannt wurde, gebrauchte der Heiland das berühmteste Wortspiel aller Zeiten: "Du bist Petrus der Fels, auf diesen Felsen will ich meine Kirche bauen, und die Pforten der Hölle werden sie nicht überwältigen." Diese feierlichen und doch so schlichten Worte gelten auch für alle Nachfolger. Die Päpste kommen und gehen, Petrus aber stirbt nie.

 

Der jüngste Papst, Johannes XII., war 16 Jahre alt, als er im Jahr 955 gewählt wurde. Er war einer der wenigen schlechten Päpste und wurde im Alter von 25 Jahren ermordet. Als Zweitjüngster wurde Benedikt IX. mit 18 Jahren Papst. Er war es (als einziger, der dieses Amt mehr als einmal innehatte) während dreier Perioden. Auch er gehörte zu dem halben Dutzend wirklich schlechter Päpste. Der älteste Papst, der hl. Agatho, ein Grieche, soll bei seiner Wahl 103 Jahre alt gewesen sein und 106 Jahre, als er im Jahr 681starb. Anastasius IV. wurde mit 90 Jahren und Cölestin III. mit 85 Jahren gewählt. Viele andere Päpste erreichten ein hohes Alter: Leo XIII. starb im vorigen Jahrhundert im Alter von 93 Jahren, und 4 weitere Päpste wurden über 90 Jahre alt. Rund 20 Päpste starben zwischen 80 und 90 Jahren, nur 6 unter 50 Jahren. 

 

Die längste Regierungszeit (32 Jahre) war die Pius` IX. Der hl. Petrus und Leo XIII. kommen an nächster Stelle mit 25 Jahren, 12 Päpste regierten weniger als 6 Wochen. Die kürzeste Regierungszeit von allen aber war die Stephans II., der nach seiner Wahl im Jahr 752 nur noch 4 Tage lebte. Einmal dauerte es drei Jahre, bis ein neuer Papst gewählt wurde: der sel. Gregor X. im Jahr 1271. Auch in 3 weiteren Fällen dauerte die Wahl mehrere Jahre. Hadrian II., ein verheirateter Mann, nahm die Wahl zweimal nicht an, als er 855 und 858 gewählt wurde. Erst als er 867 zum dritten Mal gewählt wurde, nahm er sie an.

 

Vier Päpste wurden abgesetzt, zwei weitere mit Gewalt aus dem Amt entfernt. Der hl. Cölestin V., ein Einsiedler, war der einzige Papst, der abdankte. Formosus, im Jahr 876 als Bischof exkommuniziert, wurde später vom Kirchenbann befreit und 15 Jahre danach zum Oberhaupt der Kirche gewählt.

 

Ehemalige Juden und Heiden standen an der Spitze der Kirche, und es kamen Päpste aus drei Erdteilen; mindestens 2 sind in Nordafrika geboren. Mehr als 200 Päpste, d.h. 80% waren Italiener, davon (einschließlich Pius´ XII.) 106 Römer. Von den übrigen waren 16 Franzosen, 14 Griechen, 6 Deutsche, 6 Syrer, 3 Spanier, 2 Jugoslawen, je einer Portugiese, Holländer und Engländer. Nikolaus Breakspear, der einzige englische Papst, regierte als Hadrian IV. von 1154-1159. Einige stammten aus Sizilien, Sardinien und Korsika. Die letzten 42 Päpste seit Hadrian VI., einem Holländer, der 1523 starb, waren alle Italiener. 

 

Die Päpste wurden außer in Rom an 20 anderen Orten gewählt, darunter Venedig, Perugia, Konstanz und Avignon, wo im 14. Jahrhundert 7 französische Päpste lebten. Bis zum 9. Jahrhundert nahmen auch Laien an der Papstwahl teil. Stephan V. wurde als erster nur vom römischen Klerus gewählt. Der hl. Leo IX. war der letzte Papst, der nicht gewählt, sondern (1049) vom deutschen Kaiser ernannt wurde. 12 Jahre später bestimmte Nikolaus II., dass nur die Kardinäle den Papst wählen dürften. Urban VI. (1378-1389) war der letzte Papst, der nicht zuvor Kardinal war.

 

Zehn Oberhäupter der Kirche waren nie in Rom, sondern lebten in Städten wie Viterbo, Orvieto, Avignon und Savona im Exil. Auch sind nicht alle Päpste in Rom beerdigt, obwohl die meisten der früheren Päpste in den Katakomben ruhen und 143 ihr Grab in der Peterskirche fanden. Einige reisten weit umher, starben in der Fremde und wurden an 33 anderen Plätzen begraben, u.a. in Neapel, Verona, Perugia, Florenz, Bologna, Pisa und Monte Cassino in Italien; Avignon, Cluny und Marseille In Frankreich; Hamburg, Köln, Bamberg und Gandersheim in Deutschland; in Sardinien und Sizilien und sogar in so weiter Entfernung wie in Istanbul und auf der Krim. Aber alle 49 Päpste seit Martin V. (1417-1431) sind in Rom beerdigt. Pius VI. war der letzte Papst, der außerhalb Italiens starb, und zwar 1799 in Valence in Frankreich. Sein Herz blieb am Sterbeort, sein Körper wurde nach Rom gebracht.

 

Abgesehen von 33 Martyrern, starben 11 Päpste eines gewaltsamen Todes, davon wurden einige ermordet. Der einzige portugiesische Papst Johannes XXI., wurde getötet, als die Decke seines Arbeitszimmers in Viterbo 1277 über ihm einstürzte. Stephan VII. wurde 897 in einem römischen Gefängnis erdrosselt. Der letzte als Martyrer verehrte Papst, der hl. Martin I., starb 655 den Hungertod in der Verbannung in Russland. Clemens XII. war blind, bevor er 1740 starb.

 

Viele frühere Päpste, einschließlich des hl. Petrus, waren verheiratet, da der Klerus in den ersten Jahrhunderten nicht unverheiratet bleiben musste. Einer hatte einen Sohn, der ebenfalls Papst wurde: der hl. Hormisdas, der 523 als Vater des hl. Silverius starb. Johannes IX. war einer der drei Laien, die zum Papst gewählt wurden. Er war ein Bruder Benedikts VIII., während Benedikt IX. der Neffe dieser beiden war. Einige Päpste hatten ebenfalls Neffen, die Päpste wurden. Innozenz III., der sich als erster "Stellvertreter Christi" nannte, einer der größten aller Päpste, war der Neffe Klemens´ II.; Gregor IX., der Franz von Assisi und Dominikus heiligsprach, war der Neffe von Innozenz.

 

Ein Papst war Apostel, drei weitere Schüler von Aposteln. 50 Päpste gehörten 14 Orden an: 24 waren Benediktiner, 4 Zisterzienser, 4 Franziskaner und 4 Dominikaner. Gregor XIV., der 1846 starb, war der letzte Papst, der aus einem Orden kam.

 

Es gab einige schlechte Päpste, die dem Papsttum Schande bereiteten. Doch zeigen die neuesten Geschichtsforschungen, dass der berüchtigtste von ihnen, der Spanier Alexander VI., nicht so schlimm war, wie man ihn früher hinstellte. Dass diese Männer nicht den völligen Ruin über die Kirche brachten, ist ein weiterer Beweis des göttlichen Ursprungs der Kirche. Zusammen waren es weniger als 3%, die ein schlechtes Leben führten. (Dante versetzte 3 von ihnen in die Hölle: Nikolaus II., Bonifaz VIII. und Klemens V.) Ihr Prozentanteil war also kleiner als bei den Aposteln, und die Zahl der schlechten weltlichen Herrscher aller Völker und Zeiten liegt ungleich höher.

 

Die Päpste hatten 81 verschiedene Namen, die alphabetisch von Adeodatus bis Zosimus gehen. Dabei gab es nur einen Petrus. 5 hießen Paul, 12 Pius, 13 Leo und Innozenz, 14 Klemens, 15 Benedikt, 16 Gregor und 22 Johannes; es gab einen Johannes XXII., aber wegen eines Zählfehlers um 996 keinen Johannes XX.; 3 Gegenpäpste hießen Johannes. Papst Johannes II., der 535 starb, war der erste, der seinen Namen änderte, als er Papst wurde. Marcellus II., der (1555) nur 3 Wochen regierte, war der letzte, der seinen eigenen Namen beibehielt. Nur 3 Päpste erhielten das Beiwort "der Große", zuletzt der hl. Nikolaus d.Gr. Als dieser 867 im Sterben lag, wurde er von einem seiner Beamten des Geldes beraubt, das er für die Armen gespart hatte. Er war auch als erster (im Jahr 858) feierlich gekrönt worden.

 

Der hl. Siricius, der 399 starb, führte als erster den Papst-Titel. Johannes XIV. war der erste Papst, der eine feierliche Heiligsprechung durchführte: die des heiligen Ulrich im Jahr 993. Stephan VIII. war der erste, der "schamlos genug" war, sich den Bart scheren zu lassen (928-931). Der erste französische Papst, Silvester II. (999-1003), ein Benediktiner, war Mathematiker und Astronom. Er soll die hydraulische Orgel erfunden haben. Pius XII. war der erste, der mit Flugzeug und Unterseebot reiste, in ein Kohlenbergwerk hinabstieg und auf dem Fernsehschirm erschien. Er war auch der erste, der 32 Kardinäle auf einmal in einem Konsistorium kreierte und viele Millionen Pilger empfing.  Das berühmteste der "letzten Wort", das je ein Papst sprach, war sicherlich das Gregors VII.: "Ich habe die Gerechtigkeit geliebt und die Bosheit gehasst; darum sterbe ich in der Verbannung" (1085 in Salerno gesprochen).

 

Wohl keiner hat die Verdienste des Papsttums besser anerkannt als der englische protestantische Geschichtsforscher Macaulay, der Mitte des 19. Jahrhunderts in seiner berühmten Abhandlung über die "Papstgeschichte" von Ranke schrieb: "Die stolzesten Königshäuser sind nur von gestern, wenn man sie mit der Reihe der Päpste vergleicht ... Die katholische Kirche ... sah den Beginn aller Regierungen und aller kirchlichen Einrichtungen, die es heute in der Welt gibt, und wir wissen nicht, ob sie nicht bestimmt ist, das Ende von allen zu sehen ... Sie wird noch in unverminderter Frische existieren, wenn einmal ein Reisender aus Neuseeland inmitten einer weiten Wüste auf einem zerbrochenen Pfeiler der London Bridge steht, um die Ruinen von St. Paul zu zeichnen.

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